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Käfigs von einem Löwen angefallen, zu Bo­den geworfen und durch mehrere Bisse des Tie­res lebensgefährlich verletzt.

Frankfurt a. M., 18. April. Die Frankfurter Zeitung" meldet:lieber das Frankfurter Journal" ist heute der Konkurs eröffnet worden. DasFrankfurter Journal", welches in früheren Jahren in Süd- und Mit­teldeutschland eine ansehnliche Verbreitung besaß und dessen BeilageDidaskalia" einst geschätzt war, hatte in den letzten Jahrzehnten häufig den Besitzer gewechselt.

Seit einiger Zeit herrscht die Influenza in Straßburg. Die Krankheit tritt aber nur gelinde auf.

Charleroi, 20. April. Die Polizei hielt bei einem Anarchisten eine Haussuchung und entdeckte eine große Anzahl Dynamilpa- tronen.

Brüssel, 21. April. Die Beerdigung der Erschossenen in Antwerpen ist unter Teil­nahme einer ungeheuren Menschenmasse ohne Zwischenfall verlaufen; die Gemeindebehörden wohnten derselben bei. Ein Bataillon Infan­terie und 3 Compagnien Jäger, Gendarmerie und Kavallerie hielten die Ordnung aufrecht; 100 Polizisten begleiteten den 2^/« Stunden langen Zug, dem ein Plakat vorangetragen wurde, mit der Inschrift:Die Opfer für das allgemeine Stimmrecht." Die am,Grabe gehaltenen Reden waren gemäßigt. Die So­zialisten übernahmen die Versorgung der hin- terlassenen Wittwen und Kinder.

R o m, 20. April. Der mit den deutschen und italienischen Fahnen geschmückte Sonderzug des deutschen Kaiserpaares fuhr pünktlich um 11 Uhr 50 Minuten in die Bahnhofhalle ein, wo unter einem roten Baldachin der König und die Königin von Italien mit sämtlichen Prinzen, umgeben von ihrem Hofstaat, den Ministern, dem deutschen Botschaftspersonal und einigen geladenen deutschen Damen und Herren, das Herrscherpaar erwarteten. Der Kaiser erschien während der Einfahrt in Garde- Husaren-Uniform, heiter aussehend, am Fenster. Nach herzlicher Begrüßung der Gäste durch das italienische Königspaar überreichten deutsche Mädchen der Kaiserin, die ein Helles Kleid trug und frisch und freundlich dreinschaute, «inen Blumenstrauß. Hierauf folgte die Vor­stellung des beiderseitigen Gefolges. Um 1 Uhr 15 Minuten verließ der aus zwölf Hofwagen und mehreren andern Wagen be­stehende Zug, von der königlichen Hundertgarde geleitet, den Bahnhof. Im ersten Wagen hinter zwei vorauffahrenden Adjutanten saßen der Kaiser und der König, im folgenden die Kaiserin und die Königin. Von der Piazza di Termini durch die Via Nazionale bis zum Schloß wurde die langsamsahrenden Herr­schaften von der Hunderttausenden zählenden M-nge jubelnd begrüßt und dankten sichtlich erfreut. Kurz nach 1 Uhr 30 Minuten er­reichte der Zug das Schloß. Das Wetter ist sonnig. Die Stimmung in der Stadt über­aus stark belebt. Auf dem ganzen Wege wurden das Königspaar und seine kaiserlichen Gäste von der Bevölkerung warm begrüßt, mit Händeklatschen und Hochrufen. Die Be- geisteruug erreichte ihren Höhepunkt, als nach der Ankunft im Quirinal das Kaiserpaar mit dem Königspaar sich auf dem Balkon zeigte. Die Herrschaften dankten nach allen Testen. Als die Damen und der König Humbert den Balkon bereits verlassen hatten, wanvte sich der Kaiser nochmals freundlich grüßend um, worauf ein neuer Begeisterungssturm ausbrach.

Sofia, 20. April. Anläßlich der Hoch­zeit des Prinzen Ferdinand ist die Stadt heute

, reich geschmückt. Der Ministerrat hatte be­schlossen, den Hochzeitstag amtlich zu feiern. Vormittags war amtliches Tedeum, woran die amtliche Welt und eine große Menschenmenge teilnahm. Sodann war Truppenschau.

Aus Zante, 19. April wird über das neue Erdbeben, das eine furchtbare Zerstörung anrichtete, ausführlicher berichtet: Die Bevöl­kerung der Insel, die eifrig damit beschäftigt war, die durch das letzte große Erdbeben ver­ursachten Schäden auszubessern, wurde heute morgen um 7 Uhr 6 Minuten durch ein neues Erdbeben von furchtbarer Gewalt er­schreckt. Das Wetter war schön und der Him­mel wolkenlos, als plötzlich die ganze Insel von Osten nach Westen fast eine Minute lang in heftige Bewegung geriet. Mächtige Staub­wolken erhoben sich in der Stadt Zante von den eingestürzten Häusern und Kirchen, wäh­rend die Angstrufe der unter den Trümmern liegenden Menschen die Luft erfüllten. Die Straßen bieten einen fürchterlichen Anblick dar. Das Theater und der Klub, die zusanimen ein großes Gebäude bilden, stürzten ein und der schöne venetianische Turm der Kirche von St. Denis, des Schutzpatrons der Insel, der beim letzten Erdbeben stehen geblieben war, ist ein Trümmerhaufen, die Häuser längs der Marina sind vollständig zusammengefallen, und auf der Straße sieht man Risse von Ellen Länge. Nicht ein Dutzend Häuser auf der ^ ganzen Insel ist bewohnbar. So weit bis jetzt bekannt, sind in der Stadt 14 und in ' den Dörfern 16 Personen ums Leben ge­kommen (nach späteren Berichten sind es noch ! weit mehr), während ungefähr 200 Personen verletzt sind. An den Häusern im südöstlichen ' Teile der Insel, der dem Mittelpunkt des ^ Stoßes am nächsten war, ist nicht ein Stein ' auf dem andern geblieben und man sieht dort " Riffe von 2 Fuß Breite. Die Bewegung ging von Osten und Westen und begann ? genau an demselben Punkte, wie beim letzten ' Erdbeben am 31. Jan. Eine Flutwelle war deutlich wahrzunehmen und nach dem Stoße sank die See um einen Fuß. Es ist bisher nicht beobachtet worden, daß nach einem so heftigen Erdbeben, wie das vom 31. Jan. war, so schnell ein noch heftigeres folgte. Ver- I mutungen über das weitere Schicksal der Insel wären daher gewagt. Wie am 31. Jan., so ist auch diesmal genau 8 Stunden 30 Mn. j nach einem warnenden Stoße die zerstörende r Bewegung gefolgt. Alle Häuser müssen aus > Holz aufgeführt werden, aber die Armut ist auf der Insel so groß, daß wohl die Hälfte § der Bevölkerung wird auswandern müssen, z Die griechischen KriegsschiffeSpezia" und < Hydra", das englischeInflexible" und das französischeIphigenie" werden morgen in , Zante erwartet, um Hilfe zu leisten. Der i durch die Erdstöße vom 31. Jan., 3., 7. und 11. Febr. verursachte Schaden wurde auf § 1 200 000 Mk. geschätzt. Die Zerstörung ist i jetzt eine vollständige, und die 16 000 Ein­wohner von Zante haben zumeist Zuflucht auf ' den Hügeln gesucht. Das Erdbeben ist auch i in Patras, Tripolis und Kalamata verspürt ' worden. >

London, 20. April. Das Unterhaus nahm mit 347 gegen 304 Stimmen in zwei­ter Lesung die Home Rule-Bill an.

London, 22. April. In der Wohn­ung des Direktors der englischen Bank wur­den für 50000 Fr. Juwelen gestohlen.

Petersburg, 20. April. Aus S e- bastopol wird gemeldet: Königin Natalie ist auf dem Wege nach Serbien dort durchge­reist.

Newyork, 21. April. Neue Cyclone verwüsteten Alabama am Mississippi und Ar­kansas; er gab zahlreiche Tote und Verwun­dete. Der Ernteschaden ist bedeutend. Ein heftiger Orkan wütete am Michigansee. Die Wasserwerke von Milwaukee wurden von den Wogen fortgerissen. Es war unmöglich, den Arbeitern Hilf« zu bringen, so daß etwa 20 derselben erlrunken sind.

Lokales.

-ft Wildbad, 22. April. Gestern abend */r8 Uhr ist Se. Majestät der König mit Se. Durchl. dem Fürsten zu Bentheim mittelst Sonderzug hier eingetroffen, um in der Nähe eine Auerhahnenjagd abzuhalten. Am Bahnhof waren anwesend: Oberjägermeister Freiherr ». Plato, Forstrath Graf Uxkull-Gyllenband aus Neuenbürg, Graf Dillen-Spiering, Hr. Stadt- schullheiß Bätzner und der hiesige Krieger- und Militär-Verein. Der Vorstand des Letz­teren brachte ein dreifaches Hoch auf Seine Majestät aus, in welches die Anwesenden kräftig einfielen. Vom Bahnhof aus fuhren die Herrschaften unter Hochrufen durch die beflaggten Straßen der Stadt zum K. Bad- Hotel. Daselbst fand ein Souper statt, an welchem außer oben genannten Herrn Ober­hofmarschall Freiherr v. Wöllwarth, Ober­förster Bosch, Oberförster Eiscnbach von Enz- klösterle teilnahmen. Nachts 2 Uhr brach Seine Majestät zur Jagd auf und hatte das Glück einen stattlichen Auerhahnen zu schießen. Morgens 8 Uhr fuhren die hohen Herr­schaften mittels Sonderzugs wieder von hier ab.

Die Appartements des Königl. Badhotels waren prachtvoll dekorirt und hat sich Seine Majestät darüber und namentlich auch über die vorzügliche Bewirthung sehr befriedigend ge­äußert.

! Die dekorative Ausstattung der von Seiner Majestät innegehabten Räume besorgte Herr Sattlermeister Ladner.

Tntri-Hslkndk«.

Dorf und Stadt.

Eine einfache Erzählung aus dem Lebend. M. B.

(Fortsetzung.)

Er nahm Amalie wie ein schlafendes Kind auf seine kräftigen Arme und trug sie, von dem Dienstmädchen unterstützt, die Treppe hinauf.

Die Szene hatte sich so geräuschlos ab­gespielt, daß außer Lisette, die den Herrn zu erwarten gehabt hatte, niemand im Hause aufgewacht war.

Während das Mädchen den in der Nähe wohnenden Arzt holte, bieb der Herr bei der Bewußtlosen.

Es war kaum eine Viertelstunde ver­gangen, als der Doktor erschien. Er unter­suchte daS verunglückte Mädchen.

Herr Arnold," nahm der Arzt nach einer Weile das Wort,Sie haben sich da einen eigentümlichen Patienten in'sHaus geschafft. Die Kopfwunde hätte an und für sich nicht viel zu bedeuten; aber durch irgend einen seelischen Affekt ist die hübsche Kleine in einen Zustand gebracht worden, der mir gar nicht gefällt. Wir können vorerst nichts thun und müssen warten, bis sie aus ihrer Be­täubung erwacht, was nicht mehr lange an­stehen wird. Dann geben Sie ihr von der Arznei, die ich aufschreiben will."

Nach diesem Bescheid zogen sich die zwei Männer zurück.

Der Arzt verließ das Haus und der Fabrikant Arnold begab sich in die Wohn-

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