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Samstag, 3. Zuni 1893.
29. jakngang.
Uro. S3.
Württemberg.
Stuttgart, 29. Mai. In der vom Reichsgericht an die Strafkammer II hier zurückverwiesenen Strafsache gegen den Redakteur des Beobachters Karl Schmidt und Bauschreiber Herrmann wegen Beleidigung des Hauptmanns Frhr. v. Varnbüler war auf 6. Juni neue Verhandlung angesetzt, wegen Krankheit Herrmanns wurde dieselbe aber verschoben. Es sollen über 100 Zeugen, die Mannschaft der ganzen v. Varnbüler'schen Kompagnie (12. des Gen. Reg. Königin Olga) zur Verhandlung geladen werden.
— Ueber die Psingstfciertage vom 20.— 33, Mai d. I. sind auf den würit. Staats» cisenbahnen mit den fahrplanmäßigen Zügen und in 162 Sonderzügen etwa 400000 Per sonen — ohne die Durchgangsreisinden — befördert worden. Die Gesammteinnahmen aus dem Personenverkehr betragen rund 330 000 Mk. Die Gesammtzahl der nach und von Eßlingen beförderten Personen beläuft sich zusammen auf etwa 34000; diese außerordentliche Frequenz ist hauptsächlich durch den am 31. und 22. d. Mts. daselbst gehaltenen Kriegerbundestag veranlaßt worden.
S t u t t g a r t, 31. Mai. Vor der Zivilkammer fand heute wieder Verhandlung statt in dem bekannten Entschädigungs-Prozesse, welchen die Eltern des im Jrrenhause verstorbenen früheren Soldaten Schmid von Schützingen, OA. Maulbronn, gegen den früheren Unteroffizier Sigle von Iptingen, OA. Vaihingen, angestrengt haben. Es wurde das Gutachten des Obermedizinalrats vr. v. Hölder verlesen, dahin lautend, daß die von Sigle ausgeübten Mißhandlungen, welchen Schmid prei^gegeben war, wesentlich dazu beigetragen haben, die bei Schmid vorhandene körperliche und geistige Anlage zu einer wirklichen Geisteskrankheit zu steigern. Das Urteil wird am 17. Juni verkündet werden.
Stuttgart, 1. Juni. Die Wirte Württembergs treten jetzt auch wieder auf den Plan, indem der Landesverband derselben seinen 8. Verbandstag am 6. und 7. Juni in Reutlingen abhält. Aus kleinen Anfängen «mporgewachsen, umfaßt derselbe jetzt ca 45 Bezirksvereine in allen Teilen Württembergs und allerorts rüsten sich die Wirte zum Besuche des Verbandslages. Die Tagesordnung ist ebenso reichhaltig wie interessant, und für jeden Wirt sollte es nichts Wichtigeres geben, als an diesen seinen Stand fördernden Beratungen teilzunehmen. Daß die Umgeldsfrage einen Hauptpunkt der Verhandlungen bilden wird, ist selbstverständlich. Mit dem Verbandstag ist eine Ausstellung verbunden, welche von ca. 75 Ausstellern beschickt wird.
und bei welcher die neuesten Erzeugnisse, Maschinen und Bedarfsartikel für das Wirtsgewerbe zu sehen sein werden. Mit dieser Ausstellung ist eine Lotterie verbunden und werden sämtliche Gewinne ausschließlich den Ausstellern abgekauft. Um aber auch das angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden, ist auf den 7. Juni ein Ausflug auf den Lichtenstein, Olgahöhle rc. geplant, an welchem sich hauptsächlich auch die Familienangehörigen der Wirte beteiligen werden. Allem Anschein nach dürfte die Zahl der Besucher des Verbandstages die der früheren bei Weitem übertreffen.
M urrh ard t, 31.Mai. Ein schwerer, in der Nacht von Montag auf Dienstag zwischen 12 und 2 Uhr begangener Diebstahl versetzte die Einwohnerschaft von Fornsbach in große Aufregung. Dem pensionirten Forstwächter Deuschle wurden aus dem Wohnzimmer seiner Parterrewohnung verschiedene Kleider und Weißzeugstücke, Schmucksachen, eine Taschenuhr, eine Doppelflinte und über 200 Mark baar Geld gestohlen, ein Gesammtwert von etwa 450 Mark. Ein offenstehendes Fenster diente dem oder den Thätern als willkommener Zugang. Der Bestohlene, der im anstoßenden Zimmer schlief, bemerkte erst morgens seinen Verlust. Derselbe glaubt mit einem narkotischen Mittel betäubt worden zu sein, da er ausnahmsweise erst um 5 Uhr erwachte mit merklich üblem Allgemeinbefinden. Der Verdacht lenkte sich auf eine Zigeunerbande, die in der Nähe biwakirte. Eine sofort ein- geleitete Untersuchung blieb jedoch erfolglos.
Ludwigsburg, 30. Mai. Heute früh 5 Uhr meldeten die Glocken vom Turme Großfeucr. Ein Stallgebäude der 3. Abteilung des Feldartillerie-Regiments, inmitten eines größeren Häuserkomplexes gelegen, stand in Flammen. Das Feuer wurde noch so zeitig entdeckt, daß die Pferde ohne große Mühe gerettet werden konnten. Sie wurden einstweilen in den nahe gelegenen Schloßhof geführt. Die rasch herbeigeeilte Feuerwehr wurde, unterstützt durch Militär, bald des Feuers Meister, so daß nur das betreffende Gebäude zerstört ist.
— Aus Oberstenfeld bei Marbach sind am letzten Samstag 2 aus 16 Köpfen bestehende Familien nach dem Mormonenstaat Uta (Nordamerika) ausgewandert. Sie wollen! sich taufen lassen.
Nagold. Landgerichtsrat Frhr. v. Gült- lingen hat in unserem Bezirk seine Wahlreise angetreten und in den letzten Tagen in Altensteig, Ebhausen und Nagold unter großem Beifall der Bürger sein Programm entwickelt. Seine Ausführungen, auch solche, die sich nicht direkt auf die Militärvorlage bezogen, fanden lauten Widerhall, und wir zweifeln nicht da
ran, daß in unserem Wahlbezirk der Kandidat der deutschen Partei wiederum siegreich durchdringen wird.
Ulm, 29. Mai. Letzten Samstag abend wurde ein Bureaudiener des Postamts in Hast genommen, weil er überführt wurde, angekommene Briefe unterschlagen zu haben. Die in letzter Zeit in auffälliger Weise sich anhäufenden Reklamationen, in welche der Bedienstete insofern immer verwickelt war, als er stets bei der Ankunft der in Verlust geratenen Sendungen im Dienst war, ließen die Vorgesetzte Behörde ein besonders wachsames Auge auf den Bediensteten werfen, der dann auch in die ihm gelegte Falle ging. In wie weit seine Veruntreuungen zurückreichen und ob er an dem Diebstahl eines Geldbriefes, der einem Beamten aus seinem Fach abhanden kam, beteiligt ist, wird die Untersuchung ergeben. Der unehrliche Unterbedienstete hatte sein Auge hauptsächlich auf Sendungen an Soldaten geworfen, in denen er nicht mit Unrecht Geld vermutete. Er hat seine Frau und 6 Kinder in eine trostlose Lage versetzt.
Rundschau.
Karlsruhe, 31. Mai. Bebel sprach l gestern Abend in einer Volksversammlung zweieinhalb Stunden lang für die Kandidatur Geck, nachher Geck selbst nur kurz. Trotz Aufforderung fand keine Diskussion statt.
Mannheim. Die Firma Alfred Heinc- mann u. Cie., hier, teilt namens des Hch. Dowe in Berlin berichtigend mit, daß das dem Genannten in Mannheim versteigerte Mobiliar nicht im Zwangswege versteigert worden ist; vielmehr war die Versteigerung eine freiwillige und erfolgte auf Wunsch des nach Berlin verzogenen Herrn Dowe.
Köln, 29. Mai. Soeben explodirte in der auf der Hohestraße belegenen Apotheke ein Benzin-Ballon und richtete furchtbare Verwüstungen an. Der Besitzer und besten Frau wurden angeblich schwer verletzt und ins Ho- pit al überwiesen. Scherben von großen Spiegelscheiben bedeckten die Straße. Das Unglück wurde durch Unvorsichtigkeit eines Laufburschen verursacht, der mit einem brennenden Licht dem Ballon zu nahe kam.
Aus Leipzig wird geschrieben: Der neue Hochverratsprozeß, der in den nächsten Wochen das Reichsgericht beschäftigen wird, richtet sich gegen einen aus Oesterreich kommenden Bergmann Blasius Graster, der mit 7 Genosten wegen Verbreitung anarchistischer Flugblätter in Obcrhausen (Rheinland) verhaftet wurde. Die Flugblätter, die anscheinend aus England eingeschmuggelt und massenhaft verbreitet worden sind, enthalten außer anarchistischen Aufreizungen die gemeinsten und schwersten Majestäts-