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Amts- und Anzeige-Mutt für Mtddad und Umgebung.

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Uro. 123.

Dienstag, 7. Hlovernbev 1893.

29. takngang.

Württemberg.

Stuttgart, 5. Nov. Sicherem Ver­nehmen nach, wird der über Osterburken kom­mende Sonderzug, mit dem am 7. Nov. Se. Maj. der Kaiser zum Besuch Sr. Maj, des Königs behufs Abhaltung von Jagden nach Bebenhausen reist, über Stuttgart geleitet. Von Stuttgart aus fährt der Sonderzug ohne Auf­enthalt direkt nach Tübingen.

Stuttgart, 3. Nov. Die Frage der Leichenbestattung, ob verbrennen oder begraben, beschäftigte gestern den Männerabend des Jo­hannesvereins. Stadtpfarrer Traub hatte das Referat übernommen und sührte an der Hand einer reichen Literatur die für die Leichenver­brennung geltend gemachten Gründe vor, das zu bildende Urteil jedem selbst überlassend. Bekanntlich sind die kriminal-juristischen und theologischen Bedenken und Einwendungen gegen die Leichenverbrennung am größten, aber auch aus diesen Ständen mehren sich die Stimmen für die Verbrennung. Referent zeigte, daß die Bibel und Christus selbst keine Stel­lung zu der Frage entnehmen, und daß die Christen bis zu Karl dem Großen ihre Leichen verbrannten. Die Sitte des Begräbnisses sei kein Glaubensbekenntnis, sondern neutrales Gebiet und man solle jedem die Freiheit lassen, hierin zu handeln, wie er wolle; namentlich aber solle man die kirchliche Mitwirkung bei Leichenverbrennungen nicht versagen. Mehrere Redner, darunter auch Stadtpfarrer Gerock, sprachen sich im gleichen Sinne aus und fußten darauf, daß die Auferstehung durch die Kraft Gottes geschehen werde, daß man die fakul­tative Verbrennung gestatten, daß man die Anhänger der Verbrennung nicht gering achten, und ihnen die kirchliche Beteiligung nicht ver­weigern solle.

In Porto starb der am 26. Juni 1816 zu Lissabon geborene Graf Eduard von Moser im 77. Lebensjahr. Der Verstor­bene gehörte der württ. Familie von Moser an. Graf Moser ist Gründer einer Humani­tären Gesellschaft in Portugal und es wurden ihm in Folge dessen von König Ludwig I. von Portugal und anderen Regenten Titel und Ehrenzeichen verliehen.

Bietigheim, 1. Nov. Beim Bahnbau arbeiten seit Mai über 100 Italiener. Die» selben gehen an den Werktagen fleißig ihrer Arbeit nach; an den Sonntagen besuchen sie manchmal das Wirtshaus, und wie es scheint, wird der 1893er oftmals so sehr Herr über sie, daß es häufig zu Händeln und Streit kommt, bei denen das Messer eine große Rolle spielt. Am letzten Sonntag wurde wiederum einer der­selben von einem Kameraden durch mehrere Messerstiche schwer verwundet, fo daß er in den Spital verbracht werden mußte. Der

Ertrag, welchen die hiesigen Weinberge Heuer lieferten, belief sich auf 900 Hektoliter. Der niederste Preis per Hektol. war 37 Mk., der höchste 57 Mk. der Gesamtgeldwert für obige 900 Hektol. betrug 43,000 M. gegen 18,000 Mk. für 300 Hktl. im vorigen Jahr.

Die Liebenzeller Mordaffaire ist nun, wie dieBad. Rundsch." schreibt, fo weit gediehen, daß die Voruntersuchung gegen die des Mords angeklagte Ehefrau des Löwen­wirts Karl Faas als abgeschlossen angesehen werden kann. Die dringend Verdächtige leug­net noch immer, ihren Mann in der Nacht vom 1.2.Okt. getötet zu haben. Die Blut­spuren, die an ihrem Unterrock und der Schürze vorhanden waren, sucht sie auf eine andere Weise zu erklären. Es ist aber noch ihre Jacke (Taille), die sie am Abend vor der Thai anhatte, vorgefunden worden, dieselbe weist ebenfalls Blutflecken auf. Es schwindet somit' immer mehr die Vermutung, eine andere, insbesondere eine Mannsperson, hätte diese That verübt. Anfangs weigerte sich die Ver­haftete, Speisen zu sich zu nehmen. Die Sek­tion des Getöteten fand in ihrer Gegenwart statt. Sie zeigte dabei weder Reue noch sonstige innere Empfindungen. Betreffs der Ausflüchte der Verhafteten, dahingehend: ihr Mann hätte noch nachher das Haus verlassen, haben sich nicht die geringsten Anhaltspunkte ergeben. Als der Bäckergeselle, welcher von oben aus dem Schlafzimmer herabkam und den röchelnden Dienstherrn daliegen sah, die Frau fragte, ob er die Eltern des Getöteten herbeiholen solle, sagte die Frau :Es pressiert nicht so." Die Sektion des Leichnams des Getöteten hat ergeben, daß die Hirnschale ganz durchlöchert war. Es haben sich 10 Hieb­wunden ergeben, die alle auf Schläge mit dem Holzäxtle zurückzuführen sind, welches ver­steckt und abgewaschen vorgefunden wurde, nachdem es vorher, an der Schneide rostig, offen in der Backstube dagestanden hatte.

Tuttlingen, 1. Nov. Heute sind es 90 Jahre, daß unsere Stadt bis auf zwei Vorstädte in Asche gelegt wurde. Im Nor­den der Stadt, an der jetzigen Donaubrücke, brach der Brand nachmittags halb 3 Uhr aus, wodurch in kurzer Zeit die Stadt in Flammen gesetzt wurde. 700 Bürger ver­loren ihre Wohnung, 500 dazu noch ihre sämtlichen Habseligkeiten.

R u u d s ch a u.

Pforzheim, 3. Nov. Der von hier verzogene" Handelskammersekretär Dr. Nolte wird voraussichtlich behördlicherseits eine Ein­ladung zur Rückkehr in Form einesSteck­briefes" erhalten, da ihm verschiedene unsaubere Manipulationen zur Last gelegt werden. Zwei

Bijouterie-Fabrikanten hier sollen allein 4000 Mark an ihn zu fordern haben. Dieselben ließen seine Hinterlassenschaft durch den Ge­richtsvollzieher unter Siegel legen. Die Ent­rüstung gegen Dr. Nolte ist um so größer, als derselbe in seiner Eigenschaft als Sekretär der Handelskammer ein Jahresgehalt von vier­tausend Mark bezog und er außerdem ver­standen hat, noch einige Tausend Mark neben­bei zu verdienen, zudem ein alleinstehender junger Mann war. Vielfach taucht die Ver­mutung auf, Nolte habe seinen Weg über dasgroße Wasser" genommen.

Der Stadtrat beschloß für die Vor­arbeiten betr. einer Bahnanlage von Pforz­heim über Ellmendingen nach Ettlingen ein aus Anlehensmitteln zu entnehmenden Be­trag von 1500 Mark zu bewilligen. Es ist im Ganzen an den betr. Ingenieur eine Ver­gütung von 7500 Mk. zu bezahlen, wovon 1500 Mk. bei Baubeginn von der Baufirma zu bezahlen sind, während für den Rest mit 600 Mk. die interessierenden Gemeinden auf­zukommen hätten. An dieser Summe zahlen Weiler 400 Mk., Ottenhausen 500 Mk. Ittersbach 100 Mk., Auerbach 200 Mk., Langensteinbach 1560 Mk., Reichenbach 300 M. Busenbach 200 Mk., verschiedene württem- bergisckie Gemeinden 400 Mk.. Tietlingen (das schon 900 Mk. bezahlt hat) jetzt wieder 200 Mk. und Ettlingen 500 Mk. Das Bahnprojekt Ellmendingen-Ettlingen ist nun­mehr fertiggestellt. Jnfol ge dessen wird nun demnächst ein Vertreter der Baufirma Soen- derop von Berlin in unserer Gegend er- erscheinen, um von der abgesteckten Bahnlinie Einsicht zu nehmen und Bedingungen zu stel­len, unter denen die Firma den Bau und Betrieb der Bahn übernehmen wird.

Gernsbach, 2. Nov. Unser Eisen­bahnbau in's obere Murgthal macht rasche Fortschritte, so daß derselbe jetzt schon inner­halb der Stadt in Angriff genommen werden konnte. Auch die neue Straße ins Murg­thal, rechts des Flusses, ist im Weichbild der Stadt nahezu vollendet. Im Frühjahr wer­den wir hoffentlich unsere zahlreichen Touristen und Kurgäste mittelst Dampf nach den obern Gemeinden des Murgthals führen können.

Baden-Baden, 6. No». Die Gesamt­fremdenziffer vom 1. Nov. 1892 bis 31. Okt. 1893 beträgt 57,144 Personen, davon im Landesbad Verpflegte 526. In der Fremden­liste nicht namentlich angeführte Personen waren es 4175. Vom Verein gegen Haus- und Straßenbettel wurden 7582 Personen beher­bergt.

Berlin, 3. Nov. Die Morgenblätter melden aus Schneidemühl: Aus dem wieder aufgebrochenen Unglücksbrunnen entströmen seit