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d. I. bei Maulbronn die den Schnellzügen 1 und 38 infolge der fehlerhaften Anordnung einer Zugskreuzung drohende Gefahr eines Zusammenstoßes abgewendet worden ist, Be­lohnungen verwilligt, und zwar dem Loko­motivführer Pfänder eine solche von 100 Mk., dem Lokomotivführer Boßler und dem Hilfs­wärter Schrenk in Maulbronn je eine solche von 50 Mark.

Das landüblicheZwicken" ist durch ein Urteil des Kgl. Landgerichts Stuttgart für ein Glücksspiel erklärt worden. Wirte, welche dasselbe in ihren Räumen dulden, machen sich nach Z 285 R.-St.-G.-B, strafbar.

Solitude, 1. Okt. Für Naturfreunde ist jetzt wieder der günstige Zeitpunkt gekom­men, wo die herbstliche Witterung an unseren zahlreichen Laubwaldungen und an den Ka­stanienbäumen unserer Schloßaltane eine herr­liche Farbenpracht entfaltet. An dem Farben­spiel von tiefen rostbraunen bis zu der zarte­sten hellgelben Farbe, welche noch reichlich durch ein schönes, sattes Blatt- und Nadelholzgrün durchmischt wird, kann sich jetzt das Auge er­götzen. Auch ist zu jetziger Jahreszeit vielfach an schönen Herbsttagen eine weite Fernsicht von unserer Schloßkuppel aus ermöglicht, wie diese sonst selten zu genießen ist.

Simmersseld, 3. Sept. Am letzten Sonn­tage feierte die hiesige Gemeinde die Ein­weihung der neuerbauten Kirche, zu der sich viele Gäste von nah und fern eingefunden hatten. Um 10 Uhr versammelte sich die Gemeinde in der Jnterimskirche, in welcher Pfarrer Lang von Wallhausen die Abschieds­rede hielt. Hierauf setzte sich der Festzug in Bewegung und nahm seinen Weg unter Gesang um die neue Kirche zum Hauptportal, wo Obcrbaurat Sauter mit einer paffenden An­sprache den Schlüssel an Schultheiß Waide- lich und dieser an den Ortsgeistlichen Pfarrer Henninger übergab. Hierauf folgte die Einweihung durch Dekan Schott. Nach derselben hielt Pfarrer Henninger die Festpredigt. Mit darauffolgendem Gebet und Gesang en­digte die kirchliche Feier. An dem Festmahl im Hirsch nahmen über 70 Personen teil. Der erste Toast auf S. Maj. den König wurde von Finanzrat Buhl ausgebracht. Hieraus folgte eine Reihe weiterer, u. A von Dekan Schott auf die Finanzvcrwaltung, von Pfarrer Henninger auf Oberbaurat Sauter; dieser trank auf das Wohl des Bauinspektors Geckeler, des Bauführers Kult und der Bauhandwerks­leute. Die hierauf folgenven Vorträge in Poesie und Prosa beschlossen das schöne Fest, welches jedem Beteiligten in angenehmer Er­innerung bleiben wird. Zu erwähnen ist noch, daß die innere Ausstattung des neuen Gottes­hauses von Schreinermeister Karl Schulmeister und Fr. Brachhold in Wildbad meisterhaft ausgeführt wurde.

Keilbronn, 1. Oktbr. Der Herbstsegen laßt sich gut an. In der Gesellschaftskelter herrscht ein reges Treiben und fröhliche Ge­sichter sind allenthalben zu sehen. Wägungen vom heutigen Tage haben beim roten Klevner 96 Grad, bei Schwarz Rießling 94 Grad ergeben.

Ktilbronn, 2. Okt. (Taschendiebstahl.) Ein hiesiger Arbeiter hat den Verlust von 3300 M. zu beklagen, die ihm gestern auf dem Viehmarkt abhanden kamen und wahr­scheinlich gestohlen wurden. Derselbe hatte sich diese Summe in einem Bankhause aus­zahlen lassen, um den Rest des auf seinem Hause ruhenden Kaufschillings abzutragen. Bevor er das Geld, welches er in die äußere Tasche seiner Juppe gesteckt hatte, seiner Be­stimmung entgegenführte, glaubte er auf dem Viehmarkt noch ein Paar Stiefel kaufen zu

müssen. Kaum war dies geschehen, so ver­mißte er auch schon den ganzen in der Tasche bei sich gehabten Betrag.

Woltweil, 3. Okt. Heute früh 5 Uhr ist ein Wohngebäude der Gasfabrik gänzlich abgebrannt; die den Nachbargebäuden und der Fabrik drohende Gefahr ist beseitigt.

(Weinpreiszettel.) Lauffen a. Hl., 2. Okt. Käufe zu 170, 175, 180 und 182 Mark pr. 3 Hektol.

Großbottwar, 1 Okt. Schwarz Rißling zu 138, 140, 145 pr. 2 Hektoliter.

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Selbst diejenigen, die im allgemeinen fürstlichen Besuchen eine politische Bedeutung nicht beilegen, werden die Tragweite der nun­mehr feststehenden Reise des deutschen Kaiser­paares nach Konstantinopel als ein politisches Ereignis ersten Ranges gelten lassen müssen. Kaiser Wilhelm II. ist der erste abendländische Herrscher, der dem Großsultan in dessen Re­sidenz einen Besuch abstattet. Dieses außer­ordentliche Entgegenkommen muß und wird in der muhamedanischen Welt mit größter Ge­nugtuung ausgenommen werden und der Ein­fluß dieses Vorganges wird voraussichtlich nicht allein auf die deutsch-türkischen Beziehungen beschränkt bleiben.

Mforzheim, 4. Okt. Ein junger, in ei­nem hiesigen Bijouteriegcschäft als Buchhalter angestellter Kaufmann soll, wie man vernimmt, auf der Reise mit einer ihm anvertrauten Muster­kollektion im Werte von 20 000 Mark ver­schwunden sein. Außerdem wird ihm zur Last gelegt, daß er bei auswärtigen Kunden ver­schiedene Ausstände eingezogen, dieselben aber nicht an sein Haus abgeliefert habe.

Griöerg, 2. Okt. Die feierliche Enthüllung des Gerwig-Denkmals findet dahier am Sonn­tag den 6. Okt., vormittags halb 12 Uhr statt.

Aschaffenburg, 2. Okt. Im Bahnhof der nahe gelegenen Bahnstation Gemünden sind zwei Güterzüge in einander gefahren. Der Schaden an Material ist groß.

Spandau, 28. Sept. Im Feuerwerks- Laboratorium auf Eiswerder fand heute früh 8 Uhr im Revisionssaale für Zündhütchen­fabrikation eme Explosion statt. 6 Arbeite­rinnen wurden schwer, ein Meister und ein Feuerwerker weniger schwer, und etwa 40 Ar­beiterinnen leicht verletzt. Sämtliche Verletzte wurden mittelst Dampfschiffes ins Krankenhaus gebracht. Der Kaiser, welcher gerade die Schießschule besichtigte, erhielt von dem Un­glücksfall sofort Kenntnis.

Mose», 4. Okt. Der gestern Abend um 4 Uhr 25 Min. von hier abgegangene Per­sonenzug stieß, nachdem derselbe um 10 Uhr 26 Min. Lissa verlassen hatte, nahe bei Laß­witz auf einen Güterzug. Von dem Zugper­sonal sind 4 tot, 1 schwer verwundet; auch von den Passagieren sind viele verwundet. Sichere Einzelheiten liegen bis jetzt noch nicht vor. Mehrere Schwerverwundete wurden hier-

Kalle a. S., 2. Okt. In Badrina hat der Mühlenbesitzer Meyer seine Frau mit einer Eisenplatte erschlagen und dann sich selbst ent­leibt.

Sprottau, 2. Okt. In Lipine im Kreise Beuthen ist ein neugebautes dreistöckiges Wohn­haus eingestürzt.

Fn Folge tagelanger Niederschläge geht der Bober mit Hochwasser.

Kopenhagen, 3. Okt. Unter den kürz­lich auf dem Schweinemarkt der seeländischen Stadt Köslilde angekauften Schweinen ist die Diphteritis ausgebrochen; es sind energische Polizeimaßregeln erforderlich, um die Epidemie zu lokalisiren.

Wien, 2. Okt. Das offiziöseFremden­blatt" spricht sich für die Anerkennung des Prinzen Ferdinand seitens der Mächte als Fürsten von Bulgarien aus.

Der Weinhändler Blaser in Mreß- burg in Ungarn war am vorigen Sonntag Nachmittag in seinen Weinüller gegangen, ohne die nötige Vorsicht zum Schutz gegen die dem zählenden Most entströmenden Gase zu beachten Er wurde durch dieselben betäubt und fand, ehe Jemand zur Hilfe hatte herbei­eilen können, den Tod.

Wom, 1. Okt. Im Tunnel bei Ariano fand gestern ein Zusammenstoß zweier Perso­nenzüge statt. Der Unglücksfall entstand wäh­rend eines heftigen Sturmes und wurde da- vurch herbeigeführt, daß der von Neapel kom­mende Zug den von Foggia kommenden Zug auf der Kreuzungsstelle nicht antraf und die Fahrt in der Hoffnung auf die mögliche Kreu­zung auf einem anderen Bahnhofe fortsetzte, während der Zug von Foggia seine Verspä­tung durch schnelleres Fahren einzubringen suchte. Die Szenen im Tunnel wurden durch die Finsternis noch schrecklicher.

St. Meters bürg, 3. Okt. Die hiesigen Blätter besprechen noch fortgesetzt die beabsich­tigte Reise des Zaren nach Berlin und erwar­ten von dem Besuch eine Wendung in det deutschen auswärtigen Politik. DerGrash- danin" meint, die Mächte würden in Folge des Besuchs des Zaren in Berlin vielleicht zu einer teilweise» Abrüstung schreiten können.

Ilewyork. Das Bureau Reuter berich­tet: Eine Feuersbrunst hat den ganzen Han­delsteil der Stadl Butte, in Montana, ver­nichtet Der Schaden wird auf eine Million Dollars geschätzt.

Aeu-Hrkeans, 4. Okt. Auf dem Dampfer Corona in Port-Hudson am Missisippi spran­gen die Kessel, wodurch 40 Personen umge­kommen sind.

TnttrhMkndkS.

Die Kl'stermühL'e.

Eine Dorfgeschichte von Hermann Robolsky

(Nachdruck verboten.)

s5j (Fortsetzung.)

Den Rat des Müllers, sich zu dem kühnen Vorhaben etwas Mut anzutrinken, befolgte der Prahlhans in ausgedehntem Maße, und zwar so kräftig, daß er gegen elf Uhr in ziem­lich animirter Stimmung seinem Wachplatze zusteuerte.

Dummer Kerl, dieser Hartwig!" kicherte der Selige.Aber sein Bier war vortrefflich. Na, er kann's ja machen, und durch wen? Ha, ha! Das ist der Kniff! Ja, hätte er mich nicht gehabt! Doch still! Jetzt werde ich diesen Kaffern einmal zeigen wie leicht man solchen Fischdieb fängt, wenn man's nur recht anzufassen weiß. Hier den Knittel will ich aber doch mitnehmen auf alle Fälle."

Der in sich Vergnügte hob einen mächtigen Zaunpfahl vom Boden und stellte sich, noch fortwährend im Selbstgespräch begriffen, in die Nähe des Weihers unter einen Baum.

Schillernd und blinkend huschten des ab­nehmenden Mondes Strahlen vom fernen Himmel her senkrecht durch das Laub und spiegelten sich gleich flüssigem Edelmetall in dem leicht bewegten Teiche. Bleiche Wasser­rosen blickten wie Geisteraugen aus der Flut hervor. Leise rauschte es im Schilf und in den Binsen. Die Blätter der Weiden schienen mit einander zu flüstern; jenes herzberuhigende Wehen zog durch die ragenden Sumpfgewächse,