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Württemberg.

Se. Majestät der König hat u. A. nachstehende Orden und Medaillen zu ver­leihen geruht: Das Ritterkreuz 1. Klasse des Friedrichs-Ordens dem evang. Dekan Kranz in Neuenbürg; dem Medizinalrath Dr. A. Burckhardt, Stuttgart. Die silberne Zivilverdienstmedaillen dem Bade­wärter Wilh. Wendel und Wilh. Schmid, Wildbad; dem Forstwächter Belkle, Oberlengenhardt, Forsts Neuenbürg.

Nachdem der Gesundheitszustand Sr. Mas. des Königs sich in letzter Zeit anhal­tend gebessert hat, so ist die Uebersiedelung von Friedrichshafen nach Schloß Bebenhausen aus Samstag abend den 19. ds. Mts. in sichere Aussicht genommen. Der Aufenthalt des Königs dortselbst wird bis Mitte Oktober währen und alsdann das königliche Hoflager nach Stuttgart verlegt werden, wofern das Befinden des Königs nicht eine Reise nach dem Süden als angczeigt erscheinen läßt.

ßanustatt, 8. Sept. Heute wurden die Plätze für Schaubuden und Schaustellungen über die Dauer des Volksfestes im öffentlichen Aufstreich verkauft; es beträgt der Gesamt­erlös hiefür 10 268 Mk. 50 Pf. An be­sonders erwähnenswerten Schaustellungen wer­den vertreten sein: 2 Hippodrome, eine Drahtseilbahn, ein Dampfkarussel, eine Berg­bahn, anat. Museum, Theater Wallend«, und Kunstausstellung. Dazu kommen noch Russische Schaukeln, Ringwerf- und Spiel­werfspiele, viele Karussele, Schnellphotogra- phien, Kegelbahnen u. s. w., so daß die Sehenswürdigkeiten und Belustigungen so zahlreich sind wie je.

tzalw, 8. Sept. In unserer Stadt herrscht ein bewegtes militärisches Leben. Wir haben Einquartierung von allen Waffengattungen erhalten, nämlich 1. und 3. Bat. Jnf.-Regls. Alt-Württemberg Nr. 121, 1 Schwadron des Drag.-Reg. Königin Olga Nr. 25, 4. Abt. des Feldart. - Regts. Nr. 29 Prinzregent Luitpold von Bayern und die 3. Pion.-Komp., sämtl. oer 52. Brigade angehörend. Diese manövrirte gestern und heute bei Weil der Stadt unter Leitung des Gen.-Majors von Dettinger und in Anwesenheit des Kriegs­ministers. In der letzten Nacht wurde bei Simmozhcim biwakirt, morgen Mittwoch ist Rasttag, am 10. und 11. werden die Brigade­manöver in der Richtung gegen Weil der Stadt fortgesetzt.

Stammheim, 8. Sept. Gestern Abend 10 Uhr wurde nach der Ludwigsb. Ztg. die Einwohnerschaft durch das Feuerzeichen erschreckt. In der Scheuer des Ehr. Bäßler, gegenüber dem Rathaus gelegen, war ein Brand ausge­brochen. Der rasch herkeigeeiltcn Feuerwehr, unterstützt durch die bedeutende Hilfeleistung der Wasserträgerinnen, gelang es, die rechts und links des Brandobjekts gelegenen beiden Wohnhäuser zu retten, während die mit Ern- leerträgen gefüllte Scheuer gänzlich nicder- brannte.

Happingen, 8. Sept. Ein neuer räube­rischer Ueberfall ist wiederum aus hiesiger Gegend zu berichten. Eine Frau von Gam­melshausen, welche auf dem Wege nach Göp­pingen war, wurde zwischen hier und Heinin­gen auf der Landstraße gestern Morgen von drei Männern angefallen, die sich in Beglei­tung zweier Dirnen befanden. Sie wurde niedergeworfen und mit Erschießen bedroht, wenn sie ihr Geld nicht hergäbe. In der Tasche ihres Kleides hatte sie einen ganz ge­ringfügigen Betrag, der ihr abgenommen wurde, während 50 Mk., welche sie im

Unterrocke bei sich führte, von den Strolchen- nicht entdeckt wurden. Die hiesige Polizei- und Landjägermannschaft fahndet eifrig nach den Straßcnräubern.

Keikbrsnn, 10. Nach einem Extrablatt der Heilbronner Zeitung hat O.B.M. Hegrl- maier sein Gesuch zurückgezogen. Er werde schon Anfang nächster Woche sein Amt wieder antreten, die gegen seine Geschäftsführung in der letzten Zeit vom Gemeiuderat erhobenen Bezichte aktenmäßig als grobe Unwahrheiten Nach­weisen und seineBeleidigcr zur Rechenschaft ziehen.

Rundschau.

Karlsruhe. 7. Sept. Heute vormittag brach in der hiesigen Eisenbahnbetricbswerk- stättc, welche ca. 250 Arbeiter beschäftigt, ein Streik aus. Derselbe entstand durch Abzüge, welche sich die Arbeiter nicht gefallen lassen wollten. Sic standen einmütig zu­sammen und erklärten, nicht weiter zu arbei­ten, wenn sie den Ausfall erleiden sollten, den ihr heute zurückgekommcnes Arbeitsbuch auswies. Durch Vermittelung des Maschi­neninspektors gelang es, die Streikenden zur Fortsetzung der Arbeit zu bewegen, nachdem ersterer Regelung der Angelegenheit zur Zu­friedenheit der Beteiligung in Aussicht stellte.

Das Mitglied des ersten Karlsruher Bicykle-Clubs, E l w i n Vater, hat bei dem internationalen Radwettfahren in Köln den Preis alsMeisterschaftsfahrec von Europa" errungen. Er erhielt den Hauptpreis von 500 Mark nebst goldener Medaille.

Aus Gppenau, 8. Sept. wild der Bad. Landpost geschrieben: In der Sägemühle des verstorbenen Franz Müller brach am 6. September auf bis jetzt noch nicht aufgeklärten Weise ein Brand aus. Dieselbe, mit Kübler- werkstätte und Dreschcrei, in welche gegen 4000 Garben und große Vorräte an Säg- spähnen aufgehäuft waren, und daran an­schließend das Wohnhaus, waren in 5 Min. ein einziges Flammenmeer. Ein Säger, welcher mit seinem Kollegen, sowie zwei Lehrlingen im zweiten Stock des Wohnhauses schlief, merkte den Brand erst, als es höchste Zeit zum entfliehen war; derselbe weckte seinen Kame­raden und sprang sofort zum Fenster hinaus, die anderen wollten sich noch ankleiden, verbrannten aber hierbei. Die Töchter des Hauses konnten noch kaum ihr Leben retten, während alle Wertgegenstände verbrannten. Die anstoßende Brauerei Doll war sofort ebenfalls in Flammen, wobei der Braumeister verbrannte, als er seine Wertsachen noch retten wollte. In dem Oekonomiegebäude verbrannten noch 2 Pferde und 4 Ochsen und eine An­zahl Schweine; an irgend welche Rettung war nicht zu denken, da die Gebäude nur schwer zugänglich und mit Holzlager fast zuge­setzt und von der anderen Seite an den Lierbach angebaut waren. Selbst auf der Straße über dem Lierbach verbrannten die Bäume und es konnte daselbst keine Auf­stellung genommen werden.

Konstanz, 10. Sept. Mit Blitzesschnelle verbreitete sich im Städtchen Kippepheim, Amt Ettenheim das Gerücht, Deutschland habe an Rußland den Krieg erklärt. In den Werkstätten und Fabriken feierte man, die Wirtshäuser waren von Neugierigen gefüllt. Man erzählte sich, der gegenwärtig zum Kur­aufenthalt in der Schweiz weilende Bürger­meister Kalt habe ein Telegramm erhalten mit der Aufforderung, wegen Mobilmachung sofort zurückzukehren. Mütter weinten, Frauen jammerten; ein im Städtchen sich vorüber­gehend aufhaltender Russe, Inspektor einer

deutschen Lebensversicherung, wurde Gegen­stand sympathischster Ovation, da er erklärte, nicht gegen Deutschland kämpfen zu wollen, und die russische Barbarei zu verabscheuen. Der Kriegsrummcl währte so lange, bis der Ortsgcndarm den Urheber des Gerüchts, nam» Haft machte und wegen Verbreitung eines falschen Gerüchts zu Anzeige brachte. Kippen- heim ist wieder ruhig.

Araukfurt, 8. Sept. Heute Abend war zum ersten Male der Wasserfall, der seine treibende Kraft von Lausten bezieht, mehrere Stunden im Ganze. Der Motor arbeitete zur vollen Zufriedenheit und verbrauchte, wie man von Lausten erfuhr, eine relativ geringe Energiemenge. In den nächsten Tagen wird der gleichzeilige Betrieb des Motors und der Glühlampenbcleuchlung ausgenommen werden, welch letztere schon seit längerer Zeit den wei­ten Raum mit glänzendem Lichte erhellt.

München, 9. September. Kaiser Wil­helm und der Prinzregent machten sich Vor­mittags um halb 10 Uhr kurze Besuche. So­dann fuhr der Kaiser durch die reichbeflaggte, von dichten Menschenmassen durchwogte Stadt. Um 11 Uhr besuchte er das Rathaus. Ober­bürgermeister Widmayer bewillkommnete an der Spitze der Kollegien den Kaiser. Der Kaiser erwiverte auf die Ansprache desselben: Die vielen Beweise von Anhänglichkeit und Treue auch an meine Vorgänger, meinen seligen Großvater und Herrn Vater, genügen mir vollkommen, um in mir die Sicherheit auf- kommen zu lassen, daß München eine gute, treue, deutsche Reichsstadt ist. Der Kaiser hielt Cercle, begab sich dann in den Magi­stratssaal, wo der Vorstand des Gemeinde- kollegiums, Hänle, ihn begrüßte und ein Glas Spatenbräu kredenzte Das Hoch auf den Kaiser erwiderte der Kaiser mit einem Hoch auf München. Als er auf den Balkon trat, erfolgten brausende, nicht endende Hochrufe der ungeheuren Menschenmassen. Nachmittags 2 Uhr fand die Militärtafel im Ballsaale der Residenz statt. Der Kaiser saß zwischen dem Prinz-Regentcn und dem Prinzen Ludwig, gegenüber saßen Caprivi und Freyschlag.

München, 9. Sept. Der Kaiser in Ula­nenuniform und der Prinzregent in bayerischer Uniform begaben sich um 8 Uhr 25 Min. heute früh aus dem Residenzschloß in einem vierspännigen offenen Wagen mit Vorreiter bei prächtigem Wetter durch die Ludwigsstraße zum Paradefeld. Uederall hatten sich jubelnde Menschcnmassen aufgestellt

München, 9. Sept. Die Parade dauerte von 9^ bis 12 Uhr. Nachdem der Kaiser die Front der Truppen abgeritten, ritt er an sämtlichen Kriegervereinen vorbei, mit man­chen Veteranen ein freundliches Wort wech­selnd. Ein imponierender Anblick war cs, als Prinzregent Luitpold sich an der Spitze seines Heeres in Bewegung setzte, um das­selbe dem Kaiser vorzuführen. Der Vorbei­marsch der Infanterie in Regimentskolonnen, Kavallerie in Schwadronsfront dauerte 1 Stunde 15 Min. Der Kaiser führte dem Prinzregenten sein Ulanenregiment persönlich vor, an dessen Spitze reitend. Auf den für Zuschauer errichteten Tribünen sahen Minister, Diplomaten, hohe Beamten und zahlreichen Volksmassen dem Schauspiele zu. Der Kaiser und der Prinz-Regent fuhren kurz vor 1 Uhr in vierspännigem Wagen in die Stadt zurück. Nach abgenommener Parade sprach sich der Kaiser sehr rühmenv über die bayerische Armee aus. Er gratulirt« dem Prinz-Regenten zum militärischen Arrangement und zur Haltung der Truppen, beides als mustergiltig bezeichnen.

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