ist, daß dieser große Tag allen Geistern und Gemütern gegenwärtig bleibe, er bedeutet, daß die Vertreter Frankreichs sich zu vereinigen wissen. Ihre gemeinsamen Bemühungen können und müssen die Verfassung und den regel­mäßigen Gang einer Regierung sicherstellen, welche stetig, thatkräftig und fähig ist, der Nation mit der Freiheit im Innern und der Würde nach Außen alle die Wohlthaten zu gewähren welche unser Land von der Republik erwartet. Nochmals besten Dank, meine Herren, Sie können auf meine volle Hingebung rechnen. In der Stadt Paris herrscht vollkommene Ordnung. Die Boulevards sind sehr belebt. Ueberall beglückwünscht man sich wegen des Ergebnisses der Präsidentenwahl. Sadi Carnot verlieh Versailles in Gemeinschaft mit sämt­lichen Ministern und mit einer Kürassiereskorte, welche ihn in das Palais Elysee geleitete.

Der neue Präsident der französischen Republik, Marie Franyois Sädi Carnot, wurde am kl. August 1837 zu Limoges geboren; er ist der Sohn des Publizisten und Staats­mannes Hippolyte Carnot und Enkel des be­kannten Kriegsministers der Revolution. Er bildete sich auf dem Polytechnikum und der Brücken- und Wegebauschnle zum Ingenieur aus und ließ sich nach Beendigung seiner Studien in Annecy nieder. Nach dem Kriege von 1870 beteiligte sich Carnot zum ersten Male an den höheren politischen Interessen seines Vaterlandes, 1871 wurde er Präfekt im Departement Seine Jnferieure und erhielt dann den Auftrag, als Kommissar der Regie­rung die nationale Verteidigung in der Nor­mandie zu organisieren. Nachdem er noch in demselben Jahre für CSte d'Or in die De­putiertenkammer gewählt war, schloß er sich der Republikanischen Vereinigung an und bil­dete fürderhin als Vertreter für Baume eine der hauptsächlichsten parlamentarischen Stützen dieser Gruppe. Am 23. September 1880 trat er als Minister der öffentlichen Arbeiten in das Kabinet Ferry ein und aus einem wohlverstandenen politischen Interesse hat Ferry jetzt zu Gunsten seines alten Mitarbeiters auf die Präsidentschaft verzichtet. Die vollständige Umwandlung des Kabinets unter Gambetta Verdrängte auch Sadi Carnot aus der Re­gierung, in die er erst im April 1885 unter Brisson als Finanzminister wieder eintrat, eine Stellung, die er auch im Kabinet Frcycinet bis zum Dezember 1886 behauptete und zu der er von Goblet als dessen eigener Nach­folger nochmals berufen wurde, um dann dem Vorsitzenden der Budgetkommission, dem letzten Ministerpräsidenten, Rouvier, Platz zu machen. Sadi Carnot gilt für einen besonnenen Poli­tiker der gemäßigten republikanischen Richtung und seine makellose politische Vergangenheit bricht den gehässigen Angriffen der Radikalen, denen die Politik desTonkinesen" Ferry ein so breites Feld bot, die Spitze ab.

Aom, 4. Dez. In Fuscaldo und Bi- fignano in der Provinz Cosenza (Calabrien) fanden in der Nacht von Freitag auf Sams­tag zwei heftige Erdstöße statt, die in Fus- caldo keinen Schaden anrichteten, in Bifignano jedoch 20 Personen das Leben kosteten. Auch der sonstige Schaden ist in dem letzteren Orte beträchtlich. Einem Telegramm des Popolo Romano zufolge wurde Bisignano zerstört und die Ortschaft Roggiano stark beschädigt. (Nach anderweitiger Meldung ist die ganze Provinz Cosenza von dem Erdbeben heimgesucht worden.)

London, 1. Dez. Der Geologe Read- vine hat in Wales bei Trawsfynyld, unweit der Wasserfälle Pistylley - Cain und Rhaiadr- Mawddach, reichhaltige Golderze entdeckt. Der Fundort ist in der Nähe des Berges Clogau,

zwischen Dolgelly und Barmouth, wo im Jahre 1862 Gold im Werte von 6070 000 Pfd. St. ausgefünden wurd's,

U n i k fk h s r ^ Gin hoher Hast.

Humoristische Erzählung.

Nachdruck verboten.

2) (Fortsetzung).

Aber, beim Himmel, Kurt, wenn man Deine wirkliche Qualität zufällig erführe! Ich ahne wohl, was Du planst, aber"

Nun, man würde doch eben nur finden können, daß ich in der That der Assessor Ehrenbcrg bin und wer mich für den Prinzen Heinrich gehalten hätte, der würde sich ebcü geirrt haben. Du selbst brauchst mich nur ganz einfach für Deinen alten Freund Ehren­berg aus der Hauptstadt anzuerkennen, weiter nichts."

Max Schirmer, der junge Unternehmer, der sich nach längeren chemischen Studien hier dauernd niederzulaffen gedachte und dem sich aus tiefster Not plötzlich ein Retter zeigte, be­gann zu verstehen und nach kurzer weiterer Absprache trennten sich die beiden Freunde in fast gleich heiterer Stimmung nach verschiede­nen Richtungen.

Am folgenden Tage zeigte sich unter den biederen Bewohnern des Städtchens eine selt­same Unruhe. Auf dem Markte trafen sich die Honoratioren, imBären" und imLöwen" erschienen die Stammgäste früher als sonst, der Bürgermeister empfing zahlreiche Besuche und die Nachbarn flüsterten einander wichtige Dinge zu. Es war die Nachricht gekommen, daß der. Erbprinz im Orte Rast machen und entweder imLöweu" oder imBären" ein- kehrcn werde, er reise unter dem Jncognito eines Herrn Ehrenberg genau wußte man das noch nicht und deshalb sammelte sich jetzt schon vor beidenHotels" ein Schwarm Gaffer, um zu sehen, wie sich die Wirte auf den hohen Besuch vorbereiteten. Mit Spannung warte­ten die noch Zweifelnden inzwischen auf die Zeitung aus der Nachbarstadt und Einzelne gingen dem Druckerjungen, der das Blatt zu bringen pflegte, bis weit hinaus auf der Land­straße entgegen.

ImLöwen" sammelten sich bald die An­gesehenen und gerade als der, von der um­laufenden Kunde fest überzeugte Bürgermeister von gewissen, am anderen Tisch sitzenden Zweif­lern alsNaseweisen",Besserwissern" rc.sprach, kam die Zeitung, aus welcher das hastig auf­gesprungene Oberhaupt der Stadt denn richtig und mit trumphirender Miene die Nachricht den aufhorchendcn Honoratioren vorlas, daß Prinz Heinrich mutmaßlich in allernächster Zeit auf einer Reise nach dem Bade so und so die Stadt L. passieren und dort übernachten werde. Er reise incognito rc.

Ohne sich weiter aufzuhalten, rannte der Bürgermeister davon und heim zu seiner Gattin, des Städtchens würdiger und selbstbewußter Mutter und sofort wurde festgestellt, daß also der hohe Gast unzweifelhaft morgen erwartet und sogleich auch gebührend mit Musik, Fah­nen, Illumination, Ansprache rc. empfangen werden müsse. In größter Aufregung eilte der Bürgermeister sodann in sein Studierzim­mer und begann die Rede zu entwerfen, die er zur Ehre seines Amtes doch halten mußte; aber noch war er nicht über das erste Concept hinaus, so erhob sich draußen ein großes Ge­tümmel und wie er das Fenster öffnete, schrie ihm schon einer der Stadträte entgegen:

Bürgermeister, er ist. da, der Prinz ist da, soeben mit Extrapost heim?Löwen" vor­gefahren!" ,'

Wer denn, wer ist da?" schrie der An­geredete, innerlich tötlich erschrocken und von dunkler Ahnung erfaßt.

Nun, der Prinz, die Hoheit, ist da. Das sah- man auf den ersten Blick, wer in dem Wagen saß und an der ganzen Haltung beim Aussteigen. Und wie gnädig er grüßte; Bür­germeister! rasch kommt, ich warte."

-Aber ist er's denn wirklich? Heute schon?"

Und wenn ich Euch doch versichere, ich habe S. Hoheit mit eigenen Augen gesehen, man kennt das doch, wenn man wie ich, ein volles halbes Jahr lang in der Residenz con- ditioniert hat! Und mit Extrapost! Denkt doch nach, Bürgermeister! Ihr seid ja ganz von Sinnen!"

Hergott! und meine Rede ist nicht fertig!" schrie das Haupt der Stadl wie verzweifelt; aber wartet, Freund, ich eile mit Euch in denLöwen", sehen wir, wie er sich einge­schrieben hat und dann, wenn er's ist, dann, Apotheker, retten wir beide die Ehre der Stadt und bereiten ihm einen Empfang, so herrlich, wie er ihn nie gesehen! Ich bin begeistert, alter Freund, ich komme!"

Zehn Minuten nachher betraten beide Her­ren denLöwen", dessen Wirt ihnen strah­lenden Antlitzes entgegenkam.

Der fremde Herr hat sich schon ange- mcldet, Wirth?"

Freilich, Herr Ehrenbcrg, sehen Sie hier, die eigenhändige hohe Handschrift des erlauchten Gastes! Wir kennen das ja! Die Sache stimmt!"

Gewiß stimmt sie," rief der Bürgermeister und nun eilt und meldet sofort seiner Hoheit das Haupt der Stadt, welches gekommen ist, um Höchstihncn seine und der getreuen Stadt tiefste Ehrfurcht zu Füßen zu legen!"

Thut mir leid, Herr Bürgermeister; unser hoher Gast sind schon ausgegangen?"

(Fortsetzung folgt.)

Hiesiges.

Mikdöad, 5. Dez. Bei den Rewyorkcr Wahlen hat laut Nachricht desSchw. M." vom 1. Dezbr. der demokratische Bewerber für das Staats-Sekretariat, Frederick Kook, ein geborener Wildbader, Namens Kuch, den Sieg über seinen republikanischen und soziali­stischen Gegner davongetragen. Ein Mann in so hervorragender Stellung, welche er schon zum zweiten Male inne hat, lenkt die Auf­merksamkeit seiner Landsleute und seiner Vater­stadt in hohem Grade auf sich; um so mehr als sein Lebenslauf einer jener merkwürdigen ist, die im alten Europa undenkbar sind, im jungen Amerika aber zu den häufigen Vor­kommnissen zählen. F. K. ist einer der älte­sten Schüler des damaligen Reallehrers in Wildbad, jetzt Prof. a. D. Ziegler, und liefert ein lebendiges Zeugnis dafür, daß die württemb. Realschule ihren Schülern brauch­bare und sichere Grundlagen für das Leben mitgibt. Diese Thatsache wird von einem amerikanischen Blatte in folgender Lebensbe­schreibung anerkannt: C. K. ist Präsident der deutschen Versicherungs-Gesellschaft in Rochester. Er ist in Wildbad, einem berühmten Badeorte Württembergs, am 2. Dezbr. 1833 geboren. Die höhere Schule (Realschule) daselbst ge­währte Herrn K. die Grundlagen zu einer guten Erziehung. Als er 12 Jahre alt war, starb sein Vater und die Familie von 8 Kin­dern wurde bald getrennt. Hr. K. kam 1848 nach Newyork und ging nach Buffalo, wo er eine verheirathete Schwester hatte. Als er