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Gefängnis verurteilten Landwirts Schramm durch den Kaiser. Schramm hatte als Ge­freiter im Regiment Garde du Corps einen Rekruten derart mißhandelt, daß dieser das Gehör verlor und vorübergehend geisteskrank wurde. Bebel hatte diese Angelegenheit im Reichstag zur Sprache gebracht.

Rheinau, 25 Juli. Seit zwei Tagen werden hier nnr noch Staaren gegessen 7000 Stück hat der Fischer Schmutz aus Straßburg in einem Netz auf einmal gefangen. Unge­heure Mengen dieser Vögel bringen die Nacht auf dem Schilf unseres Brunnenwassers zu. Es Wird in der Nähe dieser Stelle ein großes Netz angebracht, welches nach hinten und nach den Seiten bis in das Wasser herunter hängt und nach vorn mit hohen Stangen offen ge­halten wird. Morgens werden bann die Vögel in das Netz getrieben. Tausende von Vögeln gehen bei Fange neben dem Netze durch. In derStraßb Post", die von diesem an italie­nische Sitten erinnernden Vogelmord berichtet, wird ausgeführt, daß die Staaren an der Ernte großen Schaden anrichten.

Metz, 25. Juli. Gestern ist hier ein sehr rasch verlaufender Todesfall unter cholera­verdächtigen Erscheinungen erfolgt.

Danzig, 25. Juli. Gestern Vormit­tag sind beim Baden in der Weichsel in der Nähe von Siedlersfähre 4 Kinder ertrunken, und zwar 3 Kinder des Hofbesitzers Boschke- Danziger Haupt (ein Zwillingspaar von je 6 Jahren und ein Mädchen von 12 Jahren,) ferner eine in dem Lebensalter der letzteren stehende Tochter bss Hofbesitzers Boschke- Schönbaum. Die Leichen von zwei der ver­unglückten Kinder sind noch nicht aufgefunden worden.

Wien, 26. Juli. In der Nähe der Station St. Veut wurden durch Entgleisung eines Güterzugcs 4 Wagen zerstört, der Ma­schinist getötet und 3 Personen verletzt.

Wien, 25. Juli. Der oberste Sani- tätsrat erklärt, die Gefahr der Choleraein­schleppung sei eine ernste, namentlich aus den südlichen Reichstellen. Er empfiehlt die Ueber- wachung der Reisenden und die Anordnung prophylaktischer Maßregeln.

Paris, 24. Juli. Die französische Regierung notifizierte heute Vormittag den Mächten ihre Absicht, die Küsten Siams zu blokicren, ohne daß hiedurch andere Maßre­geln ausgeschlossen wären, die eventuell ge­troffen werden müßten, um Frankreich die Bürgschaften zu sichern, auf die es ein Recht habe.

Paris, 25. Juli. Die hier verbreitete Nachricht Bangkok solle beschoffen werden, kann nicht richtig sein. Bangkok ist eine offene Stadt, in der Europäer aller Staaten woh­nen; eine Beschießung könnte daher Frankreich die folgenschwersten Verwicklungen bringen. Dem Marineminister ist heute ein langes Te­legramm des Admirals Humana zugegangen, das der Presse nicht mitgeteilt worden ist. Der hiesige Verrreter Siams, Prinz Vadhana, rüstete sich zur Abreise, erwartet dazu aber noch einen Befehl aus Bangkok. Der Mi­nisterrat in Marly wird heute über die Maß­regeln beraten, die in Folge der Antwort Siams zu treffen sind. Der Minister des Auswärtigen hat nach derStr. P." die Leitung der Geschäfte in der siamesischen An­gelegenheit dem Marineminister übergeben, der dann seinerseits die Befehle wegen der Blockade an Admiral Humaun übermittelt hat.

Paris, 25. Juli. General Dodds ist nach Paris zurückgekehrt, um vor seiner Ab­reise mit dem Marineminister das Vorgehen in Dahome zu vereinbaren. Es scheint, daß

I der Plan eines Feldzuges entworfen ist mit I dem Zweck, den König Behanzin gefangen zu nehmen.

Zürich, 22. Juli. Ein direkter Schnell­zug von Berlin nach Rom durch den Gott­hard steht in Aussicht. Die Strecke würde in ca. 40 Stunden zurückgelegt werden, d. h. in der gleichen Zeit, die der Schnellzug über den Brenner gebraucht, obschon die Gotthard­linie 200 länger ist, als die Brenner­route. Es finden gegenwärtig Verhandlungen statt zwischen der Direktion der Gotthardbahn in Verbindung mit der Zentralbahn und der badischen Staatsbahn.

Christiania, 24. Juli. Das offiziöse Morgenblatt bezeichnet die Verminderung der Apanagen des Königs und des Kronprinzen durch den Beschluß des Storthings, als einen Bruch des Ehrenwortes, des geltenden Rechts und der Rücksicht auf die Würde des Staats, sowie das Ansehen der Nationalversammlung. Dagegen meint das Organ der Storthings- mehrheit,Dagbladet", die Maßnahme finde den Beifall des allergrößten Teils oes nor­wegischen Volkes.

Unterhaltendes.

Kine Liebesheirat.

(Nachdruck verboten.)

(Schluß.)

Einen Augenblick saß sie schweigend da, während er, ein Bild der Verzweiflung, ihr zur Seite stand. Er hatte noch lauge nicht eine solche Frage stellen wollen, aber seine Leidenschaft hatte ihn plötzlich überwältigt, und nun war es geschehen, die Frage aus­gesprochen.Ich könnte alle Scvrecknissi der Armut ertrage», wenn ich gewiß wäre, daß Sie mich lieben," antwortete sie endlich. Dich lieben, Rosal" rief er außer sich. Sieh, wie sehr ich Dich liebe, aus der Macht, die Du über mich hast, und die mich meine guien Vorsätze brechen ließ. Ich hatte Jahre voll Arbeit und Kampf vor mir, ehe ich hoffen durfte, nach etwas so Süßem, wie die Liebe eines Weibes ist, zu streben, und sagte mir das, o wie oft. Aber Du mit Deinen bezaubernden Augen, Deinen verführerischen Lippen und Deiner herrlichen Seele o Rosa, meine Freundin, eine Gefährtin, eine holde Gesellschaft zu habe», wie Du, Teuerste, sein würdest-"

Als er sich niederbeugte, um in ihr ge­senktes Antlitz zu sehen, berührte eine rauhe Hand ihre zarte Schulter und eine schreckliche, von den bößesten Leidenschaften verstärkte Stimme ries:Habe ich Dich endlich ge­funden, Frau Clara? Gerade, wie ich Dich zu finden erwartete, mit einem hinter Dir her schwänzelnden Manne. Wissen Sie auch, mein Herr, daß Sie der Frau eines andern den Hof machen?"Der Frau eines andern!" wiederholte Dr. Monk, und er taumelte, als habe ihm der freche Fremde einen Schlag ins Gesicht gegeben, während Rosa mit einem leisen Schrei bewußtlos zu seinen Füßen sank.

Es war am Abend nach dem Nachmit­tage, wo die Szene am Strande stattgefunden. Dr. Monk hatte Frau Chirburg aufgesucht, und diese suchte gegen ihn ihr Herz zu ent­lasten.Natürlich," sagte sie,hatte ich nicht diemindeste Idee,daß sie verheiratet sei." Sie kam vergangenen Februar zu mir auf eine Annonce, durch die ich eine Gesellschaf­terin suchte. Sie hatte die besten Referenzen, unter andern die Sr. Hochwürden des Pastor

Reville, und ich hätte durchaus keinen Grund zu dem Argwohn, daß sie eine Abenteuerin sei. Ich war ihr gleich nach dem ersten Sehen gut. Und je länger sie bei mir blieb, desto lieber gewann ich sie, so sanft war sie, so bescheiden, so wohlerzogen, so liebe­voll und anmutig. Ich kann auch nicht glauben, das ich mich in ihr getäuscht habe. Sie kann keine Uebeltbäterin sein, wer sie auch immer sein mag."

Aber der Betrug, Frau Chirburg? Für diesen ist sie doch sicher verantwortlich. Sich für eine Unvermählte auszugeben mich dahin zu bringen, daß ich sie liebte was, sie hätte mich angenommen, wenn dieser Mann nicht auf der Bildfläche erschienen wäre! Sie hat einfach mein Leben vernichtet, das ist alles! Was kommt es ihr drauf an, eines Mannes Glück zu zertrümmern!"

Habe ich Dein Leben vernichtet?" fragte in diesem Augenblick eine klare silberhelle Stimme. Er wandte sich um und starrte betroffen auf das schöne Mädchen, das an seine Seite geschlüpft war. Als er sprechen wollte, bedeutete sie ib», noch zu schweigen. Höre mich erst an! Ich gestehe, daß ich de» Mann, der uns erschreckte, einst zu lieben glaubte. Ich war erst ein Schul­mädchen, kaum sechzehn Jahre alt, als er darauf ausging, meine Zuneigung zu ge­winnen. Ick verlobte mich heimlich mit ihm. Er wünschte, daß wir uns auch hei m- lich trauen ließe», aber dessen weigerte i ch mich. So war er denn genötigt, bei meinen Eltern um mich au zuhalten. Er lebte ele­gant, verkehrte in der besten Gesellschaft, war aber bekannt, schlechte Sitten zu haben und ein Spieler zu sein. Meine Zltern teilten mir dies mit und wünschren dringend, daß ich die Verlobung auflößte; ich aber wollte nichts schlimmes von Charley Cläre glauben, und so gaben die Eltern schließlich nach monatelangem Kampf ihren Wider­stand auf und begannen die Vorbereitungen zur Hochzeit. Wußten sie doch, daß eine fortgesetzte Weigerung mich nur in die Ver­suchung geführt hätte, ihnen an der Seite des Erwählten davonzulaufe».

Alles war bereit der Tag der Hoch­zeit da. Schon hatte man mich zu der Ceremonie angekleidet, als der Zufall mich zur Zeugin einer seltsamen Unterredung machte. Charley hatte sich in ein vom Mustk- saal durch einen Vorhang getrenntes Cabiuet zurückgezogen. Da ich den Saal betrat, hörte ich seine Stimme, aber auch noch eine zweite, die der einen Brautjungfer, meiner besten Freundin. Charley sprach zu ihr in ge­dämpftem Ton, aber ich verstand jedes Wort. Er schwor ihr mit heiligen Eiden, daß er nie eine andere geliebt habe, als sie, sie allein, daß er sie ewig lieben werde und mich nur darum heirate, weil seine Spielschulden ihn nötigte», dasjenige Mäd­chen zu nehmen, das ihm die größte Mit­gift zubrächte. Meine Beschämung, mein Abscheu und Entsetzen war überwältigend. Ich hatte keinen andern Gedanken als den, unverzüglich vor demMnine zu fliehen, dem ich mich beinahe unauflöslich verbunden hätte und dieser Wunsch, vor dem alles andere in den Hintergrund trat, bestimmte meine nächsten Handlungen. Unhörbar glitt ich in mein Zimmer, vertauschte hastig meinen Brautanzug mit einem Reisekostüm, nahm das Nötigste in einer Handtasche an mich und verließ unbemerkt das Haus, während die Gäste schon versammelt waren um, Zule« gen meiner Vermählung zu sein. Ich hielt »diese heimliche Flucht für notwendig, weil