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wirklich getroffen wäre, so wäre ein Krieg unvermeidlich. Schon zur Aufrechterhaltung des Status guo und des Gleichgewichts der Machtverhältnisse im Mittelmeer müßte England auch für seine Kriegsschiffe freie Durchfahrt nach dem schwarzen Meere verlangen und nötigenfalls erzwingen. Die Engländer hoffen indes den Franzosen bei ihrem letzten Besuch in Portsmouth durch Vorzeigung ihrer Flotte soviel Respekt eingeflößt zu haben, daß diese es wenigstens nicht auf einen Seekrieg mit England ankommen lassen wollen.
Die russische Regierung hat mit französischen Bankhäusern eine neue große Anleihe abgeschlossen und gleichzeitig ine russische Reichsoank zur Ausgabe von weiteren 25 Mill. Rubel in Banknoten ermächtigt. Die russischen Knegsrüstungen werden Hals über Kopf beschleunigt und bereits werden auch deutsche Truppen beschuldigt, sie hätten bei Len letzten Manövern in der Provinz Posen die russische Grenze überschritten.
Der Bürgerkrieg in Chile ist zu Ende. Die Kongreßtruppen sind Sieger geblieben, der bisherige Präsident Balmaceda soll auf der Flucht von einem Maultiertreiber erschossen worden sein und Balmacedas Truppen sind von ihm abgefallen, nachdem sie ihre eigenen Offiziere erschossen hatten. Die Sieger üben eine sehr unrühmliche Grausamkeit an allen ihren Gegnern, die ihnen in die Hände fallen und die Kongreßtruppen erweisen sich als räuberische unv mordbrenncrische Horden. Hoffentlich wird die Ordnung in dem schwerheimgesuchten Lande bald wieder hergestellt.
Württemberg.
Hestoröeu: 2 September zu Cannstatt Forstrat a. D. v. Holland, früher Revierförster in Herrenalb, Forstmeister in Alleu- staig und Kirchheim u. T., Forstrat in Stuttgart, Ehrenritter des Ordens der württ. Krone, 68 I. a.
— Den neu uniformirten Vsrkehrsbe- amten ist eine jährliche Entschädigungssumme von 75 Mk. für die Uniform und 20 o/o (50 M.) jährliche Jnstandhaltungskosten ver- willigt.
Bietigheim, 29. Aug. Die diesjährige Wandcrvcrsammlung der Gewcrbcvereine Württembergs, welche in Bietigheim tagt und nach früherer Mitteilung auf den 7. Sept. festgesetzt war, ist auf den 14. Sept. verlegt worden.
Heraöronn, 2. Sept. In verflossener Nacht wurde auf dem Postbureau in Breitheim Ungebrochen und sind daselbst nahezu 1000 M. aus der Kasse entwendet worden. Das Kgl. Amtsgericht Laugenburg wurde telegraphisch herbeigerufen und hat eine Untersuchung eingeleitet.
Rundschau.
Worms, 30. August. Während die Teilnehmer an dem uationalliberalen Parieifest auf dem Auerbachschlosse sich auf 3000, diejenigen auf dem Heidelberger Schlosse auf 5000 bezifferten, betrug die Zahl der Wormser Festgäste, einschließlich der hiesigen Parteimitglieder an 7000; und über alles Erwarten war das Fest vom prächtigsten Wetter begünstigt. Schon bei dem gemeinschaftlichen Mahle im Festhause waren gegen 400 vereinigt und viele Hundert mußten vor den Thüren im Garten verbleiben. Die Hauptfestrede auf den Kaiser hielt Reichstagsabgeordneter Dr. Buhl. Auf die Vergangenheit zurückblickcnd, wie der Zukunft gedenkend, entwickelte derselbe die Ent
stehungsgeschichte desReichs und betonte, wiei Deutschland nun zu einem Bollwerke des Friedens geworden; er berührte das, was zum inneren Ausbau des Reiches in den vergangenen 20 Jahren geschehen und wie nun gewissermaßen eine Pause eingctreten, um uns in die g gebenen Getetze erst eiuzu- lebcn. Er verhehlte dann nicht, daß wir in einer schweren Zeit lebten, vielleicht auch noch schwereren Zeit entgegenzingen, und gedachte der zu Merseburg erst kürzlich gesprochene» kaiserlichen Worte, welche die deutsche Politik kenuzeichnete»: wir wollten den Frieden, aber auch für den Kriegsfall werde man uns bereit finde». Unwandelbare Treue zum Reich und zur Verfassung, das sei unser Gelöbnis. Der letzte offizielle Redner war Dr. Osann aus Darmstadt, dessen Worte dann unserem deutsche» Heere galten. Was es 1870/71 erkämpft, müsse von ihm nun auch gewahrt werden und wenn die schwere Rüstung auch drücke, so möge man sie doch geduldig weiter tragen. Disziplin und Manneszucht unseres deutschen Heeres, um das uns die ganze Welt beneide, möge allen aber ein Borbild sei». Zwischendurch wurden patriotische Lieder gesungen. Der Verlauf des ganzen Festes war ein ganz außerorordentlich erhebender und hochbefriedigender.
Arier. (Vom heiligen Rock). In der „Rar. Ztg." lesen wir aus Trier: „Wie sehr die Ausstellung des h. Rockes alle Verhältnisse hier beherrscht, geht daraus hervor, daß für die Dauer derselben Konzerte und Lustbarkeiten jeder Art behördlich verboten sind. Auch die Feier des Sedantages ist nach einer heute veröffentlichten Erklärung des Komites mit Rücksicht auf die bevorstehenden Lokal - Verhältnisse für dieses Jahr aufgegeben worden.
Kmdeu, 3. Sept. Die „Ems-Zig." meldet, der revidirende Regierungsbaumeister fand unter den 300 aus Böckum für die rechtsrheinische Bahn gelieferten Schienen 72 geflickte. Sämtliche Schienen waren gestempelt.
Merlin, 2. Sept. Der Kaiser ist mittels Sonderzngs in Begleitung des Reichskanzlers v. Caprivi, des Generaladjutanten und des übrigen Gefolges heute abend um 6'/s Uhr zu den östreichischen Manövern abqereist. Die Kaiserin begleitete den Kaiser auf den Bahnhof, wo ein großer Teil der Hofgesellschaft anwesend war.
— Versuche mit Hafer-Roggenbrod werden jetzt angesichts der hohen Roggenpreise vielfach in großem Umfange gemacht. Ein Gemisch von halb Roggenmehl und halb Haferschrot soll ein sehr wohlschmeckendes Bros abgeben, daß dem Brod aus einer Mischung von Waizenmehl und Roggenmehl selbst vorgezogen wird. Hafermehl ist bedeutend nahrhafter als Waizen, und Haferroggen- brod hält sich gut 10 Tage genießbar.
Danzig, 3. Sept. Der Katholikentag nahm eine Resolution an, welche die Arbeiterschutzgesetzgebung beifällig begrüßt und Beschlüsse, betreffend die streng konfessionelle Gestaltung der Volksschule, Erteilung des Religionsunterrichts in der Muttersprache. Die Versammlung empfahl den Bau guter Arbeiterwohnungen, die Errichtung katholischer Meister- Gesellen-, und Lehrlingsvereine.
Hlew-äForK, z Sept. Der „Herald" meldet >aus Valparaiso: Zwei Regimenter Regierungstruppen, welche von Coquimbo nach Talcahuano verlegt, waren, revoltirten, als sie Nachrichten von der Niederlage Bal
macedas ^erhielten, töteten sämtliche Offiziere, setzten sich, unterstützt von etwa 4000 Koh- leuarbeiter», in den Besitz der Stadt, begingen die gröbsten Ausschreitungen, plünderten Häuser und Verkaufsläden und steckten dieselben in Brand.
London, 25. Aug. Ein Telegramm meldet, daß Emin Pascha die Mahdisten besiegt und die Provinz Wadelai wieder gewonnen habe mit 6000 Elefantenzähnen, welche dort lagern.
Lokales.
Wikdöad, 3. Sept. Der 21jährige G e- denktag der Schlacht von Sedan wurde gestern abend durch ein sehr zahlreich besuchtes Bankett im „Gasth. z. gold. Löwen" in würdiger Weise begangen. Herr Stadtschultheiß Bätz nereröffnete die Feier durch eine treffliche Ansprache über die Bedeutung des nationalen Festtages und schloß mit einem begeistert auf- genommenen Hoch auf Kaiser Wilhelm und König Karl, worauf die N üionalhymne stehend gesungen wurde. Der Kgl. Badkommissär, Hr. v. K a r a ß, Ooersta. 2., gedachte hierauf in markigen Worten der großen Verdienste des dahingegangenen Schlachtenlenkers Moltke, dessen Scharfblick und strategischem Genie wir größtenteils die ruhmvollen Siege zu verdanken haben und forderte die Anwesenden auf, dem Andenken dieses großen Feldherrn ein stilles Glas zu weihen. Hierauf folgte ein Toast auf den Fürsten Bismark, aufgebracht von einem Stuttgarter Kurgaste. Herr Prof. Haupt aus Halle feierte in einer schwungvollen Rede die deutschen Frauen und deren erhabenes Vorbild, die Kaiserin Augusta Viktoria. Herr Stadtpfarrer Glau » er toa- stierte auf die nach schweren Kämpfen errungene deutsche Einheit, sowie auf die Veteranen und Invaliden, und ermrhnte die Anwesenden stets treu zu Kaiser und Reich zu stehen. Hr. M. Ringe hob die nationale Gesinnung der Württemberger rühmend hervor und schloß mit einem Hoch aus Seine Majestät den König. Ein langjähriger Kurgast Wildbads toastirte noch auf Hrn. von Kar aß, welcher sich während der kurzen Zeit seines Hierseins die Sympathie der Kurgäste wie auch der Einwohner Wildbads schon in so hohem Maße erworben habe und auf Hrn. Stadtschultheiß Bätzner, welcher stets bestrebt sei, den Wünschen der Kurgäste möglichst gerecht zu werden, und ihnen den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten. Herr Vikar Hofmann teilte den Anwesenden in beredten Worten mit, welch hervorragenden Anteil Herr v. Kar aß an dem Feldzuge genommen und schloß mit einem Hcxch auf denselben und die deutsche Kavallerie. Zum Schluß sprach Herr Magirus aus Ulm dem Herrn Stadcvorstand als dem Veranstalter des festlichen Abends seine Aner- kcnnnung aus und dankte für de» schönen Verlauf desselben. Zahlreiche patriotische Lieder, welche in den Zwischenpausen teils von den Anwesenden gesungen, teils von der Kurkapelle vorgetragen wurden, verschönten die erhebende, so wohlgelungene Feier und trugen viel zur Erhöhung der festlichen Stimmung bei.
Ueber die Hungersnot in Rußland
gelangen immer grauenerregendere Einzelheiten zu uns. So berichtet neuerdings ein Priester namens Filomannow über das von ihm im Gouvernement Kasan gesehene Elend, und feine Berichte erregen überall da»