Ein moderner Bankerott ist der Zu­sammenbruch der Webern von Oskar Kenner in Schleusingen. Die Gläubiger erhal­ten nicht ganz 1 Prozent ausbezahlt. 300 000 Mark gehen verloren.

Wien, 2. März. Hier wurde der baye­rische Kämmerer Baron Karl Wilhelm Gump- penberg wegen mehrfacher Betrügereien ver­haftet, ebenso die in seiner Begleitung befind­liche Margarete Merkl.

Aus Pest, 1. März wird gemeldet: Die Donau hat von der Stadt Mohacs einen Teil unter Wasser gesetzt und mehrere Gemeinden überschwemmt. In Vogyiszlo sind über 200 Häuser eingestürzt. Infolge der Eisstauung aus der Bega haben die Bauern die Dämme durchbrochen, wodurch 40 000 Joch unter Wasser gesetzt worden sind.

Paris, 28. Febr. Die Stürme der letzten Tage haben viele Unfälle an der fran­zösischen Küste herbeigeführt. Die Bevölker­ung des kleinen Hafens Royan besonders ist in großer Bestürzung: 5 Fischerboote sind mit ihrer ganzen Bemannung verloren ge­gangen. Man zählt 20 Ertrunkene, von welchen 17 verheiratet waren und 30 Waisen hinterlassen.

Paris, 3. März. Die Journale mel­den gerüchtweise die Verhaftung Arton's in Wien.

Figaro" gibt heute eine von zahlrei­chen Lichtbildern begleitete Ucbersicht der gegen­wärtigen Verhältnisse der Panama-Landenge und kommt zum Schluß, daß Arbeiten und Vorräte heute höchstens 300 Millionen, wahr­scheinlich sehr viel weniger wert seien, daß höchstens ein Viertel, und zwar das leichteste der Arbeiten gethan sei, daß die Vollendung selbst eines Schleusen-Kanals mindestens noch 1050 Millionen kosten und dieser Aufwand sich höchstens mit 5 Prozent verzinsen, für das frühere Geld aber nichts mehr übrig blei­ben würde.

In politischen Kreisen wird eine neue Ministerkrisis befürchtet wegen der Enthüllun­gen desFigaros" und des Zwischenfalles Barboux.

.Aus Lille wird berichtet: In der Ort­schaft Pont Audemer wurden zwei reiche Rent- nerinncn Namens Lefevre und Lefranc er­mordet und beraubt. Die Mörder raubten 164 000 Fr. in Wertpapieren.

Bukarest, 1. März. Hier sind 150 Briefträger verhaftet worden, die eins wohl­organisierte Diebesbande bildeten, welche die Beraubung von Postsendungen jeder Art zu ihrer Spezialität gemacht hatte.

Aus Konstantinopel schreibt man der Pol. Korr., daß das Feuer, welches kürzlich in Kadiköi (auf dem dem asiatischen Ufer des Bosporus, gegenüber von Stambul) ausge­brochen war, 240 Häuser und 60 Verkaufs­läden zerstört hat. Dadurch sind über 1000 Personen (Türken, Armenier und Griechen) obdachlos geworden. Wie immer bei großen Unglücksfällen hat der Sultan sofort Befehl zur Einleitung einer wirksamen Hilfeleistung erteilt und hat zu diesem Zwecke 500 türkische Pfund aus seiner Privatkasse angewiesen. Auch hat der Sultan Auftrag gegeben, ihm eine Liste der verunglückten Personen vorzulegen.

New york, 2. März. DerHerald" meldet aus Guatemala: Das Thal des Cam- pidan ist überschwemmt. Sechs Dörfer sind zerstört, gegen 100 Personen sind umgckommen.

Newyork, 3. März. Der neue Präsi­dent Cleveland verließ Lakewood gestern mit­tag und traf abends 6*/, Uhr in Washington «in, wo er enthusiastisch empfangen wurde.

Unki-HMndes.

Dorf und Stadt.

Eine einfache Erzählung aus dem Leben v. M. B (Fortsetzung.)

Diese Entdeckung machte der welterfah­rene Herr Arnold, ehe eine Viertelstunde verging. Er sah aber auch, daß der Bursche dem Mädchen nicht weniger als gleichgiltig war, und gewann überdies die Ueberzeugung, daß das schöne Herzensbüudnis sich unter dem stillschweigenden Segenswünsche der Matrone vollzog. Durch diese Wahrnehm­ung wurde er den Leutchen noch näher ge­bracht. Das trauliche Verhältnis heimelte ihn an. Auch er nannte eine prächtige Familie sein eigen: eine treue Gattin, herzige Kinder, die ihn jedesmal, wenn er von seinen vielen Reisen heimkehrte, mit offenen Armen u nd jubelnden Herzen empfingen. In der angeneh­men Unterhaltung mit de» Leuten verging ihm die Zeit so rasch, daß er gar nicht bemeikte, wie allmälig die Dunkelheit hereinbrach und ein Stern um den andern am Himmel er­schien. Er bat nochmals um ein Lied, und ohne Ziererei entsprach das Paar seinem Wunsch. Mächtiger noch als bet seiner Ankunft, fühlte Arnold sich durch die einfach lieblichen Weisen ergriffen. Sie machten einen tieferen Eindruck auf ihn als der Ge­sang mancher gefeierten Künstlerin, dem er im strahlenden Opernhaus gelauscht hatte.

Durch den Klang der Abendglocke wurde ihm die vorgerückte Stunde zum Bewußtsein gebracht. Er stand auf. Auf seine Bemerk­ung, daß es wohl am besten sein werde, ein Gefährt nach Frcudenstadt zu nehmen, erhob auch Gottlob sich sofort und bot seine Dienst­leistung an, die dem Herrn im höchsten Grade willkommen erschien. Er verabschiedete sich von der Witwe und dem Mädchen, dankte ihnen für ihre Freundlichkeit und schritt mit Gottlob dem Wirtshause zu.

Während Arnold hier zu Nacht speiste, sorgte der Bursche für das bestellte Fuhr­werk und schwang sich eine halbe Stunde später, Peitsche und Zügel in der Hand haltend, selbst auf den Bock. Der Herr stieg in den Wagen, und dieser rollte, von dem mutigen Gespann gezogen, an de» im Dunkel ruhenden Häusern vorbei.

Unterwegs knüpfte Arnold mit dem Burschen das unterbrochene Gespräch wieder an. Er fand mehr und mehr einen gediegenen, kernhaften und entschiedenen Charakter in ihm. Der Bursche war auch nicht auf de» Kopf gefallen und bekundete bei aller Weich­heit und Tiefe des Gemüts eine so praktische und klare Lebensanschaunng, daß der ge­wandte Weltmann darüber fast in Er'iauuen geriet.

Das Ziel war bald erreicht. Arnold stieg aus und Gottlob fuhr, ohne sich lange aufzuhalten, wieder nach dem Dorfe zurück.

Der folgende Morgen versprach wieder einen herrlichen Tag. Vom Schimmer des aus einem Bett von rosenfarbenen Wölkchen sich erhebenden Tagesgestirns verklärt, grüßten die bewaldeten Höhen zu dem schönen Schwarz­waldhotel herüber, auf dessen Terrasse Arnold sich schon frühzeitig mit langsamen Schritten erging. Die meisten Kurgäste hatten sich bereits nach allen Winden zerstreut. Die wenigen zurückgebliebenen lagen noch tief in den Federn. Er befand sich in dem idyllischen .Plätzchen mit seiner unvergleichlichen Rund- s schau auf da- prächtige Panorama allein.

Ein Kellner brachte den Kaffee: Gleich nachher trat auch der aufmerksame Wirt auf die Terafse heraus. Ein ungewöhnlicher Ernst lag auf dessen Gesicht. Er näherte sich dem Gast.

Sie haben mir gestern," begann er nach einem höflichen Gruße,von Ihrem Besuche in Thalheim erzählt und dabei in anerkennender Weise der Lehrerswitwe Zer- wrck gedacht. Leider ist das von Ihnen entworfene schöne Familienbilvl in der traurigsten Weise zerstört worden. Die Witwe wurde heute Nacht vom Schlage gerührt."

Arnold sprang auf. Der Ausdruck des Schreckens lag auf seinem Gesicht.

Vom Schlage gerührt?" wiedecholte er.

Soeben hat der Postbote die Nachricht gebracht," erklärte der Wirt.Etwas vor zwölf Uhr wurde der Pfarrer zu der Kranken geholt. Als dieser das Hänschen erreichte, war schon alles vorüber. Der Tod scheint bei der armen Frau fast augenblicklich ein- getreten zu sein. Mich dauert das brave Mädchen, es steht nun ganz allein auf der Welt."

Arnold durchschritt in großer Aufregung den Raum. Ec dachte an die Unierhaltung des vergangenen Abends, an das stille Glück der guten Leutchen, mit denen er auf so eigenartige Weise zusammengetroffen und durch deren anmuthende Zutraulichkeit ein nachhaltiger Eindruck auf ihn gemacht worden war. Nun hakte der Tod mit seiner uner« bi tlichen Hand auf einmal alle Pläne und Hoffnungen für die Zukunft zerstört. Während Arnold noch seinen peinlichen Gedanken nach­hing, sprengte ein Reiter an der Terrasse vorüber, dem Bahnhofe zu. Er erkannte den Eiligen sofort. Es war Gottlob. Er erriet das Geschäft des Burschen.- Die Be­nachrichtigung der Verwandten von dem jähen Todesfall. Ein wehmütiges Lächeln spielte um Arnolds Mund. Welche Zuversicht, welche Hoffnungsfreude hatte vor wenigen Stunden noch ans de» Augen des Burschen geglüht und jetzt? Amalie stand, wie der Wirt soeben geäußert, allein. Daß sie außer dem Onkel in der Residenz nur arme Ver­wandte besitze, hatte er tags zuvor aus dem Munde der Witwe gehört. Was lag näher, als daß das verlassene Mädchen nunmehr die vorher schon angebotene Hilfe und Ver­mittlung des »ermöglichen Onkels annahm? Aber gerade in dieser Wendung erblickte Arnold für das Mädchen eine Gefahr, die ihm, je mehr er über die Sache nachdachle, um so größer erschien. Der Herr zählte unter jene selbstsüchtigen Lebemänner, denen der Genuß des Augenblicks als Daseinszweck gilt, und die lachenden Mundes ihr Ziel verfolgen, auch wenn der Weg dazu über zerstörte Existenzen und gebrochene Herzen wegzeht. Es wurde Arnold bei diesen Erwägungen ganz seltsam zu Mut. Er wußte selbst nicht warum er für die Waise und deren Verhältnis zu dem treu­herzigen Gottlob ein so hohes Interesse empfand. Sollte nicht er etwas thun? Er war ja mit Glücksgütern gesegnet und besaß überdies Verbindungen genug, an deren Hand er mit Leichtigkeit für das Mädchen eine geeignete Unterkunft fand! Er brachte diesen Gedanken nicht mehr an­dern Kopf. Derselbe herrschte auch noch vor als er mit dem Wirte zwei Tage später zur Beerdigung der Lehrerswitwe dem Dorfe zufuhr.

(Fortsetzung folgt.)