90

Irisches Licht nach dem Pauschaltarife mindestens auf dem gleichen Niveau halte, ja vielleicht noch billiger sei als dieses. Dadurch aber, daß das Gasglühlicht nur für große Licht­stärken (circa 50 Kerzen) hergestellt werden könne, eigne sich das­selbe nicht überall zur Verwendung, namentlich nicht in klei­nen Verhältnissen; dann habe es immer noch die Schatten­seiten der Gasbeleuchtung überhaupt an sich, es erhitze und verunreinige die Luft.

lleberdies sei die Elektrotechnik auch nicht müßig, ihr Licht immer mehr zu vervollkommnen und zu verbessern. Seit Er­findung dieses Lichtes seien mit demselben schon riesige Fortschritte gemacht worden und jeder Tag bringe neue Verbesserungen. So werde es u. A. voraussichtlich gelingen, kleinere Bogen­lampen (d. h. solche mit geringerer Lichtstärke) zu fabrizieren. Sein Resums über das Verhältnis des von ihm für Wildbad berechneten Preises des elektrischen Lichtes zum Gaspreise gehe also dahin, daß der Preis für 1625kerzige Glühlampen einem Gaspreise von circa 20 entspreche, der allerdings beim Auer'schen Glühlicht nur ca. 18 betrage.

Auch der Betrieb mit elektrischen Motoren sei ein außer­ordentlich billiger; derselbe betrage pro Pferdekraft und pro Stunde nur 10 Pfg.; es sei dies somit die billigste Betriebs­kraft, die es überhaupt geben könne. Namentlich wenn man noch in Betracht ziehe, daß der Elektromotor gar keiner War­tung und, wie er bereits hervorgehoben habe, höchst seltener Reparatur und äußerst sparsamer Schmierung (nur alle 14 Tage) bedürfe.

Es liege ihm ferne, die bürgerlichen Collegien in der Beschlußfassung in dieser wichtigen und ernsten Sache über­reden oder auch nur ermuntern zu wollen, seine Sache sei es nur gewesen, neben Feststellung der durch die Erbauung der Anlage erwachsenden Ausgaben als Sachverständiger die nötigen Aufklärungen über das ganze Projekt zu geben. Er sei gerne bereit, weitere etwaige aus dem Schoß der bürger­lichen Collegien an ihn gerichteten Anfragen über das Projekt zu beantworten und schließe hiermit seine Darlegung.

Stadtschultheiß Bätzner erteilte hierauf dem

Oberinspektor Ritter von Stuttgart

das Wort, welcher sich über das Projekt etwa folgendermaßen äußerte:

Er habe von Stadtschultheiß Bätzner das von v. Miller ausgearbeitete Projekt der Erbauung einer elektrischen Centrale für Wildbad mit dem Ersuchen zugestellt erhalten, dasselbe einer Durchsicht zu unterziehen. Er habe dies gethan und könne hier nur aussprechen, daß die Ausarbeitungen v. Millers sehr pünktliche, genaue und gewissenhafte seien. Im Wesent­lichen sei er mit denselben vollkommen einverstanden. Um des weiteren auf das Projekt einzugehen, empfehle er für Wildbad auch wie v. Miller die Anwendung des Gleichstrom- Systems. Da der Consum sehr wechsle, sei dieses unter An­wendung von Accumulatoren-Batterien wohl das richtige.

Einige in's Einzelne gehende Fragen möchte er sich aber hier­bei noch erlauben.

1. Ob sich bei der Aufnahme des der Rentabilitätsberech­nung zu Grunde gelegten, anzunehmenden Consums die Ab­nehmer durch Unterschrift verpflichtet hätten. Wenn dies nicht geschehen sei, so seien diese Anmeldungen des Consums mittelst unterschriftlicher Verpflichtung baldigst zu realisieren, da die Stadt sonst Gefahr laufe, auf die von v. Miller berechnete Rentabilität verzichten und 12 Jahre mit einer Unterbilanz rechnen zu müssen. Ob dies zu befürchten sei, könnten natür­lich die bürgerl. Collegien besser beurteilen. Dann wisse er nicht, ob das elektrische Licht bei dem veranschlagten Preise auch mit dem Petroleum konkurieren könne, da dies immer noch etwas billiger sei. Bei dem Vorzug des elektrischen Lichtes namentlich in hygienischer Hinsicht bezweifle er seine Concurrenzfähiqkeit mit dem Petroleum zwar nicht, nament­lich mit Rücksicht auf die Eigenschaft Wildbads als Fremden- und Kurort.

2. Wem die zur Verwendung in Aussicht genommene

Wasserkraft gehöre ein Posten zum Ankauf derselben fehle im v. Miller'schen Voranschlag und ob die Wasserkraft der Enz so constant sei, daß trotz Anwendung von Accumulatoren überhaupt daran gedacht werden könne, ohne Dampfreserve auszukommen. Eisgänge, Hochwasser und andere Zufälle seien hier zu beachten. Soviel er den Enzfluß kenne, glaube er dies nicht und empfehle die baldige Anschaffung der Re- serve-Locomöbile. Mit der v. Millerschen projektierten maschi­nellen Anlage sei er im klebrigen einverstanden. Dagegen glaube er, daß die Betriebskosten für Gehälter zu gering an­gesetzt seien. Den Posten für den Betriebsleiter (Elekrotechniker- Jngenieur) mit 1808. für den ersten und 2400.

für den zweiten Ausban halte er für zu gering; er empfehle ^ 2400., »F 3000; denn wenn die Leute ordentlich be­zahlt seien, könne man von ihnen auch mehr verlangen. Eine

3. Frage sei es, ob mit Benützung der in Vorschlag ge­brachten Wasserkraft keine Wässerungsrechte abzulösen seien; auch hierfür finde er im Voranschlag keinen Posten ausgesetzt.

Des Weiteren möchte er noch bemerken, daß, wenn er auch den Modus der Abrechnung für das elektrische Licht nach dem Pauschal-Tarif wegen seiner großen Einfachheit für empfehlenswert halte, er doch glaube, daß sich der­selbe fbei Groß-Consumenten, z. B. Hotels rc. nicht eigne; hier rentiere es sich, einen Messer aufzustellen. Der Betrieb und Consum der hiesigen großen Hotels sei als der von Som­mer-Hotels ein so wechselnder und je nach Ausfall einer Bade- Saison verschiedener, daß hier die Berechnung nach einem Pauschal-Tarif wohl nicht angehe.

Im klebrigen trage er gar kein Bedenken, der Stadtge­meinde die Ausführung des Projektes zu empfehlen, zumal, da der Gaspreis hier bisher ein so hoher gewesen und das Verhältniß mit der Gasfabrik ja nächstens zur Erledigung komme.

Wochen-Rimdschau.

Die Finanzkommission der württember - gischen Kammer der Abgeordneten, welche gegenwärtig w Stuttgart versammelt ist, hat mit großer Mehrheit die Exigenz für den Gesandtschaftsposten in München und mit Stimmengleichheit auch diejenige für den Ge- saiidtschaftsposten in Wien genehmigt. Wenn bezüglich des württembergischen Gesandtschafts'- posten in Wien in einer Korrespondenz der Kölnischen Zeitung" aus Württemberg die Hoffnung ausgesprochen wird, daß das Kammer­plenum die fragliche Etatsposition streichen werde, so erscheint diese Hoffnung als unbe­gründet. Wenn man freilich ausrechnet, was die württembergische Gesandtschaft in Wien seit dem Jahr 1873 dem Lande ge­kostet hat, so erscheint die Summe allerdings hoch; man darf aber andererseits auch nicht vergessen, daß die Gesandtschaft für die zahl­reichen Württemberger in Oesterreich sich von hohem Werte erwiesen hat und wohl auch' künftig erweisen wird. Dazu kommen jetzt diel nahen Beziehungen des Stuttgarter und des Wiener Hofes durch die Heirat unseres prä-'

sumtiven Thronfolgers, des Herzogs Albrecht mit der Erzherzogin Margarete. Der Kaiser von Oesterreich, welcher dieses Frühjahr einen Besuch in Stuttgart abstatten will, wäre gewiß auch nicht angenehm berührt, wenn die württembergische Gesandtschaft in Wien jetzt aufgehoben würde. Der württembergische Landtag soll neueren Meldungen zufolge Mitte März wieder zusammentreten. Die Katholiken Württembergs haben letzten Sonntag die Feier des 50jährigen Bischofs­jubiläums des Papstes in ebenso glänzender als würdiger Weise gefeiert. Zu der Papst­feier in Stuttgart waren die Herzöge Albrecht von Württemberg und Wilhelm von Urach, nebst Gemahlinnen, sowie die beiden katholischen Minister Freiherr von Mittnacht und von Schmid erschienen. Es ist nicht unbemerkt geblieben, daß bei diesen Papstfeiern allenthalben auch auf den Kaiser und unfern König Toaste ausgebracht wurden. Der Ausbruch der Ge­nickstarre in der Stuttgarter Ulanenkaserne erregt insofern Besorgnisse, als diese Krankheit ansteckend aufzutreten scheint, weßhalb bekannt­lich eine Kaserne in Karlsruhe aus gleichem Anlaß vollständig geräumt werden mußte.! Bisher ist ein Ulan der Krankheit zum Opfer 1

gefallen und zwei sind daran erkrankt, bis jetzt ohne rötlichen Ausgang. Es wird, falls weitere Erkrankungen Vorkommen sollten, kaum etwas anderes übrig bleiben, als das Beispiel der Karlsruher Militärbehörden nachzuahmen und das Stuttgarter lllanenregiment für einige Zeit anderwärts untcrzubringen. An Räum­lichkeiten fehlt es ja bei uns in Württemberg nicht. Ohnehin bewerben sich schon einzelne Städte um Garnisonen anläßlich der Vermehr­ung unseres stehenden Heeres. Ganz in der Nähe von Rottweil steht z. B. das ehemalige Kloster Rottenmünster in bestem baulichen Zustande vollständig leer; auch die Stadt Eßlingen wünscht seit langem eine Garnison, ebenso Biberach u. s. w. Ehingen hat heute noch eine große Kaserne aus dem Anfang dieses Jahrhunderts, die leicht wieder herge­richtet werden könnte. Eine Garnison in Rottweil dürfte sich schon ans strategischen Gründen empfehlen, nachdem das Reich eine strategische Bahn von dem benachbarten Tutt­lingen über Beuron nach Sigmaringen gebaut hat.

Im deutschen Reichstag stand die Not­lage der Landwirtschaft 4 Tage lang zur Diskussion. Die sogenannten Agrarier hinter

i