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laut. In der Thronrede des Königs Carlos werden neue Finanzmaßregeln angckündigt, die aber in der Hauptsache darauf hinaus­laufen, die Zinszahlung an die portugiesischen Staatsgläubiger im Inlands wie im Auslande zu verkürzen. Der eingestandene Staats­bankerott!

Die egyptischen Truppen find wieder einmal mit den Derwischen des Mahdi ins Handgemenge gekommen und wollen Sieger geblieben sein. Diese Kämpfe bieten den Engländern einen erwünschten Vorwand, noch recht lange nicht aus Egypten herauszugehen.

In der Provinz Corrientes der südamcri- kanischen Republik Argentinien ist der Bürgerkrieg ausgcbrochen. Die jetzige Re­gierung von Argeniinien ist eigentlich auch auf gewaltsamem Weg ans Ruder gelangt und erhält nun mit dem gleichen Maße einge­messen, mit dem sie selbst ausgemessen hatte. Auch in der südamerikanijchen Republik Chile scheint es bedeutend zu gähren. Die gegen­wärtige Regierung hat bekanntlich durch einen Militäraufstand die Regierung Balmacedas gestürzt und nun muß sie in steter Sorge leben, daß ihr nicht ein neuer Militärausstand das gleiche Schicksal bereite. Die Weltgeschichte ist das Weltgericht.

Württemberg.

Stuttgart. Zwei Jahre und sechs Monate hat der Dienstknecht Pfau von Dorn- han wegen Einbruchdiebstahls im Zuchthaus in Ludwigsburg gesessen und jetzt, nachdem er die ganze Strafe bereits abgebüßt hat, ist seine völlige Unschuld an den Tag gekommen. Die Straskammer Rottweil hat ihn im Wiederauf­nahme-Verfahren letzter Tage freigesprochen . und ausdrücklich seineUnschuld" festgestellt. Der wirkliche Thäter ist jetzt ermittelt. Pfau hatte immer behauptet, unschuldig zu sein, war aber in Folge einer Reihe anscheinend gravi- render Verdachtsmomente doch für schuldig er­kannt und verurteilt worden.

Stuttgart, 7. Jan. Der König selbst eröffnet den Landtag am kommenden Dienstag mit einer Thronrede. Der gestrige Partei­tag der Volkspartei war außerordentlich stark besucht; er faßte Beschlüsse gegen die Militär- Vorlage und für die Einführung der gesetzli­chen zweijährigen Dienstzeit, sowie für Revision der württembergischen Verfassung und für eine Verwaltungsreform. Der Erbprinz von Mei­ningen ist hier mit Gemahlin eingetroffen.

Nagold, 4. Jan. Ueber den am Schluß des vergangenen Jahres in Haiterbach vor ge­kommenen Brand und von den mit diesen zusammenhängenden tragischen Ereignissen, d. h. dem Flammentod von 3 Kindern wurde in diesen Blättern schon telegraphisch Bericht er­stattet. Einzelheiten können über den traurigen Vorfall jetzt erst gegeben werden, nachdem die Behörden den Thatbestand festgestellt haben. In Winterszeiten bietet für die Schwarz­waldgegend, namentlich für Arbeiter wie Maurer, Zimmerleute, Gipser und dergleichen, «inen Haupterwerbszweig das lebensgefährliche Sammeln von Tannenzapfen und, um diesen noch etwas lohnender zu gestalten, lassen sich die Leute gerne herbei, auch das Dörren der Zapfen in ihren Privatwohnungen zu besorgen, anstatt solche an die mit vorschriftsmäßigen Dörranstalten versehenen Großhändler abzu­setzen. Brandursache in dem Haiterbacher Fall war nun auch das leidige Tannenzapfen- Dörren. Maurer Wilhelm Schüler befaßte sich mit dieser lebens- und feuergefährlichen Arbeit. Ehe er sich am Abend des 30. Dez. vor. I. zu Bette legte, sorgte er für ordent­

liche Nachschür, wurde aber bald von seinem l Weibe, welches am Rauchgeruch erwachte, aus dem festen Schlafe gerüttelt. Wohl in der Meinung, des ausgebrochencn Feuers Herr zu werden, wohl auch aus Furcht vor Strafe, weil strenge bezirkspolizeiliche Vorschriften bezügl. des genannten Dörrens bestehen, dachte der Mann nur an Niederhaltung des Feuers, bis seine Kraft brach und er entsetzlich nnt Brand­wunden bedeckt, in der Verzweiflung seine Kinder vergessend, das nackte Leben durch das Fenster reiten mußte. Kaum besser erging es der Frau, welche ebenfalls sehr beschädigt ist und das um Hilfe rufenve 9jährige Töchter- chen nicht mehr retten konnte. So gering der Gebäudebrandschaden, dank dem rastlosen Ein­greifen und de» energischen und zielbewußten Bemühungen der Feuerwehr Haiterbachs, aus­fiel (derselbe erreicht nicht 5000 Mk.), um so gräßlicher ist das Unglück durch das Opfer von 3 Menschenleben, welchem weitere noch folgen können. Das älteste der Kinder, das Mädchen von 9 Jahren, wurde als unförm­liche Masse in den Trümmern gefunden, die andern 2, eines mit 4 Jahren, das andere mit 6 Wochen, wurden schier zu Atomen verbrannt und find spurlos verschwunden.

Ulm, 5. Jan. Gestern abend ließ sich ein Soldat bei Jllertissen vom Bahnzug über­fahren. Es ist der bayerische Kanonier Titus Unzer aus Weilheim, der beim ersten bayerischen Fußartilleriebataillon in Neu-Ulm stand Furcht vor Strafe wegen einer Veruntreuung in der Küche hat ihn in den Tod getrieben.

Unter dem Rindvieh ist in mehreren Distrikten des Landes die Maul- und Klauen­seuche heftiger als je aufgetreten. Viele der befallenen Tiere sind bis jetzt eingegangen, wodurch die Besitzer schweren Schaden erleiden, da diese Seuche nicht in das Reichsversicherungs­gesetz einbegriffen ist.

Rundschau.

Bruchsal, 6. Jan. Die berüchtigte Hitzelberger, welche einen jungen Burschen zur Ermordung ihres eigenen Mannes gedungen und vom Schwurgericht Karlsruhe zum Tode verurteilt wurde, ist am letzten Samstag in die hiesige Weiberstrafanstalt eingcliefert worden, wo sie nun sihrer Entbindung entgegensieht. Auf das von der Verurteilten eingereichte Gna­dengesuch ist noch kein Bescheid eingegangen.

Elberfeld, 4. Januar. Die weltbe­kannte Manufaktur-, Kurzwarenhandlung und Steppdeckenfabrik von Uhlhorn und Klußmann ist heute Morgen total niedergebrannt. Der Schaden beträgt mehrere Millionen Mark. Das Warenlager ist mit einer Million Mark versichert, wovon 300 000 auf die Aachen- Münchener Gesellschaft, 300 000 auf dieCo- lonia", 150 000 auf dieProvidentia" in Frankfurt a. M. und 250 000 auf die Leip­ziger Versicherungsanstalt entfallen. Drei be­nachbarte Großgeschäfte sind in Mitleidenschaft gezogen.

Bern, 4. Jan. Heute früh ist, wie schon gemeldet, die Pulverfabrik bei Worblaufen, */r Stunde von Bern entfernt, in die Luft geflogen. Das Gebäude gehörte zu dem Häuscrkomplex der Pulverfabrik-Gebäulichkeiten, in denen das rauchlose Pulver hergestellt wird; das zerstörte Gebäude enthielt eine Quantität Schießbaumwolle, sonst war es zur Aufbewahrung einer Knetmaschine bestimmt. Leider verlor beim Unglück ein Arbeiter, Joh. Gerber von Longnau, 44 Jahre alt, Vater von 7 Kindern, das Leben; die verkohlten Reste des Körpers wurden weit vom Gebäude entfernt aufgelesen. Das Unglück geschah um

'/z5 Uhr, nach 6 Uhr hätte es mehrere Menschenleben kosten können. Die Ursache der Explosion ist noch unbekannt, die Fabri­kation des Pulvers erleidet hiedurch keine Unterbrechung.

Wien, 6. Jan. Seit gestern Abend herrscht anhaltendes starkes Schneegestöber in Wien und Umgebung. Aus Pest, Preßburg, Oedenburg, Graz werden heftige Schncestürme gemeldet. Mehrfache Verkehrsstörungen sind vorgekommen, darunter auf der Südbahnstrecke Triest-Laibach.

Wien, 6. Jan. Viktor von Koblaffa, Mitbesitzer der größten galizischen Petroleum­quelle» und Begründer des dortigen Petro­leumhauses, machte in Monte Carlo wegen Spielverlusten einen Selbstmordversuch. Ex hatte bereits früher den größten Teil seines Vermögens auf der Fruchtbörse verloren.

Madrid, 5. Jan. In den Pyrenäen sind gewaltige Schneemafsen gefallen In­folge dessen mußten die Befestigungsarbeiten längs der französischen Grenze ganz eingestellt werden.

Liverpool, 6. Jan. Bei dem Brand eines Baumwollspcichers Knd 11000 Ballen verbrannt. Zwei Feuerwehrleute find umgc- kommen. Der Schaden wird auf 200 000 Pfd. Sterl. geschätzt.

Konstantinopel plant eine Weltaus­stellung. Ein Garantiefonds von 6 Millionen ist bereits gesichert. Der Sultan ist für den Plan sehr eingenommen.

Newyork, 5. Jan. 500 Maskirte grif­fen das Gefängniß von Bakersville, Nordca­rolina an und lynchten den Mörder eines an­gesehenen Bürgers; 7 Gendarmen, die der Menge entgegentraten, wurden alle getötet, von den Lynchern fielen 25, darunter angesehene Bürger.

Buenos Ayres, 5. Januar. Der Kriegsminister und der Stabschef blieben in der vergangenen Nacht im Zentralburkau der Polizei. Mehrere Polizisten und Feuerwehr­leute wurden heute vormittag verhaftet. Wie verlautet, ist ein Komplott entdeckt worden, dessen Zweck war, die Stadt an verschiedenen Punkten anzustecken.

Unterhaltendes.

Unschuldig!

Eine Waidmanns-Erzählung von Herm-UL

Robolsky.

(Fortsetzung)

Gefunden haben wir allerdings keine Schußwaffe bei Ihnen!" gab der Beamte spitzig zurück.Zu welchem Zwecke halten Sie denn aber diesen Nickfänger, den ich hinter dem Spiegel hervorzog?"

Den fand ich vor mehreren Jahren im Walde I" folgte die sofortige Antwort.Ihr Vorgänger hat das Messer überall ausge­boten, und als sich schließlich der rechtmäßige Eigentümer nicht ermitteln ließ, bekam ich es zurück. Ich gebrauche das Schneidewerk- zeug jetzt zum Abschaben der Weidenrinde."

Und das trockene Blut hier am Griff," fiel der Förster hastig ein.

Rührt von einer alten Verletzung mein er Hand Herl" entgegnete der Examinirte, ohne eine Miene zu verziehen.

Ei» paar Wochen lang hörte man jetzt nichts mehr von Wilddiebereien. Grashof hatte den Korbmacher freilich mehrere Male unweit der Staatsforstgrenze in der Gemeinde- waldung herumstrcifen sehen, Brcitschild be­saß indes »in Recht dazu. In den Kiefern-