Da es bislang in der deutschen Armee noch keine 13. Kompagnie gab, mußte ein neues Erkennungsz uchen geschaffen. Dieses ist denn auch in einer bisber nicht angewandten Far- benzusammenstellung bei der Troddel am Sei­tengewehr gefunden worden. Der Einberuf­ung dieser Kompagnie ist eine sehr ausführ­liche und eindringliche Instruktion für Offi­ziere und Unteroffiziere vorangegangen. Der Anlaß zu derselben ist von sehr hoher Seite erfolgt und die Folge ist eins durchaus hu­mane Behandlung der Mannschaften Der Dienst ist zwar ein recht strammer, aber die Mannschaften sind trotzdem sehr zufrieden.

Berlin, 22. Sept. Die Generaldirek­tion des Postwesens ist gegenwärtig mit der Ausarbeitung eines Projekts beschäftigt, nach welchem in allen Post- und Telegraphen-Bu- rcaux, sowie auf öffentlichen Plätzen automa­tische Briefmarken-Verschließer aufgestellt wer­den sollen.

Der König von Schweden soll gleich­falls die Absicht der Annäherung an den Dreibund haben. In Norwegens feindseligem Verhalten gegen die Union mit Schweden er­blickt er den Einfluß Rußlands, dem er nur mit Hilfe der europäischen Centralmächte ein Gegengewicht bieten kann.

Der frühere Student Walter May, der in den letzten Jahren in der sozialdemo­kratischen Bewegung in Berlin und Leipzig durch sein feuriges Auftreten eine gewisse Rolle spielte und dann in Chemnitz als Leiter des dor­tigen sozialdemokratischen Blattes und als Volksredner von sich sprechen machte, hat sich, wie man der Köln. Ztg." mitteilt, in einem, an die ChemnitzerGenossen" gerichteten Schreiben von der sozialistischen Partei los­gesagt. Er begründet seinen Schritt damit, daß er durch reifliches Nachdenken zu einer Ueberzeugung gekommen sei, die ihm die Zu- kunftsgesellschaft der Sozialdemokratie als ein Hirngespinst erscheinen ließe. Was er bisher geschrieben, betrachte er jetzt nur noch als Ausfluß jugendlichen Leichtsinns. Dieser Ge­sinnungswechsel des einst so gefeierten Partei­genossen hat auf die Chemnitzer sozialdemo­kratischen Kreise riefen Eindruck gemacht, und wird die Führer veranlassen, Leute von hö­herer geistiger Bildung noch mehr als bisher von sich fern zu halten.

Wien, 24. Sept. Die Wiener Polizei entdeckte eine anarchistische Druckerei und Bom­benfabrik. Längst bestans di: Vermutung, daß hier eine anarchistische Druckerei bestehen müsse, welche gelegentlich die in den Straßen nachts zerstreuten Flugblätter anfertigte. Neuere Anzeichen wiesen auf die Siebenbrunncngasse im Stadtteil Margareten hin, die man durch zahlreiche Polizeimannschaften beobachten ließ. Man^ sah 2 anarchistische Sozialdemokraten (die 'Tischlergehilfen Stephan Hanel und Fr. Haspel je 30 Jahre alt, in das Haus Nr. 75 eintreten und spürte ihnen nach. Gestern früh 6 Uhr, als Hanel zur Arbeit ging, wurde er plötzlich sestgenommen und durchsucht. Man fand bei ihm einen Schlüssel der zu einer Wohnung >m Hause paßte, jedock die Wohnung nicht öffnete Als man jedoch noch­mals einen Versuch machte, sprang dre Thür auf. Die Sicherheitswachmänner stürzten sich auf den Oeffnenden, der vergeblich die Thür zuzuschlagen versuchte. Man fand die Thür von innen mit einem trefflichen Vexirschlosse und außerdem mit 3 Riegeln versehen, in der Wohnung, bestehend aus Kabinet und Küche, war zunächst nichts Verdächtiges zu sehen. Als man jedoch einen schwarzen Schlafdivan, der ein seitliches Vexierschloß zeigte, aufge­sprengt hatte, sah man eine prächtig einge­richtete Presse, auf deren Walze noch ein hoch-

v rräterischer Ausruf an das österreichische Volk stand. Ein Nachttisch barg ven Setzerkasten, ein Nachtspind verschiedene Packele fertiger anarchistischer Flugblätter, ferner Sprengmit­tel, darunter Pikrin, eine fertige ungefüllte Bombe, Blechkästen und GlasballonS, die zu Bomben verwandt werden, Zinn, Blei, Bom­ben, Schmelztiegel, euren scharfgeladenen Re­volver u. s. w. Der Verhaftete, Franz Haspel aus Graz machte einen Selbstmordversuch, in­dem er sich aus dem Fenster zu stürzen luchte, wurde aber daran gehindert. Heute kam man »och der weiteren Ausdehnung des Geheini- bundeS auf die Spur. Gestern und heute wurden 14 Anarchisten verhaftet. Zahlreiche Haussuchungen wurden vorgenommen, wobei anarchistische Flugschriften, Stockflinten, Re­volver, auch ein Spreng-Apparat mit elek­trischen Drähten vorgefunden wurden.

W a s h i n g t o n , 18. Sept. Indem Staatsschatz zu Philadelphia wurde in der letzten Zeit eur Diebstahl begangen, über den nunmehr Einzelheiten vorliegen. Bei einer Revision des Baarbestands, der tn einem Keller aufbewahrt wird und 16 Millionen Dollars, die im Jahr 1887 daselbst depo­niert wurden, enthält, fand man.den Keller geöff­net und stellte eine Fehlsumme im Betrage von 134 000 Dollars Gold fest. Der Wächter wurde verhaftet und räumte den Diebstahl ein, gab auch an, wo sich 100,000 Dollars befinden. Die Summe wurde aufgesunden und man erwartet auch die Wiedererlangung der noch fehlenden 34 000, Dollars da der Wächter versprach, auch diese zurückzuerstatten. Das Gewölbe der Staatsmünze soll seit 1887 nicht mehr revidiert worden sein. Der un- getreue Beamte heißt Cochran und war mit dem Wägen des Goldes betraut. Derselbe behauptet, zu verschiedenen Zeiten das ent­wendete Gold mit einem Rechen unter der Thür des Gewölbes, welche nicht ganz bis zum Boden reichte, hervorgszogen zu haben.

Aus Viktoria in Britisch Kolum­bien wird unterm 22. d. M. gemeldet, daß in Akberni an der Westkiste der Insel Van- couoer ein reichhaltiger Golvquarzdistrikt ent­deckt worden ist und daß die offiziellen Pro­ben einen Goldwert von 100 bis 2000 Doll, per Tonne Quarz ergeben haben.

Verinischtes.

lieber die Vo l ks schulküchein Karlsruhe berichtet die Konst. Ztg.: Mem letzter Besuch in Karlsruhe führte mich unter anderem in das neuerbaute Volksschulhaus am Durlacher Thor. In dieser Schule wurde bekanntlich zum ersten Male der Versuch gemacht, die Mädchen der oberen Schuljahre praktisch im Kochen zu unterweisen. Da ich dem neuen Plane anfänglich etwas mißtrauisch gegenüber stand, inleressirte mich ein Besuch dieser Volks­schulküche um so mehr. In einem großen Küchensaale von einfacher, aber sehr geschmack­voller Ausstattung stehen etwa 8 zierliche Herde um die sich die arbeitenden Kinder gruppiere». Da wird geschält und gehobelt, in den Schüsseln gerührt und das Feuer ge­schürt, daß es eine Freude »st, zuzusehen. Aus der Gruppe erhebt sich die Lehrerin, die mit Gemüthsruhe alles überschaut und lenkt. An der Wand lehnt die Schultafel und darauf ist das Rezept für das heutige Abendessen geschrieben: Brotsuppe giebt es heute, dazu Bibbeliskäs" und gesottene Kartoffeln; wie czut schmeckt das, wenn man Hunger hat und wie rationell ist die Zusammenstellung und wie billig der Preis! Das Rezept wird in meiner Gegenwart erläutert: so viel Bros wird geschnitten, mit Salz und Wasser so

und so lange qekocht, das und das noch des Wohlgeschmackes wegen hinzugethan; dann wird die Bereitung des Käses besprochen. Rahm odcr Milch, Salz und Kümmel dürfen nicht fehlen; dann kommt die Bereitung der Kartoffeln an die Reihe, 1 Kilogr. muß es sein, mit soviel Wasser werden sie zugesetzt und während das alles besprochen wird, bro­delt schon die Waare in den Töpfen und als ich wieder kam, war schon alles verschwunden, es muß den Kindern, die vornehmlich aus den niederen Volksklassen stammen, gemundet haben; schon regten sich all' die fleißigen Hände, um alles sauber zu machen, damit um 6 Uhr der Unterricht, der um 2 Uhr begann, geschlossen w'rdcn kann. So gliedert sich hier naturge­mäß die praktische Bethätwung in den theore­tischen Unterrichtsbetrieb der Volksschule und Nutzen wird gewiß nicht ausbleiben.

Dem Fürsten Bismarck brachte, wie bekannt, in seiner letzten Krankheit besonders ein Gericht Labung und Stärkung, das den Namen Pi chelstej ner Fleisch führlundin Niederbayern viel gegessen wird. Zu seiner Her­stellung ist ein luftdicht verschließbarer Topf nötig. Den Boden bedeckt man mit Scheiben von Rindermark, darauf kommt eine Lage Suppengrünes, dann eine Lage von Kartoffel­scheiben und darüber das beste Filetfleisch in Würfeln, darauf wird etwas Pfeffer und Salz gestreut. Weiter kommen wieder Kartoffeln, Fleisch, Pfeffer und Salz bis der Topf ge­füllt ist. Das ganze wird mit etwas Bouillon begossen. Nachdem der Topf luftdicht ver­schlossen, wird er in die Bratröhre geschoben, in welcher man den Inhalt langsam '/s Sunde kochen läßt. Das Gericht wird bann in dem Topfe auf die Tafel gebracht, in welchem es geschmorrt worden ist. In Bayern geht die Rede, daß man mit dem so bereiteten Pichel­steiner die Toten wieder aufwecken kann.

Bezeichnend für die peinliche Gewissen­haftigkeit der preußischen Heeresverwal- tungist folgende kleine Geschichte, die sich, wie dieMagdeb. Ztg." erzählt, vor längerer Zeit abgespielt hat. Der Kommandeur eines Trainbataiüons in einer größeren Provin- zialhauptstadt erhielt von der Oberrechnungs- kammer folgende amtliche Anfrage: Weßhalb für die Katze des Traindepots täglich für 5 Pfg. Milch verbraucht werde, während für die Katze des Proviantmagazins daselbst für den gleiche» Zweck nur 3 Pfg. verausgabt werden? Eine nicht so einfach zu beant­wortende Frage! Die offizielle Erklärung des Kommandeurs lautete folgendermaßen: Die Katze des Proviantmagazins nährt sich von Mäusen, welche sich a» Mehl und Korn gemästet haben; die Katze des Traindepots aber von solchen, die ihr Leben dürftig von den dortigen Ledervorräten n. s. w. fristen. Daraus erhellt der tägliche Aufschlag von 2 Pfg. für die Letztere." Die Erklärung muß genügt haben, denn fortan blieben der Trainkommandeur, die Depotkatze und ihre Milchration unangefochten.

Während der soeben beendeten italie­nischen Manöver hielt König Humbert in einem kleinen picmontesische,, Städtchen kurze Rast und wurde »atinlich von der Ortsbe­hörde feierlich empfangen. Alles ging vo>- trefflich, so schreibt man, bis zu dem Augen­blick, wo der Bürgermeister, der bis dahin eine stumme Rolle geipieit hatte, sich ge­drungen fühlte, seiner Uiiterthanentlelie durch wenige, aber getragene Worte Ausdruck zu verleihen. Den armen Manu hatte dieser g ößte Augenblick feines Lebens ganz ver­wirrt gemacht, und als ihm der König gar wie einem alten Freunde kräftig die Hand