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Magdeburg augekommen war, fiel plötz­lich ein Schuß und eine volle Schrot­ladung drang von außen in ein Coupee, in welchem sich Herr v. Stephan befand. Er blieb glücklicherweise unverletzt und dankt dies dem Umstande, daß e> sich zum Schlafen umgclegt hatte. Es soll sich um den verirrten Schuß eines unvor­sichtigen Jägers handeln.

Hamburg, 1. Dez. Acht Hafen­arbeiter wurden wegen bandenmäßiger Beraubung von Kaufmanusgütern ver­haftet. Bei einem Wunderdoktor Namens Ast in Radbruch bei Harburg herrschte gestern ein solcher Andraug, daß 4 Personen erdrückt und ein Kranker durch Herzschlag getötet wurde.

DerBoss. Ztg." wird aus Ham­burg gemeldet, die Bürgerschaft bewilligte die Forderung des Senats von 200 000 Mk. zur Linderung des Arbeitsmaugels.

Danzig, 26. Nov. Ein nichtswür­diger Raubaufall ist heute Morgen auf einen arglosen Fremden verübt worden. Ein Seemann namens Geschke, traf gestern Abend mit der Bahn aus Dirschau hier ein und machte unterwegs die Reisebe­kanntschaft eines Mannes, der dem hier völlig unbekannten Seemann seine Wohn­ung als Nachtquartier anbot. In Beglei­tung eines Bekannten jenes Mannes, be­suchten sie abends mehrere Gastwirtschaften; auf dem Heimweg versetzten die Leute dem Geschke plötzlich einen betäubenden Schlag, banden und knebelten ihn und raubten den Bewußtlosen völlig aus; außer Uhr und Kleidugsstücke fanden sie etwa 100 Mk. vor. Erst am nächsten Morgen fand man den noch immer bewußtlos Daliegenden, befreite ihn und brachte ihn in's Lazaret. Da er jedoch keinerlei genaue Auskunft zu machen weiß, wird es wohl schwer werden, die Thäter zu erkennen und dingfest zu machen.

DieFrkf. Ztg." meldet aus Bel­grad: In der Universität veranstalteten die Studenten heute gegen den Professor des Staatsrechts, früheren Unterrichts­minister Georgjewitsch eine Demonstration, in Folge deren die Universität bis auf Weiteres geschlossen wurde. Die Aus­schreitungen gingen so weit, daß Professor und Studirende Revolver zogen und Georg­jewitsch flüchten mußte.

Riode Ianeiro , 30. Nov. Zwischen den Nationalgarden und der Polizei fand ein Zusammenstoß statt. Eine Person wurde getötet, fünf verwundet.

L o k a L e s.

Wildbad, 30. Nov. Es ist gelungen, die Thäter des kürzlich berichteten Ein­bruch-Diebstahls in der VillaWilhelma" zu entdecken. Dieselben sind bereits vor­gestern in die Untersuchungshaft nach Peuenbürg eingeliesert worden.

Bezüglich der Sonntagsruhe im Handelsgewerbe wollen wir nicht ver­fehlen, darauf aufmerksam zu machen, daß gemäß der Verfügung des Kgl. Oberamts vom 31. Mai 1892 an den letzten drei Sonntagen vor Weihnachten der Geschäfts­betrieb in allen Verkaufsstellen und die Beschäftigung von Gehilfen, Lehrlingen und Arbeitern in allen Handelsgewerben während 8 Stunden und zwar in der Zeit von 89 Uhr vormittags und von 11 Uhr vormittags bis 6 Uhr abends

gestattet ist. Es wird also an den ge­nannten Sonntagen (2. 3. 4. Advent) ausgedehntere Kaussgelegenheit geboten. In allen Geschäften, welche auf einen guten Weihnachtsverkehr ihre Hoffnungen setzen, sind die Warenlager kompletiert in reichhaltiger Auswahl. Im Hinblick darauf möchten wir auch Heuer die Mahn­ung wiederholen:Kauft am Platze!" Sind es oft doch nur Vorurteile, daß mau auswärts besser kaufe. Gerade jetzt, wo die Bedürfnisse für den Winter ge­kauft werden, um zum großen Teil zu­gleich auch als Weihnachtsgeschenke zu gelten, dürfte die Mahnung, möglichst die an-! säßigen Geschäftsleute zu berücksichtigen,! eine besonders praktische Bedeutung haben.! Aber auch für die übrige Jahreszeit ist^ dieser Appell an das kaufende Publikum: berechtigt, zumal da auch in Folge derj Einführung der Sonntagsruhe im Handels- j gewerbe der d.m seßhaften Gewerbetreibeu-! den entgehende Umsatz den Hausierern und Detailreisenden zu gut kommt. Wenn das kaufende Publikum Rücksicht auf seine Mitbürger nimmt, so wird damit am wirk­samsten Stellung gegen Hausierer, De- tailreisende und fremde Versandtge­schäfte genommen.

Worn ostasiatischen Kriege.

London, 30. Nov. Die Blätter melden aus Kiu-Lieu-Tscheng vom 26. ds.: Die japanische Armee unter Marschall Jamagata überschritt die Pässe bonMothien ling und nahm Laugtzu (auf den Karten Lan-tsu schang). Man nimmt an, die Japaner befinden sich gegenwärtig im Be­sitz von Lianjang (Ljao-jan-schou) am Südufer des Taitsioflusses, keine vierzig Meilen mehr von Mukden entfernt.

London, 30. Nov. Nach einer Mel­dung des Reuter'schen Bureaus verlautet, Japan habe die von China gebotene Kriegsentschädigung abgelehnt und ver­lange 1000 Millionen Mark (China bot 800 Millionen Mark) nebst einer Ver­gütung aller Kriegskvsten.

London, 30. Nov. Der Standard veröffentlicht einen Aufsehen erregenden Artikel betreffs der von Japan geforder­ten Kriegsentschädigung. Es wäre mög­lich, schreibt das betreffende Blatt, daß Japan durch die Abtretung einiger Inseln zufrieden zu stellen sei, wodurch die In­tegrität Chinas nicht verletzt wird. Die Forderung einer solch großen Kriegsent­schädigung sei lächerlich, weil China die­selbe nicht bezahlen könne und die euro­päischen Börsen China unter den gegen­wärtigen Verhältnissen kein Geld geben. Man müsse das Prinzip, daß China seine Fehler und Niederlage bezahlen müsse, anerkennen, doch dürfe die Existenz des Kaiserreichs selbst in keiner Weise bedroht werden. (Dabekanntlich England zu Anfang des Krieges so sehr sicher Chinas Sieg erwartete und dessen Kriegsanleihe des­halb zum großen Teil durch englisches Geld gedeckt wurde, so ist es klar, warum derStandard" bang um das schöne englische Kapital so energisch gegen eine finanzielle Bedrückung Chinas eifert)

Tientsin, 30. Novbr. Li-Hung- Tschang reiste nach Taku, um die dortigen Befestigungen zu besichtigen.

Hundertzwanzig der höchsten Be­amten in China haben eine Denkschrift

unterzeichnet, in welcher Li-Huug-Tschang des Untcrschleifs, Hochverrats und Ver­kaufs von Festungspläueu, sowie einer Verschwörung mitden Japanern zum Sturz der Dynastie in Peking augeklagt wird.

Wie versichert wird, beabsichtigt die chinesische Regierung, Nanking und einen Hafen auf der Insel Hainau dem ausländischen Handel zu öffnen.

Laut Meldung aus Tokio ist der chinesische Bevollmächtigte Detring mit Ge­folge in demselben Dampfer, in dem er ankam, nach Tientsin zurückgckehrt. Der japanische Premierminister Graf Jto ver­weigerte ihm jede Audienz und jede Mit­teilung irgendwelcher Art, denn die Ab­sendung eines untergeordneten Beamten als Friedensunterhändler werde von den Japanern geradezn als Beleidigung an­gesehen. Japan sei zur Entgegennahme von Friedensvorschlägeu geneigt, voraus­gesetzt, daß sie durch einen gehörig be­glaubigten Gesandten und nicht durch einen bloßen Laufboten des Bizeköuigs anlang­ten. Thatsächlich besaß Detring als Be­glaubigung nichts weiter als einen Brief von Li-Hung-Tschang an den Grafen Jto. Trotzdem wünschte er über den Frieden zu verhandeln und war höchst über die Ablehnung erstaunt. Wahrscheinlich werden die Japaner jetzt auf Verhandlungen erst in Peking cingehcn.

A

Der Gräfin Jache.

Von H- Waldemar.

(Fortsetzung.)

Selbstverständlich, Fran Gräfin, was ich einmal versprochen, das halte ich, und hier dünkr es mir die süßeste Pflicht, Ihrem Wunsche nachzukommen."

Sie tauschten noch einen Gruß, Milli winkle noch einmal nach dem Eckfenster, von welchem die Gräfin ihrer Abfahrt zufah, bann zogen die Apfelschimmel an und fort sauste das leichte Gefährt, daß es de» Blicken Beringens bald entschwunden war.

Graf Lautern war mit sehr gemischten Empfindungen nach Schloß Brede» weiter gefahren. Die Begegnung mit der Gräfin, deren Vorhaben, das Rosenhans allein zu Besuche», gaben ihm zu denken und ließen ihn zweifeln an des Freundes Glück, das er für unermeßlich gehalten. Daß die junge Gräfin nicht liebte, Ernstes zu be- lprechen, daß hinter dem äußern nur wenig gediegenes Wissen sich verbarg, hatte Lautern bald herausgefnnden, nachdem er das erste­mal ans Schloß Breden eingetroffen war und den Grafen ans seiner verweichlichen­den Lethargie riß, denn damals, er erinnerte fllh ganz genau, hatte Milli ihm ihre Ab­neigung, welche nur entstanden war, well Traf Lautern den jungen Schloßhern auf das Verderbliche seines Nichtsthuns aufmerk­sam gemacht, weit er ihm vorgehalten, daß er anderes, Wichtigeres zu thun fände, wie zu de» Füßen seines scbönen Weibes zu sitzen und dieser Liebesworte zuzuflnstern, zu verstehen gegeben. Durch ihre fast gering­schätzige» Bemerkungen über Gerts früheres streben hatte sie unkluger Weise verrathen, wie wenig fix dasselbe zu erfassen und zu würdigen verstand und wie wenig sie wert