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Armee wendet.Ich habe aus den mir von kommandierenden Generälen eingereichten Nach- Weisungen über die Bestrafung wegen Miß­handlung Untergebener ersehen, daß die Be- stimmungen der Ordre vom 1. Febr. 1843 noch nicht durchweg in dem Geiste aufgefaßi und gehandhabt werden, in dem sie gegeben worden sind. In meiner Armee soll jedem Soldaten eine gesetzliche, gerechte und würdige Behandlung zu Teil werden, weil eine solche die wesentlichste Grundlage bildet, um in dem­selben Dienstfrcudigkeit und Hingebung an den Beruf, Liebe und Vertrauen zu den Vorge­setzten zu wecken und zu fördern. Treten Fälle von fortgesetzten systemalischen Mißhand­lungen Untergebener hervor, so haben mir die kommandierenden Generäle bei Einreichung der Nachweisungen zu berichten, welchen Vorge­setzten die Verantwortung mangelhafter Be­aufsichtigung trifft und was ihrerseits gegen denselben veranlaßt worden ist. Sie haben hicnach das Erforderliche zu veranlassen und den kommandierenden Generälen auch die Be­merkungen, zu welchen mir die letzten Nach­weisungen Anlaß gegeben haben, zugehen zu lassen. Berlin, den 6. Febr. 1890. Wilhelm.! An den Kriegsminister.

Die 4 ältesten kaiserlichen Prinzen haben sich durch ihrer Hände Arbeit ein an­sehnliches Sümmchen verdient und dasselbe zu einem Geburtstagsgeschenk für ihren kaiserlichen Vater verwandt. Im letzten Herbst erfuhr der Kronprinz, daß das Wild in den könig­lichen Forsten, während der Winterzeit außer mit Heu auch mit Kastanien und Eicheln ge­füttert wird. Dies brachte ihn auf einen Ge­danken, welchen er auch sofort se'nen 3 ältesten Brüdern mitteilte. Tags darauf sah man sämt­liche 4 Prinzen Mit Körben und Schubkarren ausgerüstet in dem Park vom Neuen Palais umherfahren und Kastanien und Eicheln ein­sammeln. Die Arbeit wurde wochenlang fort­gesetzt und schließlich mit dem Oberjägermeister Heinze ein Abkommen dahin getroffen, daß der­selbe den Scheffel Eicheln oder Kastanien für 4 Mark ankaufe. Dies ist denn auch geschehen und die königl. Prinzen, welche beim Einmessen ihres Handelsartikels sehr genau aufgepaßt haben sollen, erlangten so die Mittel, um den Kaiser mit einer besonderen Geburtstagsgabe über­raschen zu können.

Das neue Mili tärzelt, das in der Kommissionssitzung des Reichstags vorgezeigt wurde, besteht nach derK. Z." aus zwei quadratischen, dicht gewebten Baumwolltüchern, die an den Seiten mit Messingknöpfen ver­sehen sind. Je 2 dieser Tücher werden von einer Seite zusammengehackt und über zwei Stöcke gezogen und am Boden mit je drei Pflöcken befestigt und bilden das Zelt für 2 Mann. Durch Zusammenhacken von 3, 4 oder mehr Tüchern, können größere und auch lustigere Räume hergestellt werden. Das Tuch ist auch als Regenmantel vortrefflich benutzbar. Es wird wasserdicht durch das Anschwellen der Baumwollfäden, sobald sie feucht werden. Das Tuch mit einem Stock und 3 Pflöcken wiegt 1600 Tramm, belastet den Mann mit etwas über 3 Pfund. Durch Ersatz des Messings durch Aluminium hofft man das Gewicht um 200 Gramm zu vermindern.

Dr. Mezger, der Massagearzt aus Wiesbaden behandelt die Zarin täglich 2mal. Sein tägliches Honorar beträgt, wie aus St. Petersburg berichtet wird, 1400 Mark außer den Reisekosten. Derselbe bleibt noch einen Monat in Petersburg.

In militärischen und andern Kreisen «rregt ein Vorfall, der aus Warschau ge­meldet wird, viel Aufsehen. Ein Artillerie­

oberst, der bei seinen Untergebenen als Leute­schinder ungemein verhaßt war, trat jüngst an seine Truppe heran und bot ihr einenGuten Morgen." Es blieb aber sauf vorherige Ver­abredung) alles stumm. Der Oberst trat nun­mehr an den ältesten Unteroffiziersfeldwebel und bot diesem persönlich den Morgengruß. Als der Gruß unerwidert blieb riß der Oberst einen Revolver hervor und schoß den Unter­offizier nieder. Darauf trat er an einen zwei­ten Avancierten, dort wiederholte sich derselbe Vorgang; auch ihn schoß der Oberst nieder. Dann trat er vor die Mitte der Front und entbot nochmals der gesamten Truppe den Morgengruß. Jetzt erfolgte die Antwort in vorschriftsmäßiger Weise

Lc> k ate s.

Wildbad, 13. Febr. Em sehr bedauer­licher Ung ücksfall ereignete sich in der gestrigen Nacht Anwalt Günthner von Sprollen­haus, welcher nachmittags Langholz nach Calmbach geführt hatte, wurde heute früh an der Böschung h»ue> der hiesigen Gasfabrik, tot unter seinem Wagen liegend, aufgefunden Derse.be hatte sich gestern Abend gegen 10 Uhr auf den Heimweg begeben uno mußte unterwegs eingeschlafen sein. Beim Aufgang zum hiesigen Bahnhöfe schlugen die Pfe.de vermutlich die Richtung nach d.m Holzlager­platze e il, fuhren demselben entlang über den Bahnübergang nach der Esielsklmg und ge­langten aus den freien Platz m der Nähe des Wegs, welcher zur Paulinrnhöhe führt. Dort stürzten sie die rechtzeitige Böschung hinab, der Wagen überschlug sich und begrub den Besitzer unter sich. Fuhrmann K. von hier, welcher heute früh nach 7 Uhr thalabwärts fuhr, wurde nun durch das Wiehern d,r Pferde, von denen sich eines vom Wagen los- geriffen hatte, aufmerksam und entdeckte beim Näher kommen den Verunglückten unter dem umgestürzten Wagen. Ein Rad stand auf dessen Uuterleibe, die schweren Ketten und die Winde lagen auf dem Gesichte desselben. K holte nun weitere Hilfe herbei. Der Arzt konnte nur de» bereits eingetretenen Tod kon­statieren Das Bedauern mit dem so jäh aus dem Leben Geschiedenen und dessen schwerge­prüften Frau ist allgemein, umsomehr als letztere seit längerer Zeit leidend und erst letzten Herbst kurz nach einander drei Kinder durch de» Tod verloren hat.

Der Mrcrrrö des Kotes,' WoyaL in Wewyork.

Der Brand desHotel Royal" stellt sich als eine der schrecklichsten Feuersbrünste in der Stadt Newyork während der letzten Jahre heraus. Das Feuer ist im Keller entstanden und um 3 Uhr morgens bemerkte der Ma­schinist das Feuer im Aufzuge, welcher sich fast in der Mitte des Gebäudes befand. Der Maschinist eilte zu der nur wenige Schritte entfernten Slgnalstation und gab der Feuer­wehr ein Alarmzeichen. Gleichzeitig wurden die Flammen von dem Nachtwächter des Hauses entdeckt, allein cs war zu spät, um noch alle Gäste von der ihnen drohenden Gefahr zu unterrichten. Die Hochbahn geht an dem Hotel vorbei und als der Lokomotivführer eines vorbeifahrenden Zuges die Flammen sah, hielt er den Zug an und ließ seine Dampf­pfeife so laut als möglich ertönen. Hiedurch wurden die schlafenden Gäste und die Leute der Nachbarschaft auf die Gefahr aufmerksam gemacht. Mit Blitzesschnelle verbreitete sich das Feuer ins Erdgeschoß und von dort über die breiten Hausgänge und die weilen Luft-

fchachte nach oben. Eh« der erste Tropfen Wasser vou einer Feuerspritze in die Flammen gesandt werden konnte, brannte schon das Dach des mächtigen, teils 7- teils 6stöckigen Hauses. Die Schachte, durch welche die Aufzüge, die l'kts und slsvators gehen, sind bei Feuers - brünsten gefährlich ; die Flammen schlagen so­fort in die Höhe und fressen Alles auf. Der große Gasthof war zur Zeit des Brandes voll­ständig besetzt. Nur 2 Fremdenzimmer waren leer, 172 waren vermietet, darunter ein großer Teil an Schauspieler und Schauspielerinnen. Die Leute sino teils in ihren Betten verbrannt oder erst ckt, teils erst cklen sie auf dem Wege sich zu reiten in de» raucherfüllten Gängen, teils brachen sie bei den Versuchen, aus den Fenstern und von den Balkons auf die Straße zu gelangen, den Hals Nur denjenigen die durch irgend emen Zufall kurz nach Entstehung des Feuers aufgewacht oder geweckt worden gelang es, das nackte Leben zu retten. Alle Möbel, alle Habe des Wirtes und der meisten Gaste, alles ist verbrannt. Als die F uerweyr ankam, etwa 15 Minuten nachdem das Feuer eu deckt worden war, hatten die Flammen sich bereits so we t ausgebrenet, » die Feuer­wehrleute sich weniger m>t dem Löschen ses Feu. is, als mit der R ttung der einzelnen Personen zu beschäftigen batten. An den Fenstern standen die Bedrohten und riefen um Hilfe. An der Rückwand des Hotels be­fanden sich R ttungsleuern, n chi aber zur Straße hin. Viele Gäste entkamen auf tnn elfteren in den Hof, allem diejenigen an den vorderen Fenstern hatt.n keine Aussicht auf Rettung als durch die Feuerwehr. Der Eigentümer des Hotels gab dem Korrespon­denten der Times folgendejZchlloerung:Um 1 Uhr ging ich mit meiner Frau zu Bett. Alles war m bester Ordnung- nirgendwo das An;echen von etwas Verdächtigem. Unser Schlafzimmer war nach dem Hof zu auf der zweiten Etage. Als ich einige Zeit geschlafen hatte, cs mochte etwa 1 Stunde nach dem Zu­bettgehen verflossen sein, glaubte ich eine Stimme zu hören, die mich anrief. Ich war aber so müde, daß ich fortschlief; die Stimme tönte nur gewissermaßen innerlich an mich. Dann wurde ich wacher, ein Arm berührte mehrmals meinen Kopf, ich hörte die Stimme meiner Frau, sic riei. 'Bbs Horms is on ür«. Entsetzt sprang ich auf und zog wie mechanisch meine Unterhosen und meine Pantoffeln an. Dann stürzte ich hinaus. Der ganze Haus­gang war voll erstickenden Rauches. Ich rief nach meiner Frau; sie hatte einen Unterrock ungezogen und stand mit nackten Füßen bei mir, immer blrs b7rs rufend. Der gräßliche Ruf ertönte gleichzeitig von oben und von unten durch die Gänge-und von den Treppen, auf welchen die Flammen mit dem Rauch kämpften. Hier und da eine Gestalt, welche durch die Feuernebel rannte. Wie im Traum ist es mir, als hätte ich auch welche Hinein­stürzen sehen. Aus dem Schachte des Per­sonenaufzugs schoßen breite Fcuerströme her­aus und bestrichen, wie Peletonfeuer, den ganzen Hausgang. Ich wollte ins Zimmer zurück, um mein Geld zu nehmen, meine Frau aber faßte mich beim Arm und rief immer: 6omms, somws. Ich lief mit ihr zum Trep­penhaus, neben uns andere halbnackte Gestal­ten, alles unter wildem Geschrei, verzweifelt entsetzt, fast ohne Besinnung. Die Treppe war noch da, aber breite Flammen schlugen uns entgegen, vermischt mit Rauch, der uns beinahe erstickte.Springe", rief ich meiner Frau zu und sprang über das Geländer hin­unter, kam auf meine Füße, sprang von dem ersten Siock ins Erdgeschoß und kam auf die