448

des Signalpfiffs auf das geringste Maß eines auf den Pfeifenhebel ausgeübten Stoßes be­schränkt werden. Auch gegen die Nichtbeachtung des Verbots der Entwicklung starken Rauchs auf den Stationen soll strenge vorgegangen werden.

ßannstatt, 29. Nov. Das Karl-Olga- Bad neben dem Kursaal wurde heute von dem bisherigen Besitzer Eberle an Frl. Pfaff aus Königsstein im Taunus um 89 000 ver­kauft. Das Bad soll in ein Hotel Garni umgewandelt werden.

Ilenenliürg, 25. Nov. Bei der am letzten Sonntag abgehaltenen Generalversammlung des Enz-Nagoldgau-Sängerbundes wurde Neuenbürg als Festort für das zweite Gaufest gewählt. Um die Gesamtchöre künftig mehr zur Geltung zu bringen wurde beschlossen, 3 gemeinschaftliche Lieder einzuüben, statt der bisherigen zwei. Dieselben lauten: Ich suche Dich" von Kreutzer;Zwischen Frankreich und dem Böhmerwald" von Stern; O heil'ge Nacht, o gieße du" von Beethoven. Als Dirigent der Gesamtchöre wurde Hr. Schul­lehrer Schramm wiedergewählt. Voraussichtlich wird vom nächsten Gaufest ab alle zwei Jahre ein solches abgehalten. Der Sängerbund besteht jetzt aus 15 Vereinen mit über 300 Sängern.

Araikenheim, 28. Nov. Gestern fand hier eine Versammlung statt, welche berufen war, gegen die Zulassung der Iesuitenin Deutschland zu protestieren. Als Redner traten auf: Pfarrer Cisele von Neipperg und Helfer Walther von hier. Die Eingabe wurde zahl­reich, darunter auch von dem demokratischen Abgeordneten Winter unterschrieben. Wenn die Jesuiten wirklich die Erretter aus der so­zialen Not sind, so mögen sie erst in anderen Ländern, wo sie bisher in zahlreichen Scharen gewirkt, wie in Belgien, ihre Meisterschaft be­weisen.

Antllingen, 26. Nov. Das heute abend - im Kaiserhof hier gehaltene Bankett zu Ehren der Bahneröffnung war von allen Teilen der Bevölkerung sehr besucht. In der von Kauf­mann Teufel hier gehaltenen Festrede wurde namentlich die Bedeutung der neuen Bahn als strategische Bahn bei Mobilmachungen betont, ebenso die Hebung des Handels und Verkehrs durch die direkte Verbindung mit Oberschwaben.

Wünsinsten, 28. Nov. Der 13jährige Knabe einer Familie in Feldstetten hat gestern Nachmittag in der Scheuer seiner Eltern scherz­weise das Erhängen probirk, indem er nach Anhören der Erzählung eines Erhängungsfalls geäußert hatte, das könne er nicht glauben, daß man ersticken könne, wenn, man beim Er­hängen mit den Füßen auf dem Boden stehe. Im Beisein seiner 2 jüngeren Schwestern steckte er den Kopf in die Schlinge eines herabhäng­enden Teils und sagte noch: Wenn ich schreie, so schreit auch, da er aber bald erbleichte, sprangen die 2 Mädchen davon und als. es die Mutter nach fast einer Stunde von diesen erfuhr, war es zu spät und der Knabe, ein aufgewecktes Kind, schon tot.

Keidenheim, 28. Novbr. Vor etlichen Wochen erschoß sich in Schnaitheim Polizei­diener Sch. Als er beerdigt ivurde, ging Gemcinderat B. in die Kirche und entriß den Knaben, die läuteten, die Glockenstränge und bedrohte sie mit Schlägen, falls sie wieder läuten würden. Für diese Nötigung, wurde er von der Strafkammer zu Ellwangen um 100 gestraft. Erschwerend wirkte, daß durch das unüberlegte Vorgehen des Ange­klagten die Beerdigung gestört wurde.

GberudOlf. 29. Nov. Gestern Abend 7 Uhr wurde auf der Wärterstrecke Nro. 105

der etwa 70 Jahre alte Martin Ackerer von Holzhausan vom Güterzug Nr. 634a über­fahren und getötet.

R u u o s ch a u.

Karlsruhe. Der an doppelseitiger Bron­chitis erkrankte Prinz Karl von Baden befindet sich auf dem Wege der Besserung. Der Appetit ist besser geworden und infolge dessen auch der Kräftezustand befriedigend.

Klberfeld, 26. Nov. Tag und Nacht arbeiten Dampf- und Handpumpen, um die Keller von Wasser zu entleeren und kaum ei» kleiner Teil ist davon befreit. Das Theater wurde gestern Abend wieder eröffnet, der Pferdebahnbetrieb gestern Vormittag wieder ausgenommen. Die Eisenbahnzüge laufen im­mer noch spärlich ein. Umgekommen sind im Hochwasser hier und in unserer Nachbarschaft Barmen zusammen 8 Personen; der Schaden beziffert sich auf mehrere Millionen Mark.

Merlin, 29 . Nov. In der heutigen Sitzung des preußischen Abgeordnetenhauses hat der Kultusminister v. Goßler auf die Anfrage eines Abgeordneten betr. die Küch'sche Methode er­klärt, die Verleumdungen gegen Berliner Aerzte seien unbegründet; der Finanzminister werde dem Prof. Koch die nötigen Gelder zur Ver­fügung stellen. Die Hoffnung sei berechtigt, daß das Mittel auch auf andere Krankheiten anwendbar sei, auch sei dafür gesorgt, daß das Mittel selbst den Aermsten zugänglich sein werde.

Spandau, 28. Nov. Der Kriegsrat ge­nehmigte den Bauentwurf für 1350 Arbeiter­wohnungen bei Hasenhorst nebst Badeanstalt, Park, Leihbibliothek und Unterhaltungssaal.

In den technischen Instituten Span­daus ist durch Anschlag zur Kenntnis des Arbeiterpersonals gebracht worden, daß auf Befehl des Kriegsministeriums fortan allen erkrankten Arbeitern, gleichviel, wie lange sie in einem Institute beschäftigt waren, Kranken­geld auf ein volles Jahr gewährt wird. Bis­her dauerte die Krankenunterstütznng zu An­fang der Anstellung in der Fabrik nur 13 Wochen und steigerte sich bei längerer Beschäf­tigung auf ein halbes Jahr und viel spater, nach mehrjähriger Arbeit auf ein ganzes Jahr.

Tntkchaltkndk».

Me Tochter der Verstoßene»

Von C. Marold.

(Nachdruck verbot). s4s (Fortsetzung.)

Er hatte lauter gesprochen, als es nötig gewesen wäre; so war der Schall seiner Worte bis zu einem jungen Mädchen gedrungen, das nur wenige.Schritte von ihnen entfernt stand. Die blauen Augen des reizenden blas­sen Gesichts wandten sich einen Augenblick, entsetzt auf den Sprecher, um dann sofort nach der andern Seite sich zu kehren, von der eiligst der alte Friedrich kam.

Das Gepäck ist besorgt, gnädiges Fräu­lein," sagte er ehrerbietig zu dem jungen Mädchen,und da der junge.. Herr ja auch da ist, so werden die Herrschaften wohl nach Hause fahren wollen." Verwundert , hatten sich die beiden Herren, bei den Warten Fried­richs umgewandt, dann mit einem Blicke des. Verständnisses trennte sich . Eberhard von. sei­nem Vetter, und. trat zu der jungen . Dame.

Fräulein Hermes," sagte er höflich,ich erlaube mir, mich Ihnen als Ihren. Vetter Eberhard Dalburg vorzustellem, ... . ..

Das junge Mädchen erwiderte nichts. In ihren Augen lag noch der Schrecken über die vorhin gehörten harten Worte. Sie beachtete die dargebotene Hand nicht, sondern wandte sich nach kaum merklichem Gruße wieder zu Friederich.

Wir wollen gehen," sagte sie zu ihm, und ohne Eberhard weiter zu beachten, schritt sie ruhig nach dem Wagen, den Friedrich dienstbeflissen öffnete. Eberhard folgte ihr. Er war noch nie in einer solchen Verlegenheit gewesen, wie sie ihn jetzt diesem kaum dem Kindesalter erwachsenen Mädchen gegenüber befiel; aber der Gedanke, daß sie seine lieb­losen Worte gehört haben könne, bedrückte ihn um so mehr, als seine Fragen nach den Er­lebnissen der Reise nur kurz und förmlich be­antwortet wurden. Endlich hielt der Wagen.

Eine ältliche Frau, die schon zu Zeiten Christinens in dem Dienste der Familie ge­wesen war, begrüßte mit feuchten -Augen und herzlichem Handkuß das junge Mädchen. Sie folgte ihr die Treppe hinauf und nahm ihr die Hülle ab. Dann öffnete sie die Thür, und die Hand aut das klopfende Herz ge­drückt, stand die junge Fremde auf der Schwelle des Zimmers. Ihre schlanke Gestalt sah in dem schwarzen Trauerkleide »och ätherischer, ihr von der Reise und Aufregung angegrif­fenes Antlitz bei dem Kerzenschunmer noch zarter aus, und die dunkeln blauen Augen blickten sich fragend um, als wollten sie sprechen: Könnt Ihr mich lieben?

Dalburg war ihr entgegen gegangen; er zog sie in seine Arme und küßte sie väterlich: Du sollst jetzt meine Tochter sein," sprach er weich,und Gott gebe, daß Du auch mich wie einen Vater lieben lernst."

Aufmerksam betrachtete er ihr Gesicht. Wie Du ihr gleichst," sagte er mit stockender Stimme,Du hast die Augen und das Haar Deiner Mutter, hast ihr ganzes liebes Gesicht. Sei mir willkommen, Kind meiner geliebten Schwester, und mögest Du nur Gutes in meinem Hause erleben."

Das junge Mädchen beugte sich bewegt auf seine Hand; wie gut war der Onkel, wie hatte die Mutter ihn so lieb gehabt!

Dasburg führte sie zu seiner Frau.Nimm sie auch an Dein Herz, liebe Amalie, sprach er freundlich," und möge sie unserer Asta eine liebe Schwester werden."

Frau Dalburg erwiderte nichts; sie reichte langsam und herablassend der Fremden die Hand und winkte Asta das Gleiche zu thun. Dann sagte sie in gleichgültigem Tone:

Wie heißen Sie, meine Liebe?"

Auf Dalburgs Stirne schwoll die Zornes­ader, und sein Gesicht wurde dunkelrot; seine Nichte aber antwortete gelassen als ob sie in einer solchen Frage nichts Wunderbares fände: Gertrud Hermes, gnädige Frau."

Der Eintritt Eberhards vermochte nicht, die peinliche Gezwungenheit der nun folgenden Unterhaltung zu beleben; Alle fühlten sich er­leichtert, als Gertrud später um Erlaubnis bat, sich zurückziehen zu dürfen.

Als sie in Begleitung einer Dienerin aus dem Zimmer gegangen war, entfernte sich auch Dalburg, ohne den Seinen gute Nacht zu wünschen. Betroffen sahen sich die Zurück­bleibenden an, und in Frau Dalburgs Gesicht zeigte sich ein halb trotziger, halh schwermüti­ger Zug. Aber-sie sagte nichts über die Er­eignisse des folgenden Tages. Mit erzwungener Ruhe sprach sie mit ihren Kindern über gleich­gültige Dinge, und erst als sie sich später in ihrem Schlafzimmer allein befand, zeigten die Thränen, die über stolzes Gesicht rannen, daß auch sie sich nicht glücklich fühlte und daß sie