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Urs. 13.

Donnerstag, 1.

Aeöruar? 1894.

30. tskirgang

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Die Redaktion.

Württemberg.

Stuttgart, 30. Jan. Gestern früh wurde im Hofe eines Hauses der Guttenberg- straße die Leiche eines neugeborenen Kindes aufgefunden; dieselbe war in einen alten Frauen­rock eingewickelt. Die Mutter des Kindes ist bis jetzt unbekannt.

U n t e r t ü r k h e i m, 25. Jan. Einen sonderbaren Ausgang, oder vielmehr gar keinen Anfang nahm letzter Tage eine Hochzeit hier. Während das Brautpaar sich schon zum Aus­gang auf das Standesamt rüstete, bestand die Braut mit großem Eigensinn darauf, sie müsse noch einen Brautschleier haben ; der Bräutigam wollte aber von einem solchen überflüssigen „Möbel" nichts wissen. Es entstand ein hef­tiger Zank zwischen dem Brautpaar, der damit endete, daß der Bräutigam sich auf- und da­vonmachte, um wieder in die Fremde zu gehen. Die zurückgelassene Braut soll aber erklärt haben: „Lieber keinen Mann, als keinen Brautschleier."

Plochingen, 29. Jan. Heute geschah auf dem hiesigen Bahnhof ein bedauerlicher Unglücksfall. Der Heizer R. aus Rottweil, der hier im Dienstgebäude übernachtete und morgens 2 Uhr geweckt worden war, um seine Maschine in Stand zu setzen, fand man einige Zeit später tot mit abgetrenntem Kopf aus den Schienen liegend. Aller Wahrscheinlich­keit nach ist derselbe von der Maschine des Güterzugs, der um 3 Uhr von Reutlingen kommt, erfaßt und überfahren worden. Wie es zugegangen ist, weiß Niemand zu sagen und wird wohl auch unaufgeklärt bleiben, da weder der Führer des betreffenden Zuges noch sonst jemand etwas davon bemerkt hat. Nach amtlicher Feststellung des Thatbestandes wurde der Leichnam vorerst in das Johanniterspital verbracht.

Böblingen, 27. Jan. Schon einige Jahre beschäftigt man sich hier mit Errichtung einer Druckwasserleitung. Die Vorarbeiten haben

vor kurzer Zeit ihren Abschluß gefunden. Gestern war Baurat Ehmann von Stuttgart, der bisher die bürgerlichen Kollegien beriet und auch Pläne und Kostenvoranschlag fertigte, hier. Nach ganz kurzer Beratung haben denn auch dieselben fast einstimmig den Beschluß ge­faßt, eine Druckwasserleitung mit Pumpwerk zu erbauen. Die Kosten belaufen sich auf rund 200,000 Mark. Die Arbeiten sollen sofort in Angriff genommen und so beschleu­nigt werden, daß wir Ende dieses Jahres die Wohlthat einer Wasserleitung genießen dürfen.

Rundschau. ^

Gestorben: 29. Jan. zu Karlsruhe Dekan a. D. CH.H. Schnell, geb. 18. Dez. 1812 zu Riedbach, O.A. Gerabronn, 1842 Pfarrer zu Sennfeld i. B., 1850 in Unter­schlüpf, 1857 zweiter und 1866 erster Stadt­pfarrer in Breiten, zugleich Dekan, 81 I. a.

— Vor einigen Tagen wurde im Hardt­walde bei Karlsruhe de Leiche eines etwa 70jährigen Mannes gesunden. Der Tote ist nun als der frühere Bierbrauer und Bürgermeister Franz Karl Benz von Berg­haupten, zuletzt wohnhaft in Bruchsal, erkannt worden.

Mannheim, 29. Jan. Das Bankhaus Salomon Maas hat die Zahlungen eingestellt.

— Die Unlerbilanz der Bankfirma Maas beträgt 2 Millionen Mark und die um­laufenden Tratten auf die bankerotte Firma betragen 12 700 000 Mk. Die hiesigen Ban­kiers beschlossen, diese Tratten möglichst zu übernehmen. Es herrscht große Bestürzung, und cs werden weitere Konkurse befürchtet.

Vom Ries. Vorige Woche besichtigte eine Abordnung aus Dillinge n. (Bayern) das in Bopfingen von Ingenieur Bock er­stellte Elektrizitätswerk, das durchweg den voll­sten Beifall der Kommission fand, die vorher schon mehrere ähnliche Werke besichtigt hatte und das hiesige für das am praktischsten ein­gerichtete erklärte. Neuesten Nachrichten zu­folge ist nun an Ingenieur Bock die Erstellung der in Dillingen beabsichtigten Anlagen, Wasserbauten rc., deren Voranschlag über eine Mill. Mk. ausmacht übertragen worden. Das Bopfinger Elektr.-Werk, das nach Hrn. Bocks Berechnung einen Wert von nahezu 100 000 M. hat, soll nun in eine Aktiengesellschaft um­gewandelt werden.

— In diesem Jahre erfüllen sich 400 Jahre, daß der berühmte Schuhmacher aller Zeiten, Hans Sachs, geboren wurde. In seiner Geburtsstadt Nürnberg werden schon jetzt Vorbereitungen getroffen. Für einen Festzug bewilligte die Stadtverwaltung Nürnbergs 10 000 Mk., für die übrigen Veranstaltungen 2000 Mk.

— In Regierungskreisen besteht die Ab­sicht, einen neuen Tabaksteuerent­wurf auszuarbeiten, der sich wesentlich auf Erhöhung d.r bestehenden Steuern und Zoll­sätze beschränken soll.

Essen, 27. Jan. Der Essener Z. zu­folge schenkte Geh. Kommerzienrat Krupp zum Andenken an den heutigen kaiserlichen Geburts­tag, der durch die in ganz Deutschland mit Begeisterung aufgcnommene Friedensbotschaft der letzten Tage eine besondereiWeihe erhalten habe, der Stadt Essen 100 000 Mark als Grundkapital für eine milde Stiftung, welche der Kaiser „Kaiser Wilhelm II.-Fürst Bis- marck-Stistung" zu nennen gestaltet hat.

— Krupp in Essen beschäftigt 16000 Arbeiter, die mit ihren Familien 60 000 Men­schen bedeuten. Bis jetzt hat Krupp 3720 Arbeiterwohnungen in der Nähe seiner Werke erbaut. Eine besteht in der Regel aus Stube, 2 Kammern und Küche, zwischen den Häuser­reihen liegen weite Alleen und große Plätze mit Wafleranlagen; auf der Rückseite der Häuser befindet sich ein Gärtchen und ein Stall für Kleinvieh.

Tropvau, 29. Jan. Die Typhusepi­demie hält an; bis jetzt kamen 45 Todesfälle vor.

Wien. Fürst Esterhazy, der Führer des ungarischen Centrums, ist, 77 Jahre alt, ge­storben.

Brüssel, 26. Jan. Die Niederlage der Belgier am Kongo ist eine wahre Kata­strophe. 4 Offiziere, 6 Unteroffiziere und 250 Soldaten wurden massakriert.

— Ein unerhört kühner Einbruch s- d i e b'st ahl ist auf dem Nordbahnhof in Brüssel verübt worden. Unbekannte Diebe sind nachts in die Gepäckkammer eingedrungen, haben nicht weniger als 51 Koffer erbrochen und den Raub, darunter eine Kiste voll kost­baren Juwelen, in Sicherheit gebracht. Der Wert der gestohlenen Sachen wird auf 150 000 Franks geschätzt.

Paris, 28. Jan. Die Gnadcn-Kom- misston hat sich, wie das „Echo de Paris" erfährt, gegen die Begnadigung Vaillants aus­gesprochen. Die Hinrichtung dürfte voraus­sichtlich in den nächsten Tagen stattfinden.

Amiens, 28. Jan. Zwei Greise, das Ehepaar Jolly wurden m ihrer Wohnung in der Gemeinde Pont de Metz ermordet ausge­funden. Wertgegenstände im Betrage von 12,000 Mark wurden gestohlen.

Belgrad, 28. Jan. Die Male No- vine schreibt: Wie wir hören, bestehen ge­wisse Combinationen, wonach König Alexander eine längere Reise durch Europa unternehmen soll. Man behauptet, die Königin werde bald in Belgrad eintreffen, sich aber hier nur kurze