heit, woran er seit dem Attentat vom Januar 1888 litt. Die Revolverkugel, die'auf der Rippe abprallte, hatte eine Herzkontusion her- beigeführt. Die erste Krisis trat in der Nacht zum Freitag ein. Zahlreiche Politiker begaben sich gestern Abend in das Sterbehaus und zeichneten sich in die Kondolenzliste ein. General Borus erschien im Auftrag Carnots, ferner erschienen Clcmeneeau und Floquet. Die Freunde Ferrys sind tief bewegt; der Vizepräsident des Senats Barboux wurde ohnmächtig.
Paris, 18. März. In den Wandel- gangen der Kammer wird einer der letzten Sätze der heutigen Rede von Barboux viel besprochen. Er soll lauten: „Wenn alle in den Panamaskandal verwickelten Leute vor Ihnen, meine Herren Geschworenen auf der Anklagebank säßen, würden Sie nicht wissen, wer sie künftig regieren sollte."
— Graf Reinach Cessac, Bruder des Barons Reinach, hat dem Untersuchungsausschüsse neue Papiere seines Bruders übergeben, die wichtige Einzelheiten enthalten. Die von Reinach an Herz gezahlte Summe beläuft sich auf mehr als 11 Millionen.
Brüssel, 15. März. Mehrere französische Geheimpolizisten hielten sich hier seit einigen Tagen auf, um Nachforschungen nach Anarchisten anzustcllen. Vorgestern verhafteten sie den Anarchisten Schoupp, gestern dessen Bruder. Bei der Haussuchung in deren Wohnung wurden 2 Höllenmaschinen und Waffen gefunden. Die Polizei soll dem Anarchisten Mathieu, dem Urheber der Explosion in dem Restaurant Very aus der Spur sein. Das Gericht hat die Gewißheit, daß diese Personen hier eine Verschwörung planen. Weitere Haussuchungen blieben resultatlos.
R o m, 17. März. Alle europäischen Souveräne und Staatsoberhäupter werden sich bei dem Feste der silbernen Hochzeit des ital. Königspaares vertreten lassen und zu diesem Behufe Mitglieder der betr. Regentenhäuser oder außerord. Botschafter nach Rom entsenden. Der Unterrichtsminister hat angeordnet, die Ausgrabungen zur Freilegung des Palastes der Cäsaren auf dem palatinischen Hügel derart zu beschleunigen, daß das deutsche Kaiserpaar in der Lage sei, zuerst die Prunksäle des ersten römischen Kaisers Augustus zu betreten.
Bern, 17. März. Der Nationalrat beschloß, den Bundesrat zur Einführung der mitteleuropäischen Zonenzeit für die Eisen bahnen sowie für Post- und Telegraphendienst zu ermächtigen.
London, 15. März. Daily News meldet aus Konstantinopel: Unruhen brachen aus in den Bezirken Cäsarea und Marsovom. Mehrere Kirchen der Armenier wurden aus- geplüniurt. Muhamcdaner töteten eine große Anzahl. Die Geschäfte stocken.
London, 17. März. Einer hiesigen Zeitungsmeldung zufolge, wird Rußland seinen Protest gegen Bulgarien nicht auf die Note beschränken. Der Czar soll geäußert haben: „Mein Vater befreite Bulgari n vom türkischen Joche, nicht damit es in die Hände der katholischen Dynastie der bourbonischen Orleans falle."
St. Petersburg, 15. März. In militärischen Kreisen spricht man hier davon, daß sich die Dinge in Zentralasien ernster zu gestaltrn drohen, und daß um Pamir und bei Afghanistan cs leicht zu Kämpfen kommen könnte, da die russische Regierung fest entschlossen ist, auf dem Pamirplateau das, was sie als ihr Besitztum betrachtet, mit der Waffe in der Hand zu verteidigen. Allerlei Kriegsmaterial
soll demnächst von hier abgehen, um das russische hatten, begünstigte man mit dem Ehrenbürger- Militär, welches verstärkt wird, reichlich mit l recht und einen Mann, der nun 25 Jahre'
Allem zu versehen. Leicht ist auch ein Vorstoß auf Herat möglich, den man von russischer Seite dort längst ausführen möchte, und der gar nicht als schwierig betrachtet wird. Jeden falls scheint sich in Zentralasien etwas zusammenzubrauen, worüber man hier jedoch noch nicht klar zu sehen vermag.
Newy ork, 17. März. Ungeheure Feuersbrünste zerstörten die Prairien in Kansas und richteten unermeßlichen Schaden an, da dem Brande viele Farmen zum Opfer fallen
Loyales.
X«Wildbad, 20. März. Der hiesige „Liederkranz" gab am gestrigen Sonntag seinen Mitgliedern im ganz neu und hochelegant hergerichteten Saale des Hötel Post, welches mit dem Auer'schen Gasglühiicht erstmals prächtig beleuchtet war, eine gelungene Abendunterhaltung. Eingeleitet durch C. M. v. Weber's Jubel-Ouverture für Klavier, folgten sowohl anerkennenswerte Leistungen des Chores, als auch Einzelvorträge und Singspiele meist heiterer Art. Von letzterem gefiel namentlich das Duett: „Die Blumenmädchen", welches von den beiden Fräulein Treiberin reizenden Kostümen vorgetragen wurde. Ferner sind noch die beiden Couplets: „O diese Weiber" und „Aus dem Aermel schütteln kann man's nicht" (gesungen von den HH. Spin g l er und Großmann) anzuführen, bei welch' letzterem die Elektricitäts- und Postbaufrage in humoristischer Weise zum Ergötzen der Zuhörer herhalten mußte. Mit zwei historischen Märschen für Klavier und Violine produzierten sich Frl. Fein und Herr Ed gar Fein. Ein komisches Duett: „Hans und Grete" wurde von Frl. Ruß und Hrn. Kr immelwie immer meisterhaft vorgetragen. Die größten Anforderungen an die Lachmuskeln stellten aber das komische Terzett: „Eine Ziviltrauung auf dem Lande", bei welchem die Herren Krimmel, Schill, Riexinger und Hammer nntwirkten. Die sämtlichen Aufführungen waren -von Herrn Direktor Ruß einstudiert und geleitet und können wir uns nicht versagen, demselben für den gelungenen Abend die gebührende Anerkennung auszusprechen.
18. März. Vielleicht inte- öch einige unserer ehrsamen Bürger, in diesem Monate 25 Jahre waren, nun l'/a Jahr in Ruhe stehender Herr Geh. Hofrat Do. V. RkttZ seine wirksame Thätizkeit in dieser Stadt begonnen hat. Wer von unfern „Alten" Wildbad vor 25 Jahren gekannt hat und es mit dem jetzigen Zustande vergleicht, der muß sagen, daß dieser Mann wirklich erstaunlich viel für unsere Stadt gethan hat. Ihm ist es gelungen unser Wildbad weit über die vaterländischen Grenzen hinaus berühmt zu machen. Nicht weniger als 24 Schriften, die er verfaßt, bezeugen dies. Aber sehen wir uns einmal in Wildbad selbst um. Der unermüdlichen und geradezu erfinderischen Aufmerksamkeit undThatkraft dieses Mannes haben wir die schönen Bauten des Karlsbades, der Trinkhalle u. s. w zu verdanken. Nehmen wir die vielen Schwierigkeiten in Betracht, unter welchen er diese gemeinnützigen Zwecke verfolgte, und wie er sich bemühte, Wildbad auf die Stufe der Bäder I. Ranges zu bringen, so ist
Jubiläum dieses Mannes hingehen ließ^ ihmvon „Oben" oder unten irgend erkennung zukommen zu lassen. ÄlkänZA, die nur wenig von ihrer Zeit Wichklad >Awidmet
sich für die Wohlfahrt unserer opfert hatte, läßt man so bei Sl
Unterhaltendes.
Dorf und Stadt.
Eine einfache Erzählungaus dem Lebe» v. M- B (Fortsetzung.)
„So sagst Du immer," entgegnete sie, „obgleich Du weißt, daß ich seine Zudringlichkeiten nicht dulden darf. Ich bin ja verlobt. O wäre ich doch in unserem stillen Dorfe geblieben," fügte sie seufzend hinzu. Ich wußte von all' den Herrlichkeiten und Freuden der großen Stadt nichts und doch war ich glücklicher, als hier!"
Der Inspektor hatte ihre Hand ergriffen. Er spielte mit dem goldenen Reif, welcher die weiche Rundung ihres weißen Armes umschloß. Sein Blick ruhte dabei auf einem Brillant« kreuzchen, das an einer glänzenden Kette über das blaue Sammtjäckchen bis auf die Brust herabhing. Ein höhnisches Grinsen zuckte um seinen Mund. „Sei nicht undankbar, Malchen," hielt er entgegen, „es ist Dir ja doch mit Deinem Schmollen nicht ernst. So gar unglücklich fühlst Du dich nicht. Es wäre auch eine Thorheit! Du bist an dem Platze, der Deiner Jugend und Schönheit gebührt. Die Welt liegt wie ein duftender Garten vor Dir. Du brauchst nur den Mund zu öffnen, und die schönsten Blumen werden Dir zu Füßen gelegt. Das bischen Arbeit, welches man Dir zumutet, ist ja eigentlich nur eine Form, die Du jeden Augenblick abstreifen kannst. Und Du magst an Dein schmutziges Dorf denken, wo ein Tag dem andern in tödtlicher Langeweile nachhinkt! Was wäre aus Dir geworden, hätte ich Dich nicht aus jener Wildnis hie- her verpflanzt. Ein freudloses verkümmertes Geschöpf und schließlich ein welkes Mütterlein, das vor der Zeit unter dem Druck der Sorgen des alltäglichen Lebens dieser schönen Welt Valet gesagt hätte. Hier dagegen wird Deiner Schönheit die verdiente Huldigung zu Theil und hier hast Du auch Gelegenheit, ein hübsches Sümmchen zurückzulegcn, womit sich dann später, wenn Du je Dänen Gottlob nicht aus dem Kopf bringen kannst, etwas vernünftiges ansangen läßt."
Die letzte Anspielung rief auf dem Antlitz Amaliens ein mattes Lächeln hervor.
„Das ist Alles wahr," entgegnete sie leise, „aber-"
„Grillen, kindische, kleinliche Grillen," fiel ihr der Onkel heftig ins Wort, „die ein so klarer und kluger Kopf wie der Deinige einfach über Bord werfen muß. Ich weiß, was Du sagen willst, Deine Freiheit sei durch das Verhältnis zu Gottlob beschränkt. Unsinn! So denkt man auf dem Land. In den aufgeklärten und fortgeschrittenen Städten, kommen die vernünftigen Leute über derartige alberne Bedenken schon lange hinweg, was schadet es denn, wenn Du Deine herrliche Jugend genießest und dann und wann auch jnen Anoern durch ein freundliches Lächeln eglückst? In allen Ehren natürlich, das versteht sich von selbst. Zum Kopfhängen,
doch vor der übrigen Welt ein Armuts-Ze:
nis, daß wir Wildbader das 25jährige H-nst-fSeufzen und Sorgen ist es noch Zeit genug.
wenn Du einmal verheiratet bist."
Er schwieg und heftete seine Augen lauernd auf die Nachbarin, deren Mienenspiel eine heftige innere Bewegung verrieth. „Du