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Jubilar, welchem Redakteur Dr. W. Lang die Glückwünsche Aller aussprach, wofür der Gefeierte herzlich dankte. Um 10 Uhr brachte die Kapelle des 7. Jnf.-Reg. unter Leitung deS Musikdirektors Prem in dankbarer Würdigung der Verdienste des Jubilars um die Musik rin Ständchen dar.
— Se. Maj. der König hat dem Präsidenten des k. StaatsministeriumS, Staatsminister der ausw. Angelegenheiten, Ordenskanzler vr. Frhrn. von Mittnacht, die nachgesuchte Erlaubnis zur Annahme und Anlegung des von Sr. Maj. dem Kaiser von Oestreich, König von Ungarn ihm verliehenen Großkreuzes des St. Stefans ordens erteilt.
— Die Angelegenheit Essich - Haußmann beschäftigt noch immer das Tagesgespräch. Soviel man hört, hat Essich dem Abgeordneten von Balingen ein Säbelduell angetragen, was dieser aber abgelehnt hat. Bei dieser Gelegenheit sei bemerkt, daß auch Friedrich Haußmann und zwar ebenfalls von einem Reserveoffizier wegen eines Rencontre im Ballsaal gefordert wurde. Damals ist das Duell auch ausgefochten worden.
— Eine auswärtige Versicherungs-Gesellschaft bemüht sich bei der württembergischen Eisenbahn-Verwaltung um die Erlaubnis zur Aufstellung von Versicherungs-Automaten auf allen größeren Bahnhöfen und in den Wartesälen. Die Sache ist so gedacht, daß jeder Reisende sich durch den Einwurf eines Nickels auf eine bestimmte Strecke gegen Eisenbahn- unfälle versichern kann. — Als Entgegnung auf die Schrempf'sche Behauptung, daß Christus für ihn nur ein Mensch mit gewissen Schicksalen sei, hielt heute der Stadtdekan Weitbrecht einen Vortrag über die „Gottheit Christi."
— Der „Beobachter" schreibt: In der Römerschule zu Stuttgart ist eine Famulusstclle ausgeschrieben mit folgenden Gehaltstheilen: Besoldung 850 M., Reinigung, welch- der Betreffende mit einer Magd und seiner Frau selbst besorgen kann nnd nur ca. viermal im Jahre eine Beihilfe erheischt, 1230 M., Kaffen- manco 5 M., Aufsicht beim Baden der Schüler, welche in die Schul-, alsoAmtszeltdes Famulus fällt 200 M., in Summa 2285 M. nebst freiem Logis, freiem Holz und Licht! Der Gehalt der Lehrer der Römerschule (exkl. fre er Wohnung und staatlicher Zulage) bewegt sich aber zwischen ca. 12—1700 M. Diese Gegenüberstellung ist freilich sehr lehrreich.
— Auf der Chicago« Weltausstellung wird in der Abtheilung des deutschen Unterrichts- und Erziehungswesens auch Württemberg vertreten sein. Auf Veranlassung des Kultministeriums wird eine kleine Anzahl von Gelehrten- u. Reaschulen diese Abteilung beschicken und zwar mit Lehrplänen, Jahresberichten, schriftlichen Arbeiten und Zeichnungen der Schüler, Abiturientenarbeiten der letzten Prüfung, Verzeichnisse der Lehr- und Lernbücher, Lehrmittel rc. Die Gegenstände kommen Mitte Februar von hier aus zur Versendung.
Cannstatt, 1. Febr. Das Eis steht noch hoch aufgetürmt auf und neben dem Neckar zwischen Berg und Obertürkheim. Wenn lein großer Zufluß vom oberen Neckar her cin- greift, ist kaum abzusehen, wie Luft geschaffen werden kann. Die bis 4'/- Meter hohe Eismasse teilt da« Wasser, welches sich über die Wiesen ein neues Bett schafft.
Heilbronn, 31. Jan. Heute Abend setzte sich das Neckareis in Bewegung und trieb, ohne Schaden anzurichten, stromabwärts. An den Ufern des Flusses standen viele Hunderte von Personen, welche dem interessanten Schauspiel zusahen. Der Neckar ist stark angeschwollen.
— Der Gabelsberger Stenographen-Verein hielt vor einigen Tagen seine Vollversammlung. AuS dem Jahresbericht ist zu entnehmen, daß der Verein sich immer mehr aus- brcitet. Von seiner Rührigkeit zeugt, daß im verflossenen Jahr allein fast 200 Schüler unterrichtet wurden. Zum Vorstand wurde wieder der verdiente seitherige Leiter, Mittelschullehrer Deines, gewählt.
Besigheim, 31. Jan. Heute Mittag endlich ist es dem Neckar gelungen, sich aus dem Eisbann, in den ihn die strenge Kälte einen ganzen Monat lang geschlagen, zu be- befreicn. Dem herandrängendcn Schnee« und Regenwasser konnte das stellenweise schon morsch gewordene Eis nicht länger widerstehen; in gewaltigen Massen wurde es thalabwärts geführt oder über die Niederungen getrieben, wo es jetzt in oft glanzhellen fußdicken Tafeln aufgeschichtet liegt. Der Anblick war großartig, hatte aber durch das donnerähnliche Getöse etwas Unheimliches; doch hat sich das Ereignis glücklicherweise ohne besonderen Schaden vollzogen. Immerhin hat manches Fischlein sein Leben lassen müssen, auch zwei Hasen wurden so überrascht, daß sie sich nicht mehr auf's Trockene retten konnten und von den Eisschollen erdrückt wurden.
Calw, 1. Febr. Heute Mittag kam von Nagold die telegraphische Mitteilung hier an, daß Hochwasser mit Eisgang im Anzug sei. Von 2 Uhr an war ein rasches Steigen des Flußwassers bemerkbar; um 4 Uhr hatte dis Nagold ihren höchsten Stand erreicht, so daß ein großer Teil der Leder-, und Bischofstraße unter Wasser gesetzt war.' Die Fluten brachten eine Menge Eisschollen mit; um 4 Uhr kam auch hier das Eis in Bewegung. Es war ein schauerliches schönes Schauspiel; die Unmasse der sich drängenden mächtigen Eisschollen, die den Flußlauf vollständig ausfüllten und polternd an die Wasserbauten und Brücken anstießcn. Die Floßgassen an den beiden Stälin'schen Fabriken, an der Stall- und äußeren Mühle haben bedeutenden Schaden erlitten, viele Bäume wurden beschädigt. Die Thalwiesen und teilweise auch die Bischofstraße sind noch mit Eisschollen bis zu einer Dicke von 60 em bedeckt.
Lcutkirch, 31. Jan. Gestern ereignete sich in der benachbarten Amtsstadt Wur- zach ein bedauerlicher Unglücksfall. Ein 16 bis 17 Jahre alter Bursche im Hause des Malers Schlai machte sich zum Zeitvertreib an einem Zündhütchen zu schaffen und wollte die weiße Masse herausbohren. Plötzlich explodirte diese, riß dem jungen Menschen 3 Finger von der linken Hand weg und verletzte ihn sonst noch am Auge und im Gesicht. Allem nach war das unscheinbare Ding keine gewöhnliche Zündmasse, sondern wohl Dynamit oder ein ähnlicher Stoff.
Rundschau.
Pforzh eim, 30. Jan. Als der Kaiser in Straßburg war und die Garnison alarmierte, diente ihm ein Einjahrig-Freiwilliger des sächs. Jnf.-Rgts. Nr. 105 als Führer. Es war dies der Sohn des hiesigen Fabrikanten Kämmerer. An jenem Tage herrschte besonders kaltes Wetter. Der junge Mann, Zögling der hiesigen Kunstgcwerbeschule, war von dem Kaisertage an kränklich und ist an den Folgen einer Erkältung vorgestern gestorben. Die Beerdigung fand am Samstag unter außerordemlich zahlreicher Theilnahme statt, namentlich hat auch der Compagnie-Chef I durch eine liebevolle Ansprache seine Teilnahme
> bewiesen, auch zahlreiche Reserveoffiziere wohnten der Beerdigungsfeier bei.
Mannheim, 1. Febr. Heute Abend 5 Uhr hat sich das Neckareis in Bewegung gesetzt und ist unter lautem Getöse abgegangen, nachdem 1 Stunde vorher das Rheineis abgetrieben war. Das Neckarwasser fällt seitdem, und es kann die Hochwassergefahr als beseitigt gelten. Heute Mittag war das Wasser so stark gewachsen, daß zwischen Ladenburg und Neckarhausen die Felder und Wiesen volö ständig überschwemmt waren.
Aus dem bad. Oberland, 30. Jan. Zum Andenken an seine kürzlich verstorbene Gattin hat der Privatier Reinhard Blanken- horn in Müllheim der Stadt 30 000 Mk. geschenkt mit der Bestimmung, daß daraus ein städtisches Schwimmbad errichtet werden soll, das den Bewohnern Müllheims zur unentgeltlichen Benützung freisteht.
Nürnberg, 1. Febr. Der Aufsichtsrat der Pferdebahngesellschaft beschloß die Einführung des elektrischen Betriebs und übertrug die Ausführung der Anlagen an die Allgemeine deutsche Elektrizitätsgesellschaft in Berlin.
Berlin, 31. Jan. Bei der jüngsten Anwesenheit des russischen Thronfolgers am Kaiserhofe wurde, wie wir hören, der außerordentlich lebhafte nnd vertrauliche, sich auf stundenlange Unterhaltungen ohne Zeugen ausdehnende Verkehr der beiden hohen Herren viel bemerkt. Es machte den Eindruck, als ob sie in eingehendsten Unterredungen ihre Meinungen auch über die politische Weltlage ausgetanscht hätten und dabei zu weitgehender Übereinstimmung gekommen wären. Die über die ursprünglich festgesetzte Zeit hinaus verlängerte Anwesenheit des Thronfolgers, eine am Hochzeitsabend stattgehabte 2stündige tiefvertrauliche Unterhaltung der beiden hohen Herren, welche eine ungewöhnlich starke Verspätung des Thronfolgers bei einem Fest in der russischen Botschaft zur Folge hatte, ein etwa halbstündiges Gespräch am Bahnhof bei der Abfahrt des russischen Gastes bei vollständig zurückgezogenem Gefolge wurde als Anzeichen eines ungewöhnlich herzlichen, persöhnlichen und wohl auch politisch nicht bedeutungslosen Verkehrs der beiden Fürsten viel bemerkt.
Berlin, 31. Jan. Der Herzog von Ratibor, Präsident des Herrenhauses, ist gestern Abend auf Schloß Nauden in Schlesien gestorben.
Berlin, 1. Febr. Amtlich: Vom 30. Januar bis 1. Febr. mittags wurden gemeldet: In Nietleben seit 29. Jan. keine Neuerkrankung, 2 Todesfälle, in Trotha eine Erkrankung, in Kröllwitz 4 Erkrankungen, darunter eine tätlich; die aus Wettin gemeldete Erkrankung ist tätlich verlaufen; in Altona 3 Erkrankungen mit einem Todesfall; in Hamburg eine Erkrankung.
— In Bezug auf die Bestimmungen im Z 52 der Verkehrsordnung für die Eisenbahnen Deutschlands vom 15. Nov. 1892 hat der Bundesrat nachstehenden Beschluß gefaßt: „Für den inneren Verkehr auf den deutschen Eisenbahnen wird die Verwendung der bisherigen Frachtbrief-Formulare bis zum Ablauf des Monats Juni 1893 gestattet, sofern darin der Vordruck für die Deklaration der Gesammt- wertsumme ganz und in dem für die Deklaration des Interesses an der rechtzeitigen Lieferung bestimmten Vordruck das Wort „rechtzeitigen" vor dem Uebergang zur Beförderung gestrichen worden sind.
Erfurt, 31. Jan. 500 Marrk Belohnung hat eine hiesige Firma auf die Ergreifung