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Amts- und Anzeigc-Dlatt für Uildbad und Umgebung.
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Nro. 1OS.
Dienstag, 2. Dezember 1890
26 . talingang.
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Micrs-Chlrmpjglly.
Weitaus die vornehmsten Gedenktage in der neueren Geschichte unseres engeren Vaterlands sind der 30. November und der 2. Dezember, die Tage, an welchen vor 20 Jahren die Söhne unserer Heimat in heißem blutigen Kampfe dem verzweifelten Anstürme eines übermächtigen Gegners mit zäher Ausdauer widerstanden und durch ihre fast unvergleichliche Tapferkeit schließlich einen glorreichen Sieg errungen haben.
Der Gang der Ereignisse bedingte, daß es den Württembergern in der ersten Hälfte des großen Krieges nur in geringem Maße vergönnt war, teilzunehmen an den Blutopfern für die Sache des gemeinsamen Vaterlands. Plötzlich nun, beinahe unvermittelt erhielten auch die unseren die Feuertaufe und zugleich Gelegenheit, altwürttcmbergische Tapferkeit und Treue aufs Neue glänzend zu bethätigen und unvergänglichen Ruhm an ihre Fahnen zu heften.
Von dem Augenblick an, als Orleans am 9. November 1870 durch die neuorganisierte und verstärkte Loire-Armee gewonnen war, lebten die Franzosen der Ueberzeugung, daß nunmehr die lange gehoffte „glückliche Wendung" eittgetreten sei. Die gesamten feindlichen Operationen hatten damals nur das eine Ziel, d» Pariser Besatzungsarmee die Hand zu reichen und mit ihr vereint die Barbaren von dem „geheiligten Boden Frankreichs" zu vertreiben. Durch geschicktes Manövrieren gelang es in der Thal auch der Loire-Armee, eine Schwächung der Süd- und Ostfront der Pariser Eernierungslinie herbeizuführen. Die Schlacht bei Beaune la Rolande aber vereitelte den schlauersonnenen Plan des Kommandanten der Loire-Armee. Die Pariser Generale jedoch hatten von der Niederlage derselben nichts erfahren und begannen vom 28. November ab den deutsche» Belagerungsgürtel zu sprengen. In der Nacht vom 28. auf den 29. erschütterte eine furchtbare Kanonade der Forts die
Luft. Sie sollte wahrscheinlich das Signal sein für die Loire-Armee, welche man in siegreichem Vordringen glaubte. Am 29. erfolgte eine Demonstration gegen das 6. Corps und in der kommenden Nacht unterhielten die Pariser wieder ein lebhaftes Feuer.
Der 30. November war zu einer Dislokation der württembergischen Truppen bestimmt. Eben hatte in Champigny und Brie die Ablösung durch die Sachsen begonnen, als die feindlichen Ausfallskolonien in großer Uebermacht über die Marne rückten und die Sachsen aus den genannten Dörfern warfen. Zu gleicher Zeit gingen die Feinde gegen die Stellung der Württemberger am Mont Mesly vor. Diese wichen anfänglich vor den überlegenen Massen zurück, ergriffen später aber die Offensive und stürmten um 1 Uhr den Mont Mesly. Der Kampf auf dem andern Teile des Schlachtfeldes war den größeren Teil des Vormittags ein Artilleriekampf. Um 11 Uhr erfolgte der Angriff des Feindes längs des Eisenbahndammes, der sich zwischen Champigny und Villiers durch die Ebene zieht. Er wurde mit ungemein großer Bravour abgeschlagen. Die Franzosen unternahmen nachmittags einen wiederholten Vorstoß, wurden aber-von 6 Compagnieen des 7. Regiments mit blutigen Köpfen zurückgewiesen. Das Resultat des mit so großer Machtentfaltung unternommenen Ausbruchversuches beschränkte sich auf die Behauptung der am Vormittage durch einen Handstreich weggenommenen Dörfer Champigny und Brie.
Der 1. Dezember verlief ruhig, ein Beweis dafür, wie sehr den Franzosen die energische Verteidigung der deutschen Stellung imponiert hatte. Unsere Truppen standen natürlich in Kriegsbereitschaft, aber erst am folgenden Tage sollte das blutige Waffenspiel wieder beginnen.
In der Frühe des 2. Dezember, schon um 5 Uhr, traf der Befehl vom Oberkommando an die 1. württembergische Brigade ein, Champigny unter allen Umständen dem Feind wieder abzunehmen. Zur Ausführung dieser Blutarbeit wurden das 2. Jägerbataillon und das 7. Regiment bestimmt. Mit einer Todesverachtung ohne Gleichen nahmen die Jäger, trotz der enormen Uebermacht des Feindes, im Sturm die Eingänge des Orts und einen Teil der Häuser, während das 7. Regiment von der nordöstlichen Seite her gegen die Mauern und Barrikaden Champignys vordrang. Stundenlang währte das erbitterte Gemetzel. Die Häuser mußten einzeln erstürmt und die Mauern durchbrochen werden, nur um einige Schritte Boden zu gewinnen. So heftig war der Kampf, daß gegen Mittag die Munition zu mangeln anftng. Aber die Schwaben hiel
ten fest, was sie einmal in Händen hatten. In den Nachmittagsstunden trafen die Pommern zur Hilfeleistung ein und den vereinten Anstrengungen gelang es, die Franzosen, welche sich ebenfalls sehr brav schlugen, zurückzuwerfen. Das 1. Regiment, nur von einer sächsischen Batterie unterstützt, kämpfte unterdessen rühmlich am Parke von Villiers und wies mit Kaltblütigkeit die Angriffe des ungleich stärkeren Gegners zurück bis auch ihm Unterstützung zu Teil wurde.
Schwer waren die Opfer, welche die beiden Kampfestage erforderten. Die Württemberger allein zählten über 2000 Tode und Verwundete. Aber so schmerzlich die Verluste für unser bis dahin so ziemlich verschont gebliebenes Vaterland auch waren, zu teuer ist der Sieg nicht erkauft worden. Wenn man erwägt, was damals auf dem Spiele stand und was geworden wäre, wenn der Durchbruchsversuch des Feindes gelungen wäre, so hat man wohl ein Recht, das vergossene kostbare Blut zu beklagen, die Trauer um die Gefallenen jedoch wird reichlich ausgewogen durch das Bewußt? sein, daß sie den schönen Tod fürs Vaterland- gestorben sind, und daß ihr Gedächtnis fortleben wird, so lange es eine Geschichte gibt.
Wenn der Toten gedacht wird, so dürfen aber auch die Ueberlebenden aus jener großen Zeit nicht vergessen werden. Es ist Ehrenpflicht, der Tapfern von damals heute wieder einmal den wohlverdienten Dank abzustatten und damit zu bekunden, daß die Erinnerung an eine ruhmreiche Vergangenheit noch ungeschwächt fortlebt im Herzen des Volkes!
Württemberg.
Stuttgart, 28. Novbr. Zu der am 4. Dez. stattfindenden feierlichen Beisetzung weiland S. M. des Königs von Holland, wird sich im Aufträge Se. Majestät des Königs Prinz Wilhelm am 3. Dezember mit seinem Hofmarschall Freiherr v. Plato und mit seinem persönlichen Adjudanten Rittmeister v. Bieber nach dem Haag begeben.
— Nach Allerhöchster Ordre wird der neue Offiziersdegen von allen Stabsoffizieren, Hauptlmtcn, Lieutenants, Portepeefähn- richen, Feldwebeln, Vizefeldwebeln u. s. f. der Infanterie und der Pioniere angelegt. Die neue Bewaffnung muß bis 1. März 1891 allgemein durchgeführi sein.
— Wie der „M." hört, hat die General- direktion der württemb. Staatseisenbahnen dem Lokomotivpersonal die Bestimmungen über die Abgabe der Lokomotiv-Pfeifensignale neuerdings eingcschärft, da die Abgabe dieser Signale nicht selten in einer das Publikum belästigenden Weise erfolgte. Insbesondere soll in den Bahnhöfen und Einpeighallen die Abgabe