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sind die Getreidemagazine, Holzniederlagen, ein Gasthof sowie 100 Häuser niedergebrannt. 2 Personen sind verbrannt, viele verwundet. Viele reiche Kaufleute haben alles verloren. Es wurden 141 Häuser eingeäschert, 1000 Menschen sind obdachlos. Der sachliche Schaden beträgt ffr Million
Paris, 13. April. Vor dem Schwurgericht begannen heute die Verhandlungen in der Angelegenheit der Explosion im Restaurant Very. Angeklagt sind die von England ausgelieferien Anarchisten Francois, Brü con und dessen Geliebte, Marie Delange, alle wegen Mitschuld am Morde, sowie Meunier als Hanpturheber des Verbrechens. Im Saale und in den Gängen des Gerichts- gebäudes hat sich nur wenig Publikum eingefunden.
Rom, 15 April. Fest steht nunmehr, daß der deutsche Kaiser und die Kaiserin ihren Besuch beim Papste am 23 April ausführen werden. An den Besuch dürfte sich unmittelbar die Besichtigung der vatikanischen Sammlungen anschließen.
— Angesichts der in Rußland immer mehr um sich greifenden Cholera-Epidemie werden in maßgebenden Kreisen durchgreifende Abwehr-Maßregeln an der östlichen Grenze geplant.
London, 12 April. Aus Pontypridd wird gemeldet: Gestern nachmittag brach Feuer in der Maschinenhalle des benachbarten Kohlenbergwerkes Greatwestern aus. 300 Bergarbeiter, welche in den Schächten arbeiteten, konnten nicht heraufbefördert werden. Feuer ergriff die Schächte. Bisher sind 5 Tote aufgefunden. Das Schicksal der übrigen Bergarbeiter ist noch unbekannt.
Aus Stadt und Umgebung.
Wildbad, 16. April. Wie verlautet, wird Seine Majestät der König nächster Tage hier eintreffen, um in hiesiger Gegend der Auerhahnjagd obzuliegen.
— Der „Liederkranz" hielt gestern abend im Vereinslokal seine General- Versammlung ab. Im Verlaufe derselben wurde Hrn. Musikdirektor Ruß, welcher nunmehr 25 Jahre dem Verein als Dirigent vorsteht und sich während dieser Zeit durch seine tüchtige, umsichtige und aufopfernde Leitung und Thätigkeit um den Verein sehr verdient gemacht hat, vonHrn. Vorstand Treiber unter entsprechender Ansprache ein wertvoller goldener Ring mit prächtigem Brillantstein im Namen des Vereins als Zeichen der Dankbarkeit und Verehrung überreicht.
— Die Kaffeewirtschaft und Condi- torei in den Kgl. Anlagen, welche seither Conditor Funk in Pacht hatte, wurde nunmehr von Hrn. Chr. Kemps auf 3 Jahre gepachtet um den Preis von 3025 Mark pro Saison. Der neue Pächter soll nun auch Erlaubnis erhalten, außer Kaffee auch feinere Weine und Bier zum Ausschank zu bringen.
_16. April. Gestern Nacht ereignete
sich in Calmbach ein schweres Brandunglück. Im Hause des Mechanikers Ludwig Haußmann, welches von 7 Familien bewohnt war, brach gegen 1 Uhr auf bis jetzt unaufgeklärte Weise Feuer aus. Dasselbe griff mit solcher Heftigkeit um sich, daß das ganze große Gebäude in kurzer Zeit in Hellen Flammen stand. Haußmann, welcher mit Frau und einem Kind im ersten Stockwerk schlief, wollte, während letztere nur mit dem Not
wendigsten bekleidet, sich und das Kind in Sicherheit brachte, mit eigener Lebensgefahr seine in einer Bühnenkammer untergebrachten 4 älteren Knaben retten, kam aber, bei diesem mutigen, aufopfernden Rettungsversuche samt 3 seiner Knaben im Alter von 4, 8 und 12 Jahren elend in den Flammen um, da vermutlich die Treppe mit ihm zusammenbrach. Ein Knabe im Alter von 11 Jahren rettete sich vor das Fenster, indem er sich an das Gesims anklammerte und hier hängend, unter großen Schmerzen ausharrte, bis ihm seitens der Feuerwehr Rettung zu teil wurde. Er erlitt mehrere schwere Brandwunden, besonders an den Händen und liegt nun in Folge derselben beinahe hoffnungslos darnieder. An einer Hand mußten dem Bedauernswerten bereits die Finger abgenommen werden. Eine ältere Frau welche noch Verschiedene Gegenstände retten wollte, mußte von der Feuerwehr gewaltsam herabgeholt werden. Alle übrigen Bewohner konnten mit knapper Not das nackte Leben retten. Beinahe sämtliches Mobiliar wurde von dem Feuer zerstört. Das Gebäude brannte bis auf den Grund nieder. Zum Glück sind sämtliche Familien bis auf eine versichert. Außer der Calmbacher Feuerwehr war noch diejenige von Höfen auf dem Brandplatz thätig. Die unglücklichen Opfer wurden zum großen Teil verkohlt und bis zur Unkenntlichkeit entstellt unter dem Schutt aufgefunden und werden morgen beigesetzt werden. Man vermutet, daß das Feuer in dem Bühnenraum, welcher mit dürrem Holz, Reisach und Spähnen angefüllt war, ausgebrochen ist. H. war als ruhiger, fleißiger Geschäftsmann, allseitig beliebt und geachtet und ist die Teilnahme an dem entsetzlichen Unglück eine allgemeine. Vor etwa 7 Jahren erlitt ein Schwager des Verstorbenen samt 2 Kindern ebenfalls den schrecklichen Flammentod. Gestern und am heutigen Sonntag waren zahlreiche Personen von der ganzen Umgegend hier, um die Brandstätte zu besichtigen, welche von einer Abteilung der Feuerwehr bewacht wird. Es stehen nur noch einige Umfassungsmauern. Alles übrige ist ein rauchender, glimmender Trümmerhaufen, aus welchem einzelne Maschinenteile hervorragen und überall zerstörte Haushaltungsstücke, Eisenteile re. zerstreut umherliegen.
Tnüi-Haltrndkv.
Dorf und Stadt.
Eine einfache Erzählung aus dem Lebend. M. B.
(Fortsetzung.)
Er hatte sie bald eingeholt. Seine Ueber- redungskunst, mit welcher er sie zur Umkehr bewegen wollte, war jedoch umsonst. Das Mädchen verlangte nach Hause und beharrte fest und bestimmt auf ihrem Entschluß.
Werner begriff schließlich, daß esj am besten sei, wenn er für beute der Laune des Mädchens nachgab. Er drang nicht weiter in sie und erklärte sich ganz damit einverstanden, daß sie sich daheim, ohne das Lokal zu betreten oder irgend eine Erklärung zu geben, auf ihr Zimmer begab.
Gleichwohl hatte man in dem Restaurant sowohl seine als Amalie's unerwartete Rückkehr von dem Feste bemerkt. Das ganze
Personal, welches begreiflicherweise durch die Kellnerinnen von der Ankunft des Btäiliti- gams der schönen Büffetdame bereits iw Kenntnis gesetzt war, kam in Aufruhr. Die Feststehung des Zusammenhangs zwischen Ursache und Wirkung fiel dem intriganten Völklein nicht schwer. Die Kollegin batte mit dem boshaften Streiche ihre Absicht erreicht. In alle» ertönte schadenfrohes Gekicher. Von der Geflügelmagd bis zum Oberkellner hinauf rief man sich unter Spottreden und schlechten Witzen die interessante Neuigkeit zu. Sogar der Herr und d>e Frau beteiligten sich in. eingehender Weise an dem pikanten Geklatsch.
Das hinderte jedoch nicht, daß man am gleichen Abend noch, ohne des Zwischenfalls auch nur mit einer Silbe Erwähnung zu thu», den Herrn Doktor Graf, sowie dessen unvermeidlichen Begleiter, den Inspektor Werner mit der gewohnten devotenMiene und zahllosen Bücklingen in dem reservirten Zimmer empfing. — Amalie fühle sich unwohl, warf der Wirt leicht hin, und habe deshalb frühzeitig ihr Lager gesucht.
Auch am folgenden Morgen als die Buffetdame wieder auf ihrem alltäglichen Platze erschien, hörte man in ihrer Gegenwart kein anzügliches Wort. Umsomehr wurde dagegen hinter ihrem Rücken geflüstert, und gedeutelt. Amalie bemerkte es wohl. Sie nahm jedoch von Allem nicht die geringste Notiz.
Das Mädchen hatte nach der Begegnung mit Gottlob eine Nacht voll der furchtbarsten Aufregung durchlebt. Sie fühlte sich durch die bittersten Selbstvorwürfe, durch Scham und Reue gequält. Die erschreckende Szene im Walde hatte sie aus ihrer leichtsinnigen Betäubung aufgerüttelt und ihr den Abgrund, dem sie blindlings zutaumelte, in drohender Nähe gezeigt. Damit verband sich das schmerzliche Bewußtsein, daß jenes Glück, welches ihr einst als schönstes Lebensziel vorgeschwebl hatte, nun wohl für immer verscherzt war. Sie kannte Gottlob, seine biederen aber auch strengen Grundsätze, von denen sie sich nach dem Vorgefallenen das Schlimmste versah. Er hatte ihr Lebewohl gesagt und sie ahnte, daß es für sie keine Hoffnung mehr gab.
Hatte sie wirklich eine so rücksichtslose Behandlung verdient? War die Strafe für ihre Schuld nicht zu groß? Was hatte sie denn eigentlich gethan? Nichts anderes, als was ihr als zum guten Ton einer großen Stadt gehörig gerühmt worden war und was sie in hundertfachen Wiederholungen und Variationen tagtäglich vor ihren Augen sich abspiclen sah. Freilich kamen diese Entschuldigungen gegenüber den stummen Anklagen des Herzens nicht auf. Sie wußte, daß sie sich gegen den Verlobten schwer verfehlt hatte und daß die ihr auferlegte Buße nicht unverdient war.
Durch dieie Erkenntnis wurde während einer länger» Zeit ihr Verhalten gegen Graf und den Onkel bestimmt. Sie erfüllte ihre Pflichte» als aufmerksame Wirtin, duldete jedoch trotz aller Vorstellungen und Manöver von Seiten der Beiden, keine Vertraulichkeit mehr.
So ging der Sommer vorüber und der Herbst zog ins Land. Amalie hatte sich immer noch mit der Hoffnung auf ihre Wiederannäherung Gottlob's getragen, wenn sie es sich auch nicht gestand. Sie wartete und wartete, aber der ehemalige Verlobte gab kein Lebenszeichen von sich. Wiederholt schon war Amalie im Begriff gestanden, an eine bekannte Person in der Heimat zu