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Deutschland, Deutschland über Alles" an» stimmten.

In Bruch bei Recklinghausen (West­falen) wurde ein grauenhafter Totschlag ver­übt. Vier Polen, welche zur Generalmuster­ung gewesen waren, bekamen Differenzen untereinander, die in Thätlichkeiten ausarteten. Einer der Polen wurde zur Erde geworfen. Ein Kamerad von ihm faßte den auf der Erde Liegenden bei den Beinen und stieß den­selben wiederholt mit dem Kopf auf die Erde während ein Landsmann dem auf diese schreck­liche Weise mißhandelten Menschen noch Fuß­tritte gegen den Kopf versetzte. Dem Miß­handelten floß das Blut aus Mund u. Nase und Ohren. Er verstarb auf der Stelle. Das Genick war ihm förmlich zertrümmert. Die Thäter wurden noch an demselben Abend znr Haft gebracht.

Lübeck, 1. Aug. Unter Führung des Kapitäns Bade traten heute früh bei günstigem Wetter 80 Reisende an Bord des Dampfers Admiral" eine Expedition nach dem Nordkap und Spitzbergen an.

Bregenz, 30 Juli. Heute Abend zwischen 5 und 6 Uhr kam in der Richtung VV-80 ein größerer Luftballon über den Boden­see in ziemlicher Höhe in Sicht. In dem Korbe saßen, wie ganz deutlich sichtbar, zwei Personen. Des öfteren wurde, an einem dunklen Streifen sichtbar, Sand ausgeworfen; der Ballon stieg nach diesem Entlastungsmanöver bedeutend höher, so daß nach etlicher Zeit das Luftfahrzeug im Regennebel verschwand.

Paris, 30. Juli. Alle Blätter sprechen ihre Freude aus über den Sieg, den die fran­zösische Diplomatie in der siamesischen Frage davongetragen habe und rühmen die Haltung und Geschicklichkeit des Ministers des Aus­wärtigen, Develle. Einige Blätter sehen in der Unterwerfung Siams eine Niederlage der englischen Politik und fordern die Regierung auf, für Bürgschaften der unoeschmälteren Ausführung des Ulimatums zu sorgen.

Die Morgenblätter weisen einmütig die Einmischung Englands in der siamesischen Affaire zurück und raten der Regierung, die Rechte Frankreichs mit allen Mitteln durch­zusetzen.

Am Montag trafen in Paris aus Odessa 134 russische Juden im größten Elend ein und wurden von einer nach Tausenden zählenden Menge nach Montmartre geführt, wo sie angeblich Unterstand finden sollten. Allein nirgends waren Vorkehrungen getroffen worden, weßhalb die Einwanderer, wahre Jammergestalten, es sich längs einer Garten­mauer auf dem Pflaster bequem machten, bis das israelitische Konsistorium, das in aller Eile verständigt worden war, die von der langen Reise und unsäglichen Entbehrungen Erschöpften in Herbergen und Nachtasylen unterbrachte.

London, 29. Juli. Der Kohlenstrike dehnt sich aus. In Leeds verlassen 30,000 Bergleute die Arbeit, ebenso 20,000 in Not­tingham, tausende in Pontefract, Bristol und anderen Orten.

London, 31. Juli. Nach vem Daily Graphic lebt in Basingstohe ein alter Soldat, der Napoleon I. auf St. Helena bewacht hat. Ter Mann heißt James Smtth und steht jetzt in seinem 102. Jahre. Am 17. März 1817 schiffte sich fein R giment von Caw- pore (Bengalen) nach St. Helena ein, wo es nach einer Reise von 98 Tagen landete. Hier genoß Smith den Anblick Napoleons. Der Veteran ist geistig noch regsam.

Im Dongebiet ist die Cholera wieder ausgebrochen und es haben sich in­

folge dessen dis Kravalle des vorigen Jahres erneuert. Die Kosaken, welche zur Aufrecht­erhaltung der Ordnung aufgeboten waren, wurden mit Steinwürfen und Flintenschüssen empfangen. Der Pöbel behauptet, die Juden hätten die Pest ins Land geschleppt und miß­handelt dieselben deshalb auf die grausamste Weise.

In dem bekannten Hochverratsprozesse gegen den Metropolit Clement wurde derselbe wegen Aufwiegelung des Volkes gegen die Geschworenengerichte zu Tirnowa mit Lebens­länglicher Verbannung bestraft.

Bangkok, 29. Juli. Die siamesische Regierung hat heute sämtliche Bedingungen des französischen Ultimatums angenommen.

I. 0 K L I 6 8.

Wilclbsck, 1. L.UA> (O oues rt.) ^,IU Oou- nsrstaA äsu 3 . August Lackst im Oouvsrsa- tious-8aa,ls sin Oonrsrt cksr rllbmliebst bs» lcauntsu 8ällAsriu brl. Rosa blass unter DlitvirlrullA äss Riavistsu Lira. L ärti s Ir unä äss Violoassllvirtuossu Rru. Rartmaun statt, Dsirsr äis I-sistungsu äisss« Rüirstlsr- Nrio's sdirsibt äas6. N-bl. tolgsuäss: TrotL äss lrsrrliobstsu bVsttsrs Iratts sislr Asstsru sin sslrr Lalrlrsiolrss Rublilruiu au äsra sVcäiltlrärig'Irsits-Ocmosrt im 8aals cksrVisr äulirssLsitsu" siuAstuuäsn. 11 r. Rotmusürus L ä r t i o lr (l?iauist) von blaan- bsim spislts äasRouäo eaprreioso" von älsuäslsalm, 4 .M ^Vlzsuä" von 8sbubsrt unä siasu IValLsr ia ^s-ckur von Olropiu uaä bsvalrrlrsitsts iu allsu Riäysn, vas äis ausrvärtigs Rrilälr voa ihm AssaZst Iratts, lrrät- tizsa ^.uselrlaA, bsäsutsuäs Nsetinilc, ksiass, vsrstäuäuisvollss unä augsastimss8pisl. Das llauptiatsrssss eoaosutrisrts sidr natuiAg- mrtss aut brl. Rosa bl a a s; ausAsstattst mit siusr impsuisrsuäsu Ri^ur uuä im Rs- sitss vinsr maolrtvollsu, Aut äurslrAsdilästsu uuä ausASAliolrsnsu 8timms, siusr 8timms, tilr vslobs äsr 8aal äis äoppsltsu Oimsu- sioasa Irabsu äilrtts uuä äis äseb auolr bsi IrrättiAstsmRorts noelrsinselrmsirdrslnä lrlinAt. IVo alls VordsäinAuuAsu so As^sbsu sinä, bsäarl ss Irsiusr dssonäsrsn RrvähuuuA, äass äis von brl. Nsas ASsunAsasn Risysn rauselrsuäsu ösitall tanäsu. Irl. blaau sutLilolrts äis Ilörsr Luuäslrst mit äsr Arosssu ^ris ausRiäslio". Ilrrs umtavA- rsielrs, äurelrAsIrilästs 8timms uuä äis trstüistrs äramatiselrs VortraASVsiss lissssu uns äis vou Nalsnt, Dust uaä I-isbs LU Irsrrlielism Lsruts srtiillts Rüustlsriu sr- lrsuusu. bVis iu äsr Opsrupartis äis bülls uuä 8oIru1ullA ilrrsr 8timms uuä Oarstsl- luugsmittsl rühmlieh 2U Na^s tritt, so var äiss auolr bsi äsu OisäsrvorträAsu (vobsi auolr trsmäspraebliobs) äsr ball, vslobs äsu 8olrmsl2 uuä äis LisAsamlreit ilrrsr 8timms iu sbsasololrsr RormvollsuäuuK bsr- vortrstsu lissssu, so äass äis Wirlcuox aut äis 2ulrörsrsolrait äis lrssts uuä tilr äisss Harns slrrsuästs uuä ausrksuusuästs rvar. Hr. ^lb. Rartmauu aus blauulrsim ist sin mit ssltsusr Nsolruilr ausASStattstsr ViolouosII-Virtuoss, äsr siolr siusm Roppsr 2ur 8sits stsllsu üöuuts. Rr vsiss ssiusm äsr üsrLsusspraolrs so ualrsstslrsuäsu lustru- msut äis lisbliebstsu Asküblvollstsu Tons LU sutlooüsu, sovis sr ss äsuu auolr vsr- stslrt, aut äsmssllrsu äsu 8turm msusolr- liolrsr I-siäsusolratt LU «uttsssslu. 8siu Vor­trag var tssssluä uuä aursAsuä, 8obu- mauu's uuvsrglsiokrliolrsNräumsrsi" Llaolrt sr mit sutLüobrsuäsr Rsiulrsit uuä luuiglrsit iu äsu Rraur vsrtulrrsrisolrsr blsloäisu, rvslolio äisssr Rowpositiou Lu sigsu siuä,

rmä iu RoppsrsDarautslls" Fad sr uns u. a. Ruuäs von äsr Virtuosität uuä blas­st ra siuss 8pisls. 8o trat äas ASstriAs OoriLsrt iu lrunstlsrisolrsr vis matsrisllsr LsLislruuA siusu sslrr lrillrsoirsu RrtolA sr- Aslisu unä ^laudsu vir im 8iuns Vislsr 2u Irauäsln, vsnu vir äsu Wuusolr aussprsolrsu, äis I^ilustlsr möolrtsu lralä visäsr OslsAsulrsit uslrmsa, uus äurolr ilrrs Vorträgs 2u or- trsusn."

Nnt«ch«ltkndk».

Mutter Aostn.

Von Hermme Vtllinger.

(Nachdruck verboten.)

In der Jugend braucht man Schlaf,,, erklärte Mutter Rosiu und trug ihren Steffel jeden Morgen niit dem Schlage vier auf dem Rücken in die beinahe eine Stunde ent­fernte Fabrik. In der Vorhalle des großen, mit mächtigen Schornsteinen versehenen Ge­bäudes legte sie ihre Last auf eine Bank nieder, tauchte einen Lappen in den auf dem Platze vor dem Hans stehenden Brunnen und wusch den imiuer fest darauf losschlafenden Buben tüchtig ab; hierauf wendete sie das einzige Mittel an, ihn munter zu machen sie hielt ihm die sorgsam umwickelte Flasche n»t dem noch heißen Kaffee unter die N'se.

War Steffel hinter einer der geschwärzten Thüren des Fabrikgebäudes verschwunden, wo er mit einem Hundert anderer Knaben als Andreher seine Verwendung fand, ver­fügte sich Mutter Rosiu eiligst ins Innere der Stadt, um in den zwei Beamienfannlien der großen Web- und Spinnerei ihr Tag­werk als Aufwärterin zu beginnen.

Die kleine bewegliche Frau, deren intensiv blaue Augen eine Welt des Wohlwollens ausstrahlten, war durch eine harte Lebens­schule gegangen; ein roher, dem Trünke er­gebener Fabrikarbeiter hatte sie ihres Häus­chens und einiger hundert Mark wegen ge­heiratet. Nachdem er ihr kleines Erbteil verthan und sein Weib nach Kräften miß­handelt, starb er.Gott sei Dank," sagte Mutter Rosin,daß er ihn zu sich genommen" und gab sich keine Mühe, eine Thräne zu heucheln.

Nun führte sie ein arbeitshartes, aber wohleingerichtetes Leben, und wenn sie des Sonntags Nachmittags mit ihrem Buben über Feld ging, ließ sie sich in behaglichem Schwatzen über die Dinge aus, über die sie nachzudeuken pflegte, sich dabei ununter­brochen bückend, um die Mohnblumen rechts und links aus den Kornähren zu holen, und zu einem Strauß zusammen zu binden.

Der Bub hatte die Augen der Mutter, nur waren sie ernster und hingen meist am fernen Horizont, während der Blick der Mutter alles naheliegende erfaßte.

Schau'", belehrte sie den Sohn wieder einmal, an eben solch' einem Sonntag, wenn man sich halt nicht versiebt, ist Matthäi am letzten, sagt der Apostel Pau­lus ; da sind nun Herr Verwalter Bergers; aber mitsamt ihrer hohen Stellung, ich möcht' nicht mit ihnen tauschen, denn das ist auch so einer von denen, die da meiuen: Zuerst komm' ich, und dann noch einpral ich! Da haben wir's anders, Steffel, leben in Frieden, und wenn wir auch keinen Bra­te» essen, so ist uus doch sicher, daß Du mit Deinem zwanzigsten Jahr ganze zwei­hundert Mark daliegen hast. Ich brauch' sie nur zu holen"

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