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JüaNlllglalllAeS. «Nachdruck verboten 1
Die Dreisteine im Riesengebirge. (Mit Bild auf Seite 166.) — Die Dreisteine im Riefengebirge, von denen wir auf Seite 166 eine Ansicht bringen, bilden eins gewaltige Gruppe von Felsenklippen, an welchen Wasser, Frost und Wetter seit Jahrtausenden genagt haben, um ihnen die bizarrsten Formen von Zerrissenheit und Zerklüftung zu geben. Wer sich für solche Naturwunder interessirt, läßt sich gewiß die Mühe nicht verdrießen, bei der Wanderung in's Riesengebirge und namentlich beim Besuch der kleinen Sturmhaube, des Mittagsteines und des Koppenplanes auch diese Felsenspitze zu besteigen. Der Name „Dreisteine" soll nach Mosch ursprünglich „Druidensteine" gelautet haben, doch hat sich darüber nichts Sicheres ermitteln lassen. Kein Tourist wird es bereuen, die mächtige Gruppe der Dreisteine aus der Nähe besichtigt zu haben, um die wunderbaren Formen zu begreifen, in welche der unaufhörlich zerstörende Einfluß von Wind und Wetter selbst das harte Granitgestein hat verwandeln können.
Iwan Turgenjew. (Mit Porträt). — Von allen russischen Dichtern und Schriftstellern ist wohl keiner im Auslande bekannter geworden, als Iwan Turgenjew, dessen Porträt wir den Lesern vorlegen. Am 9. November 1818 zu Orel geboren, verbrachte er seine Jugend auf dem Gute seines Vaters, eines sehr wohlhabenden Landedelmannes. Später studirte er auf den Universitäten Moskau, Petersburg und Berlin und widmete sich, nachdem er vorübergehend eine Anstellung im russischen Ministerium des Innern bekleidet, ganz der literarischen Lausbabn, als sein Erstlingswerk: „Tagebuch eines Jägers," ländliche Skizzen, welche er in einer Monatsschrift als Frucht seiner Mußestunden veröffentlicht halte, ungewöhnlichen Beifall fand. Er ging zu- sörderst auf Reisen, kehrte zwar 1852 nach Rußland zurück, verließ es aber, nachdem er wegen angeblicher demagogischer Gesinnung Unannehmlichkeiten erfahren hatte, bald wieder, um von da ab nur in langen Zwischenräumen und stets nur auf kurze Zeit sein Vaterland wieder zu besuchen. Meist in Paris und Baden-Baden lebend, widmete er sich nun in behaglicher Muße seinen literarischen Arbeiten, von denen wir hier nur noch als besonders hervorragend die drei Romane: „Väter und Söhne," „Rauch" und „Neuland" hervorheben.
Nach langen Leiden starb er am 3. September 1883 in Paris. Iwan Turgenjew ist unzweifelhaft der größte Dichter, den Rußland in der Neuzeit besaß, und die Liebe und Verehrung seiner Landsleute gebührt ihm mit vollem Recht.
Die Gattin eines Fürfien. — Wer kennt nicht die Geschichte der unglücklichen Gemahlin Herzogs Albrecht's von Bayern, der schönen Agnes Bernauer? Nur wenig bekannt aber ist es, daß auch die portugiesische Geschichte einen ganz ähnlichen Vorfall auszuweisen hat. Don Pedro, der Jnfant von Portugal und der Sohn und Thron- solger König Alfons des Kühnen, heirathete in zweiter Ehe heimlich die schöne und von ihn, leidenschaftlich geliebte Ines de Castro, welche einem erlauchten, dem Königshause verwandten Adels- geschlechte entsprossen war. In stiller Glücklichkeit und abgeschiedener Ruhe lebte sie Jahre lang im St. Klarenrloster zu Coimbra, bis die Günstlinge des alten Königs das Geheimniß aufgespürt hatten.
Geschäftig hinterbrachteu sie ihrem Herrscher die Nachricht von der heimlichen Ehe seines Sohnes und wußten die Folgen derselben für den König und den Staat so gefährlich zu schildern, daß sich dieser endlich entschloß, entweder seinen Sohn zur Scheidung von seiner geliebten Gattin zu zwingen oder durch Tödtung der Ines nebst ihren Kindern die Thronfolge den Kindern der ersten standesgemäßen Ehe Don Pedro's zu sichern. Als ihm das Elftere nicht gelang, so eilte der alte König, als er seinen Sohn auf der Jagd wußte, in das einsame Kloster nach Coimbra. Aber als er das schöne junge Weib mit ihren lieblichen Kindern zu seinen Füßen liegen sah, vermochte er den Entschluß, sie zu tödten, nicht auszusühren. Doch noch wenigen Tagen erboten sich drei Hofleute: Alvaro, Coelho und Pacheco, die blutige That zu übernehmen, und der König gab ihnen den Befehl dazu, den die Schurken auch nicht zögerten auszuführen. Der Prinz war untröstlich über den Verlust seiner theuren Ines, und nur die sromemn Karthäuser hielten den Sohn zurück, daß er nicht die Waffen gegen den alten Vater ergriff und die Fackel der Empörung in's friedliche Land schleuderte. Der Vater starb, die Mörder flüchteten nach Kastilien, aber Pedro setzte ihre Auslieferung durch und sie starben alle drei unter dem Henkerbeile. Dann ließ der junge König die Gebeine seiner ermordeten Gattin aus Coimbra holen und in Älcobaza feierlich ausstellen. Er berief die Rechtsgelehrten seines Reiches an den Sarg, legte ihnen die Dokumente seiner Ehe mit der Ermordeten vor und ließ durch ihren Spruch dieselbe für gesetzmäßig und giltig erklären. Ein kostbares Denkmal aus weißem Marmor bMichnet die Stätte, wo die unglückliche Ines schläft. sJ.s Die WerthschLtzung von Salz und Bros. — Salz und Brod sind von den Völkern immer besonders hochgeschätzt worden. Schon die alten Griechen hielten das Salz für die erste Würze in der Welt, und auch römische Schriftsteller sind seines Lobes voll. „Wahrlich," ruft einmal der Naturhistoriker Plinius aus, „das menschliche Leben könnte ohne Salz nicht bestehen." Äarro bemerkt, daß die Alten das Salz als Würze genossen und „Salz und Brod essen" zum Sprichwort geworden sei. Livius nannte Griechenland das „Salz der Völker", und wir selbst pflegen von einer witzigen und schlagfertigen Rede zu sagen, sie sei gewürzt mit „attischem Salz". In zahlreichen! religiösen Gebräuchen spielt das Salz eine bedeutende Rolle. Es gilt als, Symbol der Weisheit und Klugheit, dem man die Krast zuschreibt, zu reinigen! und zu bessern. Der Spanier n-nnt seine Geliebte das „Salzfaß seiner Seele".s
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Iwan Turgenjew
„Er ißt Salz zu seinem Fleisch," sagen gewisse Negerstäliimc. wenn sie eine» Reichen bezeichnen wollen, denn kleine Salzstücke vertreten bei ihnen die Stelle des Geldes. Die Anwohner des Nils geben Goldstaub dafür. 'Bei unseren germanischen Vorfahren stand das Salz ebenfalls in hohen Ehren. Sah. quellen hielten sie für heilig und um den Besitz von solchen entbrannte einst ein heftiger Streit zwischen Hermunduren und Chatten. Als Nahrungsmittel nimmt das Brod in der Werthschätzung aller civilisirten Völker den höchsten Rang ein. Horaz sagt in seinen Satiren, wenn es einen hungere und man nichts zu essen habe, genüge schon ein Stück Brod mit Salz zur Befriedigung des bellenden Magens. Auf das Brod bafirt sinnbildlich der Deutsche seine ganze Existenz. Brod haben heißt bei ihm leben können. Wir essen Morgen- brod, Mittag brod, Äbendbrod. Er hat ein gutes Brod bekommen, sagt man von einem, der zu Amt und Würden gelangte. Wir sprechen sogar von einem Brodstudium, von Brodwissenschaften, und es sind darunter Fächer verstanden. die künftig ihren Mann nähren. Bekanntlich gibt es auch „brodlose Künste". Im Vaterunser bittet man einfach um das „tägliche Brod". Der Sprachgeist hat auch einen „Brodneid" geschaffen. svr. K.. M.s
Sehnsucht nach dem Tode. — Der Graf v. Fleury wurde 1793 als Verdächtiger in das Gefängniß du Luxembourg zu Paris gesetzt. Er war lustig und guter Dinge und spielte Ball im Hofe, bis er die Nachricht erhielt, daß seine ganze Familie hingerichtet oder verbannt sei. Da schrieb, er verzweis- lungsvoll an Dumas, den Präsidenten des Blutgerichts, folgenden Bries: „Blutmensch, Würger, Kannibale, Ungeheuer, Bösewicht! Du hast alle die Meinigen ermordet, und Du wirst Alle auf's Blutgerüst schicken, die heute vor Dir erscheinen. Laß auch mich gleiches Schicksal seiden, denn ich erkläre Dir, daß ich ihre Gesinnung theile." — „Sieh doch den Liebesbrief, den ich erhalte," sprach Dumas zu Fouquier-Tinville. „Lies doch. — Nun, was antworte ich dem Manne?" — „Der Herr scheint große Eile zu haben," antwortete Fou- quier, „wir wollen ihm doch den Willen thun." Fleury wurde sogleich durch einen Gendarmen aus dem Gefängnisse geholt und mußte noch selbigen Tages mit ftlnfzig Änderen auf's Blutgerüst steigen. C. T.
Bankeekniffe. — Einst ging ein Gesetz in einem nordamerikanischen Staate durch, welches das Spielen mit neun Kegeln verbot; kaum war das Gesetz in Krast getreten, als man überall sogleich nach zehn Kegeln schob. Durch eine andere Akte sollten die Billards vertilgt werden, und um diesen Zweck desto sicherer zu erreichen, beschrieb man genau den Billardtisch. Man fügte nun demselben zwei Beine mehr an, und das Gesetz I konnte nichts ausrichten. Als in Baltimore die
' Wasserscheu böse Todesfälle verursacht hatte, erließ
'MWM' der Magistrat die Verfügung: Alle Hunde sollten
einen Maulkorb tragen, widrigenfalls der Eigen- thümer eine Geldstrafe zu erlegen hätte. Der Besitzer eines Hundes band nun den Maulkorb an den Schweif und ließ den Hund so lausen. Dem Gesetz war weiter beigesügt: „Derjenige, welcher einem Hunde den Maulkorb abnimmt, verfällt in süns Dollars Strafe an den Eigner des Hundes." Ein Wächter sah nun den wunderlich behängten Hund und hielt es für Pflicht, demselben den Maulkorb abzunehmen und den Besitzer des Hundes vorzuladen. Derselbe erschien und rechtfertigte sich nicht nur nach dem Buchstaben des Gesetzes, sondern verlangte auch die fünf Dollars Strafe aus demselben Grunde und erhielt sie auch. Sk.
Feine Abfertigung. — Gelegentlich seines Aufenthaltes in Halle besah Friedrich II. das große, von dem berühmten Menschenfreunde August Hermann Francke erbaute Waisenhaus. Der Sohn des ehrwürdigen, damals bereits abgeschiedenen Mannes, der jedoch nicht im Entferntesten des Vaters Geist geerbt, führte den Monarchen durch die weitläufige Anstalt. Es war sehr heiß, Friedrich ging daher entblößten Hauptes; sein Geleiter glaubte aber, daß es aus Höflichkeit gegen ihn geschehe und meinte endlich: „Bedecken sich Eure Majestät doch und geniren Sie sich meinetwegen gar nicht." — Der König klopste ihm auf die Schulter und sagte nur: „Lieber Francke, Sein Vater war ein sehr vernünftiger Mann." sL. M.s
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Es kehren viele Gäste Doch wenn versetzt ein wenig
Alljährlich bei mir ein, Dn meine Zeichen hast.
Den» schön, so sagt ein Jeder, Kannst meinen Wirth Dn spiele».
Und gut soll's in mir sein" Ich bin dann selbst ein Gast.
Auslösung folgt in Nr. 43. sEmil Noot j
Arilhmogriph.
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8 ein deutscher Dichter. 5. 7. 2. 3. 6. 8. 4. 7 eine TrupM- aattnng. 2. 7. S. 4. 8. 8. 4. 8 ein europäisches Gebirge. 1. 2. 8. 8. k ein bekam»« Bischof des Mittelalters. 7. 6. 3. 3. 4. 8 eine Getreideart. 3. 7. 2. 8. 2. o. 2 -m- Stadt in Spanien. 4. 7. 8. 2 ein weiblicher Name. 5. 4. 3. 4. 8 eine Masse. 8. 6. 7. 8. 4. 8 Figuren der nordischen Mythologie. jW. Raus
Auflösung folgt in Nr. 43.
Auslösung der Charade in Nr. 41: Handschuh.
Alle Rechte Vorbehalten.
Verlag von Ehr. Wildbrett in Wildbad. Redigirt, gedruckt und herausgegeben von Hermann Schönlein in Stuttgart.