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Wildbad, 21. November.

In der letzten Zeit sind mehrere würt- tembergische, größtenteils nach Preußen kommandierte Generäle in den Ruhestand versetzt worden, und es heißt, daß die Liste der Generalspensionierungen noch nicht abge­schlossen sei. Die Sache erregt nachgerade Aufsehen, da sich die Pensionierungen fast ausschließlich auf württembergische Generäle erstrecken. Am 4. Dezbr. findet in Ell­wang en die Wahl eines ritterschaftlichen Abgeordneten für den Jagstkreis an Stelle des st Freiherrn von Stetten, am 18. Dezbr. die Ersatzwahl in Maulbronn und Gera- bronn für die zurückgetreteuen Abgeordneten dieser Bezirke statt. In der demokratischen Presse werden die Matrikular-Beiträge Württembergs an das Reich aus ver­schiedenen Jahrgängen seit 1874 aufgezählt wobei die fortlaufend höheren Summen auch mit fortlaufend fetterer Schrift gedruckt sind. Mit den hohen Summen will jene Presse offenbar ihre Leser vor der Kostspieligkeit des Reiches gruseln machen und in ihnen den Glauben erwecken, daß sie jene hohen Sum­men wirklich durch ihre Steuerzettel zu be­zahlen hätten. Das ist aber eine niedrige Entstellung der Wahrheit. Das deutsche Reich zahlt bekanntlich an die Einzelstaaten sogen. Uebecwcisungen aus und zwar seit dem Jahre 1880. Seit jener Zeit haben die wirklichen Marrikularbeiträge Württembergs geschwankt zwischen 4,543,000 und 2,305,000 in den letzten 2 Jahren aber, welche rechnungs­mäßig abgeschlossen sind, hat Württemberg vom Reiche mehr erhalten als es an das Reich bezahlt hat, nämlich von 1888/89 1,027,000^ u. 1889/90 sogar4,400,000^l Die finanzielle Inanspruchnahme Württembergs durch Leistungen an das Reich ist also wesent­lich zurückgegangen, denn in den 70er Jah­ren hatte es jährlich durchschnittlich 6Us Mil­lionen an das Reich zu bezahlen. Wenn in der Zukunft die Matrikularbeiträge an das

Reich und des letzteren Ueberweisungen an Württemberg sich ungefähr gleich kommen, so darf man nicht vergessen, daß die heurige reiche Ernte die Einnahmen des Reiches aus Kornzöllen verringern wird und daß anderer­seits das Invaliden- und Altersversorgungs­gesetz für die Arbeiter eine bedeutende Summe verschlingt. Die deutsche Reich shaupt- stadt ist zu einem förmlichen Wallfahrtsort geworden, nämlich für die Aerzte, nicht nur aus allen Ländern Europas, sondern sogar aus den fernsten Weltteilen. Sie alle wollen das neuentdeckte Mittel des Professors Dr. Koch zur Heilung der Schwindsucht kennen lernen. Die heimtückische Krankheit rafft nach seiner Schätzung allein in Deutsch­land jährlich 130150,000 Menschen schon in den jungen Lebensjahren hinweg, auf der ganzen Welt mindestens 2 ffz Millionen Men­schen! Allen diesen Unglücklichen die Möglich­keit einer normalen Lebensdauer verschafft zu haben ist das unsterbliche, gar nicht hoch ge­nug zu schätzende Verdienst eines deutschen Arztes, der mit unermüdlichem Forscherfleiße erst die Ursachen der Tuberkulose, und dann auch das Mittel zu deren Heilung entdeckte. Dr. Koch ist erst 47 Jahre alt und es ist ein Verdienst des Fürsten Bismarck, ihn an das Reichsgesundheitsamt nach Berlin berufen und so in den Stand gesetzt zu haben, seine für die Menschheit so nützlichen Forschungen zu betreiben und der deutschen Wissenschaft zu einer so großen Ehre zu verhelfen. Dr. Koch hat das schändliche Anerbieten von Berliner Kapitalisten, gegen angemessene Entschädigung ihnen den Alleinverkauf seines Heilmittels zu überlassen, entrüstet abgewiesen. Ohne Zweifel wird der deutsche Reichstag diesem Wohlthäter ver Menschheit ein Geschenk der deutschen Na­tion votieren, und zwar in einer Summe, die mit seiner großartigen Erfindung auch im Einklänge steht. Der preußische Land­wirtschaftsminister Dr. Freiherr von Lucius ist von seinem Amte zurückgetreten und hat in dem bisherigen Regierungspräsi­denten von Heyden bereits einen Nachfolger erhalten. Letzterem fällt die schwere Aulgabe zu, einerseits die Vieheinfuhr aus dem Aus­lände zu erleichtern, andererseits aber auch die Einschleppung von Viehseuchen kräftig zu ver­hindern, also sozusagen Feuer und Wasser in eine glückliche Mischung zu bringen. Im ungarischen Abgeordnetenhause ist eine heftige Kulturkampfdebatte entbrannt. Die un­garischen Bischöfe verlangen nämlich, daß die katholischen Kinder, auch wenn sie in evange­lischen Gemeinden geboren sind, nur von katholischen Geistlichen in die Standesregister eingetragen werden dürfen (sog. Wegtaufungen.) Die Negierung und die Mehrheit Lrs unga­

rischen Parlaments ist aber gegen diese Neu­erung und es wäre leicht möglich, daß in Ungarn die Standesregister den Geistlichen ganz abgenommen werden. Die Fran­zosen sind sehr ärgerlich darüber, daß nicht ein Franzose das Koch'sche Heilmittel gegen die Schwindsucht entdeckt hat, sondern einer von den verhaßten Prußiens. Einzelne Blät­ter behaupten zwar, ein durchaus sicheres Mittel gegen die Schwindsucht sei in Frank­reich längst erfunden. Leider hat aber bisher kein Mensch etwas davon erfahren. Trost in diesem patriotischen Schmerz finden übrigens die Franzosen darin, daß die Bank von Frank­reich der Bank von England mit 75 Millio­nen Francs in Gold hat aus helfen können. Nun brüsten sie sich mit ihrem Reichtum und mit der Kaufkraft der Pariser Börse, aber auch in dieser Hinsicht dürften sie zu früh frohlockt haben. An der Londoner Börse ist eine Art Krach ausgebrochen von dem heute noch kein Mensch sagen kann, wie weit seine Folgen reichen werden. Eines der allergrößten Bankhäuser der Welt, Baring Brothers ist nämlich in große Schwierigkeiten geraten und nur die ausgiebige Hilfe der ganzen englischen Finanzwelt vermag eine schwere Krisis vorläufig noch zu bannen. Zn diesen schweren Geschäftssorgen der Engländer kam in letzter Woche noch der Untergang ei­nes ihrer neuesten Kriegsschiffe, ein gräßliches Eisenbahnunglück bei Taunton und je ein Zusammenstoß von Personenzügen in London und Evinburg. Großen Skandal verursachle auch der Ehescheidungsprozeß des Kapitäns O'Shea, bei welchem der Jrenführer Parnell arg blosgestellt wurde. Letzterer will übrigens im Einverständnisse mit seinen Parteigenossen seine polstische Rolle im Parlament fortsetzen. Unangenehmes Aufsehen erregt endlich die Entdeckung, daß der englische Kriegsminister Stanhope für die britische Armee für viele Millionen ein neues Repetiergewehr angeschafft hat, welches sich jetzt als nicht brauchbar er­weist. Der Wahlkampf in Italien nimmt eine immer günstigere Wendung für das Ca­binet Crispi. D-e Opposition ist unter sich vollständig zerfallen, so daß deren Führer Jmbriani mißmutig seine Führerrolle nieder­gelegt hat. Die Königin Emma von Holland hat nun doch die Regentschaft für ihren kranken Gemahl, dessen Zustand unver­ändert ist, übernehmen müssen. Aus Ruß­land kommen wieder Nachrichten von neuen Truppennachschübe» an die westliche Grenze. Auf den telegraphischen Dank des Zaren an den Kaiser von Oesterreich, für die herzliche und glänzende Aufnahme seines Sohnes in Wien, kann man also keine großen politischen Hoffnungen bauen. Mit Rußlands Kriegs-