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bei den Verhafteten gefunden worden. Gron- kowski war hier Höhrer der tierärzlichen Aka­demie; er ist schon vernommen worden. Wegen revolutionärer Propaganda war er aus Frank­reich und der Schweiz ausgewiesen. Er wurde auch aus Ungarn ausgewiesen, seinem Wunsche gemäß an die italienische Grenze geschafft und dort freigelofsen.

Budapest, 9. Juli. Ueber daß Befinden des Papstes cirruliren hier in hohen kirchlichen Kreisen beunruhigende Gerüchte. Darnach soll der Papst seiner Auflösung nahe sein und das Zusammentreten des Kardinal-Kollegiums bevorstehen.

Prag, 9. Juli. Die Blätter melden aus Pilsen: In der Nacht ist eine Bombe unter furchtbarer Detonation vor der Aktien­bierhalle, wo sich die Lokalitäten des deutschen Turnvereins und des deutschen Handwerker­vereins befanden, explodirt. In dem Garten befand sich zahlreiches Publikum. Es ver­lautet, eine Person sei schwer, zwei Offiziere leicht verletzt. Vor dem Bezirksgericht und dem Kriegsgericht wurden ebenfalls Bomben aufgefunden, deren Lunten von Gendarmen gelöscht wurden. (Ein späteres Telegramm aus Pilsen lautet: Authentisch verlautet nun­mehr, daß in der vergangenen Nacht um ll^/i Uhr in einem Kellerfenster der Aktien­bierhalle eine Dynamitbombe erplodirte. Zünd­schnüre und Sprengkapseln, die aus einem Bergwerke stammen, wurden in der Nähe ge­funden. In der Straße sind die meisten Fenster zersplittert; der Thäter ist unbekannt. Der Hausbesitzer ist an dem Bergwerk Nür- schau beteiligt. Weitere Einzelheiten, wie sie Blätter gemeldet haben, sind unwahr.)

Paris, 5. Juli. Ein gewisser Duvallet aus Saint-Aubin-Elbeouf (Departement Nieder- Seine) fordert von der Familie Orleans 25 Millionen, die sie im Jahre 1777 aus dem Nachlas des Gabriel Olivier Dumas den wirklichen Erben hinterzogen haben soll. Du­vallet verlangt in einer Bittschrift an die De- putirtenkammer die Erwirkung des gerichtlichen Beistandes und fügt hinzu, er sei bereit, von seinen Ansprüchen abzustehen, wenn die Fa­milie Orleans ihm nur eine Abfindungs-Summe von 25 OVO Franken zahle.

Paris,?. Juli. (Denkmäler für Carnot.) Die Stadt Dijon, Carnots Heimatort, wird dem ermordeten Präsidenten der Republik ein Denkmal auf der Place dÄrmcs setzen, welche künftig Place Sadi-Carnot heißen wird. Der Stadtrat hat bereits IOOOV Frcs. für das Denkmal bewilligt. Auch der Stadtrat von Havre hat beschlossen, am Eingang des Rat­hauses eine Gedenktafel und eine Büste des Verstorbenen anbringen zu lassen.

Paris, 9. Juli. Die Strafnovelle gegen die Anarchisten bestimmt im Einzelnen, daß alle direkten Provokationen durch Wort und Schrift zu anarchistischen Delicten nicht von Geschworenen, sondern von den Strafkammern abgeurteilt werden sollen. Außer Gefängnis kann lebenslängliche Landverweisung ausge­sprochen worden; sie ist obligatorisch bei Ver­urteilungen zu mehr als einem Jahr Gefäng­nis. Anarchistische Propaganda wird mit drei Monaten bis zu zwei Jahren Gefängnis be­straft. Für die Anarchistenprozesse ist der Aus­schluß der Oeffentlichkeit vorgesehen. Die Pub­likation des Prozeßberichts durch die Presse wird mit Geldstrafe bis IOOOV Frcs. bedroht. Die Verurteilten müssen ihre Strafe in einer Zelle absitzen, um den Mitgefangenen ihre Ideen nicht mitteilen zu können. Die Regier­ung will die Votirung des Entwurfs vor den Ferien betreiben. Er findet in der Presse ge- . teilte Aufnahme. ,Die konservativen Blätter

spenden Beifall; aber derFigaro" bezweifelt die Wirksamkeit der Maßnahmen gegen die Presse. Eine Reorganisirung der Polizei sei notwendig. Die Radikalen nennen den Ent­wurf einen wahren Staatsstreich gegen die Presse. Die Sozialisten sprechen von einer Ermordung der Republik.

Toulon, 10. Juli. Im hiesigen Arsenal ist großes Feuer ausgebrochen. Der Schaden ist beträchtlich.

Der Brand im Arsenal ist bewältigt; die Werkstätte für Maschinenmontirung ist zerstört. Mehrere Marinesoldaten wurden ver­setzt. Der Schaden beträgt mehrere 100 000 Fr.

Stockholm, 9. Juli. Auf dem Passagier­dampferDoebeln", welcher vor der Quaran­tänestation Fejan liegt, sind weitere 5 Per­sonen an der Cholera gestorben.

Belgrad, 9. Juli. Der Orientexpreß- zug stieß nahe bei Philippopel, auf einen zwei- pferdigen Wagen mit 3 Personen. Alle drei sind schwer verletzt. Die bulgarischen Behörden verhafteten den Maschinenführer, welcher der deutschen Nationalität angehört. Der Ver­treter Deutschlands in Sofia protestierte gegen die Verhaftung, da den Verhafteten kein Ver­schulden trifft.',

Der Attsftand in Chicago.

Chicago, 9. Juli. Am Freitag wurden sechs der schönsten noch stehenden Ausstellungs­gebäude, nämlich die Station, das Administra­tionsgebäude, die Maschinenhalle, das Manu­fakturgebäude, vie Elcktrizitätshalle und die Minenhalle, welche zusammen 5 Will. Dollars gekostet hatten, durch Feuer zerstört. Das Feuer brach in den gesamten Gebäuden zu gleicher Zeit aus, war also angelegt und man glaubt, daß die Strecker die Absicht hatten, durch die Feuersbrunst in der Ausstellung die Feuerwehr der Stadt dorthin zu locken, um dann eine allgemeine Feuersbrunst im Herzen von Chicago zu veranstalten. Die Feuerwehr hielt jedoch den größeren Teil ihrer Spritzen zurück und begnügte sich damit, die weitere Ausdehnung des Feuers in den Ausstellungs­anlagen zu verhindern. Weitere Telegramm lauten:

Die Lage ist unverändert. In Ham- mond bei Chicago haben die Ausständigen beim Umstürzen von Eisenbahnwagen 16 Bahn­beamte verwundet. Die Regierung des Staa­tes Indiana hat 750 Mann Truppen nach Hammond entsandt. Chicago selbst ist von 10000 Mann, davon 5000 Mann reguläre Truppen, besetzt. Die Genossenschaft der Bahn­bediensteten hat an Cleveland ein Schreiben gerichtet, in welchem sie gegen die Einmischung der Regierung protestirt. Der Ausstand hat durch Einstellung des Dienstes zwischen San Franzisko und Newyork bisher 60 Millionen Dollars gekostet. Die Gesellschaft der Penn- silvanischen Eisenbahnen erklärte, daß die Aus­ständigen ihr 667 Güterwagen, darunter 100 vollbeladen, verbrannt haben; ebenso 70 Sta- tions- und kleinere Gebäude. Der Verkehr ist unmöglich.

Präsident Cleve land erließ eine Pro­klamation, worin er den Belagerungszustand über Chicago verhängt. Alle Teilnehmer an gesetzwidrigen Vereinigungen und Zusammen­rottungen werden aufgefordcrt, sich vor heute Mittag zu zerstreuen. Gegen die diese War­nung Mißachtenden wird mit entschiedenen Maßregeln vorgegangen werden. In Ham­mond gab es gestern einen Zusammenstoß, wobei die Bundestruppen auf die Streikenden Feuer gaben, 4 töteten und 13 verwundeten. Die Lage ist ernst, Verstärkungen sind abgc-

gangen. Gestern verbrannte die Menge Eisen­bahnwagen und zerstörte den Bahnkörper, sowie mehrere Wagenschuppen. In Chicago griff die Polzei die Ausständigen an, wovon mehrere fcstgenommen wurden. Die Menge griff einen mit Polizeitruppen besetzten Zug mit Stein­würfen und Revolverschüssen an; die Polizei erwiderte mit Feuer, tötete einen Streikenden und verwundete eine ganze Anzahl. Die Po­lizei erhielt Bericht, daß im ausländischen Viertel die Anarchisten bedrohliche Rüstungen treffen. Der Generalstreik wird für mehrere Eisenbahnen des Westens und Südwestens, ferner für Buffalo verkündet.

Die Arbeiterführer beschlossen den all­gemeinen Ausstand für morgen Mittag, die Eigentümer der Pullmannwerke müßten denn in einen Schiedsspruch willigen. Der Rus­sland wird alle Bauhandwerker, Schlächter,

Bäcker und Beamten aller Eisenbahnen um­fassen.

Newyork, 6. Juli. Ein gewaltiger Brand i ist in Hudson (Massachussetts) ausgebrochen. i Um einer Einäscherung der ganzen Stadl vor- >

zubeugen, hat man mehrere Häuser mit Pulver .

gesprengt.

Newyork, 9. Juli. Hier hat sich die k

Lage gebessert. In St. Louis (Missiouris i

haben die Weichensteller und Schaffner die ! Arbeit wieder ausgenommen. Der Verkehr wickelt sich ungehindert ab.

Newyork, 9. Juli. In dem Badeorte Atlantic City wurde gestern Jemand verhaftet, der den Expräsidenten Harrison ermorden wollte. Der Mann ist jedenfalls geistesgestört.

Der Verhaftete erklärte, die jetzige Regierung habe ihn gedungen, Harrison zu töten. Er sei nach Atlantic City gekommen, um die nö­tigen Gelder aufzuweisen.

Unki-Halkndrs.

Aneinander gekettet."

Amerikanischer Kriminalroman v. O- Ellendorf

(Nachdruck verboten.)

(Fortsetzung.)

Annie's Befürchtungen waren nicht ohne Grund, denn als Jefferson seinen letzten Rückfall bekam und über die veränderten Symptome sich zu dem Arzte äußerte, hatte derselbe einen Ausruf des Erstaunens aus­gestoßen. Es war vielleicht nichts, villeicht aber Annie hatte ihn gehört und sie glaubte in des Doktors Antlitz den Ausdruck des Mißtrauens wahrgenommen zu haben.

Nach einer Weile wurde die Thür des Krankenzimmers geöffnet und die Schuldbe­wußten beruhigten sich bei dem Anblick der überaus unverdächtigen Mienen und dem Benehmen der drei Konsultatoren. Das Er­gebnis der Konferenz lautete dabin, daß der Fall hoffnungslos sei, denn jedes Mittel erweise sich erfolglos. Nichts sei unversucht geblieben, keine Vorsicht versäumt worden und die Wissenschaft erschöpft. Wenn noch Hoffnung vorhanden, so beruhe diese einzig und allein auf Jeffersons ungemein kräftiger Konstitution.

Annie's Augen füllten sich mit Thränen und ihr Schmerz war so groß, daß die Männer der Wissenschaft auf das Tiefste gerühlt schienen.

So ist denn keine Hoffnung? O mein Gott!" rief Annie in lauter Verzweiflung.

Doktor R. unternahm es, sie zu trö­sten. Wir müssen nie verzweifeln," sagte er,an einem Patienten von Jeffersons