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mehrere Aerzte legten den anderen Verbände, an. Verschiedene Splitter steckten in den, Wänden und in der Decke; alle Fenster des Lokals waren zertrümmert.
Dortmund, 9. Jan. Am Samstag abend um 8 Uhr wurde der Schnellzug Berlin-Köln auf dem Bahnhof Rauxel gefährdet, indem die linke Geleisschiene durch die Explosion einer Dynamitpatrone auf Meter Länge zerstört wurde. Die Reisenden blieben unverletzt, der Zug wurde bald nach Passieren der Unfallstelle zum Halten gebracht und blieb im Geleise; jedoch wurden die Maschine und sämtliche Wagen beschädigt und größtenteils laufunsähig. Nachts gegen 1 Uhr war das Geleise wieder fahrbar.
Trier, 10. Jan. Im Prozeß gegen den kath. Pfarrer Stösi wegen Entführung eines evangelisch getauften Kindes behufs Erziehung in einem katholischen Kloster wurde gegen Stück 9 Monate Gefängnis, gegen die Mutter deS Kindes, die Witwe Ludwig, 6 Monate beantragt. Der Urteilsspruch erfolgt amDonners- tag.
Saarbrücken, 8. Jan. Der Ausstand der Bergarbeiter verringert sich, indem sehr viele Streikende die Arbeit wieder ausgenommen haben. Man hofft, daß der Ausstand nur noch wenige Tage dauert.
Paris, 10. Jan. Das Ministerium gab seine Entlassung. Carnot beauftragte Ribot mit der Bildung eines neuen Kabinets.
Paris, 10. Jan. Gestern Abend um 9 Uhr wurde der ehemalige Minister Baihaut nach dem Gefängnis von Mazas übergeführt.
Paris, 10. Jan. D« Kriegsminister Freycinet eilte sofort nach Baihauts Verhaftung in das Elysee und gab seine Entlassung. Präsident Carnot erbat sich Bedenkzeit und beschwor Freycinet die Eröffnung der Kammer abzuwarten.
— In Norditalien herrscht schon seit Wo- . chen eine solche Kälte, daß in den letzten Tagen mehrere der kleinen lombardischen Seen zugefroren sind. Besonders gilt dies von den Seen der Brianza und des Gebietes von Barose. Aber auch an den Ufern des Eomersees und des Lago maggiore zeigen sich hie und da Ansätze zur Eisbildung, eine Erscheinung, die nur äußerst selten beobachtet wird.
Wildbad, 11. Jan. Die renommierte Kübler'sche Restauration ging vor einigen Tagen um die Summe von 47,000 Mark inel. Inventar in den Besitz des Hrn. Maisch, langjährigen Chefs der Bahnhof-Restauration in Pforzheim, über.
— Wie aus dem Inseratenteil ersichtlich, veranstaltet der „Instrumental-Verein" Pforzheim am kommenden Sonntag Abend in der dortigen Turnhalle ein Concert, in welchem die 16jährige Violin Virtuosin BettySchwabc aus Berlin auftreten wird. Den Besuchern dieses ConcertS steht ein ganz seltener Kunstgenuß in Aussicht und ist zu wünschen, daß die Musikfreunde hiesiger Stadt dasselbe durch zahlreichen Besuch unterstützen, lieber die Leistungen der jungen Künstlerin schreibt u. A. das Badeblatt der Stadt Baden-Baden unterm 13. Sept. 1892 wörtlich Folgendes:
Das diesjährige Fest-Concert zur Feier des Allerhöchsten Geburtsfestes Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs nimmt unter ähnlichen Festveranstaltungen in früheren Jahren eine ganz ausnahmsweise Stellung ein,, insofern es rn einer Weise besucht war, wie wir uns nicht erinnern können, es am 9. September schon erlebt zu haben.
Neben dem gefeierten Meister van Dyck trat ein junges löjähriges Mädchen auf, das erst
seit einigen Monaten concertiert, in Süddeutschland gänzlich unbekannt war und keine Empfehlung für sich hatte, als sein Talent. Aber dieses Talent ist so groß, daß sie das wagen konnte. Und dieses Wagnis hat sich belohnt. Bescheiden, einfach, fast schüchtern trat sie auf — nicht mit dem Tua'schen Augenaufschlag, nicht im Siegesbewußtsein, nicht mit der Routine eines dressierten Wunderkindes. Das junge Mädchen setzt den Bogen an, und sofort ist sie ihrer Umgebung entrückt; sie wird inspiriert. Träumerisch steht sie da, spielt aus ihrem Innern heraus, wie es ihr ums Herz ist. und fesselt uns sofort. Wie viele Male haben wir schon das Mendels- sohn'sche Violin-Concert gehört? Und doch sagt die kleine Betty uns Neues darin; sie hat sich verschiedenes selbstständig auf ihre Weise zurecht gelegt, wie sie es eben empfindet — und es ist allerliebst, sinnig, innig. Sie spielt nicht auf den Effekt, sondern sie singt mit der Wärme eines erwachenden Mädchenherzens, das zum ersten Male in die Welt hinaus tritt, und nun verwundert die Augen aufschlägt. Was sie uns sagt, ist Alles wahr; da ist Nichts eingelernt, Nichts affektiert und Nichts absichtlich. — Sie singt, wie der Vogel singt, sie hat die Musik in sich Aber die Studien, die sie gemacht hat, sind außerordentliche. Ihre Technik ist tadellos, die Reinheit und Sicherheit ihres Tones, die Breite und Energie ihres Striches, die absolute Sicherheit ihrer linken Hand sind frappierend. — Schalkhafte Grazie entwickelt sie in der Polonaste von Wieniawski, vollendete Virtuosität in den spanischen Tänzen von Sa- rasate. — Das Publikum hat ihr bewiesen, daß es ihr großes Talent richtig erkannt hat und zu schätzen weiß. Es hat Betty Schwabe sehr ehrenvoll ausgenommen und ausgezeichnet. Wir werden noch viel von ihr hören.
Nntkrhalfkild«».
Anschuldig!
Eine Waidmanns Erzählung von Hermann
Robolsky.
(Fortsetzung)
Der Hausherr konnte sich eines Lächelns nicht erwehren. „Ihre Besorgnis rührt mich, Marie," sprach er halb im Scherz und halb im Ernst, und am Ende trauerten Sie gar um mich, wenn ick sterben müßte."
Die Haushälterin drückte statt aller Antwort die Schürzenspitzei, an die Auge» und wandte ihr Gesicht zur Seile.
„Na, lassen Sie es gut sein!" versetzte der Beamte in fast tröstendem Tone. „Vorläufig bin ich noch ganz munter und denke noch nicht an das Ende, und unter Ihrer Obhut und Sorge hat's sicher keine Gefahr."
„Was würde auch Ihre Braut dazu sagen?" seufzte das Mädchen.
„Nun, bitte besorgen Sie mir den Thee!" siel der Waidmann, dem Gespräch ein Ende machend, erwas kurz ein. „Thun Sie auch einen Löffel voll Rum daran, wenn noch welcher vorhanden ist.
„Eine ganze Flasche!" gab Marie Bescheid und eilte in die Küche.
Den Thee trank der Förster in der That; auch löscht, er bald nach zehn Uhr da» Licht und warf sich auf das Lager. Wider Willen schlief er sogar ein. Doch als die Wanduhr laut im Nebenzimmer Zwölf schlug, suhr der kräftige Mann im Ruck empor, ergriff die geladene Doppelflinte und stieg, nachdem er den kleinen Hut ins Gesicht gedrückt, geräuschlos arrs dem Fenster. Leise drückte er den Flügel an, spähte einen Augenblick umher und verließ dann schnell durch eine Hinterthür den Garten.
Die Wirtschafterin hatte recht prophezeit; es war noch ganz leidliches Wetter geworden; wenigstens regnete es nicht mehr. Hin und wieder zogen noch vereinzelte
Wolken am nächtlichen Himmel dahin, aber zwischendurch suchte sich überall des Mondes Licht Bahn und beschien auf einige Augenblicke Wald und Flur.
Grashof wählte vorsichtig einen solche» Pfad, der ihm Deckung gewährte. Er wollte nicht gesehen und noch viel weniger erkannt sei». Schon nach einer Wanderung von zehn Minuten hatte er den Forst und sein Revier erreicht.
Ist der Wald auch am Tag schön, den vollen gcheimnißvollen Reiz gewählt ibm erst die Nacht. Wen» da der Mond sein Geisterlicht herabgiebt und die Zweige i» dem sanften, zaubeihaflen Lichte glimmern und beben, dann zieht ei» unverstandenes Ahnen und Seinen durch des Wanderers Gemüth. Die zusammengeballte düstere Wolkenjchicht tief am Horizont droht wie ein schlafener Riese, und die Bäume ragen schwarz und groß empor. Nur zuweilen raujckk's in den Wipfeln auf, seltsam feierlich. Ein Rauschen and Neigen geht von Baum zu Baum. Ein Rih schreckt im Dickicht, von fern her schallt der Eule Nus, Dann sinkt Alles wieder still zusammen, und die hohen K-onen ragen ruhig hinauf.
Plötzlich wird die Stille der Nacht durch eine» weithin dröhnenden Schuß unterbrochen; gleich darauf knallt es zum zweiten Male.
Der Förster blieb aufhorchend einen Augenblick stehen. Dem Schalle nach zu urteilen, hatte Jemand in der Nähe der Ge- meindcwaldunge» geschossen. Kurz gefaßt zog der Beamte beide Hähne seiner Flinte auf und erste damit wieder vorwärts. „Sicht drr Keil auf meinen Anruf nicht, brenne ich chm Eins auf!" murmelte er. „Bin ich doch schon mit anderen Hallunken fertig geworden!"
Als der Himmel sich noch mehr aufgeklärt hatte, war auch die schwarze Finstcr- niß im Walde gewichen. Wenigstens vermochte man nun Baum und Strauch so leidlich zu unterscheiden.
Grashof hatte eine teilweise ausgeforstete Kiefernschonung erreicht. Geräuschlos wand er sich durch das Nadelgebüsch, fortwährend lauschend und spähend. Je r >-a er an dem schon hie und da etwas verwitterten Trenngatter.
Der Waidmann glaubte aber seinen Augen nicht trauen zu dürfen, als er drüben, auf dem Boden herumbantierend, den verdächtigen Korbflechter erblickte.
„Was thun Sie denn hier zu nachtschlafender Zeit?" fuhr er den sich langsam Auf- richtendei, an.
„Es hat Jemand hier in nächster Nähe Fasanen geschossen!" antwortete Breitschild ohne Scheu, indem er an das Gatter beran» trat. „Ich habe mich geduckt, um den Schuft zu belauern, aber er ist mit seiner Beute tiefer in den Wald geflohen."
„I, wußten Sie denn von Wilddiebereien? fragte der Jäger barsch? „Ich finde es nicht minder verdächtig, daß Sie sich ebenfalls so spät in der Nacht Herumtreiben!" (Forts, f.)
Unsere Vögel im Winter.
Der Winter läßt sich dieses Jahr streng an. Da sollten wir auch den Bewohnern der freien Natur, die uns im Sommerckurch ihren herrlichen Gesang erfreut haben, und die nun hungernd und frierend in die Nähe der menschlichen Wohnungen kommen, und mitleidig um Futter betteln, etwas bieten können. Ist es nicht hübsch anzusehen, wenn Kinder den vor