208
Verstorbene hatte, laut der „Alb. P/Z in den Kämpfen bet Orleans einen Schuß in den Rücken erhalten. Allen Bemühungen der Aerzte konnte es nicht gelingen, die Kugel aus dem Körper zu entfernen. Während der Zeit von 34 Jahren hatte die Kugel im Körper des Unglücklichen gesessen und war die Ursache eines langjährigen schweren Nervenleidens und Siechtums gewesen. Diesem Nervenleiden ist er schließlich auch erlegen und die Sektion der Leiche hat ergeben, daß die Kugel so tief in den Wirbelknochen eingedrungen war, daß sie vollständig in demselben verschwunden ist. Ein Versuch, die Kugel zu Lebzeiten des Verstorbenen mittels Operation entfernen zu wollen, hätte unbedingt den Tod desselben zur Folge gehabt.
Darmstadt, 30. April. Gestern Abend erkrankten nach dem Nachtessen (Kartoffelsalat) 32 Mann des hier garmsonierenden Artillerie- Regiments Nr. 25. Der größte Lleil der Kranken konnte indes heute Morgen wieder aus dem Lazaret entlassen werden. Ueber die Ursache der Krankheit ist noch nichts Näheres bekannt.
Cronberg, 1. Mai. (Der Kaiser in Cronberg.) Je weiter gestern die Nach- mitragsstunven vorrückten, desto dichter wallten die Massen der zuströmenden Stadt- und Landbevölkerung. Die Krieger-Vereine der beiden großen Verbände Hessen und Hessen-Nassau langten kurz vor drei Uhr mittelst Extrazugs hier an, nachdem bereits einige Minuten vorher ein mit Hunderten besetzter Zug eingelaufen war. Sogar die Gepäckwagen waren zur Personalbeförderung in Anspruch genommen. Schon lange vor Ankunft des Kaisers flutete ein dichter Menschenstrom durch die Via triuwplialis. Die zum großen Teil vom Landratamt Homburg gestellten Mannschaften und die Cronberger Feuerwehr hatten vollauf zu thun, um Verkehrsstörungen zu vermeiden. Die etwas kühle, zu Niederschlägen neigende Temperatur hatte es nicht vermocht, die Stimmung der festlichen Menge herabzudrücken, allenthalben sah man frohe Gesichter. Am Schützenhof, wo die beiden Triuniphbogen sich befinden, hatte ein ganzes Heer von Momentphotographen Aufstellung genommen, die den für Cronberg so bedeutungsvollen Moment festzuhalten suchten.
Cronberg, 1. Mai. Um 6Uhr 17Min. verkündeten Böllerschüsse und Glockengeläuts gestern Nachmittag die Ankunft des kaiserlichen Extrazuges, der 3 Minuten später in den Bahnhof cinlief. Der Kaiser, bekleidet mit der Gardekürassiruniform mit Generalsabzeichen, wurde von der Kaiserin Friedrich, dem Prinzen Friedrich Karl von Hessen und der Prinzessin Margarethe am Bahnhof empfangen. Die hohen Herrschaften umarmten und küßten sich mehrere Male. Am Bahnhof waren außerdem Regierungspräsident von Trepper-Laski und Landrat v. b. Heydt erschienen. Vom Bahnhof begaben sich der Kaiser mit den hohen Herrschaften und dem übrigen Gefolge durch die Via triumxdalis zu der Ehrenpforte, welche am Schützenhofe errichtet war. , Der Kaiser saß im offenen Wagen zur Linken der Kaiserin Friedrich. An der Ehrenpforte begrüßte Bürgermeister Janii» den Kaiser mit einer kurzen Ansprache. Außer den genannten Ratsmitgliedern und Honoratioren hatten sechs weiß gekleidete Jungfrauen Aufstellung genommen, von denen zwei dem Kaiser und der Kaiserin Friedrich Rosenbouquets überreichten. Von da begaben sich die hohen Herrschaften direkt ins Schloß. Das Spalier bildende Publikum brachte dem Kaiser be
geisterte Ho-chrufe aus. Im ganzen Ort herrscht festliche Stimmung.
Berlin, 29. April. Kanzler Leist aus Kamerun ist in Deutschland eingetroffen, hat sich jedoch im Auswärtigen Amt noch nicht gemeldet.
Berlin, 30. April. Der Kaiser hat den Direktor der Staatsarchive v. Sybel zu dessen fünfzigjährigem Jubiläum, als Professor, zum Wirklichen Geheimen Rat mit dem Prädikat Excellenz ernannt.
Berlin, 1. Mai. Nach den „B. N. N." soll in den Bestimmungen des in Vor- bereilung begriffenen Börsengesetzes vor Allem die strafrechtliche Verfolgung der Bankier vorgesehen sein, welche bei Kommissionsgeschäften als Selbstkontrahenten austreten.
Schlitz, 30. April. Bei der gestrigen Tafelmusik wurde ein von dem Kaiser komponiertes und von dem Kgl. Musikdirektor Kluß für Orchester arrangiertes Lied vorge- lragen.
Wien, 30. April. In zwei von Bau- Arbeitern abgehaltenen ruhig verlaufenen Versammlungen wurde beschlossen, morgen zu streiken. Die Bau-Arbeiter, deren Zahl 30,000 beträgt, verlangen Verkürzung der Arbeitszeit um eine Stunde und die Einführung einer einheitlichen Arbeitsordnung. Die Zimmerleute lehnen es ab, einen Ausstand zu inszenieren, als derzeit inopportun.
Karlsbad. Die Frühsaison ist Heuer ungemein lebhaft und die Zahl der Gäste erreicht berests das zweite Tausend, eine Eriche nung, die im April noch nie beobachtet worden ist. Als Neuheit finden die diesjährigen Kurgäste das neue Moorbadehaus vor, das zwar noch nicht sertiggestellt und erst im kommenden Jahre eröffnet wird, heute aber schon zeigt, welch' kostbaren Monumentalbau es Mstellen wird. In gesundheitlicher Beziehung ist für Karlsbad viel gethan worden, indem die Stadtvertietung die'vollständige Neukanalisierung der Stadt hat durchführen lassen.
Paris, 29. April. Der Anarchist Henry ist gestern Abend nach dem Gefängnis La Roquette überführt worden. Er weigerte sich gegen das Urtheil des Gerichtshofes Berufung einzulegen.
Paris, 30. April. Eine Anzahl republikanischer und klerikaler Blätter tritt dafür ein, daß für die neuzuschaffenden Briefmarken die Gestalt der „Jungfrau von Orleans" als Personifikation Frankreichs gewählt werde.
Belgrad, 29. April. Nach einem Ukas des Königs wurde dem Exkönig Milan und der Exkönigin Natalie die ihnen als Mitgliedern des königl. Hauses zustehenden Rechte wieder zuerteilt.
Atal ante, 28. April. Die Zerstörungen im östlichen Lokris in Grichsnland durch die furchtbaren Erdstöße vorgestern Abend sind vollständig und spotten aller Beschreibung. Wo Häuser stehen geblieben sind, ist eine Annäherung gefährlich. Alles lagert sich im Freien. Es herrscht Mangel an Nahrungsmitteln. Die Erregung ist groß. Im Hafen von Atalante versank heute Nacht ein eben mit 2000 Broten angekommenes Schiff. Das Gebirge zeigt heute in seiner ganzen Länge Risse. Immerfort erhebt sich der Erdboden. Ein Ende der Katastrophe ist noch nicht abzusehen.
Barcelona, 30. April. Hier sind 4000 aus Rom zurückgekehrte Pilger gelandet. Es ist kein Zwischenfall vorgekommen.
New-Pork, 24.April. Der bekannte Bankier Jesse Seligmann ist in Süd-Kalifornien gestorben.
Nnt«I-lMltknd«S.
„Aneinander gekettet."
Amerikanischer Kriminalroman v. O. Ellendorf.
<Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
„Ab," rief Dr. Bcandon, „und welche sind diese? Doppelte Gewißheit ist stets das Beste und ich bin stets geneigt zu zweifeln. Ais ich einen Augenblick mit Attilla allein war, fragte ich ihn, ob er genau wisse, wieviel paar Stiefel Skratton besessen; er bejahte die Frage und führte mich an einen Schrank, in dem nur Schuhwerk geborgen wurde. Ein paar Stiefel mit russischem Oberleder fehlten. Ich suchte sie überall, ohne sie zu finden und ebenso entdeckten wir. daß ein blau und weißes Halstuch, welches Stratton am 9. August noch getragen, verschwunden war."
„Das beweist, daß ihre Ansicht bezüglich des Morgenschuhes und des im Park gefundenen Tuches richtig war," sagie Mi. Blaut.
»Ja, ich glaube, daß die Thatsachen, die wir bereits erkannt, hiureichen, den einen Teil unserer Theorie als korrekt darzustellen. Nun aber lassen Sie uns jene entscheidenden Momente, die ... .
Skecrctt machte,eine Pause, aber plötzlich, ohne ein Wort zu sagen, erhob er sich und sprang ans Fenster und gleich darauf durch dasselbe in den Park, mit katzenartiger Behendigkeit. Dem Geräusch des Falles folgte ein unterdrückter Schrei und dann das eines Kampfes zwischen zwei Menschen. Der Doktor und Mr. Blant stürzten an die Brüstung. Der Morgen brach gerade an und die Kronen der Bäume bewegten sich leise im Winde und durch den leichten Nebel erblickte man die Umrisse der Landschaft nur ungenau.
Die feierliche Stille des jungen Tages wäre vollständig gewesen, hätte sie nicht der Schall von niederfallenden Schlägen gestört. In der Mitte des Gartens waren zwei Menschen, die Phantomen nicht unähnlich waren, in einen Kampf auf Leben und Tod verwickelt! Die Formen schienen vereint, dann getrennt und bald darauf wieder eng zusammen zu sein. Zuletzt fiel einer der Gegner, um sich aber gleich wieder zu erheben, dann aber lag er wieder am Boden.
„Beunruhigen Sie sich nicht, Gentlemen," rief darauf eine Stimme, in welcher die Zuschauer die Skerretts erkannten, „ich habe den Schuft." Jetzt konnte man die Gestalt des Detektivs schwach erkennen, der nun aufrecht stand, sich aber dann wieder über seinen Feind beugte und der Kampf entbrannte aufs Nene. Der Mann am Boden verteidigte sich mit dem Mute der Verzweiflung und die beiden Streiter erschienen wieder wie ein dunkler Punkt, an dem man hin und wieder Bewegungen wie von Armen und Beinen gewahrte.
Plötzlich erhoben sich die beiden Streitenden wieder und setzten den Ringkampf fort, worauf man einen Schmerzensschrei, einen fürchterlichen Fluch und einen schweren Fall vernahm. „Ah, jetzt hat er genug," ließ sich Skerrett wieder vernehmen, „reichen Sie mir gefälligst ein Licht."
Kaum aber, daß der Doktor und sein Wirt dem Verlangen zu entsprechen sich anschickten, wurde die Thür aufgestoßen. „Erlauben Sie, Gentlemen, Ihnen Kennedy,