234
Großstädten verkauften steht, 'wo durchweg stärkeres Vieh geschlachtet wird. — In mehreren Orten des TauberthaleS ist die Influenza wieder aufgetreten und scheint ihre Herrschaft noch weiter ausdehnen zu wollen.
Bad Kiss in gen, 16. Mai. Ihre König!. Hoheit Großherzogin-Witwe Marie von Mecklenburg-Schwerin ist mit ihrer Tochter Elisabeth und Begleitung heute früh um L Uh 58 Min. angekommen. Die Stadt hatte den hohen Gästen, die im Hotel Diana Wohnen, ein prächtiges Bouquet in den Mecklenburger Landesfarben gesandt.
Worms, 18. Mai. Heute wurde hier rin Dienstmädchen verhaftet, welches seine Herrschaft mit Kupfervitriol vergiften wollte. Das Mädchen hatte das Gift bereits in die Suppe geschüttet, was aber noch rechtzeitig entdeckt wurde.
Berlin, 17. Mai. Der antisemitische Schriftsteller Karl Paasch wurde wegen verleumderischer Beleidigung des Bundesrats, des Justizministers und der Geheimen Räte Kay- ser und Eichhorn zu l'/s Jahren Gefängnis verurteilt. Der Antrag auf Haftentlassung wurde abgelehnt.
— Die „Danziger Zeitung" berichtet, eine größere Anzahl hervorragender Männer in Berlin, darunter Theodor Mommsen, Georg von Bunsen, Justizrat Makower, würden in den nächsten Tagen einen Aufruf zu Gunsten der „Freisinnigen Vereinigung" veröffentlichen.
Hamburg, 17. Mai. Die bakteriologische Untersuchung der Leiche des in Schiffbeck verstorbenen Arbeiters ergab asiatische Cholera. Sechs unter verdächtigen Symptomen erkrankte Matrosen eines aus Kalkutta eingetroffenen Dampfers wurden dem Krankenhaus übergeben.
Bremen,18. Mai. Das deutsche Schiff „Lina", aus Stralsund nach Danzig unterwegs, ist auf hoher See untergegangen. Alle an Bord Befindlichen wurden gerettet.
Insterburg, 15. Mai. Der aus dem hiesigen Zuchthaus entsprungene Räuber Radischat, der nach Rußland geflohen war, ist, wie drahtlich gemeldet wird, im Kampfe mit den russischen Grenzsoldaten erschossen und seine Leiche im Memelstrom gefunden worden.
Bern, 17. Mai. Nationalrat Weissen- bach in Premgarten (Kanton Aargau) wurde wegen wiederholter Unterschlagungen von Depositengeldern, die er als Gerichtspräsident begangen hat, verhaftet. Das letztem»! unterschlug er 18000 Franks.
Paris, 18. Mai. Aus zahlreichen Ortschaften Algeriens, besonders in den Departements Algier und Oran, wird der Einfall von Heuschreckenschwärmen gemeldet.
Paris, 18. Mai. Baron Cot tu ist mit seiner Frau nach Paris zurückgekehrt und wird nach der Entscheidung des Kassationshofes sich als Gefangener stellen.
Paris, 18. Mai. Dem Journal des „Debats" zufolge stehen weitere Verhaftungen von Anarchisten bevor.
— Präsident Carnot leidet an der Schwindsucht. Die Krankheit ist schon in einem so bedenklichen Stadium, daß Krankheits- berichte ausgegeben werden. Man befürchtet, Carnot werde abdanken müssen. — Nach anderen Berichten handelt es sich nur um Leberleiden.
Paris, 17. Mai. Die Bankiers Kahn, Mantn, Lafargne und Bernard, Direktoren des Kontor des Fonds Nationaux, sind flüchtig. Das Gesellschaftskapital, das kürzlich auf 5 Millionen Frs. verdoppelt wurde, gilt alS verloren; 1,850,000 Franks Barbestand der Jura-Dampfbahngesellschaft,
sowie die Fonds anderer Gründungen wurden unterschlagen.
Paris, 18 Mai. Ein schwerer Unglücksfall hat sich vorgestern in der Robert'schen Tuchfabrik zu Sedan zugetragen. Dieselbe beschäftigt zahlreiche Arbeiter. Vormittags, als alle Werkstätten in Thätigkeit waren, explodierte der Kessel der Dampfmaschine Die 5 Stockwerke des Gebäudes stürzten zusammen und von der Fabrik blieb nur ein Trümmerhaufen übrig. Der Direktor und 9 Arbeiter fanden bei dieser Katastrophe ihren Tod; man zählt bisher 9 Verwundete, deren Zustand sehr bedenklich ist, fürchtet aber in der Trümmermasse noch andere Verunglückte zu finden. — Es wurde schon berichtet, daß die letzte Gerichtsstatistik eine starke Zunahme der Kin- decmorde in Frankreich verzeichnet. Diese Bemerkung scheint besonders für die Pariser Vorstädte Clichy, Lcvallois und Neully ihre Richtigkeit zu haben. Seit einer Woche hat man in den dortigen Abzugskanälen nicht weniger als 14 Leichen neugeborener Kinder gefunden.
Brüssel, 17. Mai. Die Arbeiterpartei veranstaltet eine Festlichkeit, die zu ein.r Geldsammlung zu Gunsten des Mahlsands der deutschen Sozialdemokraten dienen soll.
London, 17. Mai Dem Neuterschen Bureau geht aus Tripolis vom 16. d. M. folgende Meldung zu: Als die Familie des französischen Consuls heute eine Spazierfahrt unternahm, wurde der Consul von einer Schar eingeborener beschimpft und mit Steinen beworfen. Der Kawasse des Konsulats ergriff den Haupträdelsführer, ein türkischer Offizier trat jedoch zu Gunsten desselben dazwischen. Der Consul verlangt Genugthuung.
London, 17. Mai. Reuter meldet aus Brisbane: Die Royal Bank of Queensland stellte bis zur erfolgten Rekonstruktion die Zahlungen ein. Das Kapital der Bank beträgt nominell 1 Million Pfund, wovon 750,000 gezeichnet, 375,000 eingezahlt sind. Die Regierung proklamierte für Goldminen-Besitzer ein einmaliges Moratorium, um ihnen den Anschluß neuer finanzieller Areangements zu ermöglichen.
Petersburg, 16. Mai. Gelegentlich der Entdeckung eines Verschwörungs-Lokals im Wiborger Stadttheile kam die Polizei in den Besitz sehr wichtiger Dokumente, wonach revolutionäre Verbindungeu seit 1870 über ganz Rußland verbreitet waren; zahlreiche Selbstmorde von Zöglingen und Gymnasiasten stehen mit der Bewegung im Zusammenhang.
Madras. Die „Madras Mail" berichtet über den Kampf mit einem Tiger, der den Tod des Oberkommandeurs der Armee in Madras, Sir James Dormer, herbeiführte. Sir James Dormer ging mit einigen Freunden auf die Jagd. Während er allein war, bemerkte er einen Tiger; er schoß auf denselben und verwundete ihn. Er folgte ihm, befand sich plötzlich in seiner Nähe, und der Tiger machte einen Angriff auf ihn. Dormer schoß auf ihn und traf ihn wieder. Dann stolperte er und fiel nieder. Darauf ergriff das Tier das rechte Bein des Generals, richtete dasselbe arg zu und brachte ihm ungefähr zwölf Wunden bei. Ein Freuud kam hinzu und schoß den Tiger endlich nieder. Der General wurde in ein Hospital gebracht, wo er seinen Wunden erlag.
Newyork, 18. Mai. DaS vom hiesigen Gerichtshof als gültig erklärte Gesetz gegen die Chinesen ruft eine Auswanderung von 104 000 Chinesen hervor, welche nun die Vereinigten Staaten verlassen müssen.
Chicago, 15. Mai. Durchschnittlich besuchen 20 000 Personen täglich die Aus
stellung. Die Einnahmen bedeckest biS jetzt nur ein Viertel der Ausgaben.
— In Nordamerika geht man endlich an die schon längst verheißene Revision der Mac- Kinley-Bill. Präsident Cleveland berief einen Ausschuß ein, der unter Vorsitz des Freihändlers Wells ein neues Zollgesetz als Ersatz der Mac-stinley-Bill ausarbeiten soll. Der Ausschuß besteht aus lauter Gegnern des Mac- Kinley-Tarifs, so daß dessen Beseitigung wohl als sicher geltern kann.
— Die Kulis (an der Ostgrenze Benga- lens) haben das Dorf Ralmi Naga in der Nähe von Manipur erobert und 300 Einwohnern die Köpfe abgeschnitten.
UniknhMndks.
Krne Komööre öer I wungen oöer: öiefe UHv.
(Fortsetzung.)
„So, er liebt Sie?" sagte die junge Frau in einem so kalten und harten Ton daß Laura sie überrascht ansah. „Natürlich lhut er das", erwiderte letztere, „und ich bin ihm ebenfalls sehr zugethan. Warum fragen Sie?" — „Ach, es ist nichts," sagte Frau Maienblüth, die zu stolz war, um der Modistin den Zweifel und Argwohn zu verraten, die sich ihrer beim ersten Anblick der Uhr, thöricht genug, bemächtigt hatten. „Aber ich ersuche Sie, mir das Kleid so wie es ist, unvollendet zurückzuschicken; ichmöchte von Ihrer Freundlichkeit, für mich zu arbeiten, nicht länger Gebrauch machen." Mit diesen Worten rauschte sie aus dem kleinen Zimmer, in dem Laura ganz verblüfft und befremdet zurückblieb.
„Was kann sie wohl in aller Welt haben?" dachre sie. „Sollte sie wohl meinen Thomas kennen und Grund haben, ihm wegen deS teuren Geschenkes zu zürnen? Ich muß ihn fragen, wenn er kommt." Es war schon ziemlich spät, uud so erschien der liebe Thomas gar bald auf der Bildfläche. Auch er erblickte sogleich die Uhr, und während er beim Eintritt ins Zimmer die Liebenswürdigkeit selbst gewesen, schlug seine Stimmung beim Anblick des zierlichen Gegenstandes in die rasendste Eiferstcht um. „Falsches, trugloses Weib!" rief er mit theatralischem Pathos, „ist das die Art, wie du mein allzu festes Vertrauen auf deine Beständigkeit rechtfertigst? „Thomas", stammelte sie, erschreckt durch seine exaltierte und tragische Sprache, „was meinst du denn?" „Was anders als diese Uhr", schrie er mit dem Finger auf die unschuldige Ursache all'dieser Verwickelungen deutend. „Wie, was?" rief Laura außer sich, „warst du es denn nicht, der sie mir geschickt?" „Ich und eine Uhr für 400 Markffchicken I" rief er höhnisch, voll Bitterkeit, „ich, mit einem Gehalt von 150 Mark im Monat! Aber versuche doch nicht, die Unwissende zu spiele», du kannst mich doch nicht betrügen Ich weiß nämlich, daß Herr Maienblüth diese Uhr vor wenig Stunden in unserem Laden kaufte, und ebenso gut weißt du, daß er sie schickte. Von einem verheirateten Mann hast du ein so kostbares Geschenk genommen. O, Laura, ich dachte besser von dir, aber jetzt ist zwischen uns alles aus. Meine Liebe ist tot und fortan lebe ich nur noch der Rache", mit diesen Worten stülpte er seinen Hut auf, daß dieser ihm tief über die Augen fiel und stürmte aus dem Zimmer, seine Laura fast wahnsinnig vor Schreck und Kummer znrücklassend.