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gestern um 1 Uhr ununterbrochen nut der früheren Vehemenz kolossale Wassermassen mit 5 Prozent Erdbestandteilen. Brunnenmeister Beyer von Berlin stellte fest, daß der neue Ausbruch durch das erste Bohrloch erfolgte, und vermutet einen Erdrutsch in der Tiefe, hofft übrigens bis Samstag die Gefahr be­seitigen zu können.

Das Nationaldenkmal für Kaiser Wilhelm wird ein Prachtstück werden. Es soll acht Millionen Mark kosten, wozu die nächste Reichstagssessiou 1,100,000 Mark bewilligen soll. 900,000 Mk. sind ans die Gründungsarbeiten gerechnet, zu de­nen auch der preußische Staat 50000 Mk. zuzuschießen hat, 1,8 Mill. auf das Reiter­standbild nebst Sockel, 2,6 Mill. ans die zur Architektur gehörigen Bildwerke, und 1,6 Mill. ans den Bau der Usermauern und der Halle, 1,2 Mill. auf sonstige Arbeiten, wie Ausrüstung, Bauführung u. s. w. Die Bauarbeiteu sollen so gefördert werden, daß die Denkmalsenthüllung am 22. März 1897, der Hundertjährigen Wiederkehr des Geburts­tages des Kaisers erfolgen kann. Die Grün- dungsarbeiten sollen im Jahre 1894 ausge- sührt werden.

Der Reichskommissar Dr. Karl Peters ist zur Zeit auf der Rückreise von Amerika nach Deutschland begriffen. Aus den vor­liegenden amerikanischen Zeitungen kann man mit Genugthuung konstatieren, daß derselbe in Amerika einen großen Eindruck hinterlassen hat. Alle Zeitungen sind feines Lobes voll. In Canada wurde er geradezu enthusiastisch ausgenommen. Rücksichtslose Anerkennung zollt man seinen Großthaten in Afrika, durch die er dem deutschen Namen im dunklen Erdteil Furcht und Achtung verschafft hat. Nicht minder fesselt seine amerikanischen Freunde das liebenswürdige Wesen des Doktors in der Gesellschaft. Die Amerikaner versprechen sich noch Großes von Peters. Während Stan­ley sich zurückgezogen hat, Emin Pascha leider nicht mehr unter den Lebenden weilt, ist Peters, der dritte im Bunde der Männer, ohne deren Erwähnung die neuere Geschichte Afrikas nicht geschrieben werden kann, in voller körper­licher und geistiger Frische, bei einem Alter von erst 37 Jahren, bereit, seine Kräfte seinem Vaterlande zu neuen Thaten zu weihen. Auch wir Deutsche schließen uns dieser Hoffnung an. Wir können Männer wie Peters ge­brauchen und wissen unseren Landsmann zu würdigen. Wir heißen ihn bei seiner Rück­reise herzlich willkommen und wünschen ihm eine große Zukunft.

Schneide mühl, 3. Nov. Der Aus­fluß des Wassers an der neuen Ausbruchs- stells hat sich vermindert. Brunnenmeister Beyer erklärte, zur Zeit sei Gefahr nicht vor­handen, da die Thonschicht von 35 m Stärke nicht lädiert sei. Der Brunnen wird nunmehr vollständig geschloffen werden. Falls neue Erdrutsche eintreten sollten, würde der ge­fährdete Stadtteil schwerlich zu retten sein.

Schirmeck, 2. Nov. Der deutsche Förster Reiß aus Plaine bei Schirmeck, traf gestern etwa 200 Meter von der Grenze ent­fernt fünf französische Wilderer auf deutschem Gebiet. Die Wilderer feuerten auf den Förster, welcher wieder schoß und sofort zwei der Wilderer tötete. Die Str. P. schildert den Vorfall ausführlicher wie folgt: Schon seit einer Reihe von Jahren pflegen französische Wilddiebe in den deutschen Grenzwäldern der Vogesen ihr unredliches Handwerk. Besonders sind die Sonntage von diesen Leuten bevor­zugt. So benutzten auch mehrere französische Wilddiebe den heutigen Feiertag um in den

deutschen Staatswaldungen auf derschwarzen Wand" oberhalb Champenay zu jagen. Einer der Wilddiebe traf hierbei auf den in Plaine wohnenden Förster Reiß, begann so­fort mit demselben ein Handgemenge und suchte dem Förster das Gewehr zu entreißen. Ein zweiter Wilddieb kam dann ersterem zu Hilfe und schoß in einer Entfernung von wenigen Meilen auf den Förster, wobei er jedoch fehlte. Dem Förster gelang es, sein Gewehr freizumachen, und mit sicherem Schuß streckte er seinen Angreifer zu Boden. Mit verdoppelter Wuth stürzte der erste Angreifer wieder auf den Förster, wurde aber ebenso schnell von dem in höchster Noth befindlichen Förster niedergeschossen. Inzwischen hatten drei andere Wilddiebe von einer andern Seite her versucht, auf den Förster zu schießen, ohne ihn zu treffen. Derselbe sprang darauf, um sich gegen die Ileberzahl zu decken, von einer ziemlich hohen Felswand herunter und so gelang cs ihm, dadurch sich zu retten. Der Vorfall fand auf deutschem Gebiet 200 Meier diesseits der Grenze statt. Eine Gerichtskoin- mission nahm heute nachmittag an Ort und Stelle den Thatbestand auf. Der ältere der beiden erschossenen Wilddiebe soll das Haupt einer fünfköpfigen, nur aus Wilddieben be­stehenden Familie sein und hat bereits mehrere Jahre Zuchthaus wegen Totschlags gehabt.

Rom, 5. Nov. Die Nachrichten aus Sizilien lauten beunruhigend. In den Pro­vinzen Syrakus, Catania, Girgenti, Frajani fanden sozialistische Massenmanifestationen^statt, worin Brot und Arbeit gefordert wurde. Die Behörden sind fast ohnmächtig. Der Arbeiter- ausstand in den Schwefel gruben wird allgc- > mein und nimmt ernste Formen an. In > Monte Lestre besetzten 2000 Ausständische! sämtliche Stadtthore und verhinderten die Feld- j arbeiter die Stadt zu verlassen .Zahlreiches Verhaftungen fanden statt. Die Bürgermeister verlangen überall Truppenverstärkungen.

London, 2. Nov. Nach einer Mel­dung derDaily New" aus Vik.oria im Ma- schonaland haben die entscheidenden Kämpfe gegen die Matabele am Freitag und Samstag stattgefunden, als letztere die Kolonne von Fort Kharter angegriffen. Die Matabele kämpften mit der größten Tapferkeit, allein die Maximgeschütze ließen sie nicht an die Weißen herankommen. Mehr als dreitausend Matabele wurden getötet oder verwundet. Das Regiment der Jmbuzi wurde vollständig aufgerieben Die Matabele gingen mehrere Mal unter dem Kugelregen vor, welcher ihre Reihen decimierte. Die Kolonnen unter Forbes und Jameson griffen den Feind im Nordosten an, während die Polizeitruppen mit den Sol­daten Khamas nach Süden vorgingen. DemStandard" wird aus Petersburg be­lichtet , daß General Gurko an Blutvergiftung infolge Aufbrechens einer alten Wunde am Fuße leidet. Es sei keine Hoffnung auf Wiedergenesung desselben.

Chicago, 1. Nov. In enem i Stalle der Chicagoer Straßenbahngesellschaft in dem in den unteren Räumen 500 Pferde unterge­bracht waren, während in den oberen 30 Straßenbahnwagen 200 Tonnen Hew und 500 Büschel Getreide lagen, brach ein Feuer aus. Die Tiere rasten in den Flammen um­her ohne herauszukommen. Als die Decke durchgebrannt war, stürzten die Wagen herab und zerschmetterten die noch lebenden armen Tiere Von 500 Pferden wurden nur 18 gerettet. Der Schaden beträgt für die Pferde allein 56 000 Dollars, wofür wie für das Uebrige die Versicherung aufkommen muß.

Chicago. Die Ausstellung wurde heute geschlossen. Wegen der Ermordung Harrisons fanden keine Festlichkeiten statt. Die Gesamt- zahlderzahlendcnBesucherüberstieg20000000 Alle Ausgaben sind beglichen worden, und die Garanbe» werden SO15°/» ihrer Ein­lagen zurückerhalten. Ohne die durch die Silberfrage verursachte Geschäftslähmungwür- den sie ohne Zweifel ganz zurückbezahlt worden sein. Hauptaktienbesitzer war die Stadt Chicago mit 10000000 Doll., von denen sie nichts zurückerwartete. Alles in Allem ein glänzender finanzieller Erfolg.

Weber das Hürnen.

Der Sommer ist zu Ende, und bald kehrt der Winter ein mit seinen kurzen, trüben Tagen und langen Abenden und Nächten. Der Mensch muß sich bald wieder mehr an die Stube gewöhnen, die Spaziergänge be­schränken sich zumeist auf den Sonntag; bieten doch die kurzen Tage nicht einmal Zeit genug, die Tagesarbeit zu vollenden, geschweige zu einem Spaziergang in frischer, freier Luft. Die sitzende, hockende Lebens­weise gewinnt wieder die Oberhand. Die körperlichen Gebrechen, als z B. Athemnot, Brustbeklemmungen und Brust-Schmerzen, schlechte Verdauung, Hämorrhoidalbeschwer- den, Schwindelanfälle u. s. w., welche im Sommer durch Spaziergänge, Spiele und Baden so ziemlich beseitigt waren, gewinnen nun bald neue Nahrung, und hohläugig, mit blassen Wangen, krummen Rücken, flacher Brust legt so mancher sein Winterkleid ab.

Daher ist es unsere Pflicht, auf oie Stätten zu verweisen, wo der Mensch auf's neue ausathmet, neue Kräfte und neuen Mut zur Ausübung seines Berufes sammelt, wo die Schaffensfreudigkeit immer wieder beseelt wird, es ist der Turnplatzl Alt und jung kann nicht genug an das Wort Schillecks, welches der große Dichter auf dem Sterbe­bette aussprach:Sorget für eure Gesund­heit; denn ohne sie vermag man nichts" er­innert werden.

Der Turnplatz allein ist die Stätte, wo den hereinbrechenden Schäden, die jeder Be­ruf mit sich bringt, ein notwendiges Gegen­gewicht geboten wird. Durch die Leibes­übungen, durch das Turnen wird der Um­lauf des Blutes befördert, die Athemthätig- keit erhöht, und der Stoffwechsel beschleunigt, und die Kraftleistungen des ganzen Orga­nismus werden dadurch wiederum erhöht.

Gerade die Heranwachsende Jugend in ihrer Entwickelung kann nicht genug auf den Turnplatz verwiesen werden.

Wir sind verpflichtet, unserer Schuljugend, die unter der Last geistiger Anstrengungen oft zusammenbrechen möchte, einen starken Träger des Geistes zu geben; rusus gan» oorpors ssuo nur in einem gesunden Leibe wohnt eine gesunde Seele!

Ein berühmter Mann sagte einmal: Der Stadtjugend verleiht das Turnen statt der welken, stählerne Muskeln, statt der Vogel-, Männerbrüste, während der unbe­holfenen schwerfälligen Dorfjugend die Un­geschicklichkeit, Plumpheit und Ungeschlacht- heit benommen wird."

Noch mehr als der männlichen fehlt der weiblichen Schuljugend, besonders in den höheren und mittleren Ständen, eine genü­gende Muskelbewegung. Die Mädchen sitzen nicht nur täglich 56 Stunde» bei vorge­neigter Haltung in der Schule. Nein, auch zu Hause verbringen sie die meiste freie Zeit in sitzender, oft kläglicher Stellung. Sowie