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wegen betrügerischen Bankerotts zu verantworten.
Heidrnhrim, 9.Juni. Nachdem schon in voriger Woche einzelne hiesige Metzger einen Fleischabtrag haben eintreten lassen, ist derselbe seit heute hier allgemein geworden, so daß jetzt ein Pfund Mastochsenfleisch 60 Pfg., Schweinefleisch 60 Pfg., Mastrindfleisch 40 Pfg. und Kalbfleisch ebenfalls 40 Pfg. kostet.
Rundschau.
Wertheim, 9. Juni. Ein bedauerlicher Ungiücksfall ereignete sich gestern im hiesigen Schlachthaus«. Der fünfzehnjährige Sohn des Schneidermeisters Bauer, der di« Metzgerei erlernen will, half beim Ans- nehmen eines Schweines. Dabei rutschte das Messer aus und dem Jungen überden rechten Arm, die Pulsader und Sehne desselben über dem Handgelenke völlig dnrch- schneidend. Der Verunglückte wurde »ach Anlegung eines Nothverbandes in das Spital verbracht; es gelingt hoffentlich, den schwer« verletzten Arm gebrauchsfähig zu erhalten.
Freiburg, 10. Juni. Bei der stattgehabten Ziehung der Freiburger Münsterbaulotterie fiel der Hauptgewinn von 50,000 M auf Nr. 238, ein Gewinn von 50,000 M. auf Nr. 186300 und 10,000 M. auf Nr. 14430.
München, 12. Juni. Herzog Max Emanuel in Bayern, Bruder der Kaiserin von Oesterreich und des Herzogs Karl Theodor,
des bekannten Augenarztes, ist heute morgen ^ »»»^,. von unen-
7 Uhr in Feldafing am Starnberger See sche„ rührten sich, »m die Verunglückten au« infolge beim Ritte zugezogener Sprengung px„ Trümmern zu ziehen. Man schreibt eines Herzgesäffes gestorben. (Der Herzog Katastrophe dem Umstande z», daß jüngst
unter einer der Mauer des Gebäudes ein Keller gegraben wurde. Auch waren die Ziminerböden durch Archive überladen. Als Gesammtzahl der Verunglückten gibt man 110 an: 23 Tote, 60 Verwundete; etwa 25 sind noch unter dem Schutt begraben. Ein merkwürdiges Znsamentreffen war es, daß gerade zur Zeit, da das Hans einstürzte, in dem Präsident Lincoln vor 28 Jahren von John Wilkes Booth erschossen wurde, das Leichenbegräbnis von Edwin Booth, dem Bruder des Mörders, von statte» ging. Die Verwundeten wurden auf
Augenblicke der Explosion zwei Männer davon- laufen.
Palermo, 8. Juni. Der Kaufmann Prado lötet« auf offener Straße seine Braut, die bekannte Primadonna am Theatro Massimo, Leon« Brunet, durch sieben Messerstiche, Prado war auf seine Braut, wie man sagt, ohne jeden Grunh eifersüchtig
Petersburg, S. Juni. Der körperliche Zustand des Ministers v. Giers ist noch immer unbefriedigend. Die Beine sind gelähmt. Sie» vortreffliches geistiges Befinden dagegen gestattet ihm, sich in reger Weise an den Arbeiten seines Ministeriums zu beteiligen. Seine Freunde hoffen noch auf seine volle Wiederherstellung. Man glaubt, wenn abermals ein längerer Herbst- oder Winteraufenthalt im Auslande nötig sein sollte, werde der Minister wiederum durch seinen Gehilfen Schischkin vertreten werden.
Washington, 9. Juni. Ueber den Einsturz von Fords Opernhaus wird ausführlicher gemeldet: Der Einsturz des als Regterungsgebaude verwandten früh. Opernhauses erfolgte plötzlich, ohne daß vorher durch Krachen oder Beesten eine Katastrose anzedeutel worden wäre. Im Hause befindet sich daß das Kriegsdepartement, in dem zur Zeit des Einsturzes sich nicht weniger als 500 Beamte befanden. Die Scene, die dem Einbruch der drei obersten Stockwerke folgte, war unbeschreiblich. Die Zchl der Toten und Verwundeten läßt sich vorderhand noch gar nicht abfehen. Hunderte von Men
Lokal es.
ist geboren am 7. Dezember 1849, hat also nur ein Alter von 43^2 Jahren erreicht.)
Dom Rhein, 9. Juni. Die überreichte Kirschenernte hat einen schnellen Rückgang des Preises zur Folge. Während in voriger Woche un den Wagen in Salzig, Lahnstein, Caup, Braunbach und Spai durchweg noch für 15 Pfg. gehandelt wurde, hat man gestern und heute schon für 4 — 6 Pfg. losgeschlagen. Das trockene Wetter begünstigt den Versand der Kirschen in's Ausland sehr. Derselbe ist auch ein ungeheuer großer.
Berlin, 12. Juni. Das „Tagblatt"
Hort aus guter Quelle: Capnvi verzichte auf j Tragbahren gelegt und nach den Kraiike»- die bisberinen der Nlilitärnor-/ _
die bisherigen Deckungspläne der Militärvor- lage. Es werden Erhebungen angestellt über die Vierzigmillionenliebesübergabe, die Börsenmissionssteuer, die Erbschafts- und Reichseinkommen steuer.
— In Paris plant man für den nächsten Juli eine Greifen-Ausstellung, an der nur über 90 Jahre alte Personen teilnehmen sollen. Dis Veranstalter bezahlen den Greisen die Kosten der Reise und des Pariser Aufenthalts und verteilen 3 Ehrenpreise an den ältesten, kräftigsten, geistesfrischesten Wettbewerber.
Lemberg, 9. Juni. Der Dnjester ist gefallen; bei Halicz stehen ungefähr 300 Häuser unter Wasser. Das Bistrizathal, das Solotwinzkathal mit acht Ortschaften, sowie neun Dörfer am Duwajek sind noch überschwemmt.
Antwerpen, 12. Juni. Gegen Mitternacht zerstörte ein Explosivkörper sämtliche Fenster an der Hausfront des Staatsanwalts Berre, welcher die Anklage in dem heutigen Prozesse gegen sechs der Aufreizung zur Revolution angeklagte Sozialisten vertritt. Es wurde nun unbedeutender Schaden an Material angerichtet. Der Staatsanwalt selbst war abwesend; Dynamit wurde nicht verwendet. Die Attentäter sind offenbar unbefahrene Neulinge. Ein Nachbar sah im
i Häusern oder in ihre Wohnungen geschafft, 1 während die Toten nach der Leichenkammer gebracht wurden. Einige Leichname waren so verstümmelt, daß man sie nicht wiedererkennen konnte. General Schvfield hat de» Truppen den Befehl erteilt, bei de» Ret- tuugsarbeiten mit Hand anznlegen und unter den w der Nähe der Unglücksstätte versammelten Menjchenmasse die Ordnung aufrecht zu erhalten. — Als die im 3. Stockwerk befindlichen Clerks, etwa 80 an der Zahl, das erste Krachen und Knistern vernahmen, stürzten sie an die Fenster und auf das Dach eines kleinen anstoßenden Gebäudes. So rettete» sich die meisten dieser Leute. Einer jedoch glitt aus und stürzte auf die Straße hinab; er war sofort tot. Eine glänzende Rettungsthat vollführte ein farbiger junger Mann, Namens Basti Lock- mvod. Sobald durch den Einsturz aufgewirbelten Staubmaffen verzogen sah er die Gefahr der an den Hinterfenstern um Hilfe Rufenden, erkletterte eine bis in die Höhe des 3. Stockwe>ks reichende Tele- graphenstange, zog eine Leiter hinter sich empor, befestigte sie an der Spitze der Stange, indem er das andere Ende gegen eines der Fenster stemmte, und rettete so 15 Personen.
Wildb a d, 14. Juni. Ant letzten Montag abend versammelte sich eine große Anzahl von Wählern des VIl. Wahlkreises im Gasthof z. goldenen Ochsen (Hötel Schmid), unr der Entwicklung des Programms unseres Kan» didaten der Reichspartei, des Hrn. Landgerichts- rats Freiherrn v. Gültlingen anzuwohnen. Hr. Sanitätsrat Or. Haußmann cröffnete die Versammlung und wurde zum Vorsitzenden erwählt, worauf er zunächst dem Herrn Candidaten das Wort erteilte. In längerer, von lebhaften Bravorufen unterbrochener Rede entfaltette er sein Programm, das er in den nächsten 5 Jahcen zu vertreten gedenkt. Er bezeichnet zunächst unsere gegenwärtige Lage als eine hochernste, wenn wir auf die großen Opfer blicken, die wir in einer Zeit wirtschaftlichen Niedergangs dem Vaterlands bringen sollen. Die Not, >n der wir uns befinden, sei zum Teil begründet in Naturereignissen, sie habe aber besonders auch darin ihren Grund, daß wir schon seit Monaten in einer Ungewißheit über die Sicherheit und dir fernere Zukunft unseres Vaterlandes schweben, aus der heraus» zukomnen höchste Aeit ist, wenn wir nicht schwere innere und äußere Kämpfe und Krisen im deutschen Reich erleben wollen. Denn zu einer Stärkung des deutschen Reichs habe der Beschluß vom 6. Mai nicht bsigetragen. Die Sozialdemokraten haben offen frohlockt in der Hoffnung, während eines bald ausbrechendeir Krieges im Trüben fischen und ihre Umsturz- pläne durchführen zu können. Im weiteren Verlauf der Rede gibt Redner die Antwort auf die Frage: „Welches sind die Aufgaben des neuen deutschen Reichstags?" Die Beratung über die Militär-Vorlage stehe in erster Linie; doch werden auch andere wichtige Fragen zur Sprache kommen. Von den Rednern werde insbesondere behauptet, es sei darauf abgesehen, die verfassungsmäßigen Rechte des Volks anzulasten. Redner erinnert an seine früheren Erklärungen und versichert wiederholt,
, daß er an den verfassungsmäßigen Rechtes des l Volks festhalten und zu einer Aenderung in dieser Hinsicht nie seine Hand bieten werde. Er will möglichst wenig neue Gesetze. Die bestehenden, welche sich nicht bewährt haben, find abzuschaffen oder doch abzuändcrn. So besonders die Versicherungsgesetze, die zwar gut gemeint, aber für unsere kleinbäuerlichen und kleingewerblichen Verhältnisse nicht paffen und entweder aufgehoben, oder durch Beschränkung auf die Fabrikarbeiter so abgeändert werden müssen, daß sich das Publikum eher mit ihnen befreunden kann. Redner wird ferner eintreten für Verbesserung des Beschwerderechts und Einführung eines neuen Strafverfahrens, beruhend auf dem Prinzip der Oeffentlichkeit und Mündlichkeit. Er hält gesetzliche Bestimmungen für notwendig, durch welche die Einquartierungslasten erleichtert werden sollen. Was die Milltärvorlage anbclangt, so bekennt sich Redner zum Antrag Hucne, der als äußerstes Auskunstsmittel auch von der Regierung angenommen worden ist. An der Hand amtlicher Zahlen aus den Akten der Kommission beweist er die Notwendigkeit der Heeresverstärkung, wenn wir nicht ganz bedenklich hinter unfern Nachbarn im Westen und Osten Zurückbleiben wollen. Hiernach beträgt die Friedenspräsenzstärke bei Deutschland 530 786 Mann, 'Oesterreich - Ungarn 317 795 Mann, Italien 236 754 Mann.
— 1 085 335 Mann, Frankreich 549 Ogk Mann, Rußland 1033 661 Mann. — 1582757 Mann. Die Friedenspräsenzstärke des Dreibundes ist also geringer als die von Frank-