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Samstag, 5. Aktober: 1889
25. iabi-gang.
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Es dürfte nicht überflüssig sein, hiemit noch besonders aufmerksam zu machen, daß das neue Reichs-Gesetz, betreffend dieErwerbs- und Wirtschafts - Genossenschaften vom 1. Mai d. I. mit dem 1. Oktober in Kraft getreten ist und daß damit das diesbezügliche frühere Gesetz vom 4. Juli 1868 aufgehoben ist. Dabei sollen aus dem neuen Reichs-Gesetz nur einige hauptsächliche Bestimmungen hervorgehoben werden. Das Gesetz bestimmt in Z 1, daß Gesellschaften von nicht geschlossener Mitgliederzahl, die die Förderung des Erwerbes oder Wirtschaft ihrer Mitglieder mittelst gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebes bezwecken (Genossenschaften), namentlich: 1) Vorschuß- und Kreditvereine, 2) Rohstoffvereine, 3) Vereine zum gemeinschaftlichen Verkauf gewerblicher Erzeugnisse (Absatzgenossenschaften, Magazinvereine), 4) Vereine zur Herstellung von Gegenständen und zum Verkauf derselben auf gemeinschaftliche Rechnung (Produktivge- nofsenschaften), 5) Vereine zum gemeinschaftlichen Einkauf von Lebens- oder Wirtschafts- Bedürfnissen im Großen und Absatz im Kleinen (Konsumvereine), 6) Vereine zur Beschaffung von Gegenständen des landwirtschaftlichen oder gewerblichen Betriebes und zur Benutzung derselben auf gemeinschaftliche Rechnung, 7) Vereine zur Herstellung von Wohnungen, die Rechte einer „eingetragenen Genossenschaft" nach Maßgabe dieses Gesetzes erwerben.
Neu ist im Z 2 die Bestimmung, daß die Genossenschaften mit: a) unbeschränkter Haftpflicht, d) unbeschränkter Nachschußpflicht und o) beschränkter Haftpflicht, in das sodann vom Handelsregister (insoweit es nicht schon geschehen) getrennt zu führende Genossenschafts-Register eingetragen werden können, während nach dem früheren Gesetz eine solche bestimmte Abgrenzung nicht erforderlich war. Alle im bisjährigen Register bereits eingetragenen Genossenschaften, deren Mitgliederzahl nicht unter sieben ist, werden als „eingetragene Genossenschaft mit
unbeschränkter Haftpflicht" eingetragen, sie haben auch mit diesem Zusatz zu firmieren so lange, als sie nicht die gesetzmäßige Umwandlung in eine Genossenschaft mit unbeschränkter Nachschußpflicht oder beschränkter Haftpflicht beschlossen und vorschriftsmäßig angemeldet haben. Die Mitglieder der Genossenschaft mit unbeschränkter Haftpflicht haften auch einzeln für die Verbindlichkeiten dieser Genossenschaft, sowie unmittelbar den Gläubigern derselben mit ihrem ganzen Vermögen. Die Genossen mit unbeschränkter Nachschußpflicht haften zwar mit ihrem ganzen Vermögen, aber nicht unmittelbar den Gläubigern der Genossenschaft, sind vielmehr nur verpflichtet, der letzteren die zur Befriedigung der Gläubiger erforderlichen Nachschüsse zu leisten. Bei den Genoffen mit beschränkter Haftpflicht ist solche für die Verbindlichkeiten der Genossenschaft sowohl dieser wie unmittelbar den Gläubigern gegenüber im Voraus auf eine bestimmte Summe beschränkt.
Im Uebrigen sind selbstverständlich die Statuten der Genossenschaften den gesetzlichen Bestimmungen anzupassen, auch ist jede Genossenschaft, sofern sie nicht unter sieben Mitglieder hat, zur Anmeldung behufs Eintrag in das vom Gericht zu führende Genossenschafts-Register unter Ueberreichung der vor- geschriebenen Beläge durch ihren Vorstand verbunden.
Württemberg.
Ariedrichshafen , 2. Oft. Ihre Majestäten der König und die Königin sind heute Nachmittag 1.18 nebst Gefolge wieder hier eingetroffen. Der Extrazug Ihrer Majestäten war geführt von Finanzrat Hörner, welcher die Ehre hatte, zur K. Tafel befohlen zu werden. Das Wetter ist regnerisch.
Stuttgart, 3. Oft. Im Gefolge Sr. Kgl. Majestät in Friedrichshafen befindet sich außer den genannten Personen auch der Hofmarschall Freiherr v. Wöllwarth - Lauterburg.
Stuttgart, 2. Oft. Ueber das am letzten Dienstag stattgefundene Eisenbahn-Unglück bei Vaihingen a. F. wird von einem Augenzeugen berichtet: Der Zug fuhr auf einer scharfen Kurve in schnellstem Lauf auf eine entgegenkommende Lokomotive. Hinter den Sicherheitswagen kam zuerst ein Wagen 3. Kl, derselbe ist vollständig zertrümmert, dann folgte ein Wagen 2. Kl., dieser schob sich in den nächstfolgenden Wagen 3. Kl., in dem ich saß. Der 4. Wagen, gleichfalls 3. Kl. schob sich ebenfalls in meinen Wagen herein. Wie ich mit meinen leichten Verwundungen davonkam, ist mir völlig unklar. Krachende Holzsplitter flogen mir dicht am Kopfe vorbei und
eine eiserne Stange ging mir durch Ueber- zieher, Rock und Hose hart an der Hüfte vorbei. Im Wagen 2. Kl. saß ein Major mit einer Dame, der Major hat eine Stirnwunde bekommen und scheint schwer verletzt. In dem hintersten Wagen des Zuges saßen eine große Anzahl Rekruten, welche einrücken sollten, dieselben blieben sämtlich unverletzt, da die hintersten Wagen stehen blieben. Die Lokomotive und die vorderen 5 Wagen bedeckten das Geleise mit wildem Chaos. Von einigen Waggons sind die Räder in Stücken abgesprungen. Die Soldaten sind an der Unglücksstelle geblieben, um zu helfen. — Getötet wurden 7 Personen, verwundet 45, worunter 10 schwer. Hilfe war sofort zur Stelle. Die Schwerverwundeten wurden im Katharinenhospital untergebracht.
Stuttgart, 2. Oft. Der König hat für bedürftige Verunglückte bei der Vaihinger Katastrophe die Verabfolgung von Unterstützungen angeordnet. Die hiesige Betriebsinspektion ist angewiesen, täglich zweimal über das Befinden der Verunglückten Erkundigungen einzuziehen und auf Anfrage telegraphische Mitteilung den auswärtigen Angehörigen zu machen. Von der Kgl. Staatsanwaltschaft Stuttgart sind gerichtliche Schritte zur Untersuchung eingeleitet. Die Bahnstrecke ist seit Mittag frei und es verkehren nun die Züge wieder ohne Aufenthalt.
— Die „Köln. Ztg." schreibt: Das Eisenbahnunglück bei Stuttgart erinnert wieder einmal in überaus trauriger Weise daran, daß noch immer nicht der Artikel 43 der Reichsverfassung verwirklicht ist, wonach das Reich dafür zu sorgen hat, daß die deutschen Eisenbahnverwaltungen jederzeit in einem die nötige Sicherheit gewährenden baulichen Zustand erhalten werden. Die vielen eingeleisigen Bahnen in Süddeutschland sind geradezu polizeiwidrig und die süddeutschen Landsleute sollten selbst am meisten darauf dringen, daß jene Bestimmung der Reichsverfassung im eigensten Interesse der Süddeutschen endlich verwirklicht würde.
Stuttgart, 4. Oft. Die Lokomotive und Tender des verunglückten Zuges Nr. 222 sind heute auf die Station Hasenberg verbracht worden. Es waren 40 Arbeiter von der Eisenbahnwerkstätte Rottweil gekommen; dieselben haben die ganze Nacht hindurch gearbeiet. — Die Einnahmen der Eisenbahnkasse über die Tage des diesjährigen Volksfestes betragen etwa 50 000 „U., etwas weniger als im Vorjahre, was auch von der Straßenbahn gemeldet wird.
— Der Staatsminister der auswärtigen Angelegenheiten hat den Eisenbahnbediensteten, durch deren umsichtiges Eingreifen am 18. Aug.