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Sie haben noch eine andere Verwundung empfangen, die ich iMch nicht heilen kann," sprach er scherzend, denn sie sitzt im Herzen. ,gestehen Sie nur, daß Sie bereits die Künstlerin, die sie heilen wird, Milden haben!"

Eschebach lächelte.

Und wenn es Wahrheit wäre?" bemerkte er.

Dann entlasse ich Sie aus meiner Kur, denn mit der Liebe kann ich nicht konkurriren! Sie ist das einzige Universalmittel, welches L anerkenne, sie bewirkt sogar Wunderkuren! Und wer wer tzilt Sie?"

Eschebach legte die Hand in den Arm des Arztes und zog ihn mit sich.

Die Hoffnung," sprach er.Sie ist eine Wunderpflanze, allein ie verträgt nicht das volle Sonnenlicht, im Stillen und Verborgenen ich sie keimen und sich emporranken, bis sie die Blüthe ansetzt. Wenn dahin gekommen ist, dann sollen Sie einer der Ersten fein, dem ich diese Blüthe zeige!"

Ich füge mich," erwiederte der Arzt in scherzendem Tone.Als

Physiologe kann ich das Herz nur als Saug- und Druckpumpwerk an­erkennen, welches dazu dient, den ganzen Körper mit Blut zu berieseln, als Psychologe schweige ich, denn da reichen meine Kenntnisse nicht weiter als die Ihrigen, obschon das Studium der Seele stets eine Lieblingsaufgabe für mich gewesen ist."

Dann würden Sie mir vielleicht die Erklärung eines psychologi­schen Räthsels geben können," warf Eschebach ein.

Was meinen Sie?"

Mir ist Hercher ein Räthsel. Mein Beruf bringt mich täglich mit Verbrechern zusammen, ich kenne alle Leidenschaften, welche die menschliche Brust durchwühlen und beherrschen, ich suche zu erforschen, wie die ersten Gedanken an ein Verbrechen entstehen, aus welchen Be­weggründen sie hervorgehen, denn nur dadurch kann ich in vielen Fällen auf die richtige Spur kommen Hercher ist mir ein Räthsel. Daß er das Verbrechen begangen hat, steht zweifellos fest was hat ihn dazu getrieben?"

Sie haben mir selbst gesagt: die Habsucht!" warf der Arzt ein.

Tas Steinsalzöergwerk in Staßfurt. Originalzeichnung von W. Wollfchlägcr. (S. 144)

1. Im Steinsalzbruch. 2. Das Schroten des Salzes. 3. Steinsalzblöcke. 4. Das Mahlen des Salzes.

UM

ßNE

.Er hoffte, in den Besitz des ganzen Vermögens zu kommen, wenn Hsrport's Sohn enterbt blieb."

Ganz recht, auch heute nehme ich dies noch an und doch gibt es Er keine völlige Erklärung. Hercher ist habsüchtig, allein er ist gleich- Dtig ein kluger, berechnender Kopf, der nichts ohne ruhige und reif­liche Ueberlegung thut. Mußte er sich nicht sagen, daß der gewünschte Erfolg seines Verbrechens immerhin noch ein sehr zweifelhafter sein Erde? Er kannte seine Verlobte und mußte wissen, daß sie den Wunsch Ms Vaters auskühren werde, sobald sie in der Lage war, über ihr «mögen zu verfügen. Wie konnte er dies hindern, ohne sich selbst Andächtig zu machen? Meta mit ihrem Bruder zu verfeinden, würde V nimmermehr gelungen sein."

Vielleicht hat er dies auch gar nicht beabsichtigt," entgegnete der «zt.Wenn sie nun gestorben wäre, ebe sie in der Lage gewesen, über

Vermögen zu verfügen, würde dasselbe dann nicht ungethe-lt an A gefallen sein?"

. Eschebach zuckte bei diesen Worten unwillkürlich zusammen, er Wie den Arm des Arztes und hielt denselben fest.

Wie meinen Sie das?"

Das Verbrechen Hercher's ist eine That der Leidenschaft, zu der jedoch eine kaltblütige Berechnung die Basis geliefert; wenn diese Be­rechnung nun noch weiter gegangen wäre? Wenn sie vielleicht nur der Anfang eines Planes war?"

Sie meinen, er würde auch seine Frau ermordet haben, um sich in den Besitz des ganzen Vermögens zu setzen!" rief der Kommissär.

Trauen Sie ihm eine solche That nicht zu?"

Doch doch! Hieran hatte ich nicht gedacht. Schon dieser Gedanke ist entsetzlich und doch gewinnt er immer mehr an Wahrschein­lichkeit, je mehr ich ihn verfolge. Ich habe ohnehin gezweifelt, daß er Harport's Tochter liebe, er hat sie nicht geliebt, sondern sich mit ihr nur verlobt, um ihr Vermögen zu erhalten!"

Der Arzt nickte zustimmend.

Ich bin überzeugt, daß es so ist," bemerkte er.

sFortsetzung folgt.)