auf 654 000 Fr., der Mobiliarschaden auf 450 000 Fr. Abgesehen von den Hotels ist wenig versichert. Als Brandursache werden die mangelhaften Löscheinrichtungen im Hotel zum Bären angegeben. Ein Telegraphenbureau und ein Eisenbahnschalter sind provisorisch eingerichtet worden.
Kamöurg, 22. Aug. Die choleraähnlichen Erkrankungen erreichten in den letzten Tagen einen bedeutenden Umfang. Gestern kamen 27 Fälle vor, einige mit schnellem rötlichem Ausgange. Heute vormittag wurden mebrere neue Erkrankungen gemeldet. Die Sanitätskolonnen bei den Krankenwagen sind verstärkt, damit die Erkrankten sofort in das Krankenhaus gebracht werden können. Ein Fall von asiatischer Cholera ist bisher nicht vorgekommen.
Krel, 23. Aug. In Marinekreisen sieht man mit gespanntem Interesse den großen Flottenmanövern entgegen, die in der nächsten Woche beginnen sollen. Die Manöver finden in einem erheblich größerem Umfange statt, als im vorigen Jahre. Küstenverteidigungsübungen sollen eine große Hauptrolle spielen. Die Kieler Hafensorts werden in Kriegsbereitschaft gesetzt. Auch sollen sehr umfassende Spreng- übungen vorgenommen werden. Bei Friedrichs- ort ist man mit Mienenlegen beschäftigt.
Naris, 23. Aug. Der „Figarro" veröffentlicht eine ^Unterredung seines Berichterstatters mit dem Fürsten Ferdinand von Bulgarien; darnach habe der Prinz erklärt, er billige durchaus die Vollziehung der Hinrichtung der 4 im Beltscheff-Prozeß Verurteilten; er sei überhaupt mit dem Vorgehen Stambu- loffs in allen Punkten vollständig einverstanden.
Die Militärsteuer muß in diesem Jahr zum erstenmal in Frankreich bezahlt werden und die entsprechenden Zustellungen sind bereits ergangen. Man schätzt die Zahl der Personen, die die Steuer bezahlen müssen auf 80—100 000; bezahlen müssen die Eltern bis der militärfreie Bürger 30 Jahre a lt ist und einen eigenen Wohnsitz hat. Bezahlt muß die Steuer werden, bis der Befreite in die Terrüorialrc- serve übertreten würde, also 10 Jahre lang. Die Steuer besteht aus einer fixen Summe von 6 Fr, jährlich; dann aus dem Beitrag der Personalsteuern des höchstbesteuerten nächsten Verwandten, geteilt durch die Anzahl der Kinder, die dieser hat, sowie aus einem Zu-> satz von 5 Centimes per Frcs. für Zurückstellungen,^, Haltung der Rollen u. s. w. und endlich aus einem Zusatz von 3 Centimes per FrcS. für die Erhebungskosten. Wer 1000 Frcs. Steuern bezahlt und nur einen militärfreien Sohn hat, bezahlt für diesen etwa 1086,48 Frcs, das macht in 19 Jahren die ansehnliche Summe von 20 643 Frcs. Der „Figaro" ist mit der Steuer selbst einverstanden, findet sie aber in der angegebenen Form sehr hart und rügt verschiedene Mißbräuche.
Oaris, 22. August. Fast alle Blätter äußern sich beifällig über die von dem Unterrichtsminister verfügte Einführung des Unterrichts der russischen Sprache in den Lehrplan der Lyceen.
— In der Nacht vom 19. aus den 20. August haben Verbrecher versucht, das Thor des zur Kriegsschule von Saint-tzyr gehörigen Pulvermagazins zu sprengen. Erst am Morgen wurden die Spuren von einem Ar- tilleri'posten entdeckt. Man wundert sich, daß in Frankreich ein militärisches Pulvermagazin nicht durch Schildwachen bewacht werden muß.
Kzernowitz, 19. August. Rumänische Grenzsoldaten überschritten die österreichische
Grenze und nahmen mehrere Stücke Vieh l mit. Die Eigentümer setzten Ihnen nach und mit schwerer Mühe gelang es, das meiste Vieh zurückzubringen, nachdem die rumänische Grenzwache wiederholt gefeuert hatte. Die Untersuchung des Falles ist im Zuge.
— Schreckliche Nachrichten treffen über die Cholera in Sibirien ein. Dort wo der Mensch überhaupt wie ein Stück Vieh und noch schlimmer behandelt wird, fehlt es an den einfachsten Vorrichtungen zur Verhütung der Einschleppung und Verbreitung der Seuche, sowie zur Pflege Erkrankter. In Tobolsk soll es täglich 150 Eholeratodcsfälle geben. Nirgends hat ja auch die Seuche günstigere Bedingungen. Die armen Verbannten voll Verzweiflung, durch Kummer und Entbehrungen geschwächt, fallen der Seuche erbarmungslos zum Opfer. Und die Beamten, welche die Unglücklichen schützen sollten, unterschlagen womöglich die Gelder, die ihnen zur Linderung der Not überwiesen werden. Wahrlich, ein Bild so trostlos, daß cs eigentlich im Interesse des menschlichen Gefühls zu bedauern ist, wenn der Schleier von demselben gezogen ist.
ßatania, 23. Aug. Bewaffnete Räuber nahmen gestern den Baron Spitaleri nebst Sohn, sowie die Gräfin Cianeiolo gefangen und ließen dieselben am Abend gegen 160 000 Franks Lösegeld frei.
— Im Jahre 1891 sind in den Vereinigten Staaten von Nordamerika nicht weniger als 6000 Morde vorgekommen. Kaum zwei Prozent der Verbrecher erlitten die gerechte Strafe.
TnkrhMnLks.
Dolorosa.
Roman v. A. Wilson. Deutsch v. A. Geisel.
(Nachdruck verboten) (Fortsetzung.)
Patterson begriff, daß er sich in Regina verrechnet habe und so zog er andere Saiten auf.
„Minnie verdient wahrhaftig eine solche Tochter nicht," sagte er finster, „und wenli es auch hart genug für mich ist, daß mein eigen Fleisch und Blut mich verleugnet, so kann ich Dir nicht grollen — Du bist eben im Haß gegen mich erzogen und Deine Mutter hat es trefflich verstanden, die Heilige zu spielen. Dein Vormund ist eben so gut getäuscht worden, wie Du selbst — wenn er den wahren Zusammenhang der Sache ahnte, würde er Deine Mutter verachten. Ich sehe ein, daß Du augenblicklich in Herrn Palma's Hause bester aufgehoben bist, als bei Deinem Vater — Du lebst in Glanz und Ueberfluß, während ich darbe. Kannst Du mir nicht mit einer kleinen Summe unter die Arme greifen Regina?"
„Weshalb wenden Sie sich nicht direkt an meinen Vormund und machen Ihre angeblichen Rechte gellend?" fragte Regina immer noch ungläubig.
„O, wenn Drr's Recht ist, begleite ich Dich sofort zu Herrn Palma und fordere Dich von ihm."
Er blickte das Mädchen herausfordernd an und Regina konnte sich der Ueberzeuguug nicht verschließen, daß er sich im Rechte fühlen müsse. Der Gedanke, in Begleimng des entsetzlichen Menschen vor ihren Vor- > mund treten zu sollen, rauble ihr fast den
> Atem — Alles eher erdulden als eine solche Demütigung! Sie griff in die Tasche, um den Vagabunden mit Geld zufriedenzustellen, aber bestürzt zog sie die Hand zurück — ihre Börse war verschwundenl Sie vermochte sich im Augenblick nicht zu besinnen, wo sie die Börse gelasten haben konnte und in bitterer Verlegenheit stotterte sie erglühend:
„Ich habe kein Geld bei mir — ich muß meine Börse verloren haben."
Mißtrauisch blickte er sie an nnd ziemlich verdrossen fragte er-.
„Wann kannst Du mir Geld zukommen lassen?"
„Ich besitze »ich! viel," sagte Regina verlegen, „aber morgen werde ich Ihnen einen kleinen Betrag durch die Post zugehen lassen. Wollen Sie mir sagen, wie ich die Sendung adressieren soll?"
Er schüttelte den KHzf.
„Nein," sagte er lebhaft „so nicht. Ich habe mein Kind lang genug entbehren müssen — ich werde Dick morgen Nachmittag hier erwarten und das Geld aus Deiner Hand empfangen."
Regina schauderte unwillkürlich; er bemerkte es und frohlockte innerlich.
^ „Ich werde es möglich zu machen suchen, morgen um dieselbe Stunde hier zu sein," sagte das arme Kind gepreßt.
„Schön, ich verlasse mich darauf. Und noch Eines — laß Herrn Palma nicht wissen, daß Du mich gesehen hast — es könnte Dir und noch mehr Deiner Mutter schaden."
„Seien Sie ohne Sorge," sagte Regina herb, wenn auch mit zuckender Lippe; „Niemand offenbart freiwillig seine Schande und so werde ich über unsere Begegnung schweigen."
„Versprichst Du mir das?" fragte der Vagabund eifrig.
»Ja. Ich werde schweigen, bis ich Nachricht von meiner Mutter habe, den» Sie werden begreifen, daß ich ihr noch beute schreiben und ihr alles Mitteilen muß. Und nun lassen Sie mich gehen — ich muß nach Hause."
„Adieu mein Kind."
Er streckte ihr die Hand entgegen, aber sie konnte sich nicht überwinden, dieselbe mit ihren Fingern zu berühren und einen Gruß nickend, eilte sie davon.
Halbtot vor Aufregung, Entsetzen und Widerwillen schlug Regina den Heimweg ein; sie war so eingehend mit ihren trüben Gedanken beschäftigt, daß sie nicht gewahrte, daß der regelmäßige Schritt eines Herrn ihr in kurzer Entfernung folgte und als sie endlich das Palma'sche Haus erreichte, schlüpfte sie, ihrer Meinung nach unbemerkt hinein und stürmte hinauf in ihr Zimmer, wo sie ganz erschöpft in einen Sessel sank. Hettie, welche mit dem Einräumen frischer Wäsche beschäftigt war, erfchrack, als sie Regina's totbleiches, sckmerzdurchwnhltes Angesicht sah und der jungen Dame ein Glas Wasser reichend, sagte sie besorgt:
„Fräulein Regina — Sie sind so bleich wie das Bettuch hier in meiner Hand — trinken Sie einen Schluck frischen Wassers."
Gehorsam trank Regina und dann sagte sie erklärend;
„Ich bin wahrscheinlich zu weit gegangen und fühle mich sehr matt und angegriffen. Ist Frau Palma zu Hause?"
„Gewiß, Fräulein — die ganze Familie geht heure Abend auf den Ball zu Fräulein Tarrant und zum Essen werde» mehrere Gäste erwartet. Welches Kleid soll ich Ihnen zurechtlegen, Fräulein?"