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an die Reihe, der gegen das Vorjahr eine Mehrforderung von 705260 ^ aufweist. Eine Frage, die insbesondere für die größeren Städte von Bedeutung ist, ward von dem Abg. Stalin angeregt. Derselbe wies darauf hin, daß die vor vollendetem 14. Lebensjahre entlassenen Volksschüler in größeren Etablisse­ments gleich nach der Entlassung aus der Schule suchen Arbeit zu finden. Dies führe dazu., daß die jungen Leute vielfach in ganz ungeeignete LebenSberuse gedrängt werden. Des.Vorschlag, es möge eine zweite Konfir- ination für den Herbst anberaumt werden, fand nicht viel Anklang, dagegen versprach der Kultusminister Dr. v. Sarwey der Frage in der Richtung näher zu treten, daß den Eltern empfohlen werde, resp. sie zu ver­pflichten seien, die Kinder bis zum vollendeten 14. Lebensjahre in der Schule zu lassen. Die geforderten 30 000 zur Aufbesserung der Gehälter der evang. Geistlichen zur Gleichstellung der Stellen des Privatpatro­nats mit den Stellen königl. Kollatur wurden anstandslos genehmigt. Nach schonungs­voller Berührung einiger paritätischer Fragen wie des schlichteren Besoldungsverhältnifses der katholischen gegenüber den evang. Pfarrver- wesern, Repetenten der beiden Tübinger Stifte rc., woran sich Domkapitular v. Ries, Prälat v. Wittich, und Kanzler v. Weizsäcker beteiligten und Minister v. Sarwey betonte, wie sehr sich die Regierung angelegen sein lasse, in dieser Beziehung Licht und Schatten gleichmäßig zu verteilen, nahm bei dem Ka­pitel über das landwirtschaftl. Institut Hohen­heim Prälat v. Ege das Wort, um die über­handnehmende Einführung der Molkerei-Ge­nossenschaften als schädlich für die Entwicklung der Kinder zu bezeichnen. Die Frage wird vermutlich beim Etat des Ministeriums des Innern nochmals aufs Tapet kommen.

19. März. (Neues Mittel gegen Schwindsucht.) Wie derSchw. Bote" mit Bestimmtheit erfährt, hat der Assistent des hiesigen Polytechnikums, Dr. Bauer, ein Anti- bacillin, Mittel gegen die Schwindsucht, entdeckt.

Die Wahl des Abg. Frhr v. Münch ist von der Wahlprüfungskommission des Reichstags für giltig erklärt worden.

Ikinach, 17. März. In ihrer reizenden Massenhaftigkeit kommen gegenwärtig die Kro­kusblüten auf den Zavelsteiner Bcrgwiesen her­vor. und es dürfte der Flor dieser ursprüng­lich alpinen Pflanze schon im Laufe der näch­sten Woche seinen Höhepunkt erreichen.

Am 18. März ist aus der Bahnstrecke zwischen Calw und Teinach bei Wärterposten Nr. 43 ein Baumstamm vom Walv auf die Bahnlinie abgerutscht, wodurch das Bahngeleise stark beschädigt worden ist. Der um 3 Uhr 4749 Min. Nachm, in Teinach abfahrende beschleunigte Personenzug Nr. 182 konnte nur bis zur Unfallstelle vorrücken, von wo die Reisenden mit einem Hilfszuge nach Calw weiterbefördert wurden.

Kerrenalb, 18. März. Gestern abend «eignete sich hier ein bedauerlicher Unglücks-, fall. Die Pferde des- Fuhrmanns W. Graßle scheuten mit einem geladenen Wagen, rannten mit demselben davon und die-Räder Fberfuh- ren das eigene Söhnlein des Mannes, das nach wenigen Stunden starb. Die Eltern wer-- den sehr bedauert.

A»n der Steiulach, 18. März-, Auch, in diesem Jahr scheint der Zug nach Amerika ziemlich bedeutend zu sein. Aus mehreren Orten der Alb und Steinlach wandern heute 32 Personen nach New-Dork und Philadel­phia. Und zwar sind es weniger arme, als ve: mögliche Leute, meist in jugendlichem Alter.

Weiküerikadt, 16. März. Der älteste Sohn der Bierbrauer Franz Wolf Witwe stürzte am Freitag Vormittag durch ein un­glückliches Geschick in ein Maischgeschirr mit siedender Masse. Er war noch im Stande, sich selbst herauszuarbeiten und in seine Woh­nung zu eilen, hatte aber solche Brandwunden erlitten, daß er am Samstag abend 9 Uhr starb. Der Verunglückte war ein braver, bie­derer junger Mann, der allgemein beliebt war. Heute wurde er unter Beteiligung der Ein­wohnerschaft, insbesondere auch der Feuerwehr und des Turnvereins, zur Erde bestattet.

Keilvronn, 16. März. Unsere Stadt hat den Tod eines ihrer geachtetsten Bürger, des Herrn Adolk Feyerabend, Chef der Papier­fabrik Gebr. Rauch, zu beklagen. Er erlag im kräftigsten Mannesalter einem Nervenleiden, von dem er vergeblich Linderung an den Ufern des Bodensees gesucht hatte. Wir ver­lieren an dem Verstorbenen, der auch bis Ende 1888 Vertreter Heilbronns im württ. Land­tag war, einen durch hervorragende Tüchtigkeit ausgezeichneten, allgemein geschätzten und von seinen Angestellten und Arbeitern, für deren Wünsche und Anliegen er stets ein offenes Ohr hatte, hochverehrten Mann.

Keidenheim, 17. März. Heute mittags vor 1 Uhr stürzte ein 8jähriges Mädchen im Schulhaus vom 2. Stock herunter bis auf die unterste Steimreppe Es wollte auf dem Geländer rutschen, eine Sache, vor der aus doppelten Gründen nicht genug gewarnt wer­den kann, bekam das Uebergewicht und fiel auf den Kopf. Es war sofort bewußtlos, an ein Aufkommen ist kaum zu denken.

Alm, 17. März. Der erste Gewinn der Lotterie des Stuttgarter Marien-Krankenhauses fiel einem Buchhalter einer hiesigen Brauerei zu.

Rundschau.

Karlsruhe, 17. März. Der dahier wohn­hafte Agent I. Schwank ist unter Hinterlassung seiner vollständig mittellosen Familie und vie­ler Schulden seir einigen Tagen flüchtig. Schwank, der hier für Versicherungsgesellschaf­ten thätig war, veruntreute größere Summen. Anfangs der 70er Jahre besaß Schwank ein Vermögen von über 1 Million Mark. Bald war dieses durchgebracht, und er mußte hier als Eisenbahnarbeiter und seine Frau als Aushilfskellner«! arbeiten.

In Wretten wurden dieser Tage bei Abbruch eines alten Hauses 36 zum Teil sehr interessante Goldstücke aufgefunden. Die jüngste der Münzen trägt die Jahreszahl 1665, die älteste ist von 1491.

Aerlin, 18. März. Dem gestrigen feierlichen Requiem in der Hedwigskirche zum Gedächtnisse Windthorsts wohnte eine sehr zahlreiche Versammlung hochgestellter Personen bei. Der mit Kränzen,, darunter die des Kaisers, und des Prinzregenten: von Bayern und des Wmdthorst'schen Wahlkreises,: reich; bedeckte Sarg, war aus. einem Katafalk vor dem Hochaltar ausgebahrt. Fürstbischof Kopp von Breslau hielt das Hochamt: und schloß; daran eine Gedächtnisrede Hierauf wurste der Sarg in feierlichem Zuge, unter Wglklk tung studentischer, kaufmännischer, und anderer küthol. Vereine-: zahlreich« Abgeorstmcher und Leidtragender, namentlich; aus: der Geistlichkeit- zum Lehrtex Bahnhose; übergeführt.

Kaiser Wilhelm-wirst, nun auch, als Schriftsteller vor di« Oeffentlichkeit treten. Nach einer Meldung derHamb: Reform" hat der Monarch ein WerkDie Geschichte Kaiser Wilhelms I." vollendet, das aus zwei Bänden besteht. Das Werk, welches nur in

200 Exemplaren erscheinen soll, ist ausschließ­lich für die regierenden Fürsten, Europas und und die königlichen Familienmitglieder be­stimmt. Außerdem werden die deutschen Staatsbliotheken je ein Exemplar erhalten. Der Kaiser habe den Text unter Geheimrat Hinzpeters Beihilfe ferliggestellt und vielfach handschriftliches Material des Fürsten Bismarck zu Grunde gelegt. .

DieVossische Zeitung" erführt, daß Major Wißmann aus dem Reichsdienste aus- schewen wird, sich jedoch nach kurzem Aufent­halt in Berlin nach Sansibar zurückzubegeben gedenkt, um dort die Leitung einer Privatex- peditivn nach dem Victoria-Nyanza zu über­nehmen. Die fragliche Expedition soll außer den 4000 Trägern für den zerlegbarenWiß- mann-Dampfer", noch 1000 bis 2000 Träger (mit Tauschartikel beladen) zählen und anfangs August von Saadani nach dem Innern abgehen.

Aküisel, 17. März. In dem Dorfe Ligny, Provinz Hennegau, hat ein Bauers so hir seine sämtlichen 6 Gesa.wister vergiftet. Vier derselben sind an den inneren Verletzungen gestorben, zwei konnten noch gerettet werden. Obwohl 4 Geschwister Vander Averas rasch hinter einander unter verdächtigen Anzeichen starben, erteilte die Ortspolizei des Dorfes anstandslos den Beerdigungsschein, und das entsetzliche Verbrechen wäre wahrscheinlich un- entdeckt geblieben, wenn nicht eine anonyme Postkarte die Staatsanwaltschaft auf den rich­tigen Weg geführt hätte. Der Giftmischer wurde, als die Ausgiabung der Leichen den unnatürlichen Tod der Verstorbenen ergeben hatte, verhaftet und ist bereits geständig. Es verdroß ihn, das elterliche Erbe mit 6 Ge­schwistern teilen zu müssen, und so beschloß er. - alle seine Miterben aus der Welt zu schaffen.

AvM, 28. März. Jerome Napoleon ist gestern Abend 7 Uhr 10. Min. gestorben. (Napoleon Josef Karl Paul Prinz Bonoparte war geboren am 9. Sept. 1822 als Sohn des weiland König Hieronymus von Westfalen und dessen zweiter Gemahlin Katharina Prin­zessin von Württemberg. Seiner am 30. Januar 1859 mit Prinzessin Clotilde von Italien geschlossenen Ehe sind 3 Kinder ent­sprossen. Seit sein Vetter Prinz Napoleon, Sohn Napoleon 111., 1876 in Afrika ge­fallen, war er thatsächlich das Haupt der Napoleons. Sein Sohn Viktor nahm aber eigenmächtig und auf Grund des Vermächt­nisses jenes gefallenen Prinzen Napoleon 1884 diese Stellung ein. Das Zerwürfnis zwischen Vater und Sohn hat bis zuletzt be­standen.

Aom, 18. März. Di' hiesigen Frei­maurerlogen beschlossen, gegen die religiöse Leichenfeier des Prinzen Napoleon zu pro­testieren. Wie verlautet, enthält das im Be­sitze des Barons Brunet befindliche Testament deS Prinzen den ausdrücklichen Wunsch einÄ Zivilbegräbnisses. Man befürchtet Kund­gebungen der Freimaurer anläßlich der Leichen­feier^

Ae«-Hkk«a»s< 18. März. Wie ver, lautet- erhielt Parkerson, dev Führer der Volksmenge- weiche die, Italiener, lynchte- ein Schriftstück mit der- Unterschrift,Mafia", wo­rin ihm angedroht wird-, daß-,er getötet und feine Familie' vergiftet werdrn wurste.

Lo Kette s.

Wikststast, 20. März. Der zweite Ge­winn derLüttterie zu Gunsten des Stutt­garter Marien-Krankenhauses", im Betrage von 10,000 fiel in die Kollekte eines hiesigen