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durch dieOberfränkischeZtg." eine Bestätigung. Das Blatt schreibt, daß man beim Oeffncn einer Gruft den im Jahre 1878 beigesetzten Sarg geöffnet und den Deckel an der Seite liegend gefunden habe. Quer über Sarg und Deckel habe das Skelett gelegen. Die Staatsanwalt­schaft habe sich sofort der Angelegenheit be­mächtigt und eine Untersuchung angcordnet. Die als scheintodt beerdigte Dame war eine Frau v. Ammon.

Mainz, 11 . Febr. Die Festnehmung eines Bierfahrers, welcher aus dem unbe­wachten Kassenschrank einer hiesigen Brauerei, bei welcher er beschäftigt war, eine große Summe Geldes stahl, erregte einen großen Menschenauflauf. Der Dieb wehrte sich bei seiner durch Schutzleute und Gendarmen be­wirkten Verhaftung verzweifelt mit einem großen feststehenden Messer, so daß es erst nach vieler Mühe und großer Gefahr gelang, sich seiner Person zu bemächtigen und ihn in sicheren Gewahrsam zu bringen. Der ent­wendete Betrag wurde noch bei ihm vorge­funden.

Berlin, 12. Febr. Für den Ankauf eines großen Uebungsplatzes in der Rhein­provinz bewilligte die Budgetkommission des Reichstags 2 350 000 Mk. Baracken u. s. w. sollen daselbst gebaut werden zur Unterbring­ung größerer Truppenmengen, und zur Ver­minderung der Einquartierungslast.

Berlin, 12 . Febr. Die Erklärung des Staatssekretärs im Reichsamt des Innern von Bötticher, wonach die weiteren Ausführungs­bestimmungen über die Sonntagsfeier noch nicht zum 1. April, ja sogar schwerlich noch im Laufe dieses Jahres erfolgen würden, hat in weiten Kreisen der Handels- und Gewerbe­treibenden erfreulich gewirkt. Wie früher be­reits berichtet, sind die obersten Reichsbehörden und die preußische Regierung von den aus allen betreffenden Kreisen unv aus allen deut­schen Staaten in unglaublicher Menge einge­henden Bittschriften um Abstellung oder min­destens um Milderung der jetzigen Handhabung der Vorschriften über die Sonntagsruhe keines­wegs unberührt geblieben, sondern haben sich zur Abhilfe entschlossen. Man hat sich dabei leider der Wahrnehmung nicht verschließen können, daß durch den jetzigen Zustand Er- wcrbsschädigungen doch in einem größeren Umfange vorkamen, als man bisher annahm, und man hat es daher auch längst für nötig erachtet, eine Art Erhebungsverfahren zur Fest­stellung der vorhandenen Mißstände einzuleiten. Won Seiten der preußischen Negierung sind denn auch die Oberpräsidenten der Provinzen bereits zur Berichterstattung aufgeforvcrt wor­den, wie weit ein milderndes Verfahren ein- Ireten könne. Sobald die Berichte darüber eingegangen sein werden, sind weitere Schritte zu erwarten. Auf jeden Fall haben die jetzigen Vorgänge den Aufschub weiterer Erlasse über Ausführung der Sonntagsruhe vertagt, da man nicht erneut Vorschriften erlassen will, die man nach kurzer Zeit doch wieder ver­bessern oder zurücknchmen müßte.

Berlin, 13. Febr. Die Budgetkommis­sion des Reichstags erledigt heute dis einmaligen Ausgaben des außerord. preuß. Heeresetats. Sie bewilligte von den für die Beschaffung von Feldbahnmaterial geforderten 4 960 000 Mark nur 2 960 000 Mk. als erste Rate und von den zur Vervollständigung der wichtigeren Festungsanlagen geforderten 5 Mill. nur 2 ^/r M>ll. als zweite Rate auf das nächste Jahr.

Die zweite Beratung der Militärvor­lage wird, so nrmmt man in parlamentarischen Kreisen an, bei dem gegenwärtigen Standei der Arbeiten der Militärkommission und der ^

Etatsbcratung im Plenum erst nach Ostern stattfinden können.

Dessau, 11. Febr. Das Treibeis zer­drückte auf der Elbe am Kornhause zwei mit Zucker befrachtete Schiffe vollständig.

Hannover, 13. Febr. Gestern Nach­mittag um 2 Uhr trat ein Unbekannter in ein im belebtesten Stadtteil belegenes Uhrge­schäft ein und feuerte 3 Revolverschüsse auf den Geschäftsinhaber ab, der, obwohl erheb­lich verletzt, seinerseits einen Revolver hervor­zog und den Angreifer an der Stirn traf, so daß derselbe zusammenbrach.

Hamburg, 11. Febr. Heute Vormittag 102/4 Uhr brach Feuer in der E. A. Wriedschen Tabak-, Kaffee- und Surrogatfabrik zu Ottensen aus. Das Gebäude ist vollständig ausgebrannt. Der Schaden ist bei etwa 600,000 M. Ver­sicherung bedeutend.

Straßburg, i. E, 11. Febr. In Geb­weiler brannch die große Nogeltsche Fabrik ab. 500 bis 600 Arbeiter sind dadurch brotlos geworden.

Mühlhausen >. E., 11. Febr. Am letzten Dienstag, nachmittags, ritt der hier wohnhafte Reitlehrer und Pferdezureiter Brand mit einer dem Lieutenant Eschenhagen g höri- gen Fuchsstute aus, allein der Neitersmann ist sammt Pferd nicht mehr zurückgekehrt. Brand ist 30 Jahre alt, schlanker Statur, hat einen blonden Schnurrbart und trug bei seinem Aus­ritt lange Rohrstiefel. Etwaige Anhaltspunkte über Zeinen Verbleib wären der kaiserl. Poli­zeidirektion Mülhausen i. Elf. mitzuteilen.

Antwerpen Großes Aufsehen erregt hier das Verschwinden des Notars Lauwers, der im Geheimen unserer Stadt den Rücken wandte, nachdem er ihm anvertraute Gelder in Höhe von 5 600,000 Frcs. veruntreut hatte. Der sonst sehr einfach und sparsam lebende Mann soll an der Börse gespielt ha­ben und durch schwere hiebei erlittene Verluste zu dem Vergreifen an dem Gelds seiner Klien­ten getrieben worden sein. Lauwers, der sich bis dahin der allgemeinen Achtung erfreute und vor allem als das Muster eines braven Familienvaters galt war einer der ältesten Notare Antwerpens. Die Staatsbehörde fahn­det eifrig nach dem Flüchtlinge.

Paris, 11. Februar. Der jüngste Sohn Ferdinand von Lesseps, welcher im Sudan dient, mußte auf einem Marsch von den übrigen Truppen in einem Eingeborenendorf sterbend zurückgelassen werden.

Paris, 11 . Febr. I-a ssnsation cku jour oder äss jonrs, d. h. dasjenige Ereignis, welches neben Panama die letzten Tage über ganz Paris in Atem hielt, war der Prozeß Luna de San Pedro, die Verhandlungen gegen den spanischen Maler, der in einem Eifersuchtsanfall seine Frau und seine Schwie­germutter erschossen und seinen Schwager a»- geschossen hatte. Die französischen Blätter bringen spaltenlange Berichte über alle Einzel­heiten des Familiendramas, aber auch aus­wärtige, z. B.Times" undDaily Tele­graph" bringen lange Depeschen darüber. Die Geschworenen erklärten, wie dieTemps" mit­teilt, nach 3tägigen Verhandlungen den Maler für unschuldig. Mit dem Strafprozeß war gleichzeitig auch ein Zivilprozeß, eine Entschä­digungsklage der Familien der Ermordeten verbunden. Das Gericht sprach ihnen einen Franken zu.

Paris,13. Febr. Charles deLesseps erhielt, demFigaro" zufolge, die Erlaubnis, seinen Vater zu besuchen. Er begibt sich heute, unter Begleitung zweier Polizei-Agenten, nach l Schloß La Chesnaye und wird morgen in'S Gefängniß zurückkehren.

Die alte Synagoge in Rom ist, wie nunmehr gemeldet wird, vollständig abgebrannt. Der Schaden beträgt eine halbe Million Lire. Die ganze Synagoge war mit 800,000 Lire versichert. Das Archiv und der Synagogen­schatz im Werte von 8 Millionen sind gerettet.

London, 13. Febr. Meldung aus Ale­xandria: das zweite Bataillon des South- Lancashire-Regiments ist gestern hier einge­troffen und begab sich heute nach Kairo. Das Karnevalfest verläuft ohne Ruhestörungen.

Kairo 13. Febr. Dem Afrikaforscher vr. Peters, der sich auf der Rückreise nach Europa hier einige Zeit aufgehalten hat, ist heute das Unglück widerfahren, daß ihm auf einem Spazier­ritt von einem vor ihm gehenden Pferde durch Ausschlagen das Sch enbein erheblich verlezt worden ist. Voraussichtlich wird Vv. Peters hierdurch gezwungen sein, noch 1 bis 3 Monate seinen hiesigen Aufenthalt zu verlängern; ärztliche Hilfe war zur Hand. Das Schienbein soll gebrochen sein.

Unikrhalikndts.

Anschuldig!

Eine Waidmanns Erzählung von H. Rvbvlsktz.

(Fortsetzung)

Um den Mund des bedauernswerten Ge­fangenen zuckte es wie in schwerem Schmerze. Wie kann der Himmel es zugebcn, daß die Schlechtigkeit unbehindeit solch' einen Triumph feiert!" ächzte er und preßte beide Hände gegen die brennende Stirn.Ich bin unschuldig, so wahr die Sonne ihre Strahlen auf die Erde herniedersendet. Haben Sie Erbarmen mit mir und meinem armen Weibe, Herr Gerichtsrat I Diese un­gerechte Haft zehrt an meinem Lebensmarke, und wenn Sie mich noch länger im Gefäng­nisse behalten, bleibt mir nichts Anderes übrig, als dem elenden Dasein selber ein Ende zu machen."

Freveln Sie nicht, Herr Förster!" ver­mahnte der Jurist ernst. »Noch sind Sie nicht verurteilt! Ueber Ihre Schuld oder Nichtschnld wird das Geschworenengericht binnen Kmzem schon entscheiden."

Und wenn ich auch freigesprochen . . . wer nimmt den einmal auf mir ruhenden Makel zurück?" klagte der Unglückliche. Immer wird es heißen:Ja, er war schon mal der Brandstiftung beschuldigt! Zu seinem Glücke konnte man ihm die That nicht beweisen. Auf die Art kommt ja so Mancher los!""

Vernünftige Leute werden das nicht thun!" gab der Beamte milde zurück.Fassen Sie sich und geben Sie der Verzweiflung nicht Raum! Das Gericht hat Ihnen einen der besten Anwälte zum amtlichen Verteitiger bestellt. Sind Sie wirklich schuldlos, so werden Sie auch nicht verurteilt werden."

Grashof seufzte tief auf. Die wohl­meinenden Worte des Richters hatten ihn etwas beruhigt.

Jetzt klopfte es an die Thür, und auf das erfolgteHerein!" steckte der Castellan den Kopf in das Zimmer.

Was ist Ihr Begehr?" fragte der Ab­theilungschef kurz.

Herr Gerichtsrat," sagte der Alte be­wegt, die Frau Förster Grashof ist hier und bittet flehentlich, ihr doch eine Unter­redung mit ihrem Manne zu gestatten."

Der Gefangene horchte auf.

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