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Urs. 44.
Dienstag, 18.
April! 1893.
29. latirgang.
Württemberg.
Stuttgart, 15. April. Der Besuch des Kaisers von Oesterreich am Stuttgarter Hof wird anfangs der dritten Maiwoche erwartet.
— Der frühere württembergische Kriegsminister v. Suckow ist heute Nacht in Baden- Baden gestorben.
Zuffenhausen, 14. April, lieber den Brand der Theerfabrik von W. Burck möge nach folgendes nachgetragen werden: In der Zeit von */s Stunde bildeten sämtliche Fabrikgelasse und durch Ausfließen von Oel- und Theerstoffen die nähere Umgebung ein einziges Flammenmeer, aus welchem weithin fichbare, turmhohe Feuersäulen wechselnd mit mächtigen dichten Rauchwolken emporstiegen. Die Feuerwehr hatte schwerste Arbeit. Zunächst galt es, das Wohngebäude zu retten, was der angestrengtesten Thätigkeck der töpfern Feuerwehrmänner gelang. Die Fabriklokale schienen von Anfang an verloren. Hunderte um die Fabrik lagernde, mit Thcer und ätherischen Oelen gefüllte Fässer, wovon erst mehrere Wagen vor wenigen Tagen am Lager einge- troffen, explodirten und der Inhalt floß brennend über Gärten und Wiesen dem Feuerbache zu, noch auf dem Wasser fortbrennend, so daß in Zuffenhausen selbst große Aufregung herrschte. Durch Eindämmen des Baches mit Pfählen, Brettern, Erdmaterial rc. und Ziehen von Gräben gelang cs jedoch, das Feuer auf eine morgengroße Fläche zu beschränken. Gegen 10 Uhr fachten starke Windstöße das anscheinend bekämpfte Element aufs Neue an. Von den Geschäftsräumen konnte nur das Magazinsgebäude gerettet werden. Der Schaden an Rohmaterialien beläuft sich auf 80—100000 Mk.; besonders auch die angrenzenden Obstgärten und Felder haben bedeutend Schaden gelitten. Versichert ist nur ein kleiner Teil. Tausende von Zuschauern aus Stuttgart und der näheren Umgegend hatten sich um die Brandstätte gesammelt. Die Abräumungsarbeiten sind durch fortwährendes Brennen der Stoffe erschwert und dürften noch mehrere Tage beanspruchen. (Am Nachmittag und Abend des Mittwoch konnte man im Vorbeifahren von der Bahn aus das Wiederaufflackern des Feuers und den immer noch anhaltenden Qualm beobachten. In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch sollen die Züge von Stuttgart nach Zuffenhausen von Neugierigen überfüllt gewesen sein. Der Feuerbach muhte aus seinem Bette verdrängt werden, weil der auf ihm schwimmende Thecr meterhoch brannte; gegen 60 Bäume sollen vom Feuer versenkt worden sein.)
Dürrmenz, 13. April. Dieser Tage wurde die elektrisch« Beleuchtung des Bahn
hofs einer wiederholten Probe unterzogen; sie dürfte nun in Bälde an Stelle des seitherigen Gaslichts treten.
Neuenbürg, 15. April. Dieser Tage wurde die Dienstmagd des Rößleswirt C. F. Stoll von Jgelsloch wegen dringenden Verdachts, als Zeugin zu Gunsten ihres Dienstherrn ln einem Forderungsprozeß wissentlich falsch ausgesagt zu haben, verhaftet. Da sie ihren Dienstherrn als Anstifter bezeichnte, wurde auch dessen Verhaftung verfügt. Als nun vergangenen Donnerstag zu dessen Festnahme geschritten werden sollte, ergriff er die Flucht in den Wald. Dortselbst verfolgte ihn die Landjägermannschaft einige Stunden lang, bis es gelang, ihn festzunehmen.
Gräfenhausen, 15. April. Durch die Landjägermannschast wurden dieser Tage zwei hiesige Goldschmiedslchrlinge unter der Beschuldigung, gemeinsam an einem Polisseu- senlehrmädchen zwischen hier und Neuenbürg ein Sitllichkeitsverbrechen verübt zu haben, verhaktet und ins Gefängnis nach Neuenbürg verbracht,
Enzthal, 15. April. Hr. Hauptmann Stimme! vom Feldartillerieregiment K. K. in Ulm erlegte am 12. April einen kapitalen Auerhahn im Revier Simmersfeld, Forst Neuenbürg.
Nagold, 13. April. Gestern Nacht wurde ein Rekrut zwischen hier und Emmingen vom Zug überfahren. Er wollte, als Sohn des Bahnwärters, auf dieser Strecke das Geleise zum Heimweg benützen. Der eigene Vater fand den gräßlich verstümmelten Körper beim letzten Kontrolgang.
Geislingen,«. St., 11. April. (Taufe, Konfirmation und Beerdigung an einem Tage in einer Familie.) In der Familie des Todengräbers Ott in Eybach fand am letzten Sonntag die Taufe des 13. Kindes statt, zugleich aber auch die Konfirmation des erst- gebornen Kindes und außerdem die Beerdigung eines seiner Kinder.
Rundschau.
Leipzig, 14. April. Wie das „Leipziger Tagebl." meldet, hat eine Gesellschaft patriotischer Bürger eine auf dem Schlachtfeld von 1813 gefundene Kanoenkugel künstlerisch zu einem Tintenfaß umgestalten und dem Fürsten Bismarck zu seinem 78. Geburtstag als Geschenk überreichen lassen.
Wiesbaden, 15. April. Dem Rhein. Kur. zufolge findet die Vermählung des Erbgroßherzogs von Luxemburg mit der Prinzessin Anna von Braganza anfangs Juni statt.
Berlin, 14. April. Es verlautet, Ahlwardt habe an die Uebergabe der Schriftstücke an den Präsidenten des Reichstags die Bedingung geknüpft, die Aktenstücke nur dann auf den Tisch des Hauses niederlegen zu wollen, falls der Antrag auf Einsetzung einer besonderen Kommission angenommen würde.
Präsident Levetzow erklärte darauf, daß er einer bedingungsweisen Ueberreichung der Aktenstücke nicht zustimmen könne und es Ahlwardt überlassen müsse, die Sache entweder in Form eines Antrags oder als Petition an das Haus zu richten. Ahlwardt packte hierauf seine Aktenstücke zusammen und begab sich zu Bebel, um die Unterschriften der Sozialdemokraten sür einen solchen Antrag zu erlangen.
Spandau, 14. April. Gestern Vormittag ist hier auf den Offiziersburschen Gustav Peschel ein Mordversuch verübt worden. Der Genannte, Soldat im 52. Infanterieregiment zu Crossen und zur Bedienung des Hauptmanns v. Loge, Unterdircktors der Ar- tillcriewcrkstätte, beordert, erhielt um die erwähnte Zeit den Besuch eines früheren Burschen seines Herrn, Namens Albert Wollschke, der früher ebenfalls im 52. Regiment gedient hatte und Bursche bei Hrn. v. Loge gewesen war. Vermutlich hatte Wollschke cs auf eine Beraubung des Hauptmanns selber abgesehen und suchte zunächst den Burschen aus dem Wege zu räumen, indem er demselben eine Schlinge um den Hals warf. Als Peschel sich heftig gegen die Erdrosselung wehrte, versetzte der Verbrecher ihm mit der Schärfe eines Beiles mehrere Schläge auf den Kopf, mußte aber, als auf Peschels Geschrei Hauptmann v. Loge herbeieilte, die Flucht ergreifen. Leider ist es bis jetzt noch nicht gelungen, des Mordgesellen habhaft zu werden. Derselbe arbeitete bis Februar in der Geschützgießerei und war seitdem ohne Beschäftigung. Die Verletzungen des Peschel sollen schwer, aber nicht lebensgefährlich sein.
Aus Eutin, 11. April, wird gemeldet: Durch durchgehende Pferde sind der Gastwirt Braasch von Uglci und die Frau des Weinhändlers Lahnstein aus Lübeck getötet, Herr Lahnstein schwer verletzt worden.
Aus Franken, 14 Apr. In seiner Vaterstadt Staffelstcin wird der daselbst 1492 geborene weltbekannte Rechenmeister Adam Riese nunmehr durch Ausstellung eines Standbildes geehrt. Die Büste, die auf eine geschliffene Granitunterlage zu stehen kommt, ist bereits von Prof. Henze in Dresden fertiggestellt.
Pest, 14. April. Veszpröm, eine der größeren blühenden Städte Ungarns, steht in Flammen. Es herrscht starker Wind. Alles flüchtet, um das Leben zu retten, Gut und Habe den Flammen preisgebend. Bis jetzt