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gäbe. Eine Erhöhung der Landessteuer zur Deckung der Mehrausgaben sei jedoch notwendig. Die Ausarbeitung eines Steuerreformentwurfs werde möglichst beschleunigt und der Entwurf über die Verfassungsrevision hinsichtlich der besseren Zusammensetzung der Kammern werde noch dem gegenwärtigen Landtag vorgelegt werden. Außerdem werden Gesetzentwürfe an­gekündigt, betreffend die Herabsetzung der Malz­steuer, das landwirtschaftliche Nachbarrecht, das Wasserrecht und die Bestimmungen über Ent­lassung und Pensionirung dienstunfähig ge­wordener Körperschaftsbeamte.

Der Kriegsminister ist seit mehreren Tagen an Lungenentzündung nicht unbe­denklich erkrankt.

Gestorben: 12. Jan. zu Stuttgart Buchdruckerei-Besitzer Karl Strecker, langjähriger Faktor bei Hallberger, 64 Jahre alt.

In Schömberg O.-A. Neuenbürg fand am letzten Sonntag eine interessante Hochzeit statt. Es reichte gerade noch bis zur standes­amtlichen Trauung, als ein kleiner Weltbürger ankam. Erst als dieser da war, konnte der Pfarrer am Bette der Braut das hochzeitliche Paar zusammengeben.

Alten steig, 10. Jan. Ende voriger Woche wurde das Mast'sche Anwesen in Eb- hausen, bestehend in einer sehr bedeutenden Wasserkraft man spricht von 6080 Pfcrde- kräften, an eine Frankfurter Geschäftsfrrma verkauft um die Summe von 28000 Mk. Es soll nun ein größeres Bauholzgeschäft mit Sägerei daselbst errichtet werden. Das An­wesen d. h. die Gebäulichkeiten, sind nämlich vor ca. 5 Jahren total abgebrannt. Vor dem Brande waren die Gebäulichkeiten eine Woll­spinnerei. Die Gemeinde Ebhausen hätte es gerne gesehen, wenn das Mast'sche Anwesen zu einem größeren Fabrikbetrieb aufgckauft worden wäre, bei welchem die in dieser Gegend so leicht bekommenden Arbeitskräfte hätten Ver­wendung finden und Brot verdienen können.

Vaihingen a. E., 10. Jan. Gestern nachmittag nahm im benachbarten Ensingen Polizei-Inspektor Kern von Stuttgart ein lediges Frauenzimmer fest, das im Besitz einer Geld- und Wertssumme von über 20 000 Mk. war, über deren Erwerb es sich nicht ausweisen konnte. Deren Bräutigam, ein junger Gold­schmidt aus Pforzheim, hatte sich in den letzten Tagen in Stuttgart durch außerordentlich großen Eeldverbrauch bemerklich gemacht, daher die Polizei auf ihn aufmerksam wurde und ihn verhaftete. Bei seiner Vernehmung gab er an, daß er die noch bei ihm Vorgefundenen 1000 Mark und was er verbraucht hatte, von seiner Braut empfangen habe, daher solche sofort festgenommen und an das Gericht in Stuttgart abgeliefert wurde. Die Untersuchung wird nun lehren, woher das Gelo und die Vorgefundenen Wertpapiere stammen.

Vaih ingen a.E., O.Jan. Am gestrigen Sonntag Nachmittag von 2 Uhr ab gab der Schlittschuhklub seinen Mitgliedern ein durch­aus gelungenes Eisfest mit Musik und Wirt­schaftsbetrieb auf der gut übersrorenen Enz.

Aalen, 10. Jan. In dem Weiler Mädle sielen in letzter Zeit in einer Familie die Mutter und drei Kinder dem Scharlach zum Opfer. Das vierte Kind ist nun gleichfalls seinen drei Geschwistern nachgefolgt, so daß innerhalb 10 Tagen fünf Leichen aus demselben Hause ge­tragen wurden.

In den Rechbergischen Waldungen bei Bartolomä wurde letzten Samstag Nachmittag ein Hirsch (Achtender) dem in der Mitte Okt. vor. I. der vordere linke Lauf abgeschossen war von 4 Männern eingefangen und gefesselt.

Rottenburg, 10 Jan. Am 14. August d. I. wird Bischof Dr. Karl Joseph v. Hefele sein Diamantenes Pricsterjubiläum begehen.

Rundschau.

Pforzheim, 9. Jan. In der Nähe unserer Stadt ist schon wieder ein Raubanfall verübt worden, indem einem Frauenzimmer im Hagenschieß, dem ausgedehnten Grenzwalde, Uhr und Geldbeutel abgenommen wurde. Es ist dies der dritte Raubanfall innerhalb einer Woche. Kein Wunder, wenn die Bevölkerung ängstlich wird, zumal die Bemühungen der Sicherheitsbehörden bis jetzt erfolglos geblieben sind. Vielleicht dürfte sich eine gründliche, im Verein mit württemb. Landjägern vorzuneh- mcnde Streife im genannten Walde empfehlen.

Pforzheim, 12. tan. Wie uns die hiesige Kgl. würtemb. Güterverwaltung mit­teilt findet die für Baden erlassene Bestimmung der Giltigkeitsdaucr der alten Frachtbriefe nun auch für Württemberg bis zum 30. Juni d. I. Anwendung.

Karlsruhe, 10. Januar. Von dem Leib - Grenadier - Regiment sind neuerdings vier Mann an Mengingitis erkrankt. Man beabsichtigt, wenn der Gesundheitszustand sich nicht bessert, sämtliche Mannschaften zu be­urlauben. In den nächsten Tagen trifft eine Militärkommission von Berlin zur Untersuchung der Kaserne ein.

Mannheim, 9. Jan. Ein zehnjähriger Knabe hat nach derN. B. Los Ztg. drei gl ichaltrige Mitschüler, die beim Schlachthause auf dem Eise des Neckars eingebrochen waren, vom Tode des Ertrinkens errettet.

Nördlingen, 10. Jan. Kürzlich wurde bei einer gewissen Josefa M. in Herblingen bei Oetingen eingebrochen und 10 000 Mk. in Gold gestohlen. Man kam den Dieben auf die Spur, und dieselben sind nun in Leipzig dingfest gemacht worden. Es sind dies zwei Brüder von Herblingen. Die Bestohlene, die viel Geld besitzt hat sonderbarer Weise ihr Geld in verschiedenen Schlupfwinkeln im Hause versteckt, wovon den Dieben gerade ein .Stum­pen" Gold mit 10 000 Mk. in die Hände kam.

Augsburg, 9. Jan. Ein Akt entsezlicher Rohheit ist von hier zu berichten: in einem der ersten hiesigen Wurstwarengeschäfte kam es heute Morgen zwischen den beiden Metzger­burschen Micheler von Oberschöneberg und Schiele von Weißenhorn einerseits und dem Ober­burschen Klein von Dilluig n andererseits aus bis jetzt noch nicht ergründeter Ursache zu Streitigkeiten, dre damit endeten, daß Lezterer mittels einer schweren spizen Eisenstange einen Stich in ein Bein und außerdem Schläge auf den Kopf erhielt, die den Schädel zerschmetterten, in Folge welcher Verlezungen Klein bald da­rauf starb. Die beiden Burs le sind verhaftet.

Würzburg, 11. Jan. Gestern abend ist der größte Teil des Schullehrersemmars ein Raub der Flammen geworden. Die Orgeln, der Musiksaal, die Direktorwohnung und die Hauskapelle sind verloren. Einhundert ob­dachlose Seminaristen, welche in den Hotels untergebracht wurden, sind heute früh in die Heimat entlassen worden. Ein Neubau muß errichtet werden. Ein Dienstmädchen wird vermißt.

Hattenheim (Hessen-Nassau,) 9. Jan. Der Afrikareisende Kuno v. Bülow ist zu kurzem Besuche hier eingetroffen; er gedenkt, sich im Februar nach Danga in Ostafrika zu begeben, wo sein im Jahr 1892 am Kilimand­scharo gefallener Bruder, der Kompagnieführer in der Schutztruppe Albrecht v. Bülow, um­fangreiche Besitzungen hinterlassen hat.

Straßburg, 11. Jan. Die Alarmier­ung der Garnison verkündete heute Mittag die unerwartete Ankunft des Kaisers. Die Truppen rückten alsbald nach dem Polygon ab, wohin der Kaiser vorausgefahren war. Der Kaiser wird um 4 Uhr zurückerwartet. Die Sradt ist beflaggt.

Buchs w e iler, 9. Jan. An einem Morgen der letzten Woche fand man auf der Straße bei Wingen einen jungen Fuhrmann halb er­starrt mit zerbrochenem Bein vor. Der Arme war von dem Fuhrwerk eines Handelsmannes überfahren worden und dieser hatte den Ver­unglückten, dem ein Bein abgenommen werden mußte, ohne Hilfe liegen lasten.

Trier, 11. Jan. Die Bergwerksbehörde hat 500 Bergleute, die Hauptagitatoren im Sarrevier, dauernd entlassen. Ihnen folgen 3000 Bergleute, die bis auf Weiteres von der Grubenarbeit zurückgewiesen werden.

Berlin, 11. Jan. In der gestrigen ersten Sitzung der Miliürkommission des Reichs­tags erörterte der Reichskanzler in zweistündiger Rede eingehend die politische Lage. Feindselig­keiten bestehen, so führte er aus, weder zwischen den Herrschern, noch zwischen den Regierungen. Der Reichskanzler vergleicht die Militärmacht Deutschlands mit der Frankreichs und Ruß­lands. Erfahrungsmäßig sei für Deutschland die Offensive geboten; diese erfordere eine stärkere Aktion Deutschlands, welches den Haupt­stoß der Gegner des Dreibundes vornehmlich werde auszuhalten haben. Die bisherigen Streit- mittel genügen nicht mehr. Die verb. Regier­ungen konnten daher die Verantwortung mit der bisherigen Rüstung nicht übernehmen.

Berlin, 10. Jan. Der deutsche Bot­schafter in Paris, Graf Münster, trifft nächstens in Berlin ein, um über die jetzige Lage in Frankreich Bericht zu erstatten. Darnach scheint man hier für die Vorgänge des Nachbarlandes ein aufmerksames Auge zu haben.

Berlin, 10. Jan. Der Sekondelieutenant Prmz Friedrich von Solms-Braunfels wurde gestern von dem Pferd einer Artillerieoffiziers so unglücklich geschlagen, daß die rechte Knie­scheibe und das Schienbein zerschmettert wurde. Der Prinz wurde nach der königl. Klinik ge­bracht.

Paris, 10. Jan. Nach einer stürmischen Sitzung der Kammer, in der heftige Differen,en zwischen Freycinet, Loubet und Ribot aus- brachen, reichte das gesamte Kabinet sein Ent- laffungsgesuch ein, nachdem vorher dem Ge­neral Saussiec umfassende Vollmachten zur Aufrechthaltung der Ordnung erteilt worden waren. Präsident Carnot nahm Demission an, weil Freiyc.net durch Baihauts Erklärungen sehr belastet ist, ebenso Loubet. Ribot wurde die Neubildung des Kabinets übertragen. Die Lage ist überaus schwierig und verwirrt. Die tollsten Gerüchte kursiren. Es heißt, Carnot sei entschlossen, seinerseits zu demissioniren, lalls ein neues Kabinet nicht sofort gebildet würde oder die Kammersitzung neue Zwischen­fälle herbeiführe.

Das französische Ministerium ist im Panamaschmutze versunken. Freycinet trat zurück, das Kabinet demissionirte, weil die Gerichtsakten einen Brief Freyeinets enthalten, worin derselbe angeblich zehn Millionen Panamagelder für politische Zwecke forderte. Ein Streit zwischen dem Präsidenten des Panamagerichts und dem ersten Staatsanwalt, der Zeugenaussagen zu verhindern suchte, erregt großes Auf­sehen ; ebenso, und noch mehr die Erklärung von CH. de Lesseps, die Politiker und Hochfinanzleute hätten Gelder er­preßt, wie Wegelagerer. Baihaut hat

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