Wien, 17. Nov. Der Perlmutter­fabrikant Josef Jaruschka verübte Selbst­mord. Er war früher der erste' seiner Branche in Europa, beschäftigte 260 Ar­beiter und besaß ein großes Vermögen. Er wurde aber durch die Mae Kinley- Bill, welche auf den Perlmutter-Import nach Amerika einen hohen Zoll setzte, total ruiniert.

Frankreich. Das Verhältnis zu Deutschland wird in den tonangebenden Kreisen Fpankreichs jetzt unvergleichlich yiel leidenschaftsloser aufgefaßt, als vor noch gar nicht so langer Zeit. Mißtrauische und bittere Bemerkungen liest man zwar immer häufiger über England, aber von einigen Hetzblättern abgesehen, deren Ge­schäft das eben ist, selten über Deutschland. Kein Mensch zweifelt mehr daran, daß her deutschen Politik jede Feindseligkeit gegen Frankreich durchaus fern liegt. Be­zeichnend für diese Strömung ist es, daß dieLibertö" es wagen dari, ihren Lesern folgende.Sätze vorzutragen:Zweifellos nimmt die Spannung in Europa ab. Es geht, ein beruhigender, Wind. Die uns durch den Krieg 1870 bereitete Lage ge­stattet uns nicht, das, Entgegenkommen Deutschlands mit Eifer aufzunehmen. Die Würde schließt das Anerkennen vollendeter Thatsachen nicht aus. Wir haben im Laufe der Zeiten mit allen Völkern Europas Händel gehabt, wir haben sie alle zu Wiederholten Malen besiegt und finden es höchst natürlich, daß sie es uns nicht nach­tragen. Lernen wir von ihnen!" Der Artikel wird dadurch noch bemerkenswerter, daß dieLiberia" mit den herrschenden Kreisen Fühlung hat.

Tours, 17. Nov. In der Papier­fabrik Drescartes stürzte in Folge des Sturmes eine 16 Meter lange Mauer ein und begrub fünf Arbeiter. Einer wurde getötet, vier sind schwer verletzt.

Monaco. Der Marquis di Rudini, Sohn des italienischen Staatsmannes, ge­wann in Monte Carlo eine Viertel Million Francs, während Coquellin 200,000 Fr. verlor.

Genua, 16. Nov. Durch wolken- chruchartigen Regen ist der Eisenbahn­tunnel zwischen Voltri und Arenzano überschwemmt und der Crevaribach aus seinen Ufern getreten. Der Eisenbahn­verkehr zwischen Genua und Ventimiglia mußte vollständig eingestellt werden; auch der Eisenbahnverkehr Genua-Voltri und Genua-Pontedecimo ist eingestellt. An 'mehreren Stellen sind Keller und Maga­zine überschwemmt auch der Bahnhof von Santa Limbiana. Das Wasser steht einen Meter hoch. Infolge der Ueberschwemmung aller Schuppen auf den Ladeplätzen ist der Güterverkehr eingestellt. Unfälle von Menschen sind bis jetzt nicht bekannt ge­worden

Rom, 16. Nov. Im Santo Spirito- Spital hat ein kürzlich wegen schlechten Verhaltens ausgetriebenerSchwindsüchtiger seine 26 Jahre alte Krankenschwester «er­stochen. Er hatte sich während der Be­suchszeit ins Hospital eingeschlichen, die Schwester in der Küche aufgesucht und sie mit einem langen Dolche inedergestvchen.

Der Gewinner des großen Loses der Antwerpener Ausstellungslotterie ist der Jagdaufseher Gabriel Daubain m Sivry sHennegau). Der Gewinn besteht

in einem Brillantschmuck im Werte von 100,000 Franken.

London, 17. Nov. lieber Süd- England und den Kanal fegte gestern ein! heftiger, meist mit starkem Regen ver-> bundener Sturm. An der Ostklippe bei: Dover strandete die norwegische Bark! Leas." Die See war so wild, daß man das. Schiff zu Zeiten gar nicht vom Lande aus sehen konnte. Ehe die Rettungs- Mannschaften den Raketenapparat in An­wendung bringen konnten, war ein Teil der Mannschaft so thöricht, den Versuch zu machen, in einem Boote an das Land zu gelangen. Andere versuchten sich auf einem improvisirten Floß zu retten. Das Bovl wie das Floß schlugen um, und der Ka­pitän und mehrere Seeleute ertranken. Schließlich' gblang es der Küstenwache, ein Se l auf das Schiff zu schleudern. Unter dem Jubel der nach Tausenden am User stehenden Menschenmenge wurden daun 7 Matrosen auf diese Weise gerettet.

Hüll, 17. Nov. Das Fischerboot Schwift" landete 4 Personen vom Schiffe Culmore," welches aus Hamburg nach Barry unterwegs war. DerCulmore" ging im Sturme, 80 Meilen von Syurn unter. 22 Personen sind ümgekommen, darunter der Kapitän nit Frau.

Petersburg, 18. Nov. Der Re­gierungsbote veröffentlicht ein kaiserliches Reskript an den Generalgouverneur von Moskau, Großfürsten Sergius, welches lautet:Indem die erste Resioenz des Reiches das historische Vermächtnis tren- unterthäniger Ergebenheit den Selbstherr­schern Rußlands unverändert bewahrt, hat sie auch in den jetzigen kummervollen Tagen der Ueberführung der sterblichen Ueberreste des in Gott ruhenden Kaisers Alexander zu den Moskauer Heiligtümern den treuen Wiederhall des tiefen Schmer­zes kundgegeben, welcher mich und ganz Rußland erfüllt. Ich schöpfe in den Be­zeugungen heißer Liebe zu meinem unver­geßlichen Vater und der aufrichtigen Trauer um seinen vor-eitigen Tod erquickenden Trost und fühle das Bedürfnis, in der Person Ew. kaiserlichen Hoheit den Be­wohnern meines heißgeliebten Moskau meinen innigsten Dank für diese Gefühle j auszusprechen. Ihr aufrichtig dankbarer, Sie herzlich liebender Neffe Nikolai.

Der Kaiser ordnete an, daß die Regimenter, deren Chef Kaiser Alexander war auch fernerhin den Namen des Ber storbencn zu führen haben. Viele tausend Personen begaben sich in vergangener Nacht nach der Peter-Pauls-Kathedrale wo der Zutritt mit einstündiger Pause jedermann gestattet war. Das Publikum trat gruppenweise ein, die Ordnung blieb musterhaft.

Petersburg, 17. Nov. Die am 22. d. M. stattfindende Vermählung des Zaren Nikolaus mit der Prinzessin Alix soll in aller Stille ohne jede größere Festlichkeit erfolgen.

Infolge starker Schneeverwehungen ist der Güterverkehr auf den Bahnen Moskau-Kursk und Orlow-Witebsk unter­brochen. Die Bahnverwaltungen lehnen die Verantwortung für pünktliche Zustellung der Güter ab. Der Fluß Kama ist mit Eis bedeckt. Die Schiffahrt ist ge­schlossen.

Konstantinopel, 16. Nov. Kürz­lich wurden in der Provinz Samsun, un­

weit Musch, 25 armenische Dörfer von türkischen Truppen zerstört; 300 Menschen, darunter Frauen und Kinder wurden niedergemetzelt. Reisende Kauft ente be­stätigen die Metzelei, während die tür­kischen Behörden behaupten, es habe sich nur um die Unterdrückung eines kleinen Aufstandes solcher Armenier gehandelt, die die Steuerzahlung verweigerten. Die engl. Botschaft entsandte einen Dclegirten an den Ort der That.

Newyork, 18. Nov. Bei Balenzla in Venezuela ereignete sich ein WoMn- bruch. 150 Personen sollen ertrunken sein. Die Kaffee- und andere Pflanzungen sind stark beschädigt. Eine Menge Häuser und Brücken sind eingestürzt. Der Schaden soll sich auf 500,000 Dollars belaufen.

New-Orleans, 18. Növl In ver­gangener Nacht brach auf dem Werft der Texas-Pacific-Eisenbahu Feuer aus. 38 000 Ballen Baumwolle wurden vernichtet, ein großer Teil derselben war an Liverpooler Firmen bestimmt. Zweifellos liegt Brand­st iftung vor., .. ..

Morn ostafratifcHsn Kriege.

London, 14. Nov. DerNewyo'kE Herald" enthält folgendes sensationelle Telegramm, angeblich aus Shanghai: Äa'ch den fruchtlosen Versuchen, England, Fraw reich, die Vereinigten Staaten von Nord­amerika, Rußland und Deutschland zu einer Intervention zu Gunsten Chinas zu veranlassen, rief PriNz Kung aus: Dann ist China verlöten!" Hundert Haremsdamen verschiedener StacttsiNlnister und eine große Anzahl Pekinger verließen bereits die Hauptstadt. Man glaNbt, daß die chinesischen Kommandanten den Befehl erhalten haben- keinen weiteren Wider­stand zu leisten. Hauptmantt Hänneken- welcher der chinesischen Regierung riet- Frieden um jeden Preis zu machen- ver­ließ ebenfalls Peking. Die fremden Ge­sandten gehen nach Shanghai. Die eng­lische Flotte wird für alle Fülle den Hafert Chusan als Operationsbasis UN:: wahr­scheinlich auch Shanghai besetzen. Das chinesische Volk verlangt den Sturz der korrumpierten Mandarinen U. der Dynastie zu Gunsten irgend einer andern Macht- die rührig genug sei, zuzugreifen. Auf der hiesigen Admiralität zuckt man ob dieses Telegramms die Achseln. Jedoch ist es richtig, daß Admiral FreMantle mit seiner Flotte nach Shanghai geht. Weder auf der chinesischen noch auf der japanischen Gesandtschaft hat man bisher eine Bestä­tigung der Herald-Depesche erhalten.

Londo n, 15. Nov. Nach einer Meld­ung desReuterschen Bureaus" aus Tient­sin vom heutigen Tage versichern Nach­richten ans chinesischen Quellen aus Port Arthur, daß zwei Forts von Takienwau noch immer Widerstand leisten, und daß heftige Kämpfe stattgefuuden hätten. Die Japaner hätten die Forts nach und nach eingeschlvssen. Die Nachrichten fügen hinzu, in der Nähe von Port Arthur, befänden sich keine Japaner, die Garnison von Port Arthur werde energischen Widerstand leisten. Ferner melden die Nachrichten, Kinlshon sei von einem Detachement der Armee des Generals Sung wieder ge­nommen, auch Mo-thian-ling, auf dem Wege nach Peking wieder erobert, und die Ja­paner seien einige Meilen weit verfolgt worden.