Amts- und Anzeige-Patt für Wildbad and Umgebung,

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Uro. 123.

Wocherr-Run-schau.

In der Gruft unter der Kapelle des alten Schlosses in Stuttgart, welche König Karl schon zu Anfang seiner Regierungs- zeit erbaut, schläft der verewigte König der Aufeiftehung entgegen. Der Kaiser und alle die andern hohen Fürstlichkeiten, welche zur Beisetzung König Karls nach Stuttgart ge­kommen waren, sind wieder abgereist und die württembergische Hauptstadt beginnt wieder ihr Alltagsgcsicht anzunehmen Das vor 8 Tagen an dieser Stelle erwähnte Manifest K ö n i g W i l h e l m s II,, hat wegen der Stelle von der unerschütterlichen Treue zu den Berirägen, die unser deutsches Vaterland begründeten, das Mißfallen der Berliner Na- tionalzeilung erregt, welche gewünscht hätte, daß an dieser Stelle die Reichsverfaffunq ge­nannt worden wäre. Diese Silbenstechcrci ist ebenso anmaßend als einfältig. Ein deutscher Bundesfürst braucht nicht auf die Rcichsver- fafsung zu schwören, es genügt vollständig, wenn er treu die Verträge hält, auf welchen die Neichsverfassung aufgcbaut ist Finanz- minister von Renner hat wegen hohen Alters und Krankheit den König um seine Pensionierung gebeten, welche ihm der König auch mittels eines sehr gnädigen, die großen Verdienste des zurücktretenden Staatsmannes aufs wärmste anerkennenden Handschreibens gewährte. Zum Nachfolger des Herrn Staatsminister v. Renner wird der bisherige Herr Staatsrat von Riecke, ein sehr geschäftstüchtiger Beamter, ernannt. Auch der greise Oberststallmeister Graf Tauben- hrim hat sich in den Ruhestand begeben. Sein Nachfolger ist noch nicht ernannt. Das ganze Staatsministerium hat dein Herkommen gemäß, dem neuen König seine Entlassung an­geboren, welche dieser aber abgelehnt hat. Seit dem Regierungsantritt des jetzigen Königs meldet ein sog. Hofbericht,, wie dies in Preußen üblich ist, in den Blättern, was der-König jeden Tag gearbeitet hat. Diese Neuerung ist nicht ohne Interesse, weil sie vielfach irrige Meinungen >m Volke über die Geschäftsauf­gaben eines Monarchen gründlich zerstreuen wird.

Der deutsche Kaiser hat bei seiner Rück­kehr aus Stuttgart zunächst die elektrische Ausstillung in Frankfurt a. M. und dann seine Mutter, die Kaiserin Friedrich, in Homburg v. d, H,, besucht und ist dann in das neue Palais bei Potsdam zurückgckehrt. Ob der Kaiser, wie neuerd ngs mit großer Bestimmtheit verlautet, den Besuch des russischen Zaren bei dessen Rückkehr von Kopenhagen nach Petersburg erhalten wird, bleibt abzuwarten. Auch der russische Minister von Gidrs, welcher gegen­wärtig in Italien weilt, soll auf seiner Rück­reise Berlin berühren und mit unserem Reichs­

SarnsLcrg, 17. Oktober 189 k

kanzler konferieren wollen. Es ist nicht un­möglich, daß der Zar und sein Minister gleich­zeitig in Berlin eintreffen werden. Sämt. liche deutsche Blätter widmen dem verstorbenen Köwg Karl warme Nachrufe; ebenso aner­kennend besprechen sie die ersten Regierungs­handlungen unseres neuen Königs Wilhelm, namentlich dessen Befehl an den Justizminister, ihm Vorschläge betreffs eines umfangreichen Gnadenaktes zu machen, wobei in erster Reihe diejenigen Gefangenen zu berücksichtigen sind, welche aus Not sich Vergehen gegen fremdes Eigentum zu schulden kommen ließen und in den Gefängnissen sich gut aufführen. Bei einem preußischen Garderegiment werden gegen­wärtig Versuche gemacht, bei einem Bataillon lauter Rekruten einzustellen, in ein zweites Bataillon lauter Soldaten, welche schon ein Jahr gedient, in das dritte lauter Soldaten, welche schon 2 Jahre gedient haben. Diese Versuche sollen den Nachweis liefern, ob für die Infanterie eine 2jährige Dienstzeit cinge- führt werden kann oder nicht. Auf diese Art wird die vielumstrittene Frage am einfachsten und praktischsten gelöst. Gleich mit der ganze» Armee derartige Versuche anzustellen wäre bei den jetzigen Zeitläufen sehr bedenklich. Be­währt sich dieser Versuch bei dem einen Regi­ment , dann kann man ihn getrost auch bei der ganzen Armee wagen. Die Einführung des rauchschwachen Pulvers, mit welchem man auf so große Entfernungen schießen kann, ohne daß der beschossene Truppenteil gleich weiß, wo der Gegner steht, macht voraussicht­lich eine völlig veränderte Uniformierung der ganzen Armee notwendig. Es kommt dabei hauptsächlich darauf an, die Truppen dem Feinde von der Ferne möglichst wenig sichtbar zu machen.

Ter österreichische Finanzminister hat letzter Tage im Reichsrat das Finanzex- pose bezw, de» Voranschlag der Staatsein­nahmen und Ausgaben vorgctragcn. Hicnach crgiebt sich ein Ueberschuß von über scchs- hunderttauscnd Gulden statt des vorher ge­fürchteten Defizits. Kaum ist der Kaiser Franz Joseph von Prag nach Wien zurückge­kehrt, so fangen dieselben Czechen, welche dem Kaiser gegenüber so große Loyalität heuchelten, wieder an, die Deutschen zu insultieren und Lärmszenen aller Art aufzuführen.

Die französischen Minister, welche der Enthüllung des Garibaldidenkmals in Nizza beiwohnten, haben den Italienern vhrasenreiche Komplimente gesagt, finden aber sogar bei den italienischen Radikalen keine Gegenliebe und noch weniger bei der großen Mehrheit des italienischen Volkes. Die Ita­liener können den Franzosen den Handstreich gegen Tunis nicht vergessen.

27. latii'gsng.

In Irland scheint die streng parncl- litische Partei seit dem Tode ihres Führers, der mit großartigem Pomp in Dublin be­erdigt wurde, wieder bedeutend in der Zu­nahme begriffen zu sein. Eine Einigung der irischen Abgeordneten und Parteien steht heute weniger als je in Aussicht, was dem Mini­sterium Salisbury recht erwünscht sein mag. Die Engländer haben den türkischen Sul­tan ob mit Geld oder mit Drohungen bleibt dahingestellt wieder ganz auf ihre Seile herüberbekommen und sind dadurch des Alpdrückens wegen der Räumung Egyptens vorläufig wieder losgewordcn.

Der italienisch e Ministerpräsident Rudini hat mit dem russischen Minister des Auswärtigen, Herr von Giers, in Pallanza lange Unterredungen gepflogen, welche sich ohne Zweifel auf das Verhältnis des Drei­bundes gegenüber Rußland bezogen haben. Hoffentlich ist es Rudini gelungen, seinen russischen Kollegen über die friedlichen Ab­sichten des Dreibundes vollständig aufzuklären.

Obgleich die neue russische Anleihe in Frankreich vollständig gezeichnet, angeblich sogar überzeichnet worden, kündigt der russische Finanzminister bereits die Ausgabe einer vierten Serie von je 25 Millionen Rubel in Bank­noten an. Außer dem Anlcihebctrag von 500 Millionen Franken ist also die russische Staatsschuld um weitere 100 Millionen Rubel, also insgesamt um eine Milliarde Francs ver­mehrt worden. Das bedeutet für den Frieden nichts gutes und zu allem hin fängt die russische Presse jetzt wieder an, über Bulga­rien herzufallen. Die gesamte Geschäftswelt Europas darf nicht zu Atem und die fried­liebende Welt nicht zur Ruhe kommen. Das ist der Wille des ..heiligen" Rußland!

Württemberg.

Se. Maj. der König hat nach dem St.A. an den Staatsminister Dr. Frhrn. v. Mittnacht folgendes Handschreiben gerichtet: Stuttgart 12.Okt. 1891. Mein lieber Präsi­dent des Staatsministeriums Staatsminister Dr. Frhr. v. Mittnacht! Es sind mir aus Anlaß des Hinschcidens Seiner Majestät des in Gott ruhenden Königs Karl, Meines viel­geliebten Herrn Oheims, aus allen Teilen des Landes, von Städten, Landgemeinden, Kor­porationen, Vereinen und Privatpersonen Bei­leids- und Huldigungstclcgrammc rc., sowie Zuschriften in außerordentlich großer Anzahl zugegangen. Ich bin von diesen Kundgebungen treuer Anhänglichkeit und Lübe in diesen für Mich und Mein Haus so schmerzlichen Tagen tief gerührt und beauftrage Sie, da es un­möglich ist, für jede Tellnahmebezeugung ein­zeln zu danken. Meinen innigen und herzlichen