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Episkopat, der deutsche Elerus bedürfe solcher Hilfe nicht, um ihre Aufgabe zu erfülle», die deutsche Wissenschaft bedarf keiner Unterstützung solcher Art. Der Nutzen, den man sich aus dem Jesuitenorden für die katholische Kirche Deutschlands versprechen könnte, würde in gar keinem Verhältnis zu den tiefen Störungen und Gefahren stehen, welche seine Gegenwart Hervorrufen müßte.
— Wie einschneidend die projektierte Quittungs- und Frachtbriefsteuer wirkt, beweisen folgende der „T. L. mitgeteilte Zahlen: Eine größere Mühle in der Nähe von Trier bezieht und versendet im Durchschnitt monatlich 12V Wagenladungen zu 20 Pfg. macht 24 Mk., 120 Stückgutsendungen zu 10 Pfg. macht 12 Mk., ferner monatlich 380 bis 400 Geldbeträge, wofür sie Quittungen erteilen muß, per 10 Pfg., macht monatlich 35 bis 40 Mark. Im ganzen also ca. 75—80 Mk. Steuer monatlich.
— Ein Knabe tu Unterlemnitz, der sich in den Finger geschnitten und dem die Mutter, um das Blut zu stillen, Spinnengewebe, die jedenfalls staubig gewesen sein mögen, auf die Wunde gelegt hatte, ist am Starrkrampf gestorben. Blutvergiftung infolge des beschmutzten Spinngewebes mag wohl die Todesursache gewesen sei».
London, 21. Dez. Der ,,Times" wird aus Rio de Janeiro gemeldet, daß in Folge des fortdauernden Feuerns alle Geschäfte stillstehen. Am letzten Donnerstag versuchten die Regiernngstruppen, die Go- vernadors-Jnsel wiederzuerobern. Tausend Mann landeten, wurden aber von den Insurgenten aus einem Hinterhalt überfallen und und unter den schwersten Verlusten zurückgeworfen. — Admiral da Gama erklärt, daß Mella in der nächsten Woche Santos bombardieren werde.
Aus Konstantinopel wird dem Standard die Ansicht Brialmonts bestätigt, daß Konstantinopel thatsächlich in den Händen der Rüsten sei, denn ein russisches Panzerschiff könne des Nachts in den Bosporus Vordringen und dem erschreckten Sultan einen Vertrag mit freier Durchfahrt abringen. Die türkischen Panzerschiffe liegen am goldenen Horn ohne eine einzige Tonne Kohlen an Bord. Der Sultan sei mit der Lage der Dinge wohl vertraut, aber sobald er Maßregeln ergreifen wolle, erscheine der russische Botschafter, durch Palastspione unterrichtet, in Pilviz-Kiosk und frage, gegen wen die feindlichen Maßregeln gerichtet sein könnten, wenn nicht gegen das friedliebende Rußland und verlange, daß die Türkei, ehe sie Geld für überflüssige Befestigungen verschwende, vorher die Kriegsentschädigung zahle, worauf selbstverständlich der Sultan mit Entschuldigungen die Maßregeln fallen läßt.
Petersburg, 20. Dez. Die großen russischen Manöver im Jahre 1894 werden zuverlässigen Nachrichten zufolge in der Umgegend von Smolensk abgehalten werden. Zu diesen Manövern sollen angeblich die Truppen dreier Militärbezirke herangezogen werden, in denen ZOO 000 Mann liegen.
New-Park, 22. Dez. In Nord- Labrador sind in Folge der dort herrschenden Not 2000 Indianer buchstäblich verhungert.
Aenderung der Posttaxeu
für denOrt- undNachbarschafts- verkehr innerhalb Württembergs.
Mit Wirkung vom 1. Januar 1894, werden die Taxen für den innerwürttember- gischen Orts- und Nachbarschaftverkehr wie folgt festgesetzt: Im Verkehr innerhalb des Ortibestell - Bezirks der jAusgabc - Postanstalt
(Postortsverkehr): Für frankirte Briefe: a) bis zum Gewicht von 15 Gramm einschließlich auf 3 Pfg, (seither 5) b) im Gewicht von über 15 Gr. bis zum Meistgewicht von 250 Gramm 5 Pf.; für Postkarten (einfache) auf. 3 Pf., (seither 5) für Drucksachen: a) bis zum Gewicht von 15 Gr. einschl. auf 2 Pf., (seither 3) b über 15 bis 50 Gr einschl. auf 3 Pf., o) über 50 bis 250 Gr. einschl. auf 5 Pf., ä) über 250 bis 1000 Gr. einschl. auf 10 Pf., je mit Ermäßigung um 25. Proz. bei gleichzeitiger Einlieserung von mehr als 50 Stück Drucksachen für die 50 Stück übersteigende Stückzahl. Für Pakete: u) frankirt bis zum Gewicht von 1 Kilogr. einschließlich auf 15 Pfg. h>) un- frankirt bis zum Gewicht von 1 Klgr. einschl. auf 25 Pf., o) frankirt übet 1 bis 5 Kgr. einschl. auf 25 Pf., b) unfrankirt über 1 bis 5 Klgr. einschließlich aus 35 Pf., s) frankirt und unfrankirt beim Gewicht von über 5 Klgr. für je ein Klgr. auf 5 Pfg. Im Verkehr zwischen verschiedenen Orten des Bestellbezirks der Aufgabepostanstalt (Landbezirksverkehr), sowie im Verkehr zwischen Postanstalten welche bis zu zehn Kilometer einschl. von einander entfernt sind (Zehnkilometerverkehr), für frankirte Briefe: u) bis zum Gewicht von 15 Gr. einschl. auf 5 Pf., b>) im Gewicht von über 15 Gr. bis zum Meistgewicht von 250 Gr. einschl. auf 10 Pf., für unfrankierte Briefe: a) bis zum Gewicht von 15 Gr. einschl. auf 15 Pf., b) im Gewicht von 15 Gr. bis zum Meistgewicht von 250 Gr. einschl. auf 20 Pf., für Postkarten: n) einfache auf 5 Pf., b) doppelte 10 Pf.
Unirrhgltkndks.
„Aneinander gekettet."
Amerikanischer Kriminal-Roman von O. v.
E ll e n d o r f.
(Nachdruck verboten.)
Kurz vor Tagesanbruch gegen 5 Uhr am 10. August 1870 begaben sich der alte Ben Richards und sein Sohn Dan, welche beide in dem Rufe standen, Raufer und Hehler zu sein, durch die um diese Zeit now menschenleeren Straßen Alexandrias, im Staate Virginien, nach dem Potomac, um zu fischen.
Es war ein selten schöner Morgen; leichte Nebel erhoben sich von den Gefilden, als die ersten Strahlen des Tagesgestirnes tief im Osten aus unbewölktem Aether auf die majestätische Kuppel des Kapitols zu Washington, welche man deutlich in der nur drei Stunden betragenden Entfernung am Morgenhimmel sich abzeichnen sah, fielen. Die gefiederten Bewohner der die wohlgepflegten Allee säumenden Akazien erwachten aus dem Schlafe, denn eben wurde der neckische Ruf des „Mockingbird" laut, der gewissenhaft das Amt des Weckers für seine beflügelten Kameraden ausübt. Die Kelche der Blumen erschlossen sich dem belebenden Hauche des jungen Tages, buntschillernde Falter flatterten mit noch etwas mattem Flügelschlag, halb schlaftrunken um dieselben, wie harrend, daß der Sonne Macht das auf ihnen lagernde Perlengewand des Thaues entferne.
Beladen mit ihren Netzen schritten die beiden Wanderer eine Zeit lang schweigend neben einander, bis sie in die Nähe eines großen, aus weißem virginischem Marmor erbauten Herrenhauses gelangten, welches ein großer Park umschloß.
„James Jefferson's Besitz," sagte halblaut der Alte, indem er seinen Blick auf das stattliche im Renaissancestyl ausgeführte Gebäude warf.
„Kein Wunder," erwiderte mit einem Anflug von Hohn und Neid Dan, „daß der Mensch wie ein Nabob bauen konnte, hak er seine Millionen doch durch Spekulationen und Verrat während des Krieges gesammelt. Goddam!" fügte er mit drohender Geberde hinzu, „noch durchzuckt es mich wie ein Dolchstoß, wenn ich daran denke, daß wir in dem ungleichen Kampfe unterliegen mußten und unser rot-weiß-blau dem Sternenbanner damals auf Marshalhouse von Alexandria weichen mußte!"
„Narr, der Du bist" — schalt der Alte, „wer weiß, ob wir, wenn es nach Deinem Wunsche gegangen, unter der anderen Fahne das Feld für unsere Unternehmungen so günstig gefunden hätten, wie unter Uncle Sam's!"
Von Strattons Villa führte nun ein schmaler Weg qner durch die Felder, dem Flusse zu, den sie bald erreichten und ihre» Booten sich näherten, das auf den leicht vom Morgenwind bewegten Wellen hart am Ufer schaukelte. Der Alte sprang in dasselbe, während Dan die Netze löste.
„Geh und suche mir ein Stückchen Holz, Dan, ich muß einen neuen Pflock schneiden, für einen der uns auf dem Wege vielleicht verloren gegangen ist."
Der junge Mann sah sich um, kein Baum in der Nähe, außer in dem nur einige hundert Schritte von hier entfernten Park von Strattons Villa. Mit schnellen Schritten entfernte er sich und stand bald vor der die Besitzung umgebenden Einfriedigung, bie er ohne die geringsten Gewiffens- skrupeln übersprang.
Er beabsichtigte cinen Ast von einem der zahlreichen alten Bäume, die nicht weit von der Umzäunung einen kleinen Teich umgaben und ihre Zweige fast in das Wasser senkten, zu brechen oder zu schneiden. Kaum aber hatte er die Hand in die Tasche gesteckt, um sein Messer zu greifen, während welcher Zeit er seine Blicke nach rechts und links schweifen ließ, als er plötzlich einen Schreckensschrei austieß. „Vater, Vater!" rief er so laut, als ihm die Angst, welche ihm die Kehle zuzuschnüren drohte, es gestattete.
„Was giebt es?" scholl es vom Flusse zurück.
„Varer so komme hierher,,, antwortete Dan. „In des Teufels oder des Himmels Namen komme augenblicklich!"
Dem Tone der an ihn gerichteten Aufforderung zu urteilen, mußte seinem Sohne etwas außerordentliches begegnet sei», dachte der alte Ben und hielt mit der Arbeit inn«.
„Vater, komme hierher — bei Deiner Seligkeit beschwöre ich Dich, komme schnell hierher! hörte er wiederholt seinen Sohn noch dringender rufen.
Er verließ augenblicklich das Boot und rannte mit einer Schnelligkeit, die man den alten Beinen kaum zngemutet hätte, in der Richtung nach dem Parke davon.
Als er seinen Sohn erreicht hatte, und athemschöpfend einige Sekunden lang umbergeblickt, wurde er von eben dem Entsetzen ergriffen wie Dan, denn sein Auge weilte auf der Leiche einer Frau, deren Gesicht und Brust von dem langen, aufgelösten Haare teilweise verhüllt wurde! Ihr grauseidenes Gewand war mit Blut und Schlamm be- sfleckt, den Unterkörper, da sie aufrecht stand»