Mannigfaltiges. (Nachdruck verboten.)
Der Fang «nd die Zubereitung der Kabeljaus auf Neufundland. (Mit Bild auf Seite 125.) — Der Kabeljau ist ein zur Familie der Schellfische gehöriger Fisch von 1 bis 1'/- Meter Länge, der diesen Namen jedoch nur in frischem Zustande führt; an der Lust getrocknet wird er Stockfisch genannt, gesalzen und getrocknet nennt man ihn Klippfisch, und blos eingesalzen (gepökelt) Laberdan. Im Frühling kreuzen Tausende von Fahrzeugen nach den Äeusundlandbänken an der Nordküste Amerika's hinaus, um dem Kabeljau nachzustellen. Die an Gruudleinen gefangenen Fische werden an Bord getödtet und ausgenommen und dann am Lande auf Stangengerüsten, wie wir sie auf dem Bilde auf Seite 125 sehen, an der Luft getrocknet. Erst nachdem sie klapperdürr geworden sind, bringt man die Fische, welche jetzt Stockfische heißen, in die Speicher und schichtet sie daselbst haushoch, wie Brennholz, über einander. Durch Behandlung nüt Salz während der Trockenzeit auf den Felsklippen der Neufundlandküste bereitet man aus den Kabeljaus die sogenannten Klippfische. Hat man Fässer genug, so pökelt man einen Theil des Fanges darin zu Laberdan ein. Die Lebern endlich läßt man in großen Bottichen faulen, wobei sich aus ihnen der Leberthran ausscheidet, welcher als obenauf schwimmendes Fett abgeschöpft wird.
Die Schlangenbän diger bei den Indianern von Ccntralamcrika. (Mit Bild auf Seite 126 und 127.) — Den Naturvölkern ist die Schlange und namentlich die giftige Schlange der Inbegriff einer dämonischen Macht und das Sinnbild eines übernatürlichen Wesens. Ihre Zauberer und Priester machen sich daher auch viel mit Schlangen zu schaffen und erreichen den tiefsten Eindruck beim Volke, wenn sie ungefährdet mit giftigen Schlangen umgehen, d. h. als sogenannte Schlangenbändiger austreten können. Wie in Ostindien und in Arabien, so gibt es auch bei den Indianern Centralamerika's solche Schlangenbändiger, deren Produktionen namentlich bei einem alljährlich am Frühlingsanfang (21. März) stattfindenden Feste eine große Rolle spielen. Jeder hat eine giftige Schlange, welche er gezähmt und dressirt hat, in der Hand oder um feinen Leib gewickelt, und alle zeigen nun der Reihe nach ihre Künste, die mitunter wirklich überraschend sind.
«schließlich treten die Schlangenbändiger zu einer Gruppe zusammen und werfen plötzlich die Schlangen alle auf einen Haufen, daß sie sich durch einander ringeln und zu Knäueln verwickeln. Jeder muß dann seine eigene Schlange aus dem Haufen herausholen, was eine gefährliche Arbeit ist, weshalb diese Leute angeblich zuvor immer eine gewisse Flüssigkeit trinken, welche ein starkes Gegenmittel gegen das Schlangengift enthalten soll.
Auf dieselbe Art schützen sie sich auch während der Ablichtung der Schlangen gegen die üblen Folgen des Bisses ihrer Pfleglinge.
Eine Metze Dukaten für einen Kuß. — Ein echter Fürst der guten alten Zeit war der Landgraf Karl, der von 1677 bis 1730 Hessen-Kassel regierte; er liebte sein Volk und verschmähte es nicht, den Landmann in seiner Hütte auszusuchen. Indem er sich so mit eigenen Augen von dem Wohl und Wehe seiner Unterthanen überzeugte, bildete er sich auf diesem Wege zu einem vortrefflichen Fürsten aus, in dem die Hessen einen Vater ihres Vaterlandes verehrten.
So besuchte Landgraf Karl auch einst den Schwälmer Bauer Hans Hoose in Leimbach, und die ehrliche Derbheit, der biedere Eharakter und die Umsicht des Bauern, mit der er seines Gutes waltete, gewann des Fürsten Herz so vollkommen, daß er niemals nach seinem Schlosse Ziegenhain kam, ohne bei Hans Hoose vorzusprechen. Um den Bauer zu ehren, erschien Landgraf Karl mit seiner Gemahlin Maria Amalia von Kurland und zwei Söhnen auf der Hochzeit Hans Hoose's, als dieser zum zweiten Male heirathete, und zur Erhöhung der Festfreude hatte er seinen Koch und mehrere Fässer Wein aus Kassel nach Leimbach kommen lassen. Den Haupttanz führte Landgraf Karl selbst mit der jungen Bauerfrau auf, während Hoose die Frau Landgräfin holen mußte. „Küsse-Süßchen" nennt man den Tanz in der Schwalm, weil bei einer gewissen Tour der Tänzer seiner Tänzerin einen Kuß geben -muß, und Hoose besann sich nicht lauge, sondern eilte zum Fürsten und bat ihn um die Erlaubniß, bei dem „Küsse-Süßchen", da es einmal so Sitte sei, der Frau Landgräfin einen Kuß geben zu dürfen. Der Landgraf lachte und sagte: „Nun, Hoose, was gibst Du dafür?" — „Eine Metze voll Dukaten!" rief der Bauer sogleich. — „Topp, Hoose! Die Hand darauf, komme ich wieder nach Ziegenhain, so bringst Du mir die Dukaten!" sagte Landgraf Karl und reichte ihm die Hand. Hans Hoose bekam seinen Kuß. Kaum aber war der Fürst das nächste Mal wieder in Ziegenhain, so stellte sich der Schwälmer Bauer sogleich pünktlich ein, um seinen Herrn zu begrüßen. „Nun, wo hast Du die Metze mit den Dukaten?" fragte Karl sogleich. Hans griff in eine der Taschen des altväterlichen Rockes und zog eine kleine silberne Metze heraus, die voll bis zum Rande mit Dukaten gefüllt war; darauf lag ein kleines silbernes Streichholz. „Ei, Hoose," versetzte der joviale Fürst lachend, „was hast Du aber für eine kleine Metze?" Hans drehte etwas verlegen die große Pelzmütze, die der Schwälmer Bauer selbst heute noch im Sommer nicht ablegt, in den Händen, dann sagte er: „Euer fürstliche Gnaden wollen gnädigst bedenken, daß das Dukatenmaß kleiner als das Fruchtmaß
ist!" Landgraf Karl nahm nicht allein das Geschenk au, sondern er befahl auch, daß das Maß zum ewigen Andenken an den braven Bauer Hoose auf> bewahrt werde, und noch heute wird es im Museum zu Kassel als eine Merkwürdigkeit gezeigt. sJ.s
Der afrikanische Vehmbund. — Ein eigenthümlicher Geheimlmnd, der mit der mittelalterlichen Äehme große Ähnlichkeit hat, besteht in Sierra Leone unter dem Negervolke der Mandingos. Dieser geheime Orden, der Purrabund genannt, übt eine strenge Polizei und Gerichtsbarkeit aus und bestraft Diebstahl, Zauberei und andere Verbrechen, indem er sich der Schuldigen durch maskirte Häscher bei nächtlicher Weile bemächtigt. Niemand wagt sich dem geheimen Gericht zu widersetzen. Die Mitglieder des Bundes sind zu strengster Verschwiegenheit, zuni unbedingten Gehorsam gegen die Oberen verpflichtet und erkennen einander an zwei parallelen Streifen, die aus den Leib tättowirt werden. Ähnliche Zwecke verfolgt der Egbo-Orden, welcher in Alt- Calabar die Ausübung der Polizei und Justiz in die Hand genommen hat. Er ist in mehrere Grade eingetheilt, deren jeder seine besonderen Zeremonien, Obliegenheiten und Feste hat. Jeder kann durch ein geivisses Beitrittsgeld Mitglied der Gesellschast werden, Sklaven aber dürfen nur der untersten Klasse beitreten. Am großen Feste des Egbo lausen maskirte und mit Peitschen bewaffnete Männer durch die Straßen der Dörfer, holen die Schuldigen aus ihren Häusern und bestrafen sie. Während dieses Gerichtstages darf sich kein Weib bei Todesstrafe außerhalb des Hauses sehen lassen. Die Wirksamkeit dieses Ordens erstreckt sich über die ganze Sklaven- und Goldküste, ist häufig segensreich, aber freilich auch mit viel Unfug und Ausschreitungen verknüpft, wie bei allen geheimen Gesellschaften dieser Art. sF. Z.s
Zwei gute Kameraden. — In der Schlacht von Mars-la-Tom wurden ein Hauptmann und sein Unteroffizier beide von derselben Kugel lödt-
lich getroffen, so daß der Arzt, als er sie verband, ihnen nur wenig Aussicht davon- zukommen gab. „Herr Doktor," sagte d» der Offizier mit matter Stimme, „wir sterben also Beide, dieser brave Mann und ich. Doch während er daheim Weib und Kind hinterläßt, bin ich Junggeselle und Niemand wird mich betrauern. Wollen Sie einem Sterbenden die letzte Bitte erfüllen, so senden Sie mir einen Beamten, der mein Testament aufsetzt und es vor Gericht giltig macht. Ich vermache mein ganzes Vermögen der Frau und den Kindern meines braven Unterosfi- ziers hier, damit er ruhig und ohne Sorgen sterben kann." Es geschah, und als er das Testament unterschrieben war, verschied der edle Mann mit einem friedlichen Lächeln ans den bleichen Zügen. F. v. L.
Was ehedem das Lachen in England kostete. — Die Zeiten müssen im Mittelalter sehr ernst gewesen sein, dem während der Regierung König Heinrichs Ul. von England erhielt Jeder, der dem Könige ein Lächeln abgewann, einen Kronenthalcr, ja unter der Herrschaft König Eduards U. (1461 bis 1483) wurde die Erregung der Heiterkeit des königlichen Herrn gar mit vier Krouenthalern bezahlt. Die HofhaltmM rechnungen aus dieser Zeit führen oft solche Präinien in ihren Spalten auf, so findet sich für das Jahr 1477: „Während des Aufenthalts des Königs zu Wolmir an den Jäger- burschen Mocris, welcher während der Jagd vor dem Könige ritt und öfter vom Psem herunterpurzelte, worüber der König herzlich lachte, acht Kronen verabreicht." JedensaN eine wohlfeile Art, Geld zu verdienen, freilich kostete dagegen die Erregung des königliche» Zorns damals auch nicht weniger als den Kops! W
Genügsam. — Der berühmte Satiriker Moritz Saphir (geb. 1"», gest. 1858) hielt sich eine Zeit lang in der Residenz des Fürsten von S. aus Als demselben eines Tages eine überaus bissige Bemerkung des Satiriker», welche dieser sich über die Person des Fürsten erlaubt hatte, hinterbracht wurde, ließ der kleine Potentat im Hellen Zorn sofort ein Ausweisungsdekret sin Saphir ausfertigen, nach dessen Wortlaut sich der Schriftsteller binnen vienuid- zwanzig Stunden aus seinen Staaten zu entfernen habe. „O," rief Saphir, als er das Dekret gelesen, in Gegenwart des höheren Polizeibeamten, der r» überbracht hatte, „Seine Durchlauchi überhäufen mich mit Gnade, ich brauche ja nur eine Stunde dazu, um an der Grenze zu sein!" sA
tztzarade.
DaS erste Wort ruft Dich herbei, Vom Ganzen aber wird bewacht
Das zweite aber singet frei Mit gleicher Treue Tag und Nacht
Das Tiefste, was des Dichters Herz Der Vorrath, den so manche Braut
Bewegt in Freude oder Schmerz. Voll Hoffnung ihm hat anvertraut.
Auflösung folgt in Nr 83. sP. Möbius.)
Auflösungen von Nr. 3t: des Räthsels: Kost — Kosten; des Bilder Räthfttt' Ein Gramm Wahrheit ist besser als ein Centncr Lügen.
Einverstanden.
Gräfin: Ich muß nur noch bemerken, daß ich gewohnt bin zu meinem Kutscher Du zu sagen!
Kutscher: Ist mir um so lieber, Frau Gräfin — sag'n wir Du zu einander!
Alle Rechte Vorbehalten.
Verlag von Chr. Wildbrett iu Wildbad. Nedigirt, gedruckt und herausgegeben von Hermann Schönlein in Stuttgart.