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Es heiHt, daß der im Berliner Auswärtigen Amte beschäftigte Assessor v. Burg für diese Stellung in Aussicht genommen ist.

Aerlin, 5. Sept. Der Gesamtertrag der Nachsteuer in den am 15. Okt. 1888 dem Zollgebiete angeschlosseuen Hansastüdten beträgt 13 Va Mill. Mk. Er fällt nicht der Reichs­kasse zu, sondern den Staaten, welche die Steuer erhoben haben.

Die Zahl der eingegangenen Entwürfe für das Nationaldenkmal für den Kaiser Wil­helm beträgt 144, darunter sind 47 durch Modelle von zum Teil außerordentlichen Um­fang erläutert.

Dresden, 5. Sept. Anläßlich des Be­suchs des Kaisers hat die Stadt reichen Fest­schmuck angelegt. Die Bevölkerung ist in fest­licher Stimmung, das Wetter ist prächtig.

Danzig, 5. Sept. Der Gustav-Adolf- Ver ein wählte den Geheimen Oberjustizrat Johow (Berlin) und Dr. Hölscher (Leipzig) zum Zentralvorstand. Die große Liebesgabe des Vereins von 19 200 erhielt die Ge­meinde Weisenau bei Mainz; die Gemeinden Sipiory (Provinz Posen) und Waitzen (Ungarn) erhielten je 6000 ^

In Königshülte (Oberschlesien) erregt der Selbstmord einer 15jährigen Schülerin, der Tochter eines Berginspektors, großes Aufsehen. Während die Eltern des Mädchens im Kur­ort Tarasp weilten, hat sich dasselbe im Hüt­tenteich ertränkt. Aj^den hinterlassenen Briefen geht hervor; daß der Grund der That ein Ver­hältnis zu einem Primaner gewesen ist.

Zweiörütken, 3. Sept. Ein schreckliches Unglück ereignete sich gestern Mittag in dem dem benachbarten Ernstweiler. Es stürzten nämlich die den Herren Klein und Knobloch jr. gehörigen Scheunen zusammen und begruben unter ihren Trümmern vier Kinder. Das 3 V« jährige Mädchen der Familie Branden­burger blieb sofort tot. Dessen lljähriger Bruder wurde am Bein schwer verletzt. Das 4jährige Söhnchen des Herrn Zutter erlitt am rechten Bein einen doppelten Bruch, sowie noch andere Verletzungen. An seinem Auf­kommen wird gezweifelt. Ein 3jähriges Kmd des Polizeidieners Anstatt wurde auch erheblich verletzt.

Diedenhofen, 31. August. (Verlorener Schatz.) Die große Summe von 500 000 Franken in Banknoten ging am Mittwoch dem auf seinem Schlosse Lagrange bei Diedenhofen wohnenden Grafen Berthier, französischer Major a. D., Enkel des berühmten Marschalls Ber­thier unter Napoleon I., verloren. Der Ver­lust kann nur zwischen dem Mittelpunkte der Stadt Luxemburg, beziehungsweise auf der Bahnstrecke Luxemburg Diedenhofen erfolgt sein. Vornehm in jedem Betracht ist die Belohnung, welche Graf Berthier dem redlichen Finder des verlorenen Schatzes in Aussicht stellt; nämlich eine Barsumme von 20 000 Franken oder nach beliebiger Wahl eine Leibrente auf Lebenszeit von täglich 5 Franken.

Das kleine, 60 Kilometer nördlich von Erzerum gelegene Dorf Kantzorik, welches 215 Einwohner hatte, ist dieser Tage durch einen furchtbaren vulkanischen Ausbruch zer­stört worden. Das Dorf lag, wie dem Lon­doner Daily Chronicle gemeloet wird, 1600 Meter über dem Meeresspiegel an einem Ab­hange. Als die Einwohner ein unterirdisches Geräusch vernahmen und bemerkten, daß die Quellen versiegten, wandten sie sich an die nächste Behörde, welche ihnen riet, das Dorf zu verlassen. Für die Meisten kam jedoch die Warnung zu spät, denn gegen Mittag, wäh­rend die Einwohner sich zur Flucht rüsteten, stürzte ein mit Steinen und Erde vermischter

Lavastrom auf das Dorf und verschüttete das­selbe mit 136 darin befindlichen Personen und allen Tieren. Von dem Dorfe ist kaum mehr eine Spur zu sehen. Der Berg ist nach allen Richtungen gespalten; die Hauptspalte ist 400 Meter breit. Alan hört noch unterirdisches Geräusch, es erfolgen große Erdrutschungen und Staubwolken erfüllen die Luft.

Kopenhagen, 4. Sept. Die Reise des Zaren nach Berlin ist angeblich bis Ende Sep­tember verschoben.

In Genf haken Nachtstreicher eine schänd­liche Rohheit verübt. In der Rue I. I. Rousseau hing am Hause Nr. 27 eine Gedenk­tafel und eine Büste I. I. Roussegus; in jenem Hause soll er nämlich, was zwar be­stritten wird, geboren worden sein. Letzten Sonntag Nachts wurde die Büste in Stücke zerschlagen.

Waris, 4. Sept. Die beiden Deutschen (ein Hannoveraner und ein Sachse), welche seit mehreren Wochen der Spionage verdächtig in Tarascon gefangen saßen, sind auf die energischen Bemühungen der deutschen Bot­schaft und des deutschen Consuls in Marseille freigelassen worden, nachdem sich die vollständige Grundlosigkeit des Verdachts herausgestellt hatte.

Aaris. Ein Herr Hippolyte M. machte bei einem befreundeten Bildhauer die Beknnnt- schaft eines weiblichen Modells, einer 16jähr. Italienerin, Namens Peppina, welche die Lie- beswerbunzen des zwar sehr reichen, aber 60 Jahre zählenden Herrn lachend zurückwies. Als er ernsah, daß er auf diese Weise nichts erreichen konnte, hielt er bei den Eltern des Mädchens in aller Form um ihre Hand an, holte sich aber uuch hier einen Korb. In Verzweiflung über das Scheitern seiner Pläne begab er sich in das Atelier seines Freundes,! wo Peppina Modell stand, und schoß sich hier in beider Gegenwart, ehe er daran verhindert werden konnte, eine Kugel durch den Kopf. In den Taschen des Selbstmörders soll man ein Testament gefunden haben, in welchem er Peppina zur alleinigen Erbin seines Vermögens eingesetzt.

Der Großfürst Thronfolger wird vor Schluß der Ausstellung hier erwartet. Das Gerücht, Boulanger solle auch durch ein Mili­tärgericht verfolgt werden, ist unwahr.

Hlom, 4. Sept. Zum Zweck der Küsten­verteidigung werden die Leuchtlürme vermehrt und schwimmende Forts gebaut.

Madrid, 3. Sept. Für die beste litte- rarische Arbeit über die Entdeckung Amerikas hat die spanische Regierung einen ersten Preis von 30 000 Fr. und einen zweiten Preis von 15 000 Fr. ausgesetzt und Einrichtungen in spanischer, deutscher, französischer, englischer und portugiesischer Sprache für zulässig erklärt.

Wukarest, 5. Sept. Die Jndependance roumaine erfährt aus zuverlässiger Quelle, daß seitens der bulgarischen Regierung telegraphische Befehle wegen Einberufung aller in Rumänien wohnenden bulgarischen Unterthanen unter die Fahne erflossen sind.

Athen, 5. Septbr. Nach den neuesten Meldungen aus Kreta besetzten die Türken die Provinz Sulina widerstandslos, ebenso die Umgegend von Rhetymnos. Die Insur­genten haben sich zurückgezogen, die völlige Unterwerfung wird demnächst erwartet.

London, 4. Sept. In einigen Lager­häusern längs der Themse, deren Besitzer alle Forderungen der Arbeiter bewilligt hatten, wurde heute die Arbeiter wieder ausgenommen; die allgemeine Stockung bleibt aber nach wie vor unbehoben. Die Docks und der Fluß, so­wie der Hafen von Gravesend sind vollge­

pfropft mit Schiffen. Die Steam-Navigation- Company bewilligte gleichfalls die gestellten Forderungen und nimmt Morgen die Arbeit auf. Der gestern in den Liverpooler Docks ausgebrochene Streik ist durch Bewilligung der verlangten Lohnerhöhung beendigt, ebenso der Streik der Metallarbeiter in Kesely und der Jntefabriken in Dundee. Der Lordmayor ist nach einer bei der Königin gehabten Audienz aus Schottland zurückgekehrt, um bei den Direk­toren der Dockgesellschaften zu Gunsten der Dockarbeiter zu intervenieren. Sollte auch dieser Schritt mißglücken, so dürften sich die Arbeiter mit dem, was sie errungen, zufrieden geben und die Arbeit wieder aufnehmen; sie sind des Streiks müde, und das Elend ist trotz aller bisher geleisteten Hilfe zu groß.

Aus London wird gemeloet: Infolge des Irrtums eines Signalisten fuhr der schottische Eilzug am Sonntag Abend in Crewe auf das für den Birminghamer Zug bestimmte Neben- geleisc. Die Lokomotive rannte gegen die fest­stehenden Puffer und geriet auf den Bahnsteig. 7 Fahrgäste wurden schwer verletzt.

London, 5. Sept. Das Zentralkomite der Streikenden beschloß die von dem Werft­besitzer Lafone vorgeschlagenen, mit den For­derungen der Streikenden übereinstimmenden Bedingungen anzunehmen und ermächtigte die Ausständigen die Arbeit wieder aufzunehmen.

Liverpool, 4. Sept. Die Dockarbeiter haben die Arbeit wieder ausgenommen, nach­dem die Dockbesitzer die Forderungen der Ar­beiter bewilligt haben.

St. Petersburg, 4. Sept. Schwedischen Advokaten ist die Ausübung der Praxis bei den neuerrichteten Tribunalen in den Ostsee- Provinzen verboten.

Nach Telegrammen aus Sansibar ist jDr. Peters von Eingeboren stark bedrängt, es heißt, er habe vier Schwarze erschossen und sei in eiligem Rückzug aus Witu. Das Berl. Tagbl." erklärt, die zur Unterstützung Emin Pascha's gesammelten 400 000 Mark seien in einer Weise vergeudet, welche dem ehrlichen deutschen Namen kaum zur Ehre ge­reichen.

Am 28. Juli wurde die japanische Stadt Kumatoto von einem furchtbaren Erdbeben heimgesucht. Häuser sanken in den Erdboden und eine Menge Leute wurden ge­tötet und verletzt. Seit der Zeit ist eiu zweiter Erdstoß verspürt worden und die geängstigten Einwohner befürchten weiteres Unheil. Das Wasser in den überschwemmten Gegenden ver­läuft sich alljährlich, so daß man im Stande ist,, den augerichteten Schaden abzuschätzen. Im ganzen wurden 930 Häuser fortgeschwemmt oder ganz vernichtet. 41 Personen haben bei den Ueberschwemmungen ihr Leben eingebüßt. Die nunmehr bekannt werdenden Einzel­heiten über den kürzlichen Wirbelsturm und die Ueberschwemmungen in Wakayama zeigen die ganze Größe des Unglücks. 10 000 Men­schenleben sind zu Grunde gegangen. Der Verlust an zerstörtem Eigentum ist ungeheuer, 20 000 Personen sind obdachlos.

Wewyork, 2. Sept. In Gretua, Loui­siana, war gestern die Rückkehr eines mit Negern gefüllten Vergnügungszuges das Signal zu einem bereits vorher geplanten Angriff gegen die Schwarzen. Dieselben wurden beim Ver­lassen des Bahnhofes von den Weißen beschossen und flüchteten unter Zurücklassung vieler Tobten und Verwundeten in ihre Häuser. Die Weißen zündeten viele derselben an und schossen er­barmungslos die flüchtenden Neger nieder. Die ganze Negerbevölkerung Louisianas, welche den Weißen sechsmal an Zahl überlegen ist, droht nun mit einem Rachezug und in Folge dessen