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gestoßen sind. Nach Beendigung der Konferenzen soll dem Bundesrate ein Entwurf zu AusführungSvorschrift-n vorgelegt werden.
Aus Essen wird berichtet: Vor 6wa- 8 Wochen wurde in Hamburg eine Anzahl von Schaffnern nebst einigen Viehhändlern unter dem Verdachte, die Eisenbahnverwaltung seit Jahren durch Beschaffung und Benutzung falscher, ungiltiger Rückfahrkarten und Nund- reisehefte betrogen zu haben, verhaftet. Am 'vergangenen Donnerstag wurden nun auf dem hiesigen Viehhofe unter dem Verdachte der Theilnahme an j.nem Billetschwindel von Hamburger und Berliner Kriminalisten mit Unterstützung hiesiger Polizeibeamten 9 weittere Verhaftungen von Viehhändlern vorgenommen; in den letzten Tagen wurden nochmals 4 Viehhändler verhaftet. Sie waren wohnhaft in Mühlheim a d. Ruhr, Oberhausen, Düsseldorf, Speldorf und hier. Die Ermittelung der betrügerischen Eisenbahnschaffner und Viehhändler ist zum Teil der Berliner Kriminalpolizei zu danken. Die Eisenbahnbehörde hatte auf die Vermutung, daß Unredlichkeiten Vorgehen, Berliner Beamte erbeten, und der Kriminalkommissär Zillmann mit dem Kriminalschutzmann Winter bereisten in Begleitung eines Eisen- bahnasscssors die Strecke unter der Maske von Viehhändlern. Hierdurch haben sie sich in den Besitz eines umfangreichen Materials gesetzt, bei dessen Bearbeitung sie noch j-tzt vollauf thätig sind.
— Ein Arbeiter in Chemnitz stürzte sich in einen großen Schmelzofen, in dem 1600 Grad heiße flüssige Eisenmasse sich befand. Durch die aus der Ofenöffnung schlagende Flamme aufmerksam gemacht, sprang der in der Nähe sich befindende Maschinist herbei und sah zu seinem Entsetzen, wie der Körper des Mannes von den Flammen verzehrt wurde. Auf seinen Ruf eilten noch andere Personen hinzu, welche nur noch den Rest des Körpers sahen, der in wenigen Augenblicken von der riesigen Glut verzehrt wurde. Die'Ursache zu dieser unseligen That ist unaufgeklärt. Der Tote war verheiratet und hinterläßt Frau und sieben Kinder. —
Zittau, 1. Juni. Auf dem Distanzmarsch Berlin-Wien mußten die Vegetarianer wegen zerschundener Füße hier Zurückbleiben. Der erste ist jetzt ein Wiener Ingenieur. In großen Zwischenräumen folgen der Naturmensch und ein Buchdrucker aus Floeha in Sachsen. Fast Alle sind heruntergekommen und gewähren einen Mitleid erregenden Anblick.
— Graf Herbert Bismarck hat am -Sonntag in Schönhausen als Delegierter des Bundes der Landwirte eine Wahlrede gehalten, in der er ausführte, daß die Kosten für eine zweckmäßige Heeresverstärkung vorhanden fein würden, wenn die unsinnigen Handelsverträge die Zuschüsse der Reichskasse nicht so -arg verstopft hätten. Graf Herbert trat für die Militärvvriage ein.
Hamburg, 31. Mai. Bei dem dieser Lage hier vorgekommcmn Cholerafall handelt «s sich nach der „V. Z." um einen Mann, der in durchaus geordneten und soliden Verhältnissen, in einer äußerst reinlich gehaltenen Und gesundheitlich ganz vorwurfsfreien Wohnung gelebt hat. 'Es ist der alte, -in Hamburger Kaufmannskrerfen wohlbekannte Kon- tordiener Kahl der Mhedereifirma Rob. M. Sloman u. Cie. Man hofft aus den angegebenen Gründen, daß es sich nur um-einen vereinzelten Fall hanüin wird. —Der mit 100 000 Rabelfflüchtiggeworden-'Bankbeamte der russischen'Reichsbank' zu'Wilna, v. Cicha- nowski, ist in Hamburg verhaftet worden. Er traf am' Dienstag unter Bedeckung zweier
Hamburger Schutzleute in Thorn ein und wurde in Alexandrowo den russischen Behörden ausgeliefert. Bei der Verhaftung fanden sich noch 90 000 Mk. im Besitze des Defraudanten.
Wien, 28. Mai. Der Kaufmann Ludwig Ruß und seine Braut, die er in wenigen Tagen an den Altar führen sollte, sind in den Tod gegangen. Ruh hatte sein Vermögen verloren und erschoß sich, während er seiner Braut ein Pulver Blausäure schickte, mit dem sie sich vergiftete.
Wien, 1. Juni. Dieser Tage wurde die letzte Teilstrecke der Salzkammergutbahn von Mondsee nach Ischl am Wolfgangsee vorüber dem öffentlichen Verkehr übergeben. Die ganze Strecke Salzburg-Montsce Ischl dürfte für den Sommer-Touristenverkehr eine ganz außerordentliche Anziehungskraft haben, da sie eine der anziehendsten Partien des so herrlichen Salzkammerguts in sich schließt.
Budapest, 3. Juni. Der Strafsenat der kgl. Kurie verurteilte den Pfarrer von Komorn, angeklagt wegen Mißbrauch der Amtsgewalt und Ueberttetung der Regierungs- Verordnungen, zu 50 Gulden Geldstrafe für jeden einzelnen Uebertretungsfall. Der Pfarrer hatte in 5 Fällen Kinder aus gemischter Ehe katholisch getauft.
Mentone, 2. Juni. Während der gestrigen Prozession warf ein Geisteskranker Namens Sigand aus der dritten Etage eines Hauses 50 Lg Mörtel und 30 Lg große Steine, darunter ein 10 Lg schweres Stück Marmor, ^ ^
auf die Geistlichkeit herab. Ein Chorknabe Eine Episode aus der franz. Revolution,erzählt wurde getötet, einem Abbö die Schulter zer- Reg- Fürst,
schmettert, sieben Personen wurden verwundet. (Fortsetzung.)
Es entstand eine Panik, und die Menge flüchtete, ^ Zwanzig Jahre gingen dahin, und die Weiber und Kinder niedertretend; zwei Geest- Schreckensherrschaft tu Paris begann. In liche wurden schwer verletzt, während sie das der Vendäe erreichte der Krieg seinen Höhe- 'Allerheiligste zu schützen suchten. Der Atten- Punkt, als der Konvent eins senier Mittäter, der seine Wohnung verbarrikadiert hatte, glieder m t dem Befehl nach Nantes sandte, griff die eindringenden Polizisten mir dem schnelle und gewaltsame Maßregeln gegen Floret an, wobei er zwei derselben schwer ver- die Royalisten zu ergreifen. Dementsprechend mundete. Die wütende Menge zerriß fast den veranlaßte der mit dieser Aufgabe Betraute, schließlich Ueberwältigten, welcher ins Gefängnis Namens Carrier, daß eine große Anzahl gebracht wurde. „Verdächnger" in einem Gebäude, in der
Ein sensationeller Raubmord wurde, Nahe der Kathedrale von St. Pierre, ein
verurteilt, weil sie fremdländische Werkführer angestellt hatten, welche nicht russisch sprechen können. Die Werkführer wurden sofort aus- gewiesen.
— Der „Standard" meldet aus Odessa, daß 43 000 Juden in vergangener Woche nach England und Australien ausgewandert sind.
K o nsta ntin ope l, 2. Juni. Eine Jrade des Sultans erteilte der französischen Eisenbahngesellschaft Beirut-Damaskus-Hanrom Konzession zum Bau einer 550 Kilometer langen Eisenbahn Damaskus-Biredjik über Homs, Hamah und Haleh.
— Ein Kabeltelegramm des „B. T." meldet aus Mombasa: die britijch-ostafri- kanische Gesellschaft räumte Uganda am 1. April. Der in besonderer Mission nach Uganda gesandte britische Generalkonsul in Zanzibar zog die britische Flagge auf und proklamirte das britische Protektorat über Uganda.
Chicago, 3. Juni. Der Plan ist angeregt worden, die Chicagoer Ausstellung in San Franziska fortzusetzen und dieselbe an Weihnachten zu eröffnen. 3000 Aussteller sollen sich bereit erklärt haben, nach Schluß der Ausstellung von Chicago sich nach San Franziska zu begeben.
Unki-Haltkiidks.
Kür eine
wie man aus Brüssel meldet, in der Ortschaft Marchiennes verübt. Vier maskirte Mäw ner drangen in die Wohnung des Millionärs Depry ein, schlugen diesen, seine Frau und zwei Töchter nieder und raubten Baargcld und Schmuck im Werthe von 100 000 Francs. Die Räuber entkamen.
Lens, 3. Juni. Tausende von Flugblättern wurden unter die Arbeiter verteilt, worin die Belgier aufgefordert werden, Frankreich zu verlassen, wenn sie nicht die Wiederkehr der vorjährigen Gewaltakten herbeiführen wollten; die Ausweisung Lamartins und Basslis würden gerächt werden.
Athen, 31. Mai. Nachrichten aus Theben meld n fortgesetzte Erdstöße und große Verwüstungen; ganze Straßen wurden zerstört; die Stadt ist teilweise ein Trümmerhaufen; 3 Kirchen, der. Paläst des Gouverneurs und die Bürgermeisterei find «ingestürzt oder unbewohnbar ; die Bevölkerung hat sich geflüchtet und kampiert auf den umliegenden Hügeln.
LonVon, 2. Juni. Aus Ennis in Irland wird gemeldet: Auf-den Gutsverwalter Mrloney bei Tulla, Grafschaft Cläre, welcher zur' Entgegennahme- des-Pmhtzinses-unterwegS war, 'wurden-von beiden-Seiten .der Straße Geweht)chüffe- abgegöben. -Moloneyn ist-schwer verwundet. ' 7 «-Personen fiud verhaftet, - der Thäter -jedoch noch, nicht, ermittelt.
-Lodz, -2. Juni. Hiesige Fabrikbesitzer wurden zu Geldstrafen von je 750 Rubeln
geschloffen wurden. Männer, Frauen und Kinder pferchte man in diesem „Antichambre" der Loire zusammen und trotz der täglichen Massciiertränkungen war das Gefängnis immer mit Opfern angefüllt.
In einer großen, niedrigen Halle hielt der schreckliche Diktator sein „Scheingericht" über Leben und Tod ab.
Die Gefangenen teilte man in zwei Klassen, in Angeklagte und Verurteilte. Die erstere Gruppe nahm in demselben Maße ab, wie die letztere zunahm, und endlich beschloß Carrier, das Gerichtsverfahren noch mehr zu beschleunigen, indem er jede Formalität in der Verurteilung der Angeklagten bei Seite ließ. Von uun ab hörte man nur die verhängnisvollen Worte: „Zum Tode verurteilt," sobald ein Royalist über die Halle vor den Richtertisch geführt wurde.
„Henri de Kergouet!" rief der Gerichtsdiener auf, und ein junger Mann von ungefähr achtzehn Jahren. löste sich aus der Menge. Er.machte.dem. Richter eine Verbeugung, so vornehm und graziös, als befände er sich am Hofe von Versailles, und schien vollständig in. Unkenntnis darüber, daß ein.grausamer.Tod seiner.harrte.
„Sie sind angeklqat,. der Anstifter einer Berschwönrng gegen die Republik, in der .Person -shrer .Oberhäupter, zu sein und an »einem Koirrplot gezm mein Leben teil genommen..zu.habend