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tionen. Es seien für die Anlage 50 Pferde­kräfte in Aussicht genommen und als erzeu­gende Kraft eine Kombination von Dampf und Gas. Die Kosten belaufen sich auf 330000 Mk. Die Abnehmer haben per Stunde und Pferdekraft 25 Pfg zu entrichten. Das Gaswerk soll durch die elektrische Zen­trale keineswegs geschädigt werden, was sich auch gut vermeiden lasse.

Freiburg, 16. Nov. In letzter Zeit wurden wieder mehrfach falsche Ein-Markstücke angehalten. Dieselben tragen sämtlich die Jahreszahl 1887 und das Münzzeichen Dumpfer Klang, stumpfes Gepräge und Weich­heit des Metalls sind Merkmale der Uncchtheit.

Berlin, 16. Nov. Bei der heutigen programmäßig verlaufenen Rekrutenvereidigung hielt der Kaiser folgende Ansprache: Ihr habt soeben vor Gottes Antlitz mir Treue geschwo­ren und seid hiedurch in demselben Augen­blick meine Soldaten und Kameraden gewor­den. Ihr habt die Ehre zu meiner Garde zu gehören und seid berufen, mich in erster Linie vor dem äußeren und inneren Feind zu schützen. Seid treu und vergeht nicht, daß Eure Ehre die «reinige ist.

Der Reichskommissar für die Welt­ausstellung in Chicago, Geh. Reg-Rat Mer­muth, veröffentlicht im R ichsanzeiger vom 11. d. M. das erste Verzeichnis von deutschen Firmen, die auf der Weltausstellung in Chicago prämiert worden sind. Dieses Verzeichnis stellt eine Anzahl von bereits annähernd 2000 deutschen Firmen als preisgekrönt dar. Es ist damit keineswegs die Liste der mit Preisen bedachten deutschen Aussteller abgeschlossen, viel­mehr werden die nächsten Wochen eine erheb­liche Vermehrung der genannten Zahl bringen. Man wird nicht zu weit gehen, wenn man die Gesamtzahl der auf Deutschland entfallenden Prämien mit 2500 bis 3000 berechnet.

Zum Kapitel derS o ldate nm Hand­lungen bringt die Hamb. Korr, einen Bei­trag in folgenden Ausführungen:Ein bisher zu wenig beachteter Uebelstand im deutschen Heere der auch geeignet ist, nicht ganz normal entwickelte Soldaten zum Selbstmord zu treiben, liegt in der Mißhandlung der Mannschaften unter sich, und zwar Jahrgang gegen Jahr­gang. Sobald der junge Mann als Rekrut ins Heer eintritt, wird er bei jedem unbeauf­sichtigten Zusammentreffen von den Zwei- bezw. Dreijährigen zum Freihalten im Wirts­haus angesprochen und wehe dem, der sich da­zu nicht herbeiläßt, er hat dann für die ganze Rekrutenzeit etwas auf dem Kerbholz. Die Dreijährigen (jetzt bei der Infanterie durch den Fortfall des dritten Jahres beseitigt) sind dabei die Schl mmsten. Auch bei allen Dienst­obliegenheiten muH der Rekrut nach der Flöte der älteren Mannschaft tanzen. Schmiere, Schuhnägel, Oele und dergleichen Putzsachen muß der Rekrut anschaffen, sonst giebt es viel­fach Hiebe. Dabei darf er sich nur ja nicht beschweren sonst geht es ihm noch viel schlim­mer; auch werden die Klagen von Seiten der Korporalschaftssührer meistens gar nicht an­genommen. Das ganze System ist ein ge­wisses Erbteil von einem Jahrgang zum an­deren, und die Meisten treten mit dem Vorsatz ins zweite Jahr über, es den neu Eintretenden ebenso zu machen, wie es ihnen gemacht worden ist. Man findet sehr oft mehr Furcht vor den älteren Mannschaften als wie vor den Vorgesetzten. Schreiber dieses kann von sich sagen, daß er während seiner Dienstzeit von keinem Vorgesetzten irgendwie böswillig ange­rührt, wohl aber von einem Dreijährigen aus oben angegebenein Grunde mißhandelt worden ist. Es soll damit für die Vorgesetzten keine

Lanze gebrochen werden, da sie indirekt auch mit Schuld an diesen Mißhandlungen tragen. So wird z. B. von Seiten des Kompagnie­führers oder Feldwebels für das Zuspätkommen eines einzelnen Mannes häufig Strafe für die ganze Kompagnie angedroht, und bei ein­getretenem Fall blecht es nicht aus, daß dann die unschuldigen Mannschaften an den Schul­digen sich rächen. Ist dieser nun gerade noch ein Rekrut, dann wird von allen Seiten da­raufgehauen, wobei vielfach Schüreisen, Besen­stiel und andere harte Gegenstände verwandt werden. Dasselbe ereignet sich auch häufig beim Exerziren, wo die ganze Mannschaft wegen eines Einzelnen nachexerziren muß und diesem nachher die üblichen Stöße und Hiebe versetzt werven. Gegen solches Gebühren müßten die Vorgesetzten mit aller Strenge angehen, damit dieses Mißhandeln der Mann­schaft unter sich auch ausgerottet werde, selbst aber auch sich bestreben, nur den zu bestrafen, der es verdient hat, und nicht die ganze Mannschaft darunter leiden zu lassen, die dann wieder an dem Einzelnen sich rächt" Aus Elsaß-Lothringen, 18. Nov. Der Prozentsatz der jungen, der deutschen Militärpflicht sich entziehenden Elsaß-Loth­ringer ist verhältnismäßig immec noch sehr hoch. So sind im Oberelsaß von den 1892 in den alphabetischen und Restantenlisten ge­führten Militärpflichtigen 477 unvermittelt ge­blieben und 2354 sind ohne Entschuldigung ausgeblieben, so daß sich der Gesamtausfall auf 22,7 Proz. beläuft. In Lothringen wur­den 13,383 Militärpflichtige in den alphabe­tischen und Restantenlisten geführt. Davon blieben 2070 unvermittelt, 2890 fehlten bei der Musterung unentschuldigt, so daß der Ge­samtausfall die Höhe von 37,2 Proz. erreicht. Dabei ist jedoch in Betracht zu ziehen, daß in den Stammrollen zahlreiche junge Leute geführt werden, deren Eltern nach dem Kriege das Land verlassen haben, ohne den deutschen Behörden davon Anzeige zu erstatten.

Graz, 17. Nov. Graf Hartenau, der frühere Fürst von Bulgarien, ist heute mittag gestorben. Derselbe erkrankte vor einigen Tagen an einer Blinddarmentzündung, welche sich auf das ganze Bauchfell ausbrettete und seinen Tod herbeiführte. Der zuletzt unter dem Namen Graf Hartenau lebende frühere Fürst von Bulgarien ist der zweite Sohn des Prinzen Alexander von Hessen und führte als aus einer morganatischen Ehe hervorgehend den Titel A. v. Battenberg. Er ist am 5. April 1857 geboren. Am 17. bezw. 29. April 1879 wurde er von der bulgarischen National- Versammlung zum Fürsten von Bulgarien er­wählt. Unter seiner Regierung wurde 1885 Ostrumelien mit Bulgarien vereinigt und der siegreiche Krieg gegen die Serben geführt, der ihm hauptsächlich seine große Beliebtheit in Bulgarien eintrug. Infolge einer auf russ. Jntrigue hin unternommenen Militärverschwö­rung in Sofia wurde er 1886 gestürzt, kehrte indes wieder nach Bulgarien zurück und legte die Herrschaft nieder. Im Jahr 1889 ver­mählte er sich mit der Sängerin Johanna Loisinger, die ihm einen Sohn gebar. Die Gräfin Harrenau, die erst vom Wochenbett aufgestanden war sie wurde am 24. Okt von einer Tochter entbunden brach über der Leiche ihres Gatten bewußtlos zusammen. Man fürchtet, daß sie geisteskrank werden könnte. Die provisorische Bestattung findet am Montag statt. Heute ist gerade der 8. Jahrestag der Schiacht von Sliwnitza, in der weiland Fürst Alexander die Serben besiegte Wien, 16. Nov, Zu Weihnachten er­wartet man in Wien die Verlobung der Kron­

prinzessin-Witwe Stephanie (geb. 21. Mai 1864) mit dem Erzherzog Franz Ferdinand (geb. 18. Dez. 1863.)

Vermischtes

Glück und einen soliden Schädel muß der im Jahre 1872 zu Bühl geborene Commis Jakob Bittes haben. Der junge Mann hatte sich imPfälzer Hof" in Ludwigshafen einlogiert und versuchte daselbst sich durch eine Kugel aus der Welt zu schaffen. Zu diesem Behufe kaufte er sich in Mannheim einen Släufigen Revolver, schloß sich in sein Zimmer und jagte sich durch die rechts Wange eine Kugel in den Schädel. Da dieselbe ihm die gehoffte Erlösung nicht brachte, wartete er bis das Blut der Wunde sich gestillt, dann gab er sich eine zwe te Kugel und steckte den Re­volver in seinen am Kleiderständer hängenden Ueberzi-Her; hierauf setzte er sich aus das Ka- nape und wartete sein Ende ab. Dieses kam aber nicht, dagegen die durch die Schüsse aufmerksam gemachten Hausbewohner. Die Polizei wurde sofort von dem Vorfall ver­ständigt und diese veranlaßte sodann die Ueber- führung des Selbstmord-Kandidalen in das Spital. Bittes stieg selbst ohne Hilfe in die Droschke. Die Kugeln konnten bis jetzt noch nicht gefunden werden, lieber das Motiv zu dem unseligen Schritt konnte man noch nichts Genaues erfahren.

In der preuß. Garde-Kavallerie be­findet sich seit einigen Jahren kern bürger­licher Offizier mehr; aber auch der einfache Adel ist in der Minderzahl gegenüber den Fürsten, Prinzen, Grafen und' Freiherren. Unter 253 Offizieren, die bei der Garde-Ka­vallerie in der Rangliste aufgeführt sind, be­finden sich 32 oder (12,6 pCt.) Fürsten und Prinzen, 73 (28,9 pCt.) Grasen, 36 (14,2 pCt.) Freiherren und 112 (44,3 pCt.) nur die Bezeichnungvon" führende Adelige. In einzelnen Regimentern treten die einfach Ade­ligen sehr zurück, so besonders im Regiment des Garde du Corps, das in seinem Offiziers­korps 2 Prinzen, 19 Grafen, 4 Freiherren unv 7 adelige Offiziere zählt. Auch das 1. Garde-Dragoner-Regiment hat in seinem Offizierskorps nur 10 Offiziere, die einen ein­fachen Adel führen.

Ein Quellenfinder von bedeutendem Ruf existiert in der Person des Reichsgrafen Alexander Wroschowetz. Derselbe folgt genau der Pendelschwengung einer von ihm an einer Kette getragenen Kugel und bestimmt mit einer ans Wunderbare streifenden Sicherheit, den verborgeneu Wafferlauf, die Tiefe und die Ergiebigkeit desselben.

In furchtbarer Weise ist vor einigen Tagen der römische Ingenieur Mastrozzi ums Leben gekommen. Er wurde von einem Hirsch, den er großerzogen hatte und der seinem Herrn sonst sehr zugethan war, angefallen und mit dem Geweih solange bearbeitet, bis er am ganzen Leibe bis zur Unkenntlichkeit ent­stellt, sein Leben endete. Man nimmt mit Recht an, daß die Wut des Thieres eine Be­gleiterscheinung der Brunstzeit mar, in der sich die Hirsche jetzt befinden.

Der Pariser Fußgänger Graudin will mit der Hintansetzung aller Revanchegelüste mit einem Deutschen, einem Herrn Schmidt aus Chicago, einen Wettspaziergang unter­nehmen. Die beiden Herren wollen 75 Stun­den hintereinander marschieren, ohne auch nur ein einziges Mal auszuruhen. Der Wettein­satz beträgt 40000 Mk. Das ist des Spa­ziergangs erster Teil. Später wollen die bei­den Fußgänger den Weg von Newyork nach Chicago im Laufschritt zurücklegen. Wer zu-