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Uro. 14.

Samstag, 4. Issbruarr 1893.

29. takngang.

Wochen-Run-schau.

Tie furchtbare Kälte im Monat Januar hat in den Weinbergen Württembergs ent­setzlichen Schaden angerichtet. Nach den bis jetzt angesiellten Untersuchungen sind von 100 Reben mindestens 80 total erfroren. Der Jammer unter unseren Weingärtnern ist um so größer, als das Rebenholz im vergangenen Herbst schöner ausgereift war als seit vielen Jahren und aus diesem Grunde einen reichen Herbst für das Jahr 1893 versprochen hatte. Nun sind nicht nur diese guten Aussichten für den kommenden Herbst, sondern auch die Hoffnungen unserer Winzer auf eine Reihe von Jahren vernichtet; denn die erfrorenen Rebstöcke müssen ausgehauen und-durch frische Setzlinge, welche zur Er- tragssähigkeit mehrere Jahre bedürfen, er­setzt werden. Unter diesen Umstände» er­scheint der den Landständen vorgelegte Ge­setzentwurf der Regierung über die Steuer­freiheit neubestockter Weinberge als doppelt zeitgemäß. Wie die Blätter übereinstimmend melden, hat der Abgeordnete Essich von Besigheim den Abgeordneten Konrad Hauß- manu von Ralingen zunächst anffordern lassen, seine schwerbeleidigenden Aeußerungen in den Kammersitzuiigen vom 10. und 20. Januar brieflich zurückzunehmen; Haußmann habe sich geweigert, dies z» thun, sei sodann von Essich auf Säbel gefordert worden und habe auch diese Forderung abgelehnt, die Ablehnung aber nicht etwa mit der Satis- saktionsfähigkeit Esstchs, sondern mit seiner eigenen Stellung als Volksvertreter begründet. Die gesellschaftliche Wirkung dieser Ablehnung wird für Herrn Haußmann nicht ausbleiben; aber auch in der Kammer selbst dürfte die Sache noch ein Nachspiel bekommen. Die württembergischen Gymnasien, Real- und Volksschulen werden sich nun auch an der Chicagoer Weltausstellung beteiligen. Scho» in den nächsten Tagen gehen Lehrmittel, Schülerhefte aller Art und Zeichnungen nach Chicago ab.

Der deutsche Reichstag beriet in der letzte» Woche über eine Reihe kleinerer Gesetzesvorlagen und Initiativanträgen ans dem Hause selbst. Unter letzteren ist namentlich der Antrag des konservativen Abgeordneten Ackermann hervorgehoben, welcher das Hau­sieren und Detailreisen, sowie die Veran­staltung von Wanderlagern bedeutend cin- schränken will, um den mittleren Kanfmans- und Gewerbestand, der durch jene Gewerbe im Umherziehen mit der Veuuchtung seiner Existenz bedroht wird, zu schützen. Glücklicher­weise hat sich diesmal kein Abgeordneter ge- gefunden, der wie s. Z. Eduard Lasker die

Hausierer die Zierden der Nation nannte. Eigentümlich muß es einen aber anmuten, wenn der Abgeordnete Strombeck zugunsten der 2000 Hausierer im Eichsfelde de» ganzen kaufmännische» und gewerblichen Mittelstand ruinieren lassen will, als ob man für eine arme Gebirgsbevölkerung keine andere Be­schäftigung bekommen könnte I Noch seltsamer klingt die Äußerung des Abgeordneten Holz­mann, welcher behauptete, es sei noch keine Petition von Konsumenten gegen die Hau­sierer beim Reichstag eingegangen. Nicht weniger als 28000 und einige Hunderl Konsumenten in Württemberg allein haben den Reichstag gebeten, für ein völliges Ver­bot des Hausierens mit Jndustrieerzeugnissen einzutreten. Diese Eingabe liegt schon seit 8 Tagen bei dem Reichstag und überdies hat jeder einzelne Reichstagsabgeordnete einen Abdruck jener Petition mit einem Begleit­schreiben erhalten. Die Militärkom­mission des Reichstags kann mit ihrer Arbeit nicht vorwärts kommen; wo der Fehler liegt, ist nicht recht ersichtlich. Neuer­dings setzte sich eine Unterkommission von 7 Mitgliedern ein, welche wahrscheinlich die Arbeit wieder von vorne beginnen wird. Im ganzen Reiche mehren sich inzwischen die Kundgebungen zugunsten der Militärvorlage bezw. deren unveränderten Annahme. Der deutsche Kaiser hat, wie die Berliner Blätter melden, mit dem russischen Thron­folger wiederholt stundenlang ohne Zeugen konferiert und es darf mit Sicherheit daraus gefolgert werden, daß es sich hiebei um politische Dinge gehandelt hat. Die hohen Herren scheinen dabei zu einer gewissen Ueber- einstimmung gelangt zu sein; sonst wären die Verhandlungen wahrscheinlich kürzer aus­gefallen und unser Kaiser würde dann auch nicht in so warmer Weise in seinem be­kannten Toast den russischen Zaren als einen Hort der Monarchie gefeiert haben. Hiefür dankte der Zar unserem Kaiser tele­graphisch und brieflich in herzlicher Weise. Für die Erhaltung des Friedens ist dieses Vorkommnis ein günstiges Zeichen, nur schade, daß die persönlichen Beziehungen der Höfe für die Fernhaltung von Kriegen nicht allein maßgebend sind.

Der österreichische Ministerpräsident hat nunmehr sein neues Regiernngsprogramm, mit dem er eine sichere Mehrheit im Reichs­rat zu gewinnen hofft, ausgearbeitet. Die dentschliderale Partei hat erklärt, sie sei m-t dem Programm im allgemeinen einverstanden, ida aber keine Garantie für dessen pünktliche j Durchführung gegeben sei, so können sie «auch der Mehrheitspartei sich nicht an- jschließen. Das kirchenpolitische Programm

des neuen ungarischen Ministeriums findet sogar in der regierungsfreundlichen liberalen Partei vielfachen Widerstand; drei Mitglieder der letzteren Partei sind bereits ausgetreten und einige weitere sollen diesem Beispiele folgen wollen, falls die Regierung eine Vor­lage über die Einführung der obligatorischen Zivilehe beim Landtag einbringen würde. Neuerdings heißt es indessen, die Verhand­lungen der ungarischen Regierung mit dem Papste lasten eine Vereinbarung erhoffen.

In Frankreich lautet die Losung: Panamaskandal und kein Endel Die Re­gierung scheint nicht abgeneigt zu sein, der rasenden See drei bis vier Parlamentarier zum Opfer zu bringen. Hicgegen aber pro­testierte die Rechte und die boulangistische Partei in der Deputiertenkammer so nach­drücklich, daß die Untersuchung immer weiter ausgedehnt werden muß. Präsident Carnot ist in einer schlimmen Lage. Von der einen Seite her bedroht ihn die Kammer und von der andern das Pariser Bankhaus Roth­schild, welches unter keinen Umständen dulden will, daß Rouvier, die Drahtpuppe in der Hand Rothschilds, vor Gericht gestellt werde. Carnot scheint Grund zu haben, die Droh­ungen Rothschilds zu fürchten und letzterer Umstand bringt die Antisemitenpartei in Frankreich erst recht auf die Beine. Die Zahl der letzteren Partei wächst ohnedies von Tag zu Tag um Hunderte, ja Tausende.

Das englische Parlament ist letzten Dienstag mit einer Thronrede eröffnet wor­den, welche die Beziehungen Englands zu den andern Mächten als freundschaftliche darstellt und zunächst die Einrichtung einer Homerule Bill für Irland verspricht. Es ist nun sehr bezeichnend, daß die irische Nationalpartei iw Amerika diese Bill als einen in Gesctzesform gekleideten leeres Wortschwall bezeichnet, wodurch die irischn Nation noch mehr erniedrigt würde als bise her. Die amerikanischen Iren schlagen des­halb ihreil in der Heimat gebliebene» Lands­leuten vor, neuerdings Vereinigungen zu gründen, um die völlige Freiheit Irlands noch vor Schluß des Jahrhunderts durch­zusetzen.

Württemberg.

Stuttgart, 30. Jan. Heute begeht die Redaktion des Schwäbischen Merkurs, des­sen gesamtes Personal, Freunde und Familie Elben, die deutsche Partei rc. die Feier des 70. Geburtsfestes des langjährigen Chefs des Blattes, Hrn. Dr. Otto Elben. Um 9 Uhr begaben sich das Redaksionspersonal und Ab­ordnungen sämtlicher Geschäftszweige zu dem