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rüstungen hängt auch die Thatsache zusammen, daß General Gurko, trotz des bekannten Justizmordes, der jetzt einfach abgeleugnet wird, auf seinem Posten als Generalgouvermur in Warschau bleibt. Gurko ist einer der be- fähigsten Heerführer Rußlands und der Zar kann ihn also nicht entbehren.
Württemberg.
Stuttgart, 17. Nov. Die Königin hat sich eine leichte Erkältung zugezogen, weshalb die Empfänge bei der hohen Frau einstweilen eingestellt sind.
— Das Mil.-Verord.-Bl. meldet die Ernennung der Generale Graf v. Zeppelin, kommandirt nach Preußen und vorl. attachirt dem Stabe des Generalkommandos des 15. Armeekorps, Freilst Schott v. Schottenstein, komm, nach Preußen als Kommandeur der 30. Division, und Freih. v. Falkenstein, Komm, der 52. Jnf.-Brig. (2. K. württ.) zu Generallieutenants; ferner die Genehmigung des Abschiedsgesuchs des zuletzt nach Preußen kommandiert gew. Generallieut. v. Clausen.
— Der frühere württembergische Hauptmann Miller und Curt Abel, bekannt durch ihre vielbesprochenen Streitschriften, haben sich zur Herausgabe einer neuen Monatsschrift „Das deutsche Reich" vereinigt; das Unternehmen ist der Reform auf allen Gebieten gewidmet, die in Deutschland einer Umwandlung bedürfen.
ßannftatt Für das städtische Areal, welches die Militär-Verwaltung für einen neuen Exercierplatz erwerben will, verlangen die bürgerlichen Kollegien die Summe von 630 700 „F. Da die Militär-Verwaltung 10"/„ in Abzug bringen will, ist noch keine Einigung erzielt worden.
Ireudenstadt, 18. Novbr. Ein wegen Landstreicherei und anderer Vergehen verdächtiger junger Mensch, welcher vom Landjäger in Baiersbronn festgenommen war, machte auf dem Transporte vom Murgthal hieher einen Fluchtversuch, indem er in die hart an der Straße vorübersließende gegenwärtig sehr wasserreiche Murg sprang, dabei aber in einen sehr tiefen Gumpen geriet und unfehlbar ertrunken wäre, wenn ihn nicht der Landjäger mittelst Darreichen einer Stange aus dem Wasser gezogen hätte. Durch dieses Bad etwas abgekühlt, konnte der Weitertransport in das Amtgerichtsgefängnis ohne weiteren Fluchtversuch erfolgen.
Salzjtetten, OA. Horb, 19. Nov. Dem „D. V." zufolge ist das „schlafende Mädchen" über welches s. Z. berichtet wurde, nach etwa acht Wochen erwacht, aber bis jetzt b'ei sonstigem Wohlbefinden stumm geblieben.
Kübingeu, 19. Nov, Heute abend stürzte sich eine Dienstmagd vom Hirsauer Lüeg rücklings in den Neckar, wurde jedoch von einem vorübergehenden Soldaten lebend herausgezogen. Die Unglückliche hatte 5 Mark des von ihrer Herrschaft anvertrauten Geldes verloren und suchte in Verzweiflung hierüber den Tod.
Geislingen, 15. Nov. Der Güterzug 615," der von Ltuttgari nach Ulm geht, ist heute früh nach 3 Uhr auf der Geislinger Steige abgerissen, wobei mehrere Wagen stark beschädigt wurden- Der Zug mußte in Abteilungen nach Amstetten geführt werden. Zum Glück ist bei dem Unfall niemand verletzt worden. Der Paris-Wiener Schnellzug, welcher hierdurch in seinem Kurs aufgehalten war, erlitt eine zweistündige Verspätung.
Alm, 18. Nov. Die Liste der Redner am Katholikentag ist nun sestgestellt. Es spricht Oberbürgermeister Unterfee-Gmünd über
die Notwendigkeit der Bekämpfung der Sozialdemokratie. Landrichter Kiene-Hall erörtert die Schulfrage, beziehungsweise die Stellung, zu den bekannten Forderungen der Demokratie Reichstagsabgeordneter Stadtpfarrer Göser- Saulgan redet über die Presse, Reichtags- u. Landtags - Abgeordneter Landrichter Gröber- Heilbronn über die Orden.
Alm, 19. Nov. Der Schutzmann Halbritter von Göppingen erbat sich vorige Woche einen Urlaub nach Geislingen, wo er Verwandte hat, kehrte aber nicht zurück. Da er die Krankenkassengelder einzuziehen hatte, schöpfte man Verdacht. Die Untersuchung ergab, daß er 300 ^ Krankenkassengelder unterschlagen hat. Er wird steckbrieflich verfolgt.
IZlauöeuren, 19. Novbr. Nach soeben hier eingetroffenen Nachrichten hat ein 68jähr. Armenhäusler in Asch seine Frau erschlagen.
— Das Bad Aitzenbach samt Quelle wurde an die Kongregation der barmherzigen Schwestern von Gmünd um die Summe von 35 000 Mark verkauft.
Kndersöach. Wie enorm lohnend die Obstbaumzucht sich gestalten kann, geht daraus hervor, daß von einem einzigen Apfelbaum hier in diesem Jahre bereits 25 Zentner Früchte geerntet wurden. Rechnet man den Zentner zu 5 Mark, so ergibt sich von diesem einzigen Baume eine Einnahme von 125 Mark.
Nu n d s cha «
Aforzheim. Das Gasth. zur „Krone" hier ist inklusive Inventar durch Vermittlung des Güteragenten Metzger für 124 000 Mk. an Herrn Julius Felß, Kaufmann hier, verkauft worden.
Werlin, 18. Novbr. Nach der morgen 4 Uhr nachmittags stattfindenden Zwiltrauung des Prinzen Adolf von Schaumburg mit der Prinzessin Viktoria erfolgt große Auffahrt der Kaiserin Friedrich nach dem Schloß i» sechsspännigem Galawagen mit zwei Vorreitern, Fackelträgern und einer Eswrte des 1. Garde- Dragoner-Regiments Königin von England.
Werlin, 18. Nov. Die Arbeiterschutzkommission nahm den wichtigen Kontraktbruchsparagraphen (125) in folgender Fassung an: „Hat ein Geselle oder Gehilfe rechtswidrig die Arbeit verlassen, so kann der Arbeitgeber als Entschädigung für den Tag des Vertragsbruchs und für jeden folgenden Tag der ver- trasmäßigen oder gesetzlichen Arbeitzeit, höchstens aber für 6 Tage, den Betrag des ortsüblichen Taglohns fordern. Diese Forderung ist an den Nachweis eines Schadens nicht gebunden. Durch Geltendmachung der Forderung wird der Anspruch auf Erfüllung des Vertrages und auf weiteren Schadenersatz ausgeschlossen. Dasselbe Recht steht dem Gehilfen oder dem Gesellen gegen den Arbeitgeber zu, wenn er von diesem vor rechtmäßiger Beendigung des Arbeits-Verhältnisses entlassen worden ist."
Aerlin, 19. Nov. Von Dr. Kochs Heilmittel ist augenblicklich kein Vorrat vorhanden Nach Ergänzung des Materials soll dasselbe in folgender Weise abgegeben werden: an die Universitätskliniken und die großen Krankenhäuser in Berl n, an die Universitäten und die großen Krankenhäuser im Reich, an die großen Kliniken in Wien, Paris, London, an alle hervorragenden Aerzte im Reich, endlich an Privatärzte. — Die Versuche über die Heilwirkung des Mittels sind noch nicht abgeschlossen. Es besteht die Besorgnis, daß bei Lungentvberculose eine Erstickung der Patienten eintreten kann, falls die außgestoßenen Partikel in der Luftröhre stecken bleiben. Da
gegen hat sich das Mittel bei Kehlkopftuberkulose vollständig bewährt. Bei lieferen Leiden ist dessen Wirksamkeit noch ungewiß, doch hofft Koch alle Schwierigkeiten überwinden zu können.
— Der Wiener Professor Albert sagte in seiner Besprechung von Kochs Heilmethode: „Bewahren Sie erstens Ruhe und kaltes Blut, die Menschheit befindet sich in einem Taumel, der gar gewaltig absticht von der nüchternen streng-wissenschaftlichen Form der Aeußerungen Kochs. Koch selbst sagt, daß mit dem Mittel in inveterierten Fällen der Lungenschwindsucht die Heilung nicht zu erzielen sei. Die Tuberkulosen befinden sich in der größten Hoffnungsfreudigkeit ; alle diese Leute werden nach Berlin zusammenströmen und daselbst Heilung suchen. Wenn die Resultate den Erwartungen nicht entsprechen, wird es heißen, das neue Mittel ist Schwindel. Dieser Taumel sei darnach angethan, der überaus wertvollen Entdeckung den Todesstoß zu versetzen.
— Der sächsische Oberstlieutenant a. D. v. Egidy, welcher wegen des von ihm verfaßten Aufsehen erregenden Buches „Ernste Gedanken" seinen Abschied nehmen mußte, wird in nächster Zeit eine weiterere Schrift veröffentlichen. In derselben will v. Egpdi das Banner der Wiedervereinigung aller Christen im ursprünglichen Christentum vor aller Welt entrollen, und die erweiterten kirchlichen Formen genauer darlegen, die eine Bekenntnisgemeinschaft aller gesitteten Menschen ohne Weiteres ermöglichen.
Aaris, 19. Nov. Der russische General Selicerskoff wurde gestern vormittag im Hotel Baden mit einer Schußwunde bewußtlos aufgefunden. Man glaubt an einen Mord. Die Kugel wurde abends ausgezogen; der Zustand des Verwundeten ist hoffnungslos.
G e m e i u n ü tz i g e s.
Zehn Petrolenm-Regeln.
Aus Anlaß der zahlreichen Unglücksfälle beim Gebrauch des Petroleums, welche teils durch Explosionen, teils durch falschen Gebrauch des Petroleums, wie z. B. durch das höchst gefährliche Zugiesen von Petroleum in brennendes Feuer entstehen, mögen die nachstehenden Regeln in Erinnerung gebracht werden, durch deren gewissenhafte Befolgung solchen Gefahren mit Sicherheit vorgebeugt werden kann.
1. Das Petroleum ist am besten in Blech- gefässen und an kühlen Orten aufzubewahren. Explosionen finden nur statt, wenn das Petroleum sich in gasförmigem Zustande befindet, in welchem es schon bei einer Erwärmung von 25 Grad Neaumur gelangen kann.
2. Das Um- und Einfülle» des Petroleums darf nur bei Tageslicht, keinesfalls aber in der Nähe von einein Feuer oder einer Lichtflamme geschehen. Ein Vergießen des Petroleums führt leicht zur Entzündung, zur Explosion des Gefässes und zu lebensgefährlichen Verbrennungen. Unbedingt unstatthaft ist das Nachgießen von Petroleum in eine brennende Lampe.
3. Der Docht muß beim Einziehen in die Lampe völlig rein und trocken sein. Zu dünner Docht führt zur Erhitzung des Brenners und damit des Oels. Feuchter oder zu dicker Docht saugt schlecht. Das Trocknen des feuchten Dochtes geschieht am besten mit einem heißen Bügeleisen.
4. Docht und Brenner müssen täglich von allen kohligen Resten befreit werden. Eine Petroleumlampe, welche längere Zeit nicht im Gebrauch war, ist vor der Wiederbenützung mit besonderer Sorgfalt zu reinigen. Kohlige