43 ^'

Töchterschule in Neuste, aber erst dann über wiesen werden, wenn sie der deutschen Sprache vollständig mächtig sein wird. Bis jetzt ge­hört sie noch der muhamedanischen Religion an, und ihre Verwandten werden wohl auch vorläufig andere Bestimmungen nicht treffen.

Metz, 9. Sept. Der Kaiser ernannte den kommandirenden General des 8. (rhein.) Armeekorps, General der Kavallerie von Loe, zum Generaloberst mit dem Range eines Generalfeldmarschalls.

Aus Paris wird berichtet: Der Kom­mis Georges Jugeat lauerte seiner Geliebten, der Schauspielerin Antoinette Chacaton, als dieselbe mit einem Rivalen Jugeat's ein Cafee verließ, auf und säbelte ihr buchstäblich mit einem einzigen Streiche den Kopf vom Rumpfe. Als ihr Begleiter hinzusprang, um den Atten­täter abzuwehren, war es zu spät, er konnte den Mörder nur festnehmen und der Polizei übergeben.

Rom, 12 Sept. D rTribuna" zu­folge soll das englische Geschwader außer Ta­rent auch die sizilischen Häfen, ferner Neapel, Civitavelchia, Livorno, Spezzia und Genua besuchen. In Neapel wird ein besonderer Empfang vorbereitet. (Das Erscheinen der englischen Flotte in den italienischen Häfen gestaltet sich somit immer mehr zu einer Ge­gendemonstration gegen den Russenbesuch in Toulon.)

Odessa, 13. Sept. In offiziellen Krei­sen wird die Wahrscheinlichkeit eines Ueber- einkommens mit Deutschland zur Beseitigung des Zollkriegs lebhaft erörtert, da die ver­derbnisbringenden Folgen des Zollkriegs täg­lich mehr hervortrelen.

Chicago, 13. Sept. Ein Eisenbahn­zug der Seeufergesellschast wurde heute früh um 3 Uhr, in der Nähe des Orts Keßler, durch 20 vermummte Männer überfallen. Der Maschinist, der einen Räuber niederschlug, wurde durch einen Revolverschuß verwundet. Die Räuber sprengten den Gepäckwagen mit Dynamit, raubten 15,000 Dollars und ent­flohen.

Aus Amerika kommt der Nat. Z. die Nachricht zu, daß Erbprinz Leopold von Jsenburg-Birstein, der Sprosse eines der älte­sten deutschen Fürstengeschlechter, sich mit Miß Florence Pullmann, der Tochter des vielfachen Millionärs und Waggonfabrikanten Mr. George M. Pullmann, verlobt habe. Dieser ist sowohl durch den nach ihm kullman-crr genannte Waggontyps, als auch durch seine großartigen Fabrikanlagen in der neuen Welt allerorten bekannt. Prinz Isenburg lernte Miß Pull­mann im letzten Winter in Chicago kennen, und die hüblche junge Dame machte auf ihn einen solchen Eindruck, daß er um ihre Hand anhielt. Prinz Isenburg, 1866 in Offenbach geboren, ist Sekondelieutenant L la «uits der Armee. Sein Vater, Fürst Karl zu Jsenburg- Birstein, geb. 1838, ist seit 1865 mit der Erzherzogin Maria Luise von Oesterreich, Prin­zessin von Toscana, vermählt.

Tnierhalten-rs.

Der Wealerarzt.

Humoreske von Arthur Bornstein.

s(Nachdruck verboten.)

(Schluß.)

Und vor ihr sollte ich mich jetzt als Lügner entlarven? Es war zu schwer, ich schob und schob die Erklärung hinaus, es fand sich auch so gar kein Anknüpfungs- Punkt dazu.

Eine Uhr schlug hinter mir; um Golles- willen ich war fast eine stunde da, ich dachte, es wären kaum zehn Minuten.

Eiligst erhob ich mich.

Sie wollen wirklich schon gehe»? Wie schade, meni Mann wird sehr bedauern, er ist zu einer Sitzung der Armenkommission, er hat so viel Plage mit seinen Aemtern." Dabei leuchtete ihr Gesicht aber doch vor Stolz, sich alsBeamtenfrau" hinstellen zu können.

Aber nicht wahr," Sie machen uns doch recht bald wieder einmal das Vergnü­ge»? Sie kommen recht zwanglos, vielleicht einmal zum Mittagbrot? Paßt es Ihnen vielleicht nächsten Sonntag? Ja? Dan» dürfen'wir also bestimmt auf Sie rechnen I"

Ans der Treppe beschloß ich, ganz bestimmt abzuschreibeu, selbstverständlich ging ich aber, als drr liebe Sonntag ins Land kam, ver­gnügten Mutes hin.

Iy brachte Fräulein Betty ein paar Marschall-Niel-Rosen mit.

Ach, die wunderschönen Rosen, mein Herr Doktor, die sind zu hübsch, die muß ich mir aber auch gleich vorstecken."

Die Kaffeezeit fand mich immer noch dort, auch zum Abendbrot blieb ichauf allgemeines Verlangen." Es war aber auch zu famos, in meinem ganzen Leben hatte ich mich noch nie so gut unterhalten. Der Vater, den ick jetzt kennen lernte, ein ge­mütlicher alter Herr, Urberliner mit allen Vorzügen und Fehlern; ein bischen renom- miren und schwadroniren, aber gutmüt'g und äußerst ehrenhafter Charakter; leben und leben lassen war sein Wahlspruch, w>e er mir m den ersten fünf Minuten zweimal anvertraute.

Seine ganz besondere Hochachtung ge­wann ich mir, als ich ihm bei dem Abends entrirten Skat einenbombensicheren" Grand abnahm. Er war ganz weg vor Staunen!

De» dritten Mann machte die Mama. Sie hatte es vor zwei Jahren gelegentlich einer verregneten Badereise spielen gelernt und spielte wie der Gatte bemerkte für ihrAlter" ganz famos.

Fräulein Betty sah mir in die Karten.

Sie freute sich mit Hintansetzung aller Kindespflichten riesig, wenn ich gewann. Ich vergaß mehrmals znzugeben und mußte energisch ermahnt werden; wer konnte aber' auch auf etwas anderes aufpassen, wenn sie so unnachahmlich zierlich das Bier einschcnkte oder eine Apfelsine aufs appetitlichste zu­rechtmachte.

Als ich mich verabschiedete, mußte ich versprechen, bald recht bald, wie Fräu­lein Betty hinzusetzte wiederzukommen.

Wie mich dasrecht bald" glücklich machte!

Sollte mein scharfblickender Freund Me- dicus wirklich Recht haben? War ich ihr wirklich nicht gleichgiltiq?!

Verschiedene Anzeichen sprachen für mich, aber mit der Hartnäckigkeit eines Verliebten quälte ich mich auf dem ganzen Heimwege mit tausend Zweifeln.

Erst als ich den Schlüssel in die Haus- lhür stecken wollte, kam mir mein Vorsatz, den Betrug zu beichten, wieder in den Sinn.

War es Furcht? Ach was Furcht! Unsinn; es hatte sich einfach noch keine passende Gelegenheit gesunden.

Nein, alter Junge," sagte etwas in mir wahrscheinlich der Rest meines bes­seren SelbstFurcht war's, verächtliche Furcht!"

Pfui, dreimal pfui über Dich!" sprach mein Gewissen.

Aber so darf es nicht fortgehen, so nicht ganz gewiß nicht, ganz bestimmt nicht! Das nächste Mal wirds gesagt unbedingt!

Aber wie werden sie es aufnehmen?!

Wird dann Alles, Alles vorbei sein?

Grausiger Gedanke!

Nun beschloß ich, gleich morgen hinzu» gehen.

Die Nacht schlief ich fürchterlich schlecht.

Die Erstürmung der Düppeler Schanzen war sicher ein Kinderspiel gegen meinen Gang am nächsten Tage.

Kaum daß ich ein paar Begrüßungsworte hervorbrachte. Was gesprochen wurde, hörte ich nicht. Ich gab ganz verkehrte Antworten. Meine Zerstreutheit mußte auffalle».

Ick schöpfte tief Alem.

Meine Herrschaften," platzte ich mitten in eine Sckilderung der Frau Mama hin­ein, gestatten Sie mir, Ihnen eine Mittei« luug zu macken, ich ich ick bin gar kein Doktor!"

Gott sei Dank, es war heraus!

Die guten Leute sahen mich höchlichst erstaunt an.

Wie meinten Sie, Herr Doktor?" fragte die Mama in der Meinung mich nicht richtig verstanden zu haben.

«Ich >ch bin gar kein Doktor," würgte ich zum zweiten Mal heraus.

Aber wein Gott, was soll denn das heißen?"

Puh," lachte der Papa los, wirklich famoser Witz, ha, ha, ha. Sie sind doch ein kapitaler Kerl, Herr Doktor! Und wie ernst er das rausbringt!"

Wenn Sie mir erlauben würden, Ihnen eine Aufklärung zu geben," fuhr ich mit sicherer Stimme fort,mein Name ist Lange, Ingenieur Lange."

Fräulein Betty hatte die ganze Zeit wie erstarrt dageseffen.

Jetzt sprang sie puterrot auf und lief zur Thür hinaus. Wie gern wäre ich ihr g. tompo gefolgt! Einmal aber im Zuge, fuhr ich tapfer in meinem Geständnis fort.

Die Mama war ebenfalls aufgesprung­en, erregt ging sie in der Stube auf und ab; mitunter unterbrach sie mich mit einer kurzen Frage.

Meine Beichte war zu Ende

Niemand antwortete.

Der Papa saß kopfschüttelnd in seinem Lehnstuhl, seinem einfachen Denken war mein Betrug viel zu verwickelt, um ihn so schnell zu begreifen.

Plötzlich trat die Mama entschlossen auf mich zu.

Mein Herr, Sie haben sich fälschlich als Arzt ausgegeben. Sie haben meiner Tochter das Korsett"

Nur auf Ihren Befehl, gnädige Frau."

Gleichwohl, meine Tochter ist durch Sie kompromittirt."

Lasten Sie mich, gnädige Frau," so bat ichsuchen, die Verzeihung Ihrer Fräulein Tochter"

Das heißt, Sie wollen sie heiraten?"

Natürlich will ich, von ganzem Herzen will ich," jubelte ich laut

Schwiegerpapachen, laß dich umarmen," damit stürzte ich auf den Papa zu, der bei den Worten,seiner Frau ganz erstaunt von seinem Sessel aufschnellte eine respektable Leistung bei seinem stattlichen Umfange.

Halt, halt, so rasch geht's nicht! Erst