3S1
„Gar keines. Hettie — ich kann nicht "bei Tisch erscheinen — ich werde mich zu Bett legen. Entschuldigen Sie mich, wenn Frau Palma nach mir fragen sollte. Wo ist denn Fräulein Olga?"
„In ihrem Zimmer — der Friseur kam vorhin, um ihre Ballfrisur zu ordnen. Fräulein Olga hat den ganzen Tag über geschlafen, um für den Abend frisch zu sein und jetzt steht sie ganz prächtig aus. Schade, daß Sie noch nicht auf Bälle gehen dürfen, .Fräulein Regina."'
(Fortsetzung folgt.)
Vermischtes.
— Das strenge Gebot der Sonntagsruhe hat inBerlin, wie die dortigen Blätter melden, ein unmittelbar an der Rixdorfer Grenze wohnbafter Berliner Bäckermeister in folgender Weise zu umgehen verstanden. Die an einandergrenzenden Gemeindebezirke Berlin 'lind Rixdorf haben verschiedene Kirchzeiten, Berlin von 10 bis 12 Uhr, Rixdorf von 9 bis 11 Uhr. Der findige Bäcker hat nun einen zweiten Laden auf Rixdorfer Gebiet gemietet, in welchem er von 11 Uhr ab Gebäck verkauft. An seinem Berliner staden befindet sich ein darauf hinweisender Anschlag, daß von 9 bis 10 Uhr der Berliner Laden für Kunden geöffnet sei. Der Mann soll ein sehr gutes Geschäft machen.
— Eine fidele Ho chzeitsfeier ohne Brautpaar wurde in Karlsruhe abgehalten, und das kam so: Nach langem Marien auf diesen -wichtigen Lebensschritt war endlich für ein Brautpaar der Tag gekommen, an welchem der Standesbeamte seines Amtes walten sollte. Bis zur Treppe des Standesamtes war man gekommen, da plötzlich machte der Bräutigam Kehrt und folgte seinem Herrn Papa, welcher -nur der Heirat seines minderjährigen Sohnes nicht einverstanden war. Die Hochzeitsgäste machten verdutzte Gesichter, die Braut fiel in Ohnmacht, das Beste, was sie in diesem Falle thun konnte. Später gelang es vereinten Ueberredungskünsten, den fahnenflüchtigen Bräutigam umzustimmen, zur Trauung aber wars zu spät. Um das Hochzeitsmahl zu retten, wurde nun vergnügt die Hochzeit gefeiert, die Trauung wurde ein paar Tage später nachgeholt.
— (Die höchsteBrückeinDeutsch- land.) Man schreibt der Frkf. Ztg. aus Elberfeld: In kurzer Zeit wird mit dem Bau einer Brücke begonnen werden, die bei Müngsten das Ruhrthal überschreiten, in der Trace der neuen Solingen-Remscheider Eisenbahn liegen und zugleich die höchste Brücke sein wird, die bis jetzt in Deutschland gebaut worden ist. Die Pfeilerhöhe derselben wird nämlich nicht weniger als 103 Meter betragen, während die Länge auf 500 Meter vorgesehen ist. Die Kosten dieses Baues, der in zwei Jahren vollendet sein muß, belaufen sich auf zwei Millionen. Die Ausführung ist der Brückenbauanstalt Gustavsburg bei Mainz übertragen.
— Einem Wiener Blatt entnehmen wir folgende lehrreiche Geschichte vom alten Kurfürsten von Hessen: Vier Vorgesetzte und Gemeindsmänner kamen zu ihm, um sich über zahllose Schikanen eines Schulzen zu beschwere», der schon in seiner dritten Amtsdauer stand. Als sie eine lange Liste von Beschwerden zum Besten gegeben, ließ der Kurfürst den Profoß kommen und beauftragte ihn, jedem der Kläger zehn kräftige Stockstreiche zu verabfolgen. Entsetzt und bestürzt fragten die Viere, warum sie, die doch zu klagen hätten, nun noch Schläge kriegen soll
ten. „Weil ihr diesen Schulzen schon zweimal freiwillig wiedergewählt habt!" erwiderte barsch der Kurfürst.
— Wien, 18. Aug. Von einem scheußlichen Mädchenhandel berichtet das „Wiener Tagblatt": Die Wiener Behörden wurden durch die österreichische Botschaft in Konstantinopel auf das Treiben eines Mädchenhändlers aufmerksam gemacht: er heiratet seine Opfer und verkauft sic sodann! Vor kurzem erschien im dortigen Botschaftsgebäude eine junge Frau und bat thränenden Auges um Schutz. Sie gab an, daß sie Olga Püß geborene Jampol, heiße, die Gattin des Wiener Getreidehändlers German Püß und soeben aus dem Harem eines Kaffeehändlers entflohen sei. Auf die Frage, wie sie als Gattin eines Wiener Getreidehändlers in einen Harem komme, erzählte die außerordentlich schöne Frau ihre Leidensgeschichte. Im heurigen Frühjahr kam nach dem Dorfe Jablonowska des Lubliner Goumrnements, ihrem Heimatsorte, ein fremder Mann, der sich in ihrem Elternhause als German Püß einführte und angab, ein reicher Getreidehändler in Wien zu sein. Nach kurzer Bekanntschaft warb er um Olgas Hand und kurz darauf fand die Hochzeit statt. Der angebliche German Püß machte mit seiner jungen Frau die Hochzeitsreise über Wien, wo nur auf wenige Stunden Aufenthalt genommen wurde, nach — Konstantinopel. Hier befand sie sich, als sie eines Morgens erwachte, in einem fremden Haus-, unter ihr ganz unbekannten Leuten. Wie sie dahin geraten, das konnte sie nicht angeben. Sie wollte aus der Wohnung eilen, doch wurde ihr bedeutet, daß sie als —, Sklavin eines hohen türkischen Beamten das Haus nicht so ohne Weiteres verlassen könne. Nun wurde der Unglücklichen erst klar, daß sie das Opfer eines Schwindlers geworden sei und sich in einem Harem befinde. Von dort aus wurde sie mehrmals in andere Harems verkauft, wo sie vielfach Mißhandlungen ausgesetzt war, weil sie mehrmals vergebliche Fluchtversuche machte. Der letzte ist geglückt. . . . Sollte man eine solche Geschichte am Ende des 19. Jahrhunderts noch für mögbch halten dürfen?
— (Hineingefallene Kirchendiebe.) In Montpellier wurden kürzlich Nachts in der dortigen Kirche Notre-Dame des Tables die Kronen der Mutter Gottes und des Jesuskindes gestohlen. Die Diebe, die sich wahrscheinlich bei Einbruch der Nacht in der Kirche verborgen hatten, und sich bei der Frühmesse hinausfchlichen. dürften sich aber schwer getäuscht haben. Sie glaubten ohne Zweifel, wegen des Festes Mariä Himmelfahrt wären die heiligen Bilder mit dein kostbarsten Schmuck angethan worden; das war aber ein Jrrthum, die Kronen sind nicht aus Gold, sondern aus vergoldetem Silber und die Steine falsch.
— In Rußland gibt es eine Bojarenfamilie, die, da sie sich noch bis zum heutigen Tage im Besitze unantastbarer Vorrechte befindet, sich dem Willen des Zaren nicht zu unterwerfen braucht. Es handelt sich um die Familie Klutscheroff,die dasLandgut Tscholonnyi im Bezirk Powenez (Gouv. Olonez) bewohnt. Die Klutscheroffs stammen von einem Dorfpriester ab, der der Mutter des ersten Zaren aus der Dynastie Romanoff, der Bojarin Martha, zur Zeit ihrer Verbannung große Dienste geleistet halte. Zur Belohnung wurden ihm später Krongüter und die Würde eines Bojaren verliehen, und in der vom Zaren Michael Feodorowitsch ausgestellten Schenkungs- und Ernennungsurkunde heißt
es, daß niemals Staatsbeamte zu dem Hause und den anderen Besitzungen der Klutscheroff Zutritt haben sollten. Die Klutscheroffs bewahren diese Urkunde in einem kostbaren Kästchen auf und verweigern auf Grund derselben der Polizei den Eintritt in die zu dem Domanialgute gehörigen Gebäude; ferner sind sie vom Militärdienst befreit und brauchen keine Steuern zu zahlen. Obwohl der gegenwärtige Chef der Familie ziemlich gebildet ist und eine reichhaltige Bibliothek besitzt, kleidet er sich doch und lebt wie ein gewöhnlicher Bauer.
Lokales.
Wikdöad, 24. Aug. Die telephonische Verbindung zwilchen Stuttgart und Wildbad ist nunmehr fertiggestellt und wird morgen dem Betrieb übergeben werden. Die angestellten Versuche sind sehr gut ausgefallen, die Leitung funktioniert vorzüglich, selbst auf größere Entfernungen wie München konnte jedes Wort klar und deutlich vernomm en werden. Wir sind jetzt in den Stand gesetzt mit den Städten Eßlingen, Gmünd, Heilbronn, Ludwigsburg, Schorndorf, Stuttgart, Rottweil, Reutlingen, Tübingen, Ulm, sowie Pforzheim, Mannheim, München, Augsburg u. a. telephonisch zu verkehren. Weitere Anschlüsse werden später noch folgen. Das Telephonamt ist auf dem Telegraphenbureau eingerichtet. Die Taxe beträgt für je 5 Minuten Sprechzeit in Württemberg 50 Pfg., nach Pforzheim 1 Mark, nach Mannheim 3 Mark. Diese neue Einrichtung ist im Interesse von Kurgästen und Einwohnern mit Freuden zu begrüßen.
Nr. 3t3 des praktischen Wochenblattes für alle Hausfrauen „Fürs Haus", herausgegeben von Clara von Studnitz, enthält als Wochenspruch:
Kannst Du nickt Dombaumeister sein. Behaue als Steinmetz Deinen Stein;
Fehlt Dir auch dazu Geschick und Verstand: Trage Mörtel herbei und Sand!
Die neueste Nummer von „Fürs Haus" beginnt mitobigem Wochenspruch. Daran schließt sich der Artikel „Wie schützt man eingemachte Früchte vor dem Verderben?" und das reizende Gedicht „Die tote Nachtigall." In kurzen Worten wird uns die Lebensweise der Orientalen geschildert. Der Aufsatz „Wie kann gebläuter Zucker im Haushalt unschädlich gemacht werven?" bietet unser» Hausfrauen Gelegenheit, sich eine dem künstlichen Fruchtähnliche Masse von Honigbestand zu bereiten. Ferner folgt die Fortsetzung der hochinteressanten Novelle „Eine Liebe in den Tropen," welche in fesselnder Weise die Sitten eii.es australischen Jnselvolkes schildert. Hervorzuheben sind noch die nutz- und lehrreichen Rubriken „Für den Erwerb," „Reise," „Sommerfrische/Handarbeit," „Für die Küche," „Fernsprecher," „Entgegnung,"„Echo," „Briefkasten," „Fürs kleine Volk," eine den Kindern gewidmete Beilage, wird stets mit Jubel von der kleinen Welt beglückt. „Fürs Haus" ist zu beziehen durch die Geschäftsstelle von „Fürs Hans", Berlin 8^V. 68, sowie durch jede Buchhandiung für den Preis von 1 Mk. vierteljährlich.
vsI Veäsrr v.
oävr isösr vsrlkvx»
vrsir äa8 mit Ävvr 2600 Xddilämr- xen in Or!xiv»ixrösss verssksus von
örüäer OvNinkvr ür Ulm a. V. ^Visnsr RLuok» QtvQsiirsL-k'Ldrik. Ltsts äas Nsusstv. Killissito Ls» üismuux. ÄLr kLr ^isäsrvsrkLnkvr'