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Aus Elsaß-Lothringen, 26. Mai. Wegen dringenden Verdachts von Engelmacherei ist in Vittoncourt (Kreis Bolchen) die standeslose Anna Bastien verhaftet worden. Sie hat, wie verlautet, in ca. 3 Jahren 25 Kinder in Pflege genommen und hievon 15 ins Jenseits befördert.
Metz, 29. Mai. In Dieuze erschoß sich gestern Hauptmann Richter vom 136. Infanterieregiment. Anlaß hierzu soll ein dienstlicher Tadel gewesen sein, der dem Hauptmann am gleichen Tage bei der Anwesenheit des kommandierenden Generals des 15. Armeekorps von seinem Vorgesetzten erteilt wurde. Um 12 Uhr kehrte Richter vom Exerzierplatz zurück, schrieb, wie man sich erzählt, einen Brief an seinen Obersten und um l2*/i Uhr war er schon tot.
Paris, 29. Mai. Ungefähr 2000 Sozialisten besuchten gestern die Gräber der im Jahre 1871 erschossenen Communardes auf dem Friedhof Pere Lachaise. Es wurden rote Fahnen entfaltet, und mehrere Reden unter Hochrufen auf die Commune und die soziale Reform gehalten. Zwischen den Kund- gebenden kamen einige Konflikte vor, doch entleerte sich der Friedhof ohne Zwischenfall. Die Polizei schritt nicht ein.
Montpellier, 27. Mai. Einige choleraartige Fälle wurden im Dorfe Montar- naud konstatiert; es herrscht drückende Hitze.
Villen euve, 29. Mai. Eine Feuersbrunst äscherte eins große Fabrik ein. 3000 Arbeiter werden arbeitslos; der Schaden ist enorm.
Sanct Immer (Schweiz), 30. Mai. Ausständige Arbeiter der hiesigen Uhrenschalenfabrik versuchten letzte Nacht die Fabrik zu zerstören und schlugen die Fenster derselben ein. Polizeimannschaften von Bern sind hierher abgegangen.
Tiflis, 27. Mai. Der Kura-Fluß ist infolge andauernder Rege ngüsse aus den Usern getreten und hat einen Teil der Stadt überschwemmt. Mehrere Häuser wurden vom Hochwasser zerstört. Unweit der Stadt Mzchet unterspielte die Flut einen Straßendamm, so daß dieser einbrach. Ein Postwagen, der sich eben an der gefährlichen Stelle befand, stürzte mit den ungefähr 100 000 Rubeln enthaltenden Postbeuteln in den Strom. Kutscher und Schaffner retteten sich dadurch, daß sie die Wagenstränge durchschnitten.
St. Petersburg, 26. Mai. Es steht ein kaiserlicher Ukas bevor, wonach körperliche Züchtigung auch bei männlichen Personen, welche nach Sibirien geschickt sind, verboten wird.
New york, 29. Mai.' Wie dem New- york Herald" aus Panama gemeldet wird, hat am Samstag in Nicaragua zwischen den Truppen der Regierung und den Aufständischen eine zwölfstündige Schlacht stattgefunden, in welcher die Regierungstruppen geschlagen wurden und fast die Hälfte ihrer Mannschaft an Toten, Verwundeten und Deserteuren verloren haben. Der Rest sei demoralisiert.
Newyork, 30. Mai. Am Samstag und Sonntag sind in Tennessee, Mississippi, Arkansas und Louisiana andauernde Regengüsse niedergegangen. Der Nordosten von Louisiana steht unter Wasser; der Gouverneur sandte Zelte und Lebensmittel.
— Die Vertreter von 17 an der Ausstellung in Chicago teilnehmenden Staaten Unterzeichneten ein Abkommen, die Ausstellungsgegenstände ihrer Nation von der Preisbewerbung auszuschließen, falls das Jurysystem nicht angenommen werde. Unter den 17 befinden sich die Vertreter von England, Deutsch
land, Oesterreich, Frankreich, Dänemark, Jta- ien, Rußland, Japan, Portugal, Spanien, Schweiz Belgien und Britisch-Guiana. Die Preisverteilungs-Kommission will dagegen, daß ein Sachverständiger der Kommission einen Bericht unterbreite, auf Grund dessen dann die Zuerkennung erfolge.
Irrv 'Aevsonentarif-Weforrn.
Aus Baden, 26. Mai. Die „Badische Landeszeitung" brachte vor einiger Zeit einen Leitartikel, betitelt „Zur Frage des badischen Eisenbahnverkehrs," in welchem der Verfasser unter anderem sich dahin ausspricht, die „badischen Bahnen zählten zu den bestgeleiteten des Erdenrundes."
Wenn wir mit Rücksicht auf die Haltung der badischen Generaldirektion in der Frage der zehntägigen Giltigkeit der Rückfahrkarten von dieser Behörde eine weniger günstige Meinung hegen, wird man uns dies nicht verargen.
Wie bekannt, hat die bayerische Eisenbahnverwaltung aus eigenem Antrieb die zehntägige Giltigkeit der Rückfahrkarten auf sämrlichen bayerischen Staatsbahnen unterm 15. Juni v. I. zur Einführung gebracht und damit eine Verkehrserleichterung geschaffen, die beim reisenden Publikum den ungeteilten Beifall fand.
Das Beispiel Bayerns ahmte die württenr belgische Verwaltung sofort nach, indem sie unterm 15. Juli diese Neuerung auf ihren Bahnen einführte.
Was lag nun näher für die badische Generaldirektion der Staatseisenbahnen, als ohne jeglichen Verzug auch für die badischen Bahnen die zehntägige Giltigkeit zu übernehmen, zumal sie von ihrer württembergischen Kollegin zu gleichzeitigem und gleichmäßigem Vorgehen besonders aufgefordert war? Was that die badische Eisenbahnverwaltung? Sie lehnte den württembergischen Antrag ab, ließ sofort eine Denkschrift gegen die zehntägige Giltigkeitsdauer ausarbeiten und an die Herren Effen- bahnräte versenden und lud letztere zu einer Besprechung auf 30. August v. I. nach Karlsruhe ein.
Man gab sich dabei offenbar der Erwartung hin, die Herren Eisenbahnräte würden sich in ihrer Mehrheit gegen die Einführung der zehntägigen Giltigkeit der Rückfahrkarten aussprechen. Nun geschah es aber, daß von zwölf erschienenen Eisenbahnräten nicht weniger als elf ganz frei und rückhaltlos für die zehntägige Giltigkeit eintraten und deren sofortige Einführung mit allem Nachdruck verlangten. Wollte die badische Generaldirektion ihren Fehler gut machen, so bot sich hierzu noch die Gelegenheit, indem sie der großen Mehrheit des Eisenbahnrats zustimmte und diese Neuerung ohne Verzug auf den badischen Bahnen einführte. That dies die badische Verwaltung, so mußten die elsaß-lothringischen Bahnen ohne weiteres die zehntägige Giltigkeit ebenfalls einführen, wenn man verhindern wollte, daß der elsässische Personenverkehr nach Norden und Süden auf die badischen Bahnen als Concurrenzlinien übergeleitet werde. In allerkürzester Frist mußten dann die pfälzischen und die wenigen noch übrige» süddeutschen Bahnen, durch die Macht der Verhältnisse gezwungen, Nachfolgen.
Auf diese Weise wäre im Laufe weniger Wochen ganz Süddeutschland in den Besitz einer Verkehrserleichtcrung gelangt, die von der Mehrzahl aller Reisenden als sehr wertvoll angesehen wird und die für die Einführung weiterer Reformen von weittragender Bede tung sein konnte. Einzig und allein dadurch aber, daß die badische Verwaltung es nicht wagte, dem Beispiele Bayerns und Wür-
tembergs zu folgen, ist diese Reformfrage ins Stocken geraten, und der badischen Eisenbahnverwaltung gebührt der zweifelhafte Ruhm, bewirkt zu haben, daß die fragliche Verkehrs- erleichteruug bis jetzt nur auf den bayerischen und württembergischen Bahnen und nicht auch auf den übrigen süddeutschen Eisenbahnen zur Einführung gelangt ist.
Kann man da in der That ernstlich behaupten, die badischen Bahnen zählten zu den „bestgeleiteten des Erdenrundes?"
B ermischte s.
— Der Tod Emin Paschas scheint nach den neuesten Meldungen aus Afrika dort keinem Zweifel mehr unterworfen. In einem dem belgischen Afrikaforscher Kapitän Becker übersandten Briefe Tippu Tipps findet sich folgende Stelle: „Nachrichten von Said den Abed. Derselbe ist von Korrondo in der Richtung auf Unjoro und Wadelei abmarschiert, um mit einem s iner Leute der große Elfenbeineinkäufe gemacht hat, zusammen zutreffen. Said ben Abed stieß mit Emin Pascha zusammen, der kriegerisch gegen ihn auf- trat. Beide kämpften 2 Tage miteinander; am dritten wurde Emin besiegt und unter starken Verlusten zum Rückzuge genötigt. Am vierten Tage machten sich die Leute Saiv ben Abeds zur Verfügung Emins auf und holten ihn ein. Es gab neue Kämpfe. Emin wurde mit seiner sämtlichen Mannschaft gefangen genommen und getötet. Von den Leuten seiner Truppe sind nur die in Wadelai oder sonstwo Zurückgebliebenen am Leben." Alle Unklarheit wird auch durch vorliegende Darstellung nicht beseitigt. Daß Emin den vom Sklavenhandel lebenden Arabern verhaßt war, ist bekannt, und daß diesen die Hinwegräumung desselben am Herzen liegen muß, ist selbstverständlich. Eben darum erscheinen Zeugnisse von ihrer Seite auch nicht ganz unverdächtig.
(FranzösischeRücksichtslosigkeit.) Dieser Tage machte eine Anzahl österreichischer Studenten einen Ausflug nach Frankreich, woselbst sie verschiedene Städte besuchten. Am 24. d. Mts. kamen sie nach Toulouse, wo es bald bekannt wurde, daß sie österreichische Studenten seien. Die studierende Jugend der eben genannten französischen Stadt konnte es sich nun nicht entgehen lassen, oie Ausländer zu verhöhnen und sie in gröblicher Weise zu beschimpfen. Daß die Oesterreicher sich dies nicht gefallen ließen, ist begreiflich und es kam schließlich zu einer großen Schlägerei, bei der es auf beiden Seiten schwer Verletzte gab. Die französische Rücksichtslosigkeit Deutschen und Deutschfreunden gegenüber ist ja bekannt und es ist schon längst Thatsache, daß die französische Nation den Namen der höflichen Nation eingebüßt hat. Eines freut uns bei vem rohen Vorgang, der wahrlich keinem Gebildeten Freude macht, daß die Oesterreicher die Insulten nicht ruhig eingesteckt haben und daß sie für die ihnen angethane Beleidigung gründlich Revanche sich verschafft haben. Ob die Franzosen etwas gemerkt haben.
(Keine Hexerei, nur Geschwindigkeit). Der französische Dichter Magnon, ein Freund Molisres, arbeitete außerordentlich leicht. So brauchte er zu seinem „Einzug des Königs und der Königin in Paris," einem Gedichte in 752 Versen, nur 10 Stunden. Unter anderem schrieb er auch ein Werk in 200 000 Versen, „Die Universalwissenjchaft" betitelt. Ein Bekanler fragte ihn einst, wann er damit fertig sein werde. „Bald," meinte Magnon, ich habe blos noch hunderttausend Verse zu machen."