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Bremen, 18. Febr. Die Polizei verhaftete drei Mitglieder eines Schwindelunternehmens, die unter der fingiert n Firma „Einkaufsverein Bremer Buttergrossisten"«die Molkereien in der Umgegend prellten.
Grünberg i. Schl., 16. Febr. Im nahen Nittritz erschoß heute Nacht aus Eifersucht ein 26jähriger Müllermeister seine 19- jährige Ehefrau und sich selbst.
Wien, 18. Febr. Anläßlich des bevorstehenden Jubiläums des Papstes veranstaltete die Erzbrüderschaft vom Erzengel Michael im großen Saal des Musikvereins eine glänzende Festfeier, welcher Erzherzogin Maria Theresia, die Minister Schöuborg und Jalkenhryn, viele Mitglieder des Hochadels u. s. w. beiwohnten. Die bei diesem Fest gehaltenen Reden eiferten gegen den Liberalismus, feierten den Papst als allein fähig zur Lösung der sozialen Frage und verlangte Freiheit für die Kirche und deren Oberhaupt. Kardinal Gruscha nannte den Papst den Petrus des 19. Jahrhunderts und drückte den Wunsch nach Wiederherstellung der vollen Freiheit und Unabhänigigkeit des Papstes aus. Der Schluß der Feier bildete die Eriheilung des päpstlichen Segens, welchen Staatssekretär Rampolla telegraphisch übermittelt hatte.
Aus Triest, wird der „Wiener Pr." telegraphirt: „Eine Depesche aus Salonichi meldet, daß die Insel Samothrake durch Erdbeben gänzlich verwüstet worden sei. Bereits am 11. haben die Erdstöße begonnen, welche an Zahl und Kraft stets Zunahmen und am 13. zur Katastrofe führten. Die Verwüstung wird als eine grenzenlose geschildert In Kastro sei kein Haus unbeschädigt, der größte Teil der Gebäude sei gänzlich zerstört. Es seien auch zahlreich« Opfer an Menschenleben zu beklagen. 6000 Menschen lagern im Freien. Auch auf den andern nächstgelegenen Inseln wurden Erdstöße verspürt."
Amsterdam,18. Febr. Nach Beendigung eines großen Meetings im Parkgarten, wo der auch in Deutschland bekannte Sozialist van Kol eine Rede über die Abschaffung des Privateigenthums hielt, zog ein sozialistischer Volkshaufen singend durch die Straßen. Obgleich die Polizei wiederholt angriff, gelang es ihr nicht, den Haufen zu zerstreuen. Erst nach Mitternacht ward die Ruhe wiederhergestellt.
Brüssel, 17. Febr. Die Gräfin von Flandern setzt für Herbeischaffung des ihr gestohlenen Schmuckes 1 Mell. Frcs. Belohnung aus.
Bern, 17. Febr. Der Bundesrat beschloß heute die vorläufige Freilassung des Sozialdemokraten Köster, dessen Auslieferung von Deutschland gewünscht wird.
Aus Sofia, 14. Febr., meldet die „Pol. Korresp.": Der Ministerrat beglückwünschte telegrafisch den Prinzen Ferdinand, die Prinzessin Clementine, die Braut, Prinzessin Marie Luise von Parma u. deren Vater. Die aus allen Landesteilen Stambulow zukommenden Depe- scheu bezeugen die allseitig« hohe Befriedigung.
Athen, 17 Febr. Infolge eines Erdbebens stürzten auf der kleinen Insel Samotrake im griechischen Archipel 40 Häuser ein.
Aus Zante berichtet der Korrespondent der .Times" vom Sonntag: Um über die Ausdehnung des jüngsten Unglücks ein Urteil zu gewinnen, machte ich durch die von ihm betroffenen Dörfer im Zentrum der Insel einen Rundgang. Das fruchtbare und dicht bevölkerte Land zwischen der Hauptstadt und den Bergen des Innern bietet einen trostlosen Anblick dar. In dem großen Dorfe Maiterado find kaum ein Dutzend Häuser in bewohnbaren
Zustande übrig geblieben, während das Nachbardorf ein wahrer Trümmerhaufen ist. Auch in dm meisten andern Dörfern, die auf den ersten Blick weniger gelitten zu haben scheinen, erweisen sich bei genauer Prüfung die meisten Häuser als dem Einsturz nahe und unbewohnbar. Trotzdem sind die Bauern vielfach zu ihren gefährlichen Behausungen zurückgckehrt; andere wohnen in rasch aufgerichteten Hütten; nur wenige Familien haben in je einem Dorfe von dem NettungSkomite Zelte erhalten. Das kalte, regnerische Wetter, das bis Samstag geherrscht und die Not erhöht hatte, ist Hellem, warmem Sonnenschein gewichen.
Aus Paris, 15. Febr., wird berichtet: Gestern Morgen um 8 Uhr fanden zwei Arbeiter vor einem Gasthof der Rue Fabert ein Körbchen. In demselben lag eine in blutiges Leinenzeug eingewickelte Hand. Die Leute brachten ihren Fund zum Polizeikommissar, der sofort eine Untersuchung anstellte, die aber bis jetzt ohne Ergebnis blieb. Die Hand ist fein und klein und scheint einer Frau angehört zu haben.
Monte Carlo. Eine junge Witwe, die 200,000 Frcs. binnen 2 Stunden verlor, erschoß sich aus Scham vor ihren Verwandten. Sie stammte aus einer sehr bekannten italienischen Familie. — Ein junger Russe, welcher in einer Nacht 428,000 Franken verlor, hat sich ebenfalls erschossen.
Madrid, 17, Febr. In Malaga hat ein Cyklon schwere Verwüstungen angerichtet. Ein unbekannter Dreimaster mit der gesamten Mannschaft ist angesichts der Küste untergegangen und mehrere Häuser sind eingestürzt 3 Personen wurden getötet, 11 verwundet.
Petersburg, 16 Febr. Amerika unterstützt fortdauernd die nothleidenden Provinzen Rußlands; neuerdings gingen wieder 50,000 Rubel ein.
Newyork, 16. Febr. Ein Wirbclsturm vernichtete einen großen Teil der japanischen Fischerflotte. Im chinesischen Meere sind über 100 Fahrzeuge untergegangen. Einige 800 Fischer sind umgekommen.
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Unschuldig!
Eine Waidmanns-Erzählung von H. Roüolsky.
(Fortsetzung und Schluß.)
Breitschilds Gehülfe gewann erst allmälig die Fassung wieder. Das vor seinen Augen geschehene'Unglück hatte ihn vollständig sinnlos gemacht. „Sind Sie denn verletzt, Meister?" rief er endlich laut. Niemand antwoitete. Nur oben in den Wipfeln der Forstrecken rauschte die Waldharfe ihre schwermütigen Akkorde.
Zuletzt faßte sich der Bursche doch ein Herz, und er durchbrach das Nadelgewirr des lang dahin gestreckten Baumes. Da, von einm starken Aste niedergehalten, lag sein Herr, das Gesicht der Moosdecke zugekehrt und rührte sich nicht.
„Ec wird doch nicht todt sein?" forschte der junge Mann, bang sich zu dem Bewußtlosen niederbeugend. Dann ergriff er die Arme des Verunglückten und versuchte den Körper unter dem Baume hervorzuziehen.
Dazu reichte indes die Kraft des jungen Waldarbeiters nicht aus. Das Gesicht Breitschilds hatte er jedoch glücklich auf die Seite gekehrt, so daß der Verletzte, falls noch Leben in ihm war, nicht Gefahr lief, zu ersticken. Dem Munde undder Nas e des GesetzesverLchters ent
quoll dunkles Blut. Vor den Augen sah man nur ein wenig Weißes.
Während der Bursche noch die verzweifeltsten Anstrengungen machte, seinen Arbeits» genossen zu befreien, fuhr in der Nähe ein Ackersmann vorüber, der Mergel auf sei» Land gebracht hatte.
Bald war der Dölfler von dem Geschehenen unterrichtet. Der vereinten Mühe der beiden Personen gelang es auch endlich, den an den Boden gepreßten Menschen frei zu machen. Aber alle Austrengungen, de» Verunglückten wieder zu sich zu bringen, schlugen fehl. Zuletzt wurde der leblose Körper auf den Wagen geladen, und in vollem Jagen gings dem Dorfe zu.
Zufällig befand sich ein Arzt aus der nahen Stadt im Orte. Dieser wandte durchgreifende und energische Wiederlebuugsver- suche an, und wirklich schlug der Halbiodte endlich die Augen auf.
Vorsichtig flößte der Doktor dem Kranken etwas Wein ein. Unstät glotzte der Wilderer seine Umgebung an. Jetzt schien er sich zu besinnen, was mit ihm vorgegangen war. „Ich fühle, daß ich sterben muß!" flüsterte er und ergriff die Hand des Arztes. „Lassen Sie schnell den Ortsvorsteher holen."
Ein gerade anwesender Knabe eilte davon und brachte den Dorfbeamten gleich mit.
„Gut, gut!" stöhnte der Holzschläger, als er den Citirten erblickte. „Alles . . . Alles will ich eingestehen!"
Es waren noch mehr Menschen in das Zimmer gekommen, die von dem Unglück gehört. Der Doktor richtete seinen Patienten in die Höhe und gab ihm wiederholt einen Schluck Wein.
In sichtbarer Seelenpein begann Breitschild langsam zu erzählen: „Grashof ist unschuldig! . > . Nun der Tod mich bereits gepackt, will ich's eingestehen, daß ich die Scheune aus Rache i» den Braud gesteckt habe!"
Ringsum wurde ein Murmeln des Erstaunens laut.
„Der Förster hat mich," fuhr der Abgemattete mühsam fort, „erst furchtbar verunstaltet und dann ins Gefängnis gebracht. Das konnte ich ihm nicht vergessen. Jenes Briefpapier, das scheinbar zum Anzünden der Holzhäufchen dienen sollte, entnahm die falsche Katze, die Marie, heimlich dem Taschenbuche ihres Herrn. Ich hab's nur ein wenig angebrannt und dann an Ort nnd Sielle niedergelegt, damit der ganze Verdacht sich auf meinen Todfeind lenkte! Ja, ich . . ich . ."
Ein neuer Blutstrahl entquoll dem Munde des Verbrechers. Sein abschreckend häßliches Gesickt verzerrte sich in furchtbarem Krampfe noch mehr. »Die Marie . . will nun doch . . einen andern freien!" schrie er auf» „Fluch . . über die Falsche!"
Der Elende sank zurück. Wild ballte er die Fäuste, während sich die Lippen lautlos bewegten. Dann durchzuckte es wieein elektrischer Strom den ganzen Körper. Noch einmal riß der Mann die Augen weit auf, um sie dann für immer zu schließen.
Aufmerksam beobachtete der Doktor jede Bewegung des Sterbcndeii. Forschend beugte er sich zu der Gestalt hernieder und legte seine Hand auf deren linke Brustseite. „Ec ist todt!" sprach er dann mit feierlichem Tone. „Hier hat der Himm-l das Ver- geltungSamt übernommen. Möge Gott ihm ein gnädiger Richter sein!"
Tief bewegt und schweigend verließen die Leute das Gemach. Der Ortsvorsteher