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Urs. 8.

Sarnslcrg, l4. Janrrav 1893.

29. lakrgang.

Wocherr-Rrwdfchau.

Der württembergische Landtag ist am 10. Januar durch eine Thronrede des Königs feierlich wieder eröffnet worden. Der Landtag tritt bekanntlich jetzt in seine zweite dreijährige Gesetzgebungsperiode ein. Die Thronrede stellt eine ganze Reihe von sehr wichtigen und für die landbautreibende Bevölkerung auch sehr segensreiche Gesetz­vorlagen in Aussicht. Wir erinnern nur daran, daß künftig die Viehbesitzer, welchen Tiere infolge der Maul- und Klauenseuche «ingehen, von Staatswegen Entschädigung erhalten solle». Auch die württembergischen Weingartner werden es mit Freuden be­grüßen, daß die neubestockten Weinberge künftig steuerfrei bleiben sollen, bis sie euren Ertrag abwersen und daß die Fabri­kation von Kunstweinen einer scharfen Be­steuerung unterzogen werden soll. Ei» gänz­liches Verbot dieser Fabrikation wäre freilich noch besser, aber ein solches kann nur die Reichsgesetzgebung aussprechen. Die Kammer der Abgeordneten wählte mit 82 von 84 abgegebenen Stimmen den bisherigen Prä­sidenten von Hohl abermals zum Präsi­denten und vertagte sich nach Vornahme der Kommissionswahle», um den Kommis­sionen Zeit zur Beratung des Etats und einzelner bereits vorliegender Gesetzentwürfe zu lasten. Die kathol. Abgeordneten, welche seither dem Klub der Linken angehörten, be­absichtigen aus diesem auszutreten und eine Zentrumsfraktion zu gründen. Letzten Freitag hielt die württembergische Volks- Partei in Stuttgart ihre alljährlicheLandesver- fammlung ab welche sehr zahlreich besucht war. Am letzten Sonntag hielt auch diedeutsche Partei Württembergs ihre Landesvcrsamm- lu»g ab; sie verlangte in einer Resolution die Aufhebung aller württembergischen Ge­sandtschaften in Wien, München «nd Berlin mit der Begründung, daß irgend ein würt- tembergischeS Bundesratsmitglied in Berlin die dortigen Gesandrschaftsgeschäftc besorgen könne, während in München und Wien ein Gesandter überhaupt überflüssig sei. Mit dieser Forderung ist die große Mehrheit der Volksvertretung und des württember­gischen Volkes sicher nickt einverstanden. Wegen des Falles Hegelmaier wurde gleich­falls eine das Verhalten der Staatsregierung tadelnde Resolution angenommen, trotz des Abratens gewiegter Juristen und Parla­mentarier. Das ganze Aktenmaterial in dieser Sache ist ja doch nicht bekannt und allem Anschein nach wird die Staatsregierung schließlich doch gerechtfertigt denn

das Heilbronner Land . neuer­

dings gegen Hegelmaier verhandeln mutz, wird zunächst hervorragende Irrenärzte über den geistigen Zustand Hegelmaiers hören müssen und eS ist mit großer Wahrschein­lichkeit anzunehmen, daß auch dies« Geistes­gestörtheit bei Hegelmaier konstatieren. Das Verhalten des letzteren bis in die allerneurste Zeit ließe sich andernfalls gar nicht erklären.

Der deutsche Kais er ist letzten Montag nach Sigmaringen gereist und wurde auf dem Bahnhof in Ulm von unserm König, der sich eigens zu diesem Zwecke nach Ulm begab, herzlich begrüßt. Am Dienstag fand sodann in Sigmaringen die Hochzeit des rumänischen Thronfolgers, des Prinzen Fer­dinand von Hohenzollrrn mit der Prinzessin Marie von Edinburg, einer Nichte des Cza- ren, statt. Von Sigmaringen ans reiste der Kaiser am Mittwoch nach Karlsruhe, um seinen dortigen Verwandten einen Besuch abzustatten. Am 20. Januar beginnen in Berlin die Hochzeitsfeierlichkei'ten. Bekanntlich heiratet die jünger Schwester des Kaisers, Prinzessin Margarethe einen kurhessi­schen Prinzen. Bet dieser Hochzeit wird auch der russische Thronfolger und das dänische Königspaar anwesend sein.

Der so rasch wiederkehrende Besuch des russischen Thronfolgers in Berlin darf als ein nicht ungünstiges Zeichen der Friedens­liebe des Zaren ausgesaßt werden. Man darf tabei andererseits freilich auch nicht vergessen, daß auch der Vater des jetzigen Zaren trotz seiner großen Friedensliebe in den bekannten letzten Krieg mit der Türkei hineingehetzt wurde. Der Reichstag hat ebenfalls am 10. Januar seine Arbeiten wieder ausgenommen und ist sofort in die Beratung der NeichSsteuernovelle eingetreten. Ueber das Schicksal dieser neuen Reichssteuern läßt sich bis jetzt ebenso wenig eine Vermu­tung anstellen, als über das Schicksal der Militärvorlage, zu deren Deckung die vorge­schlagenen Steuercrhöhungen bestimmt sind. Der Aus st and der Kohlenarbeiter im Saar­revier nimmt von Tag zu Tag mehr ab. Die Haupthctzer wurden verhaftet und zwar wegen zum Teil recht beträchtlichen Unterschlagungen von Knappschaftsgeldern. Auch in Oberschle- sicn wurde zum Ausstand gehetzt, jedoch ohne jeglichen Erfolg. Dagegen ist ein teilweiser Strike auf mehreren westfälischen Zechen aus­gebrochen und man weiß noch nicht, ob dort die Bewegung noch weiter um sich greisen wird oder nicht. Ein Regiment in Köln hat bereits den Befehl erhalten, sich zum Abmarsch nach dem westfälischen Aufstandsgebiet bereit zu machen.

InOesterreich-Un garn sind die letzten finanziellen Verhandlungen mit den Groß­

banken über besondere Anleihen, die zur völligen Durchführung der Valutaregelung dienen sollen, teils schon abgeschlossen, teils dem Abschluß nahe.

Am 10. Januar ist in Paris auch wie­der die französische Deputierten-Kammerr zu­sammengetreten. Der von den Sozialisten und Anarchisten angekündigte Putsch ist nicht in Szene gesetzt worden, weil General Saussier nicht hätte mit sich spassen lassen; dagegen kam es in der Kammer selbst wegen des Panamaskandals sofort wieder zu stürmischen Auftritten, weil der Kriegsminister Freycinet sich dadurch arg blosgestellt hatte, daß er s. Z. von der Panamagcsellschaft 10 Millionen für StaatSzwecke verlangt und wohl auch erhalten habe. Wie viel von diesen 10 Millionen in seiner eigenen Tasche hängen blieben, weiß man zwar nicht genau; aber die Taschen sämtlicher französischer Politiker sind bekanntlich klebrig. Das Gesamtministerium trat zurück und Ribot, der bisherige Ministerpräsident brachte sofort wieder ein neues Ministerium zustande, natürlich ohne Freycinet. Karl Lefseps, der Sohn des berühmten Erbauers de- Surz- kanals, konstatierte vor dem Untersuchungs­richter haarsträubende Einzelheiten über die Unersättlichkeit der französischen Politiker und Hochfinanzleute, welche Forderungen gestellt hatten wie die Wegelagerer. Frankreich be­findet sich offenbar in einer Krisis und es fehlt ihr nur noch der richtige Mann, um sich zum Diktator aufzuschwingen.

Die Engländer haben dem Sultan von Marokko ein binnen 48 Stunden zu beant­wortendes Ultimatum gestellt, ob dieser Ge- nugthuung dafür geben wolle, daß «in eng­lischer Unlerthan aus Gibraltar von einer marokkanischen Polizeiwache in Tanger nieder- geschofsen wurde.

Aus Rußland kommen wieder Nach­richten von einem neuerlichen Entgegenkommen für die deutsche Industrie, welche ersichtlich den Zweck haben, Deutschland zum Abschluß eines Hanvelsvertrags mit Rußland geneigter zu machen. Der Erfolg bleibt abzuwarten.

Württemberg.

Stuttgart, 10. Jan. Nach vorausge« gangenem Gottesdienst eröffnete heute um 11 Uhr König Wilhelm den Landtag mit einer Thronrede, in der zunächst des Hinscheidens der Königin Wittwe Olga und der herzlichen Teilnahme des Volkes an dem Unglück, welches das Herrscherhaus betroffen, gedacht wurde. Als erste Aufgabe, die dem Landtag vorgelegs wird, ist die Feststellung des Etats hervorge- hoben. Die Finanzlage sei nicht günstig, ob, wohl sie nicht zu ernsten Besorgnissen Anlaß